Protokoll der Sitzung vom 03.09.2020

[Daniel Buchholz (SPD): Endlich!]

gerade Sie von den Grünen, aber auch Herr Buchholz, dann sage ich Ihnen: Der Ansatz des Antrags ist okay. Es ist ein europaweiter Tag, das ist nachvollziehbar, wie auch die jährliche Wiederholung.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Es muss aber auch, und das fehlt in Ihrem Antrag, ein konzertiertes Vorgehen mit dem Verkehrsverbund BerlinBrandenburg, der BVG, der S-Bahn, der Deutschen Bahn und auch einer Vielzahl von Omnibusunternehmen aus Brandenburg geben, damit das auch ein Erfolg wird. Denn mit dem bisherigen Fahrplan wird das mit einem fahrscheinlosen Tag nicht klappen, an dem der öffentliche Nahverkehr für die Nutzerinnen und Nutzer gratis laufen soll.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Moritz?

Sehr, sehr gern!

(Harald Moritz)

Herr Moritz! Sie haben das Wort. – Bitte schön!

Ich würde natürlich auf viele Dinge antworten,

[Heiko Melzer (CDU): Sie sollen fragen, nicht antworten!]

aber da Sie gerade einmal wieder deutlich gemacht haben, dass Sie den Antrag gar nicht gelesen haben – darin steht ja, dass Gespräche mit VBB, BVG, S-Bahn zu führen sind – meine Frage: Haben Sie den Antrag auch wirklich gelesen?

[Benedikt Lux (GRÜNE): Ehrliche Antwort!]

Auf diese Frage, sehr verehrter Herr Abgeordneter Moritz, kann ich nur mit Ja antworten, denn als Ausschussvorsitzender bin schon qua Amt verpflichtet, diesen Antrag zu lesen und mir darüber Gedanken zu machen.

[Heiko Melzer (CDU): Wieder eine schlaflose Nacht!]

Insgeheim, als Verkehrssprecher, habe ich eine Meinung. Diese habe ich Ihnen gerade vorgetragen, aber Sie haben mich noch nicht ausreden lassen. Der Satz war noch nicht zu Ende, aber ich habe Ihnen Ihre Frage natürlich sofort zugebilligt. Ich wollte Ihnen sagen: Zu den Gesprächen mit den beteiligten Unternehmen – BVG, S-Bahn, Deutsche Bahn und private Omnibusbetreiber – gehört natürlich auch, dass Sie das ausfinanzieren müssen. Sie können doch nicht allen Ernstes verlangen, dass die das allein bezahlen. Sie als Land Berlin müssen den Unternehmen sagen, was das kostet, und ihnen auch das Geld dafür geben – und das steht nicht im Antrag. Das ist das Entscheidende, was bei Ihnen fehlt.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, des Abgeordneten Woldeit?

Auch sehr gern!

Sie haben das Wort, Herr Woldeit!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, Herr Kollege Friederici! Stimmen Sie mir zu, dass es schwerfällt, zu glauben, dass Herr Moritz seinen eigenen Antrag gelesen hat, da er sich während 95 Prozent seiner Redezeit quasi überhaupt nicht mit diesem Antrag befasst hat?

Herr Woldeit! Man kann den Eindruck haben. Sie sprechen ein sehr ernstes Thema an.

[Heiterkeit und Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Ich habe in der Tat den Eindruck, dass es hier erhebliche Defizite des verehrten Abgeordneten Moritz gibt – nicht grundsätzlich, sondern nur beim Lesen dieses einen Antrags. Deswegen muss ich Ihnen zustimmen, Herr Woldeit. Sie haben recht, den Eindruck muss man haben, und so ist es wohl auch.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD]

Ich möchte Ihnen von der Koalition, und vor allen Dingen den Grünen, noch eines mit auf den Weg geben – ich messe mich so gern mit Ihnen, deswegen sage ich es Ihnen immer wieder:

[Daniel Wesener (GRÜNE): Ach Gott! – Daniel Buchholz (SPD): Aber koalieren wollen!]

Dass Sie den fahrscheinlosen Tag und Autoverbotszonen vermengen, demaskiert wieder einmal Ihr Vorhaben und Ihre Autofeindlichkeit und dass es Ihnen eigentlich gar nicht um den fahrscheinlosen Tag geht, sondern um die Autofahrverbote und -fahrbeschränkungen. Fahrverbote, Verbote für Straßen, die Innenstadtmaut, und – jetzt neu – auch Autoverbotszonen sind aber nicht der Weg, in Berlin das Miteinander des Verkehrs zu fördern, sondern das, was Sie hier sagen, bewirkt eher ein Gegeneinander. Der Antrag ist von der grundsätzlichen Einstellung her in Ordnung, aber wenn Sie darin schon wieder Fahrverbotszonen, Fahrverbote und Straßensperrungen fordern, tut es mir leid. Da macht die CDU nicht mit,

[Oh-Rufe von Daniel Wesener (GRÜNE) und Daniel Buchholz (SPD)]

denn es entblödet diesen Antrag – Entschuldigung, Frau Präsidentin! –, es demaskiert diesen Antrag, nämlich in die Richtung, dass es Ihnen eigentlich wieder nur um das tradierte Verfahren des Autohasses geht. Da macht die CDU nicht mit, deswegen werden wir uns zu diesem Antrag wenigstens enthalten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion der SPD hat das Wort der Abgeordnete Daniel Buchholz.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bemerkenswert, welche Diskussion – übrigens ein von der SPD vorgeschlagener Antrag, das möchte ich einmal herausstellen;

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Kollege Schopf und ich, wir wissen, wovon wir sprechen –, wir heute hier im Plenum führen. Ja, es geht um mehr als nur um den europaweiten autofreien Tag am 22. September jeden Jahres. Wir sehen, dass international viele kleine und mittelgroße Städte, aber auch Metropolen sagen: Natürlich können wir an einem Tag einmal exemplarisch zeigen, was ohne Auto möglich ist. – Wir sehen es in Berlin, vorhin in der Aktuellen Stunde sind wir auch darauf eingegangen, es gibt schon diverse Initiativen: für lokale Spielstraßen, für vorübergehende Straßenfeste, aber eben auch für die Möglichkeit, einmal wirklich Größeres auszuprobieren, wie jetzt in der Friedrichstraße. Ja, es gibt ein Leben ohne Auto. – Meine Damen und Herren von der FDP und von der AfD! Sie können es sich nicht vorstellen. Das sollte man auch einmal leben und ausprobieren, ein Leben ohne Auto.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Scholtysek?

Moment! Etwas später, bitte! – Das ist kein Kampf gegen das Auto. Wir wollen und müssen aber im Jahr 2020 sagen: Der Verkehr ist ein Teil dessen, was wir in unserer Stadt ändern wollen und müssen. Er ist Teil der Klimawende, der Energiewende und eben dann auch der Verkehrswende. Das heißt, dass wir mit den Experimenten und Pilotversuchen, die im Moment laufen, nach vorn gehen können.

[Heiko Melzer (CDU): „Experimente“ ist das richtige Stichwort!]

Es geht um ein neues Miteinander von allen Verkehrsträgern. Das wollen wir mit diesem Antrag voranbringen. Das tun wir auch.

Im Augenblick – Sie haben es vielleicht mitbekommen – gibt es, jetzt im September, vom VBB die Aktionswochen, in denen jede und jeder, der eine Monatskarte hat, die nur für Berlin gilt, an den Wochenenden ganz Brandenburg befahren darf. Wenn Sie einen Einzelfahrschein kaufen, dann dürfen Sie an den Wochenenden damit den ganzen Tag fahren. Daran sieht man, es sind neue Dinge möglich. Das ist sehr gut so, um zu zeigen, was der Verkehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln bringt, denn er soll gestärkt werden.

Uns als SPD-Fraktion ist sehr wichtig, dass wir auch die Sicherheit im Verkehr erhöhen – das hat drei große Aspekte –, zum einen, generell mit dem neuen Teil des Mobilitätsgesetzes von Berlin, nachdem wir mit dem ersten den Fahrradverkehr adressiert haben, jetzt im zweiten klar zu sagen: Für uns ist die Sicherheit von Zufußgehenden im Straßenverkehr – und das sind wir alle mal zu

bestimmten Zeiten – sehr wichtig. Ich kann Ihnen zusagen, wir als SPD-Fraktion werden zusammen mit den Koalitionspartnern dafür sorgen, dass in diesem zweiten Teil die Verkehrssicherheit für Zufußgehende gestärkt wird.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Herr Friederici von der CDU, der gerade vor mir gesprochen hat, muss da auch einmal Farbe bekennen. Dieses Herumlavieren! – Herr Friederici! Sie haben im Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz für diesen Antrag gestimmt, auch Sie persönlich. Dann aber haben Sie sich im Hauptausschuss wiederum enthalten. Was soll man denn davon halten? Hat die Berliner CDU nun eine Haltung zur Verkehrswende, zur modernen Verkehrspolitik in Berlin, ja oder nein?

[Andreas Kugler (SPD): Nein, hat sie nicht! – Heiko Melzer (CDU): Machen Sie sich mal keine Sorgen um uns!]

Ich habe das Gefühl, Sie können sich nicht entscheiden, und Sie wissen eigentlich nicht: Was ist eine zukunftsfähige Metropole? Was ist moderne Verkehrspolitik? Schade, dass die Berliner CDU das immer noch nicht verstanden hat.

[Beifall von Tino Schopf (SPD) und Anne Helm (LINKE)]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Woldeit, Herr Abgeordneter?

Ja, bitte!

Sie haben das Wort, Herr Woldeit.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Kollege Buchholz! Sie sprachen gerade von „Zufußgehenden“. Ich habe jetzt gerade einmal auf der Webseite des Duden nachgeschlagen. Der Duden kennt das nicht. Meinen Sie „Fußgänger“?

[Zuruf von Joschka Langenbrinck (SPD)]