Protokoll der Sitzung vom 01.10.2020

(Präsident Ralf Wieland)

dass sich in Berlin jemand ein Eigenheim bauen oder kaufen kann. Gerade Sie müssten eigentlich dafür eintreten.

[Beifall bei der CDU]

Es gibt auch in Berlin – das zeigen die Zahlen –, anders als Sie es uns immer weiszumachen versuchen, viele Kleinsteigentümerinnen und -eigentümer, die vielleicht eine Wohnung, zwei Wohnungen haben und diese vermieten. Schauen Sie mal in die Zahlen für Berlin, wie viele das sind, schauen Sie sich im Übrigen auch die Zahlen an, die jetzt zugrunde gelegt wurden, um zu sagen, man solle das Thema Eigentumsbildung und Eigentumsaufteilung verhindern. Selbst die Antworten auf Ihre eigenen Anfragen zeigen, dass es immer noch sehr viele Kleinstvermieterinnen und -vermieter gibt, die ihre Wohnung nicht selbst bewohnen, sondern eine oder zwei Wohnungen vermieten.

Wir wollen nicht nur Pächterinnen und Pächter, Kleinunternehmerinnen und -unternehmer, sondern auch private Vermieterinnen und Vermieter vor dem privaten Konkurs durch Corona und durch den von Ihnen auf den Weg gebrachten sogenannten Mietendeckel schützen. Das ist das Anliegen unseres Antrags.

[Beifall bei der CDU]

Ich darf in diesem Zusammenhang bei der Gruppe der Mieterinnen und Mieter darauf aufmerksam machen, dass es auch Ihre Pflicht und Schuldigkeit ist: Frau Lompscher ist ja nicht mehr hier im Hause, aber sie hat vor dem Beschluss ihres sogenannten Mietendeckels noch mal eindringlich darauf aufmerksam gemacht, welchem Risiko sich Mieterinnen und Mieter aussetzen, wenn das Bundesverfassungsgericht entscheiden sollte, dass das von Ihnen beschlossene Gesetz nichtig und rechtswidrig ist. Auch deswegen sollten Sie als Regierungskoalition, als Rot-Rot-Grün, ein Rieseninteresse daran haben: Sie haben die Verpflichtung, Mieterinnen und Mieter vor sozialen Härten zu schützen, sollte das Bundesverfassungsgericht Ihren Mietendeckel für rechtswidrig erklären, Sie haben die Verpflichtung, Rückstellungen zu bilden. Möglicherweise sind Sie dazu sogar durch die Äußerung der ehemaligen Senatorin Frau Lompscher verpflichtet, durch den berühmten Tweet, den sie zu diesem Gesetz gemacht hat. Das ist etwas, was sich auch im nächsten Jahr zeigen wird. Jedenfalls haben Sie die soziale Verpflichtung. Wir geben Ihnen hiermit die Gelegenheit, Mieterinnen und Mieter auch vor dem, was beim Mietendeckel passieren könnte, wenn sie Miete für Monate nachzahlen müssen, zu schützen. Wir geben Ihnen die Gelegenheit, im Haushalt etwas für diese Mieterinnen und Mieter zu tun. Machen Sie das! Sie haben dieses Gesetz aus purem Populismus auf den Weg gebracht, jetzt schützen Sie mit uns die Mieterinnen und Mieter! – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Bravo!]

Für die SPD-Fraktion hat nunmehr Frau Kollegin Spranger das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich glaube, verehrter Herr Gräff, Sie haben sich mit Ihrem Antrag an das falsche Gremium gewandt. Anstatt sich an das Berliner Abgeordnetenhaus zu wenden, wollten Sie das vermutlich in einem CDU-Landesparteitag als Forderung an Ihre eigene CDU-Bundestagsfraktion und an die Unionsminister richten. Anders kann ich mir den Antrag langsam wirklich nicht mehr erklären.

Was fordern Sie denn? – Sie fordern besseren Mieterschutz. Da müssen wir uns doch mal gemeinsam die Frage stellen, warum es keinen besseren Mieterschutz gibt. Die Antwort darauf lautet nun mal: jedes Mal wegen der CDU im Bund. Wer hat sich im Bund gegen den ausdrücklichen Willen der SPD geweigert, den Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter während einer Pandemie zu verlängern?

[Beifall von Franziska Leschewitz (LINKE) – Paul Fresdorf (FDP): Die CDU!]

Die Bundes-CDU. Während Rot-Rot-Grün in Berlin bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen Kündigungen verhindert, ist jeder auf dem freien Wohnungsmarkt auf sich selbst gestellt,

[Torsten Schneider (SPD): Schämt euch!]

weil eine globale Pandemie für die CDU kein ausreichender Grund für ein Kündigungsmoratorium im Bund ist.

[Beifall bei der SPD – Torsten Schneider (SPD): Unerhört! – Antje Kapek (GRÜNE): Pfui!]

Wer hat sich geweigert, die vielen Schlupflöcher in der eigentlich sinnvollen Mietpreisbremse endlich zu schließen?

[Georg Pazderski (AfD): Die CDU!]

Die CDU im Bund. Wer hat sich dem SPD-Vorschlag verweigert, einen Mietenstopp für alle deutschen Ballungsräume einzuführen, um die Mietpreisspirale zu beenden?

[Tobias Schulze (LINKE): Wir kennen die Antwort!]

Die CDU im Bund.

[Torsten Schneider (SPD): Unerhört!]

Wenn Sie sich jetzt hier hinstellen, Krokodilstränen vergießen und sich auf die Seite der Mieterinnen und Mieter stellen wollen, ist das, das tut mir leid, einfach sehr unehrlich.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

(Christian Gräff)

Frau Kollegin Spranger! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Gräff zulassen.

Nein, natürlich nicht. Er hat doch schon alles gesagt. Jetzt fühlt er sich enttarnt, zumal Ihr Lösungsvorschlag mal wieder Steuergeld direkt an den Vermieter weiterleiten würde, anstatt mit Gesetzen überhöhte Mieten dauerhaft zu begrenzen.

Ich kann Sie insofern nur darin unterstützen und Sie ermuntern, einen Antrag auf besseren Mieterschutz dort einzubringen, wo der Mieterschutz tatsächlich blockiert wird – auf einem CDU-Landesparteitag. Ich bin gespannt, ob Sie dazu den Mut haben werden. –Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD): Ihr lasst die Mieter ganz schön hängen! Schämt euch! – Joschka Langenbrinck (SPD): Ja!]

Für die AfD-Fraktion hat Herr Scheermesser das Wort!

[Torsten Schneider (SPD): Jetzt entschuldigt euch mal! – Paul Fresdorf (FDP): Sie gucken schon ganz betreten!]

Jetzt machen wir wieder hier vorne weiter. – Vielen Dank!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Antrag der CDU reiht sich leider nahtlos in die planlose Wohnungsbaupolitik ein. Sie schlagen uns einen Sicher-Wohnen-Fonds vor, der alle Probleme lösen soll, ausgelöst durch die fehlgeleitete Wohnungspolitik des Senats, verschärft durch zuerst unterbliebene und dann völlig überzogene Maßnahmen von Bund und Land.

Der Antrag ist zudem völlig undifferenziert. Er mischt coronabedingte Mietausfälle bei Wohnungen mit drohenden zukünftigen Problemen wegen des Mietendeckels. Er mischt Probleme bei privaten Wohnungsmietverhältnissen mit gewerblichen Mietverhältnissen. Er mischt Mieter- und Vermieterprobleme. All das will man mit Geld lösen. Zuerst 10 Millionen Euro, später, wenn es nicht reicht, auch mehr. Bezüglich privater Wohnmietverhältnisse ist im Zweiten und Zwölften Sozialgesetzbuch bereits alles geregelt. Nach Aussagen der zuständigen Bezirksämter werden durch Harz-IV-Leistungsempfänger entstandene Mietrückstände komplett übernommen. Mietern, die coronabedingt ihre Wohnungsmiete nicht mehr bezahlen können, wird der Ausfall ersetzt, entweder als

Zuschuss oder im Falle von vorübergehenden Ausfällen als zinslose Darlehen.

Kein privater Wohnungsmieter muss, wenn er die Miete selbst nicht mehr bezahlen kann, wegen Mietrückständen eine Kündigung riskieren. Auf Wunsch zahlt sogar der Bezirk direkt an den Vermieter und übernimmt Mietrückstände. Unternehmer und Freiberufler müssen schon immer selbstständig Rücklagen bilden, um im Fall von Umsatzausfällen Grundkosten wie die Miete für Gewerberäume begleichen zu können.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Falls diese coronabedingt nicht ausreichen, können sie Anträge auf Zuschüsse und Darlehensgewährung stellen, wovon sie übrigens auch zahlreich Gebrauch gemacht haben.

Jetzt eine zusätzliche Hilfsstruktur zu schaffen, die sich mit bereits gesetzlich vorhandenen Hilfsstrukturen in Konkurrenz begibt, ist ein Irrweg. Wir schaffen neue Bürokratie zur Prüfung von Anträgen und deren Bewilligung und neue Missbrauchsmöglichkeiten durch Doppelförderung.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Torsten Schneider (SPD): Dann lieber nicht helfen!]

Wir schaffen zusätzliches Chaos und Verwirrung und wecken falsche Hoffnungen. Den Antrag können wir gern im Ausschuss weiter beraten, aber ich sehe kaum Chancen, ihn so zu verändern, dass wir dem zustimmen können.

[Oh! von der CDU]

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Für die Fraktion Die Linke hat im Anschluss Herr Dr. Nelken das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! SicherWohnen-Fonds – das ist in den letzten vier Monaten, Herr Gräff, landauf, landab diskutiert worden. Da war von der CDU nichts zu hören. Es gab sogar eine gemeinsame Erklärung, was sehr selten vorkommt, zwischen dem Deutschen Mieterbund und dem GdW zu einem Sicher-Wohnen-Fonds. Die Frage, wie er ausgestaltet werden soll, war noch völlig offen, hat sich bis heute auch nicht konkretisiert, weil offensichtlich sowohl die Vermieter- als auch die Mieterverbände meinen, dass das vielleicht doch nicht notwendig wäre.

Jetzt kommt also die Berliner CDU und denkt: Oh, ein schönes Wort, machen wir doch einen Antrag daraus. – In dem Antrag steht leider auch wieder nichts drin, das ist in letzter Zeit bei Ihnen öfter so. Es stellt sich die Frage, die sich schon Ihrer Vorrednerin, also Frau Spranger, gestellt hat: Gegen wen machen Sie eigentlich Opposition? – Sie machen eigentlich Opposition gegen die Bundesregierung, denn Sie beklagen ja gerade, dass die Stundungsregelung des Bundesgesetzgebers ausläuft oder schon ausgelaufen ist und dass das auch gar nichts nutzt, weil dann die Mieter, die eventuell Mietschulden aufgehäuft haben, die eigentlich nicht bezahlen können. Und dann sagen Sie: Weil das auf der Bundesebene nicht läuft, muss das Land Berlin einspringen – und kommen dann mit Ihrem 10-Millionen-Euro-pro-Jahr-Fonds und wissen genau, dass das natürlich ganz albern ist. Sie sagen auch nicht, wie der ausgestaltet ist, ob Darlehen, Zuschüsse; aber auch die Summe, die Sie nennen, ist völlig albern und nicht wirklich durchdacht, denn damit kann man das, was auf Bundesebene versäumt worden ist, gar nicht ausgleichen.

Ich lasse Ihre Schleife, die Sie über dem Mietendeckel drehen, das muss ja sein, mal weg; Sie haben heute auch noch über Altersarmut und Eigentumsbildung gesprochen, aber nicht, was in Ihrem Antrag steht, und haben dies nicht erklärt. Ihre Logik, dass wenn man Mieten begrenzt, die Sache noch viel schlimmer wird, müssen Sie irgendwann mal erklären. Eigentlich läuft Ihr Antrag doch nur darauf hinaus: Sie wollen die Einnahmeabsicherung für die Vermieter, und zwar nicht erst 2022, sondern jetzt. Sie wollen sagen: Das Geld muss jetzt fließen, und zwar aus dem Staatshaushalt, damit die Vermieter ihre ungesenkte Miete als Einnahmen haben, jetzt sofort.

Darüber, wo die Mieterhöhungen eigentlich herkommen, wer für die Mietsteigerungen zum Teil verantwortlich ist, reden Sie nicht. Mietsteigerungen sind offensichtlich eine Naturkatastrophe, die treten irgendwo ein, die geschehen sozusagen grundsätzlich. Die Frage, die Sie immer stellen müssen, ist doch: Woher kommen eigentlich die Gewinnsteigerungen der Vermieter? Woher kommen die Mietsteigerungen? Woher kommt es, dass Geldgeber und Finanzinvestoren so einen Druck auf den Mietenmarkt in den letzten Jahre ausgeübt haben? – Der Frage weichen Sie aus und sind hier auf Einkommenssicherung nicht der Mieter, sondern der Vermieter aus.

Letzter Punkt in der Sache: Vielleicht gibt es, Herr Gräff, noch eine Änderung, denn – wundersam – gestern in dem Ausschuss haben Sie der Linken oder der Regierungskoalition vorgeworfen, dass sie gar nichts mache gegen den Hauptgrund für die Mietsteigerungen, nämlich die Bodenspekulation mit unbebauten Grundstücken und das Handeln, die Spekulation mit Bauvoranfragen. Sie haben uns vorgeworfen, dass wir nichts dagegen machen. – Das, finde ich, wäre jetzt aber eine Wende der CDU; wir kön

nen gern darüber reden, was wir hier machen wollen, um dieser Mietsteigerung entgegenzuwirken. – Danke!