Protokoll der Sitzung vom 01.11.2020

(Nicole Ludwig)

[Beifall bei der FDP]

Wir machen heute einen Anfang, denn es ist tatsächlich ein großer Tag für den Parlamentarismus, wenn man so sagen will, dass wir das erste Mal, seitdem wir uns in dieser Pandemielage befinden, vor der Verabschiedung einer Verordnung über sie diskutieren – das erste Mal. Ist es wirklich ein großer Tag? Oder ist es nicht eher traurig, dass es so ist?

Ist unser Selbstverständnis als Parlament wirklich das, dass wir immer nur post mortem mit diesen Verordnungen beschäftigen, oder ist es nicht unser Anspruch zu gestalten und Perspektiven zu schaffen?

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Unser Anspruch als Freie Demokraten ist genau dieser: Perspektiven zu schaffen und ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren für diese Grundrechtseingriffe, wie sie in einer Breite und Tiefe noch nie vorgekommen sind, ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren zu schaffen, weshalb wir Ihnen heute unseren Gesetzentwurf als dringlichen Antrag vorgelegt haben. Somit ist es heute besonders gut, dass wir diese Sitzung haben, denn wir befinden uns in der ersten Lesung unseres Gesetzes zur Beteiligung des Parlamentes und zum Schutz von Grundrechen im Fall von Maßnahmen nach §§ 28 bis 31 Infektionsschutzgesetz.

Wir freuen uns darauf, dieses Gesetz so schnell wie möglich mit Ihnen in den Ausschüssen zu beraten, denn wir sind der Auffassung, dass es ganz entscheidend ist, dass wir als Parlamentarier die Maßnahmen ausgestalten und bestimmen, die dazu geeignet sind, diese Pandemie zu bekämpfen, und die diesen Grundrechtseingriffen dann auch eine parlamentarische Legitimation geben. Denn das ist genau das, wofür wir gewählt wurden.

[Beifall bei der FDP]

Wir schlagen Ihnen vor, dass wir die Entwürfe der Verordnungen frühzeitig ins Parlament bekommen, dass der Rechtsauschuss einmal prüft: „Gibt es tiefe Grundrechtseingriffe in diesem Entwurf?“, sodass er dann dem Abgeordnetenhaus empfehlen kann, daraus ein Gesetz zu machen und dies dann auch zu legitimieren. Denn es ist ganz entscheidend, auch im Rahmen der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts, dass so tiefe und breite Grundrechtseingriffe parlamentarisch legitimiert werden. Dafür werben wir bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und ich werbe auch dafür, dass wir bereits am nächsten Mittwoch im Rechtsausschuss dieses Gesetz beraten und Sie mit uns gemeinsam diese Initiative auf die Tagesordnung setzen, damit wir hier schnell handeln.

[Beifall bei der FDP]

Denn die Zeit der Exekutive muss in dieser Thematik nun endlich wieder vorbei sein. Wir müssen die Zeit des Parlaments ausrufen. Wir müssen als Parlamentarierinnen und Parlamentarier selbstbewusst sagen, dass wir bereit

sind, diese Verantwortung zu übernehmen, dass wir uns bewusst sind, dass es unsere Verantwortung ist, und dass wir mit Maß und Mitte die Maßnahmen treffen werden, um so viel Freiheit wie möglich in der Stadt der Freiheit zu gewährleisten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Es folgt im Anschluss für die FDP-Fraktion auch noch der Abgeordnete Wieberneit. – Der Kollege hat angesagt: Keine Zwischenfragen.

Ist doch gar nicht so übel, gar nicht so schmerzhaft, an einem Sonntag mal zu arbeiten.

[Joschka Langenbrinck (SPD): Ach, bitte!]

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Ich habe heute tatsächlich relativ viel Kritik aus der Koalition gehört, an der eigenen Verordnung sozusagen oder an der angenommenen Verordnung und an dem eigenen Handeln und Tun. Das lässt mich heute hier fast ein bisschen hoffnungsvoll rausgehen.

Corona begleitet uns nun seit Februar dieses Jahres, das sind fast neun Monate. Es traf uns zu der Zeit natürlich mehr oder weniger überraschend und unvorbereitet. Viele Kenntnisse über den Verlauf und über das Infektionsgeschehen sowie über die wirksamen Maßnahmen lagen zu Beginn der ersten Welle verständlicherweise noch nicht vor. Das fast komplette Herunterfahren des öffentlichen Lebens war zu dieser Zeit schmerzhaft, aber nötig und führte auch zu einem Etappenerfolg in der Bekämpfung des Infektionsgeschehens. Seitdem haben Fachleute, Medizinerinnen und Mediziner, Virologinnen und Virologen, bereits vor der zweiten Welle gewarnt. Wann genau uns diese Welle erreichen wird, stand natürlich nicht fest. Fest stand nur, dass wir zunächst Zeit gewonnen hatten – Zeit, um Erfahrungen über die medizinischen und wirtschaftlichen Auswirkungen und Folgen von Covid-19 zu sammeln, zu analysieren und daraus Schlüsse für das weitere Vorgehen zu ziehen. Ich frage mich allerdings: Wie wurden diese Kenntnisse in den letzten Monaten auch für die Arbeitsplatzerhaltung in Berlin und für die Menschen in Berlin genutzt? Welche Strategie wurde durch den Senat verfolgt?

Das Hochfahren unseres gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens nach dem ersten Lockdown verdanken wir insbesondere denjenigen, die sich bisher mit Verantwortungsbewusstsein und Disziplin an die Verordnungen gehalten haben, und denjenigen, denen zumindest ihre Gesundheit und die ihrer Familie und der Arbeitsplatz wichtig sind. Das, denke ich, ist immer noch der überwiegende Teil in Berlin.

(Paul Fresdorf)

[Beifall bei der FDP – Beifall von Heiko Melzer (CDU)]

Zu wenig Wert wurde in dieser gewonnenen Zeit jedoch auf das Durchsetzen und Kontrollieren der Maßnahmen gelegt, die die Verordnungen bisher auch vorgesehen haben – oder man war dazu einfach nicht in der Lage. Wir verdanken es den vielen Berliner Arbeitgebern, die in Hygienekonzepte, in Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld, in Technik und in die Einrichtung von Homeoffices investiert haben. All jene, genau dieser Kreis, werden nun für ihre enormen Anstrengungen mit diesem neuen und unverhältnismäßigen Lockdown hauptsächlich bestraft. Für alle anderen geht die Party offensichtlich weiter.

Bis heute sind in den allermeisten Berliner Unternehmen, so auch im hart getroffenen Dienstleistungssektor, in Büros und weiteren Branchen – unser Fraktionsvorsitzender Sebastian Czaja ging in seiner Rede darauf ein –, keine relevanten Infektionen vorhanden. Vielmehr hat das Robert-Koch-Institut ausdrücklich nachgewiesen, dass genau hier keine Infektionsherde bestehen. Nun wird vom Berliner Senat ohne erkennbare Strategie zum Aktionismus gegriffen, einzig um den Berlinerinnen und Berlinern glaubhaft zu machen, dass gehandelt wird – egal wie. Den drohenden Verlust Zehntausender Arbeitsplätze nimmt unsere Landesregierung dabei offenbar in Kauf. Diesem drohenden Verlust wird nicht genügend entgegnet, und er wird offensichtlich kaum abgewendet.

Eine nennenswerte Maßnahme, nennenswerte Strategien kann ich zwischen den Lockdowns nicht erkennen.

[Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Da war Zeit für Entwicklungen – die Zeit wurde nicht genutzt. Womit soll der Berliner Arbeitsmarkt künftig stabil gehalten oder gar noch positiv beeinflusst werden? Dieser Lockdown ist es sicher nicht. Zu viele Wirtschaftszweige in Berlin werden hier mit voller Wucht getroffen, und unsere Landesregierung und die Bundesregierung nennen dies noch unverhohlen einen „Lockdown light“.

[Lachen von Andreas Wild (fraktionslos)]

Wer glaubt, dass Hotels, die im November schließen, in einem historisch schlechten Dezember wieder öffnen, um sich in ein katastrophales erstes Quartal 2021 zu begeben, in dem keine relevanten Messen mehr stattfinden, so wie wir sie bisher hatten, der hat den Bezug zur Realität verloren.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Diese Hotels werden wahrscheinlich bis zum Ende des ersten Quartals des neuen Jahres geschlossen bleiben. Da werden aus vermeintlichen vier Wochen im November schnell mal vier Monate. Ich frage mich, ob das bedacht wurde. – Die bestehenden Hygienekonzepte sind die bessere Lösung.

[Beifall bei der FDP]

Sie funktionieren auch in Restaurants, Büros und Vereinen, bei Friseuren und in der Kultur. Da wurde die Zeit genutzt, die in der Politik verstrich.

Das Kurzarbeitergeld wurde bis Ende 2021 verlängert, jedoch endet im März die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Da hilft den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dann auch kein Kurzarbeitergeld mehr, denn ihren Arbeitgeber wird es dann gegebenenfalls nicht mehr geben.

[Unruhe bei der SPD – Joschka Langenbrinck (SPD): Glaskugelgucken oder was?]

Trotz des zweifellos vorübergehend hilfreichen Instruments muss es doch irgendwann das Ziel sein, die Berlinerinnen und Berliner wieder aus der Kurzarbeit herauszuholen und sie wieder zu beschäftigen. Stattdessen werden sie noch einmal tiefer in die Abhängigkeit vom Staat gedrückt.

Eine gezielte Förderung von Unternehmen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern und Arbeitsplätze erhalten, blieb aus. Programme zur Weiterqualifizierung blieben aus.

[Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Eine Strategie blieb aus. Nun sollen alle Verfehlungen der letzten Monate in den Bereichen Arbeitsmarkt, Wirtschaft, Bildung, Gesundheit durch einen unverhältnismäßigen Lockdown innerhalb weniger Wochen korrigiert werden. Ich halte das für einen Wunschtraum. Von April bis Oktober haben fast 90 000 Menschen in Berlin ihre Arbeit verloren, hauptsächlich in den Bereichen der wirtschaftlichen Dienstleistungen, gefolgt vom Gastgewerbe und dem Handel. Geben Sie diesen Menschen eine Perspektive, wieder in Beschäftigung zu kommen, und geben Sie denen, die in Beschäftigung sind, Sicherheit, dass das so bleibt!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Es ist richtig, wir brauchen Maßnahmen, aber wir brauchen sinnvolle Maßnahmen.

[Joschka Langenbrinck (SPD): Aha!]

Reißen Sie das Steuer herum, sofort! Es ist kurz nach zwölf! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der FDP – Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Der fraktionslose Abgeordnete Wild hat gemäß

§ 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung auch zu dieser Rederunde einen Beitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt

(Alexander Wieberneit)

wieder drei Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach einem Bericht des Wissenschaftsautors Matthias Müller auf Rubikon-News wurde das sogenannte Covid-19-Virus noch nie isoliert. Was die Chinesen gefunden hätten, seien Bruchstücke von Viren-RNA in einer Gruppe von Neuerkrankten in Wuhan. Aus diesen Bruchstücken habe man einen fiktiven Virus zusammengebaut. In keinem der Kranken konnte aber ein reproduktionsfähiges Virus gefunden werden. Alle PCR-Tests, auch der des Christian Drosten, testen minimale Bruchstücke von Virenteilen. Wenn das Virus noch nie vollständig gefunden wurde, testen die PCR-Tests möglicherweise ganz andere Krankheiten.

[Maik Penn (CDU): Was verstehen Sie denn davon?]

Problematisch sind auch die genutzten Verdopplungszyklen bei den PCR-Tests. Dafür gibt es keine wissenschaftliche Grundlage. Üblich sind 30 Verdopplungen, um nachweisbare Größen zu erreichen.

[Hakan Taş (LINKE): Die Redezeit ist um!]