Protokoll der Sitzung vom 19.11.2020

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Kleinen Moment, Herr Abgeordneter! – Es hat Herr Kugler das Wort und nur Herr Kugler. Alle anderen Gespräche bitte ich, draußen zu führen!

Alles gut – man ist hier vorne immer lauter als alle anderen. – Auch wenn es tatsächlich ganz offen gesagt nicht alle verstanden haben – und damit meine ich bedauerlicherweise ausgerechnet Sie, Herr Dregger –: Heute ist ein guter Tag.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Mein Geburtstag!]

Warum ist heute ein guter Tag? Weil die Berlinerinnen und Berliner eine oder einen Bürgerbeauftragten bekommen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Ja, da kann man klatschen! – Es geht um eine Veränderung des Petitionsrechts – es ist keine Sitzung des Innenausschusses. Die Aufgabe des Beauftragten ist, die Stellung des Bürgers oder der Bürgerin im Verkehr mit den Behörden zu stärken, so kann man das im Gesetz nachlesen.

[Dr. Ina Maria Czyborra (SPD): Hört ihr mal zu!]

Warum schaffen wir diese Ombudsstelle? – Nun, nicht alle Menschen wenden sich an ein Parlament, wenn sie Hilfe brauchen, und es werden leider weniger. Aber Menschen wenden sich an Menschen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Ach was! – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Ja, gute Erkenntnis! – Deshalb haben fast alle unserer europäischen Partnerländer bereits auf nationaler Ebene eine Ombudsstelle und fast flächendeckend auf regionaler Ebene – und das immer ergänzend zu den Petitionsausschüssen, also zu den parlamentarischen Angeboten. Wir eröffnen also einen zweiten Weg, Menschen Hilfe und Unterstützung zu geben. Und das trifft vor allem die Bevölkerungsschichten, die normalerweise nicht zu den klassischen Petenten gehören, nämlich die so oft zitierten bildungsferneren Schichten.

[Paul Fresdorf (FDP): Die werden dann zum Wutbürgerbeauftragten!]

Und der oder die Bürgerbeauftragte ist eben niederschwelliger, er ist schneller, als das ein Petitionsausschuss aus der Definition heraus sein kann. Dafür hat der Petitionsausschuss mehr Möglichkeiten. Also: mehr Möglichkeiten, mehr Kraft, mehr Tempo für die Menschen. Dabei – und auch das muss wohl noch einmal

betont werden – ist der oder die Beauftragte als Hilfsorgan, im Auftrag des Parlaments, tätig. Das ist also eben gerade nicht die Kritik am Petitionsausschuss, und schon gar nicht an der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Petitionsbüro.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Anne Helm (LINKE) und Benedikt Lux (GRÜNE)]

Ja, auch da sollte man klatschen! – Es ist eine Ergänzung.

[Zuruf von der SPD: Seid doch mal ruhig da hinten!]

Das gesamte Gesetz ist getragen vom Gedanken der Zusammenarbeit und Arbeitsteilung.

Einen kleinen Moment, Herr Kugler! – Meine Damen und Herren! Lassen Sie doch Herrn Kugler hier vorne das Gesetz vertreten. Hören Sie zu. Es gibt die Möglichkeit der Zwischenfrage und Kurzintervention. Alles andere sollte bitte nach draußen verlagert werden.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Kugler, bitte, Sie können fortfahren.

Die nötigen Klarstellungen dazu gibt es auch im Änderungsantrag.

Jetzt kommen wird zu dem hochumstrittenen Thema. Es ist auch eine Erkenntnis ungefähr der letzten zehn Jahre, dass es neben den notwendigen Beschwerdestellen bei den Polizeibehörden auch einer unabhängigen Einrichtung bedarf, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen. Deshalb greifen wir die sehr positiven Erfahrungen aus anderen Bundesländern auf und ergänzen den Bürgerbeauftragten durch eine Tätigkeit als Beauftragter für die Polizei Berlin.

Auch hier haben wir gerade deutlich gehört, gibt es unnötige Ängste, die es aufzulösen gilt. Wenn Sie einmal bitte in den § 1 Abs. 2 des Gesetzes schauen wollen, steht darin, dass der Polizeibeauftragte die Aufgabe hat, das partnerschaftliche Verhältnissen zwischen Bürgerinnen und Bürgern und Polizei zu stärken. Das ist der gesetzliche Auftrag. Ich gehe davon aus, dass, wer auch immer diese Rolle einnehmen wird, nach Recht und Gesetz handeln wird. Wenn also Menschen das Gefühl haben, von der Polizei ungerecht behandelt worden zu sein, dann ist es gut und richtig, wenn die Polizei selbst aufklärt und selbst erklärt.

Allerdings gibt es Menschen, die sich unwohl dabei fühlen. Denn es ist doch die betroffene Behörde selbst, die aufklärt und erklärt und notfalls rechtfertigt. Hier ist es international unbestritten, dass eine zusätzliche neutrale

Stelle benötigt wird, die eben vermittelt und erklärt. Genau das schaffen wir.

Im Übrigen: Ist das Ergebnis einer Eingabe, dass es ein Fehlverhalten gegeben hat, dann wird es in der Regel von der Polizei selbst aufgeklärt. Wird es aber nicht von der Polizei selbst aufgeklärt, dann ist es die verdammte Pflicht dieser Ombudsstelle, das zu tun. Und das ist richtig.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Auch für Polizistinnen und Polizisten ist der oder die Beauftragte ein Zugewinn, weil sie sich eben an ihn wenden können, und zwar ohne Einhaltung eines Dienstweges. Das ist notwendig, gut und richtig. Es stärkt genau diejenigen, die da draußen jeden Tag für uns ihre Knochen hinhalten. Auch hier, das ist eben schon angesprochen worden, haben wir aus der Anhörung sehr viele Hinweise bekommen, von denen wir vor allem die Vorschläge eben aus dem Polizeigewerkschaften aufgenommen haben.

Ich will deswegen drei Stück noch mal nennen, damit es sich noch mehr einschleift und die Ängste kleiner werden. Wir präzisieren beispielsweise den Schutz der persönlichen Daten der Polizistinnen und Polizisten. Wir unterwerfen den Beauftragten derselben Belehrungspflicht wie den Dienstherrn und, wie schon angesprochen, wir verlängern die Frist, und zwar praxisnah. Für weitere Änderungen habe ich leider nicht mehr genug Zeit, weil es schon rot leuchtet.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie denn so, wie Sie es immer behaupten, tatsächlich etwas für die Menschen in dieser Stadt tun wollen, dann stimmen Sie tatsächlich diesem Gesetzesvorschlag hier und heute zu, denn es ist in der Tat eine Verbesserung der Möglichkeiten für Menschen, sich Hilfe zu holen, wenn sie sich selbst nicht helfen können. Es geht um eine Weiterqualifizierung des Petitionsrechts. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion hat das Wort Herr Abgeordneter Woldeit. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Liebe Polizistinnen und Polizisten! Herr Kugler, ich nehme schon einmal vorweg, wir stimmen diesem

Gesetz mit Sicherheit nicht zu und das aus sehr gutem Grund. Das werde ich Ihnen gleich noch ganz in Ruhe erläutern.

Herr Kugler, auch Sie sprachen von einem vermeintlich guten Tag, genau wie der Kollege Schrader von einem guten Tag gesprochen hat, ein guter Tag für die Polizei, und gleichzeitig wird es nicht bequem sein für die Berliner Polizei. Ich glaube, der Widerspruch ist schon ersichtlich.

[Tom Schreiber (SPD): Das war nicht anders zu erwarten!]

Das, was diese rot-rot-grüne Koalition heute hier in Kraft treten lässt, ist alles andere als ein guter Tag für Berlin, alles andere als ein guter Tag für die Berliner Polizei und alles andere als ein guter Tag für die innere Sicherheit.

[Beifall bei der AfD]

Es ist schon bemerkenswert. Ich habe schon mehr als einmal gesagt, man muss den Kollegen Schrader von der Linkspartei einfach mal reden lassen. Das ist mitunter die beste Werbung, die ich mir für meine Fraktion wünschen kann. Ich wünsche mir auch,

[Zurufe von der LINKEN]

dass möglichst viele Berliner Polizistinnen und Polizisten das hören, weil Sie, wenn man ihnen zwischen den Zeilen zuhört, Herr Kollege Schrader, schon implizieren, dass die Opposition von einem Anti-Polizeigesetz spricht. Das hat der Kollege Dregger gar nicht gemacht. Ich sage auch nicht Anti-Polizeigesetz. Der einzige, der davon spricht, sind Sie.

[Paul Fresdorf (FDP): Ich komme auch noch dran!]

Wenn wir von der Anhörung sprechen – da haben Sie übrigens den hochangesehenen Sachverständigen und Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt ein bisschen verächtlich gemacht

[Lachen bei der LINKEN]

er ist hoch angesehen und ein Fachmann.

[Beifall bei der AfD]

Und nicht nur Rainer Wendt, sondern auch zahlreiche andere Anzuhörende haben natürlich bemerkenswerte Kritikpunkte zu Ihrem Gesetz angebracht.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Damit schaffen Sie es in die „heute-Show“!]

Wir von der Opposition haben Polizisten vorgeladen. Wir haben Leute aus dem Gesamtpersonalrates vorgeladen, die ebenfalls in Personalunion Polizisten sind. Mitunter haben wir Leute aus der Juristerei eingeladen. Sie laden Sinologen vor, um einfach auch hier einmal festzustellen, in welcher Art und Weise Sie eine gewisse Fachkompetenz aus irgendeiner Richtung erwarten.

(Andreas Kugler)