Protokoll der Sitzung vom 09.03.2017

Gute Arbeit für alle bedeutet auch gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. Dieses Ziel ist noch immer nicht für alle Frauen Wirklichkeit. Das ist im 21. Jahrhundert endgültig nicht mehr hinnehmbar.

Deutlicher geht es nicht.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Ich bin sehr froh, dass wir einen Regierenden Bürgermeister haben, der sich dazu bekennt. Von meinem guten alten Freund Klaus Wowereit hätte ich das auch gerne einmal gehört. Aber das war nicht sein Ding.

Die vermehrten Anstrengungen für mehr Gleichstellung, Respekt und Vielfalt kommen keinen Augenblick zu früh, besonders nachdem ich die Rede der AfD-Vertreterin gehört habe. Rot-Rot-Grün muss sich in Zeiten bewähren, wo sexistische und rassistische Hetze und Hass Hochkonjunktur haben – nicht nur auf der Straße, sondern auch im Netz.

Deshalb bis ich sehr froh, dass auch eine Initiative gegen Cybergewalt Teil unseres ersten Antrags geworden ist. Vor zweieinhalb Jahren haben die Mitglieder der Gleichstellungs- und Frauenminister/-innen/konferenz beschlossen, dieses Projekt umzusetzen, und zwar im ersten Schritt mit dem Ausbau der vorhandenen Infrastruktur und der Medienkompetenz, auch bei den jüngeren Berlinerinnen. Ich finde das absolut wichtig. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir hier in Berlin Trendsetterin auch für die anderen Bundesländer sein können.

Aber nicht nur Cyberstalking ist ein Problem, sondern auch Stalking allgemein. Dazu haben wir in unserer Koalitionsvereinbarung auch einiges geschrieben. Deshalb bin ich sehr froh, dass es innerhalb der Hundert-TageFrist wahrscheinlich auch gelingen wird, das Thema anzupacken. Wir werden am 4. April eine große StalkingKonferenz haben. Der Justizsenator ist Schirmherr. Er hat das Ganze sozusagen angeleiert und eingetütet. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Das ist ein Thema, das mir schon seit sehr vielen Jahren wichtig ist. Ich hoffe, wir kommen nach den Beratungen auch dazu, dass wir eine Stalkingberatung entsprechend dem Bremer Vorbild mit einer besseren Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei haben werden. Das wäre mein großes Ziel in dem Bereich. Wenn wir das innerhalb der ersten hundert Tage oder des ersten halben Jahres vielleicht hinkriegen würden, dann wäre das ein ganz großer Erfolg, und dafür möchte ich mich bei Senator Dr. Behrendt jetzt erst mal bedanken.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Mein Dank geht auch und sowieso immer an Frau Senatorin Kolat, mit der wir das alles sehr schön ausgearbeitet haben, was wir hier heute vorstellen. Aber ich möchte mich dann auch noch mal bei den anderen Kolleginnen und Kollegen bedanken.

[Ah! von der CDU – Georg Pazderski (AfD): Wir haben uns alle lieb!]

Ja! Wir loben viel zu wenig. Das ist unser Problem hier.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der SPD]

Ich habe mit großem Gefallen gehört, dass Frau Senatorin Breitenbach durch ihren Staatssekretär Fischer dabei ist, in Zusammenarbeit mit der Gleichstellungsverwaltung einen Runden Tisch „Sexarbeit“ einzurichten.

[Lachen bei der AfD]

Das müssen wir auch, weil zum 1. Juli das sogenannte Prostituiertenschutzgesetz in Kraft treten wird. Das ist sehr bedauerlich und blöd, aber wir müssen es umsetzen, und deshalb ist es schön, dass Sie da gleich in die Aktion gegangen sind und gleich gesagt haben: Super-Idee, wir machen einen Runden Tisch „Sexarbeit“. – Vielen Dank auch dafür!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Frank-Christian Hansel (AfD): Da mach ich mit!]

Ja, da machen Sie mit. Herr Hansel! Das war mir klar, denn auch die Besucherinnen und Besucher von Bordellen sind natürlich herzlich eingeladen, da mitzutun.

[Unruhe]

Das ist ja der Runde Tisch. Deshalb sollen Sie da natürlich auch sitzen, und ich danke Ihnen, dass Sie sich erstens mal dazu bekennen, dass Sie Bordellgänger sind, und zweitens – –

[Zurufe von der CDU, der AfD und der FDP: Oh, oh! – Georg Pazderski (AfD): Das ist wohl ein Ding! Hier müsste mal eingegriffen werden! – Weitere Zurufe – Unruhe]

Nein, das ist ja nichts Schlimmes.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Zurufe]

Also, Entschuldigung! Das ist doch nichts Schlimmes.

[Heiterkeit]

Bordelle können nur leben, wenn da Leute hingehen und Geld bezahlen. Selbstverständlich! Das ist ein Wirtschaftsunternehmen. Lassen Sie sich das mal von den

Leuten von der FDP erklären! Das ist überhaupt nichts Schlimmes.

[Unruhe]

Ich habe es noch nicht einmal gehört, dass ein Grüner oder eine Grüne einen Menschen, Mann oder Frau, der oder die in ein Bordell geht, verurteilt. Also das gibt es bei uns nicht. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Deshalb wollen wir Grünen ja diesen Runden Tisch „Sexarbeit“ einrichten, und ich bedanke mich ganz herzlich – ich hätte es ja nicht für möglich gehalten, dass ich mal bei einem AfD-Abgeordneten bedanke – für Ihre freiwillige Nennung. Ich werde das nachher mit Herrn Fischer mal besprechen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Heiterkeit – Unruhe]

So, aber jetzt wieder zurück zu meiner Rede. Die Zeit fliegt. – Mein Gott! Ja, Rot-Rot-Grün macht halt den Unterschied. Hier kann man über alles reden.

[Unruhe]

Ja, die AfD! Der Müttermythos! Ja, das ist natürlich so eine Sache. Ich gehe ganz kurz noch auf die Kollegin Auricht ein. Das ist natürlich – so mit dem Müttermythos und über diese Jahrzehnte hier auch gerade in Westdeutschland gewachsen – eine ganz schwierige Sache für Frauen- und Gleichstellungspolitiker und -politikerinnen. Vor allen Dingen kommt jetzt auch mit der AfD eine Partei ins Abgeordnetenhaus, die rechtspopulistische Geisterdebatten von sich gibt. Wir fürchten uns nicht vor denen, auf gar keinen Fall. Es gibt ja auch keinen Grund. Aber uns gruselt es doch bei den Geschichten von der natürlichen Geschlechterordnung, der klassischen Familie und dem homogenen Volk. Also, das muss ich schon sagen: Da sind Sie wirklich, wie der Kollege Kössler richtig festgestellt hat, doch irgendwie 80 Jahre zu spät. Aber so ist das, und wer zu spät kommt, den bestraft, wie wir wissen, das Leben.

Deshalb möchte ich einfach nur noch mal ganz kurz auf etwas eingehen, was mir sehr wichtig ist, und zwar die Quote! Ich bin eine Grüne seit fast 30 Jahren.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Wie lange müssen Sie noch?]

Seit 30 Jahren genau gibt es jetzt diese grüne Quote, auf die wir sehr stolz sind, weil sie wirklich gesellschaftspolitisch etwas verändert hat. Ich bin sehr dafür, dass wir uns alle noch mal damit beschäftigen, was eine solche Quote auch verändern kann, denn es wäre ja zu schön und wir wären am Ende der Quotengeschichte endlich angelangt und ich würde es noch zu meinen Lebzeiten erleben, wenn nur noch die Besten eingestellt würden, denn dann brauchen wir die Quote nicht mehr. Dann müssen wir eine Männerquote einführen, damit die auch mal zum Zuge kommen.

[Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPD]

Das wäre mein Wunsch, dass wir mit der Bestenauslese das Ganze auch hinkriegen.

Jetzt muss ich leider abbrechen. Ich habe mich da so ein bisschen hinreißen lassen, aber es ist ja heute eine launige Runde. Die Inhalte wurden dankenswerterweise von den Kollegen und Kolleginnen der Koalitionsfraktionen schon dargelegt. Ich wünsche – und jetzt auch wirklich Ihnen speziell, den Kolleginnen und Kollegen rechts der Mitte – einen schönen feministischen Resttag,

[Heiterkeit bei den GRÜNEN]

und möge der Gender-Star mit Ihnen sein! – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Herr Kollege Kluckert hat jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt wird es mal wieder sachlich. Der gestrige 8. März, der sogenannte Weltfrauentag, ist jedes Jahr ein guter Anlass, um einmal darüber nachzudenken, wo die Rechte der Frauen gestärkt und vorhandene Diskriminierungen gegen Frauen abgeschafft werden können. Er bietet uns die Gelegenheit, darüber nachzudenken, was wir tun können, um z. B. die beruflichen Chancen für Frauen zu verbessern, und was wir gegen eine Benachteiligung am Arbeitsplatz und gegen schlechtere Bezahlung unternehmen können.

[Zuruf von Anne Helm (LINKE)]

Zu diesem Thema habe ich gerade von Ihnen nichts gehört. Daher ist es gut, dass das Thema „Gleichstellung und Selbstbestimmung von Frauen“ auch hier passend zum gestrigen Frauentag das Thema der Aktuellen Stunde ist, denn auch für uns Liberale sind gleiche Karrierechancen für Männer und Frauen ein wichtiges Anliegen. Allerdings unterscheiden wir uns in dem Weg, den Sie einschlagen.

[Beifall bei der FDP]

Wenn man sich den Anteil von weiblichen Führungskräften in Spitzenpositionen der deutschen Wirtschaft ansieht, dann kann man zu Recht feststellen, dass der Anteil noch deutlich steigerungsfähig ist.

[Notker Schweikhardt (GRÜNE): Wie in der FDP-Fraktion!]

Auch wenn wir uns den Bildungs- und Karriereweg von Frauen ansehen, müssen wir leider feststellen, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen nicht zum Ausbildungsstand der Frauen passt, denn es machen mehr

(Anja Kofbinger)