Protokoll der Sitzung vom 23.03.2017

Wichtig für uns als politisch Verantwortliche ist es aber auch, Erkenntnisse zu dem Teil vorhandener Kriminalität zu gewinnen, die von den Opfern nicht angezeigt wird und daher unbekannt bleibt. Das ist meines Erachtens auch ganz unaufgeregt zu machen, denn dass nicht alle Straftaten angezeigt werden, wissen wir alle. Das ist auch keine Verdunkelung, das ist auch nichts Mysteriöses, und die Beschäftigung mit diesem Kriminalitätsphänomen ist deswegen meines Erachtens auch nicht fragewürdig. Das Land Niedersachsen hat uns das ja vorgemacht. Im Jahr

(Karsten Woldeit)

2015 hat es eine entsprechende Studie erarbeitet, und wenn man sie liest, bekommt man den Eindruck, dass es doch klug ist, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen. Deswegen haben wir als CDU-Fraktion gesagt, dass wir uns das grundsätzlich vorstellen können. Wir haben durch unseren Änderungsantrag versucht, inhaltlich etwas beizusteuern, damit man auch klärt, worum man sich eigentlich kümmert und welches die Themen sind, die zu erheben sind, nämlich insbesondere die Opfererfahrungen der Betroffenen, ihr Anzeigeverhalten, das Sicherheitsgefühl und die Kriminalitätsfurcht der Betroffenen und ihre Erfahrungen und die Bewertung mit der Polizei.

Ich glaube, dass wir damit ganz entspannt umgehen können. Jede Erkenntnis, die uns hilft, das Kriminalitätsphänomen zu verstehen und darauf zu reagieren, ist aus unserer Sicht willkommen, und deswegen haben wir keinerlei Bedenken, Derartiges auch im Land Berlin vorzunehmen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der AfD]

Danke schön! – Für die Fraktion Die Linke Herr Kollege Schrader!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich mache es kurz. Die Beratung dieses Antrags im Innenausschuss hat ergeben, dass wir das, was hier beantragt wird, nicht brauchen. Ich nenne Ihnen hierfür auch noch mal drei Gründe:

Erstens führt der Begriff Dunkelfeldstudie in die Irre, denn das, was hier vorgeschlagen wird, führt nicht dazu, dass Straftaten, die in der polizeilichen Kriminalstatistik nicht auftauchen, erfasst werden. So eine Studie ist ja nichts weiter als eine Meinungsumfrage, eine stichprobenartige Befragung der Bevölkerung über Gefühle und Erfahrungen mit Kriminalität. Das kann man machen, es bringt aber keine wirklich großen Erkenntnisse – auch nicht die, die Sie wollen. In Niedersachsen kam übrigens dabei heraus, dass die Menschen sich dort im Großen und Ganzen sicher fühlen. Es taugt also auch nicht für die Legende, dass alles immer schlimmer wird und man riesengroße Angst haben muss.

Zweitens: Berlin kooperiert bereits mit anderen Ländern und dem Bund, um so eine wissenschaftliche Studie – mehrere Studien – durchführen zu lassen. Das, was so eine Befragung für Berlin leisten kann, wird also schon gemacht. Noch ein Grund, warum wir das, was hier beantragt ist, nicht brauchen!

[Karsten Woldeit (AfD) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Woldeit von der AfD-Fraktion?

Ach, nö! Nö, nicht – –

„Nö“ reicht mir. Ist gut!

[Heiterkeit bei der LINKEN und den GRÜNEN – Hakan Taş (LINKE): Gute Entscheidung!]

Fahren Sie fort!

Drittens: Wenn wir wirklich das Dunkelfeld verkleinern und das Hellfeld vergrößern wollen, dann müssen wir die Polizei in ihren Kernaufgaben stärken. Das ist die Ermittlungstätigkeit gerade bei so schwer ermittelbaren und aufzuklärenden Delikten wie Taschendiebstahl, Wohnungseinbrüchen und so weiter, und es ist die Präsenz im öffentlichen Raum.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Und wir müssen die Opfer von Kriminalität schützen und stärken, damit die Anzeigebereitschaft steigt. Man kann so etwas z. B. durch Maßnahmen wie ein Aufenthaltsrecht für Opfer von häuslicher Gewalt erreichen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Benedikt Lux (GRÜNE): Sehr gut!]

Ich weiß, dass Sie von der AfD für solche Maßnahme nicht zu haben sind, aber da sind wir halt unterschiedlicher Ansicht. Das finde ich gut, und das soll auch so bleiben.

[Beifall von Katina Schubert (LINKE)]

Aus diesen Gründen lehnen wir das ab. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion Herr Kollege Luthe!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in der Tat sehr ausführlich im Innenausschuss über den Sinn oder fehlenden Sinn einer Dunkelfeldstudie gesprochen, und offensichtlich haben wir die Debatte anders wahrgenommen, als es die Kollegen von SPD und

(Burkard Dregger)

Grünen, aber auch Herr Kollege Schrader haben. Wir halten eine Dunkelfeldstudie nach wie vor für dringend erforderlich, um im Sinne einer zielgerichteten Innen- und Rechtspolitik – an der Stelle aber insbesondere der Innenpolitik – erst einmal zu erkennen, wo denn tatsächlich Probleme liegen. Im Moment wissen wir das eben halt noch nicht und müssen raten.

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Ich erinnere auch da gern noch mal an unser Lieblingsthema, den Flughafen Berlin-Brandenburg, den sogenannten BER. Da wird auch ständig geraten, was denn vielleicht noch fehlen könnte und wann er mal fertig wird. Jedenfalls sollten wir bei der inneren Sicherheit mit etwas mehr Solidität herangehen und tatsächlich ganz gezielt abfragen, wo wir denn möglicherweise Defizite haben, die wir in der – das ist sicherlich unstreitig – unvollständigen Kriminalstatistik so bisher nicht bekommen.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Insofern spricht meines Erachtens überhaupt nichts dagegen, für ein wenig Transparenz zu sorgen. Herr Zimmermann! Sie hatten vorhin angesprochen, dass es – sinngemäß – bei der inneren Sicherheit nicht nur einen Verantwortlichen gibt. Das wird natürlich von vielen Bürgern auch als ein gewisses politisches Hütchenspiel empfunden, weil man natürlich möchte, dass Fakten an irgendeiner Stelle transparent und klar auf dem Tisch liegen. Eine Dunkelfeldstudie kann aus unserer Sicht zumindest dazu beitragen, ein wenig mehr Licht in das Dunkel zu bringen. Sie ist sicherlich auch da kein Allheilmittel, aber es wäre ein guter und meines Erachtens notwendiger Schritt, um daraus weitere Maßnahmen abzuleiten. – Danke schön!

[Beifall bei der FDP und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für Bündnis 90/Die Grünen jetzt Herr Kollege Lux!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin schon ein bisschen erstaunt, mit welchen Scheuklappen und mit welcher Provinzialität hier die Begründung vorgetragen wird, weshalb man denn unbedingt eine Dunkelfeldstudie braucht. Herr Woldeit brachte es mit der Phrase zusammen, er möchte, dass sein Bürger in der Ringbahn wieder die Augen zumachen kann, und dafür bräuchte man eine Dunkelfeldstudie. Ungefähr so war zusammengefasst Ihre Argumentation. Ich habe bei keinem der Befürworter einer Dunkelfeldstudie mal einen Verweis auf die Beratung im Ausschuss gehört. Wozu beraten wir das dann in den Ausschüssen mit der Senatsverwaltung, wenn Sie darauf nicht einge

hen? Dort hat der Innensenator gesagt – und Kollege Zimmermann hat es auch wiederholt –, dass es das „Barometer Sicherheit in Deutschland“ gibt, federführend vom Bundeskriminalamt aufgesetzt, das in diesem Jahr fortgesetzt werden soll.

Es lohnt sich, sich damit mal zu beschäftigen, denn die Dunkelfeldforschung ist nur ein Punkt. Wenn man ein Sicherheitsbarometer, ein Gefühl, aber auch Tatsachen darüber haben will, wie es um die Sicherheit in diesem Land bestellt ist und wie es bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt, gehört es auch dazu, dass man über die unterschiedlichen individuellen Sicherheitsbegriffe der Menschen in diesem Land redet. Sicherheit ist ein sehr weiter Begriff. Es gehört dazu, dass man die unterschiedlichen Wahrnehmungen einsortiert, dass man die Frage, was für einen individuell gefährlich und was gesellschaftlich gefährlich ist, mit einsortiert, dass man die fortschreitende Technisierung mit in den Blick nimmt und dass man die Begleitforschung und das Medienmonitoring macht. So baut es aus meiner Sicht sehr überzeugend das Bundeskriminalamt auf – in seiner Übersicht zum Sicherheitsbarometer.

Ich finde es dann schon ein bisschen schade, dass Sie hier auf so einem kleinen Stückchen Dunkelfeldstudie beharren: Wir möchten die aber haben, und fragen darf man doch mal. Das ist ja auch nicht so teuer. Wir wollen das Anzeigeverhalten stärken. – Das ist ja alles ganz nett, und man kann auch nicht wirklich etwas dagegen haben. Aber Sie verkennen in einer einmaligen Manier, dass es so etwas in einem viel professionelleren Sinne etabliert und aufgesetzt gibt. Ehrlich gesagt, Herr Woldeit: Das Einzige, was man Ihnen bislang vorwerfen konnte, ist, dass Sie versuchen, eine Partei – das hat man vorhin auch an dem Betrag von Herrn Dr. Curio gesehen – der Hetzer, einer Partei von Leuten, die hier jeden Moslem als kriminell bezeichnen, mit Ihren sachlichen Beiträgen reinwaschen zu wollen.

[Georg Pazderski (AfD): Oh, oh, oh! – Halten Sie sich zurück!]

Dafür war das heute aber einfach zu dünn.

Herr Kollege! Gestatten Sie Zwischenfragen des Kollegen Czaja, des Kollegen Woldeit und des Kollegen Gläser?

Dann fängt Herr Czaja an.

(Marcel Luthe)

Haben Sie einmal einen Stift für mich, Herr Präsident, damit ich mir Notizen machen kann?

Ich sage Ihnen das gern zwischendurch. – Es ist im Übrigen Herr Luthe auf dem Platz von Herrn Czaja.

Vielen Dank! Ich hatte mich gerade kurz gefragt, ob ich gemeint bin. – Lieber Herr Kollege Lux! Die Zwischenfrage ist recht kurz. Insofern werden Sie dafür keine Notiz benötigen. Sie führen sehr viel aus zum Thema BKA und was der Bund an dieser Stelle unternehme. Stimmen Sie mir nicht auch zu, dass Polizei nun einmal Ländersache ist und wir diese Frage zunächst in den Ländern klären sollten?

Wollen Sie sammeln, Herr Lux?

Dann hat Herr Woldeit das Wort.

Das Mikrofon geht nicht.

[Marcel Luthe (FDP): Meines leuchtet noch!]