Protokoll der Sitzung vom 03.02.2000

Herr Kollege Oettinger.

Herr Präsident, wir halten das Thema für wichtig, halten eine baldmögliche Beratung im Präsidium für nahe liegend, würden gerne auf der Grundlage der von Ihnen schon in Auftrag gegebenen Gutachten prüfen, ob wir eine Erweiterung benötigen, und streben eine einvernehmliche Beratung und Entscheidung dort zwischen den Fraktionen an.

Deswegen bitten wir die Kollegen von der SPD, heute auf eine formale Abstimmung zu verzichten.

Können wir so verfahren? – Bitte schön, Herr Abg. Brechtken.

Herr Präsident, unsere Fraktion verfolgt immer das Anliegen, den Versuch zu machen, eine Gesamtlösung des Problems anzugehen und nicht nur einen Teil herauszunehmen. Deshalb waren wir auch gegen den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Wir sind mit dem Verfahren einverstanden und hoffen auf eine einvernehmliche Regelung. Wir ziehen deshalb den Antrag für die heutige Sitzung zurück.

Vielen Dank. – Wir setzen diesen Antrag auf die Tagesordnung der nächsten Präsidiumssitzung.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Kapitel 0101 – Landtag. Wer dem Kapitel zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei wenigen Enthaltungen ist dem Kapitel 0101 und damit dem Einzelplan 01 zugestimmt.

Ich rufe nun Buchstabe b der Tagesordnung auf.

(Abg. Birzele SPD: Herr Präsident!)

Entschuldigung, ja. Herr Kollege Birzele hatte sich schon vorhin gemeldet. Er möchte eine Erklärung zur Abstimmung abgeben.

Bitte schön, Herr Abg. Birzele.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 12/4836-2, abgelehnt,

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Man versteht nichts!)

weil – erstens – mit der Realisierung dieses Antrags nur ein Teil der Probleme aufgegriffen würde. Andere Fragen wie Verhältnisausgleich auf Landesebene, Ersetzung des mathematischen Verfahrens d’Hondt durch das Restzahlverfahren, kleine Landesliste, Regionallisten, Regelungen zur Verbesserung des Frauenanteils, Erst- und Zweitstimmenproblematik würden nicht aufgegriffen.

Zweitens: Wir sind der Meinung, dass nicht die Landesregierung, sondern der Landtag eine solche Konzeption erarbeiten sollte. Deshalb plädieren wir für eine Kommission und haben den erwähnten Antrag abgelehnt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dann rufe ich jetzt Buchstabe b der Tagesordnung auf:

Einzelplan 14: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 12/4814

Berichterstatter: Abg. Rapp

Das Präsidium hat für die Aussprache über diesen Einzelplan eine Gesamtredezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Dann erteile ich in der Allgemeinen Aussprache Frau Abg. Vossschulte das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Kabarettist Werner Fink hat den Staatshaushalt als einen Haushalt definiert, in dem alle essen möchten, aber keiner Geschirr spülen will. Herr Finanzminister Stratthaus, wenn Sie sich die Gespräche in den heißen Haushaltswochen ins Gedächtnis rufen, werden Sie mir wohl darin zustimmen, dass diese Definition nicht ganz falsch ist.

Meine Damen und Herren, man darf wohl sagen, dass die Bereiche Wissenschaft, Forschung und Kunst einen gesunden Appetit bewiesen haben. Mit seinen Gesamtausgaben von jeweils 5,6 Milliarden DM hat der Einzelplan 14 einen Anteil von über 10 % an den Gesamtausgaben des Landes und gehört damit neben dem Kultusbereich zu den Ressorts, in denen am meisten investiert wird.

Auf der anderen Seite hat sich Klaus von Trotha als emanzipierter Mann erwiesen, indem er auch nicht vor dem Geschirrspülen zurückgeschreckt ist und somit seinen Beitrag zur Konsolidierung unseres Haushalts geleistet hat. Die Ausgaben für Wissenschaft, Forschung und Kunst sind nicht in dem Maß gestiegen, wie dies angesichts der aufgrund von Tarifabschlüssen gestiegenen Personalkosten eigentlich wünschenswert gewesen wäre.

Wir investieren erheblich im Bildungsbereich. Die hier veranschlagten Mittel sind gut investiertes Geld. Wir investieren in die Ausbildung unserer jungen Generation und damit in die Zukunft Baden-Württembergs. Die CDU-Fraktion hat der Bildungspolitik seit jeher zentrale Bedeutung zugemessen, und wir haben deshalb in diesem Bereich wieder einen Schwerpunkt unserer politischen Arbeit gesetzt.

Der Bildungsbereich ist einer der wichtigsten Kompetenzbereiche des Landes im Verhältnis zum Bund. Hier haben die Länder große gestalterische Freiheit, und hier zeigt sich deshalb auch deren Unverwechselbarkeit und Identität. Wissenschaft, Forschung und Kunst sind Markenzeichen Baden-Württembergs. Wir sind nicht nur ein sehr attraktiver Hochschulstandort, sondern werden auch in den Bereichen Forschung, Spitzenforschung und Kultur als Region von internationaler Bedeutung anerkannt.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Jetzt liest sie gerade einen Hochglanzprospekt der Re- gierung vor!)

Um diesen hohen Standard auch in den nächsten beiden Jahren halten zu können, sind nicht nur Kreativität und ständige Aufgabenkritik der Handelnden erforderlich, sondern es müssen auch finanzielle Mittel eingesetzt werden. Dies ist nach meiner Überzeugung im vorliegenden Haushaltsentwurf geschehen.

Ich verhehle nicht, dass die finanziellen Handlungsspielräume enger geworden sind. Im vorliegenden Doppelhaushalt muss der Einzelplan 14 in weit größerem Umfang Personalkostensteigerungen abfedern, als dies in vergangenen Jahren der Fall war. Die Tarifabschlüsse und die Erhöhungen der Beamtenbesoldung haben das Wissenschaftsministerium mehr getroffen als jedes andere Ressort; denn der Personalkostenanteil liegt hier bei annähernd der Hälfte der Gesamtausgaben. Bei den Sachausgaben und den nicht zwangsläufigen Ausgaben mussten wir deshalb Einschnitte hinnehmen.

Ich betone ausdrücklich, dass die CDU-Fraktion zu dem vorgelegten Sparhaushalt steht. Wir werden an unserem Bekenntnis zur Haushaltskonsolidierung und unseren Eckwertbeschlüssen zur Nettoneuverschuldung festhalten. Das ist uns nicht immer leicht gefallen, und wir hatten gerade bei den Beratungen über den Wissenschafts- und Kunsthaushalt manch schwere Entscheidung zu treffen.

Die erfreuliche Entwicklung der Steuereinnahmen hat es uns dennoch ermöglicht, am Regierungsentwurf noch Korrekturen vorzunehmen. So werden wir beispielsweise die durch die Deckelung der Wettmittel betroffenen freien Kunstfördermittel deutlich erhöhen. Dazu wird mein Kollege Hans-Michael Bender noch detailliertere Ausführungen machen. Ich beschränke mich auf die Bereiche Wissenschaft und Forschung.

Wir haben unsere Position als führender Hochschul- und Forschungsstandort in der Bundesrepublik gehalten, und wir werden diesen hohen Standard auch in den nächsten beiden Jahren beibehalten. Einer der Gründe hierfür ist, dass es uns gelungen ist, durch strukturelle Maßnahmen neue Handlungsspielräume zu schaffen.

In diesem Zusammenhang darf ich an die Umsetzung der zukunftweisenden Empfehlungen der Hochschulstrukturkommission erinnern. Diese hochrangig besetzte Kommission hat sich mit dem Thema „Flexibilisierung der Rahmenbedingungen des Hochschulsystems“ befasst und uns wertvolle Anregungen für die mit Beginn dieses Jahres in Kraft getretene Hochschulgesetzesnovelle gegeben. Ich möchte darauf nicht näher eingehen.

Vielmehr will ich auf die in der Hochschulnovelle vorgenommene Finanzreform eingehen. Wir haben mit der Globalisierung der Hochschulhaushalte begonnen. Im vorliegenden Haushaltsentwurf werden wir im Rahmen der dezentralen Finanzverantwortung den Hochschulen Globalhaushalte geben, die aus nur wenigen Haushaltstiteln bestehen. Durch eine fast unbeschränkte gegenseitige Deckungsfähigkeit der Etatansätze wird zusätzliche Flexibilität erreicht. Wir ermöglichen den Hochschulen Bildung von Rücklagen und vermeiden so das so genannte Dezemberfieber. Eine weitere Vereinfachung der Hochschulhaushalte erreichen wir dadurch, dass wir im Bereich der Arbeiter und Angestellten die Stellenbewirtschaftung weitgehend aufheben.

Die dezentrale Finanzverantwortung, die durch einen Globalhaushalt ermöglicht wird, gibt den Hochschulen große Freiheit bei der Verwendung ihrer Mittel. Die bisher in der Kameralistik vorgesehene Zweckbindung der vom Land bewilligten Mittel entfällt im Globalhaushalt. Im gemeinsamen Interesse von Parlament, Regierung und Hochschulen muss aber die dezentrale Verantwortung durch ein Rechnungswesen ergänzt werden, das deutlich erkennen lässt, wo und wie die Mittel eingesetzt werden.

(Beifall des Abg. Bloemecke CDU)

Diese notwendige Transparenz schaffen wir durch die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung. Seit diesem Jahr haben alle Einrichtungen, deren Haushalt globalisiert wurde, eine Kosten- und Leistungsrechnung in vereinfachter Form. In der Einführungsphase beschränken wir uns zunächst auf die Erfassung der Kosten auf Kostenstellen. In weiteren Schritten werden dann Abschreibungen und Bewertungen hinzugefügt, Leistungsverflechtungen berücksichtigt und die Kostenträger ermittelt. Unser Ziel ist es, bis zum Ende des Jahres 2003 die Kosten- und Leistungsrechnung in allen Einrichtungen des Ressorts vollständig einzuführen.

Die Zuschüsse an unsere Hochschulen werden künftig in zunehmendem Maße an deren Leistungen bemessen werden. Bisher beruhten die Zuschüsse auf den vorhandenen, gewachsenen Haushaltsansätzen, die oft nur historisch erklärbar waren.

Die globalen Zuschüsse an den Hochschulen werden künftig nach den Leistungen der Hochschulen bemessen. Wer mit den vorhandenen Ressourcen wirtschaftlicher arbeitet und mit den erhaltenen Mitteln höhere Leistungen erbringt, bekommt auch eine bessere Finanzausstattung. Damit wird ein deutlicher Anreiz für einen effektiveren Einsatz der staatlichen Mittel geschaffen.

Die Verteilung der Zuschüsse an die Hochschulen erfolgt künftig bei den Universitäten nach insgesamt 13 Leistungsindikatoren. Die Universitäten erhalten derzeit zur Finanzierung ihrer Aufgaben einen Landeszuschuss in Höhe von rund 1,9 Milliarden DM jährlich. In einem ersten Schritt werden in diesem Jahr rund 265 Millionen DM davon nach den neuen Leistungskriterien verteilt. Das wird in den nächsten Haushalten langsam gesteigert. Gewinne und Verluste im Verteilungsverfahren werden wir in den kommenden Jahren auf 1 % des Gesamtzuschusses der jeweiligen Hochschule begrenzen. Diese so genannte Kappungsgrenze wollen wir in den nächsten Jahren anheben, wenn wir erste Erfahrungen mit dem Modell gemacht haben.

Dann werden wir auch in Abstimmung mit den Hochschulen entscheiden, ob und in welchem Umfang Änderungen und Ergänzungen bei den Leistungsindikatoren notwendig werden. Ich gestehe, dass mir bei den Leistungsindikatoren noch die Qualitätskriterien fehlen. Sie müssten meiner Meinung nach stärker berücksichtigt werden und die rein quantitativen Kriterien teilweise ersetzen.

Der Erfolg des Hochschulstandorts Baden-Württemberg ist unter anderem auch auf die Vielfalt unserer Bildungseinrichtungen im tertiärem Bereich zurückzuführen. Lassen Sie mich die Berufsakademien herausgreifen. Sie haben in der jüngsten Vergangenheit einen in diesem Ausmaß unerwarteten Nachfrageboom zu verzeichnen. Die Gesamtzahl der Studierenden stieg auf über 12 000. Alle diese Studierenden haben nach ihrer Ausbildung beste Aussichten auf einen sicheren Arbeitsplatz. Wir haben auf diesen Boom reagiert und im Rahmen des letzten Nachtragshaushalts ein Ausbauprogramm aufgelegt, mit dem bis 2002 insgesamt 4 750 neue Studienplätze geschaffen werden.

Die Berufsakademien sind nicht nur bei den Abiturienten, sondern auch in der Wirtschaft hoch angesehen. In der Vergangenheit konnten etwa 6 000 Dozenten aus der Wirtschaft für eine nebenamtliche Lehrtätigkeit gewonnen werden.

Wenn wir die hohe Qualität der Ausbildung an den Berufsakademien erhalten wollen und das geschilderte Ausbauprogramm nicht zulasten der Lehrqualität gehen soll, müssen wir nach meiner Ansicht den Berufsakademien allerdings die Möglichkeit bieten, attraktivere Vergütungen für qualifizierte Dozenten aus der Wirtschaft zu bezahlen. Nachdem die letzte Erhöhung der Vergütungssätze durch einen Ministerratsbeschluss im Jahre 1988 erfolgte und private Bildungsträger im tertiären Bildungsbereich zwischenzeitlich deutlich höhere Vergütungen bieten, halte ich eine

Anhebung der von unseren Berufsakademien zu zahlenden Vergütungssätze für angebracht.

Gemeinsam mit unserem Koalitionspartner haben wir deshalb den Ihnen vorliegenden Entschließungsantrag gestellt. Wir bitten die Landesregierung, zu prüfen, ob vor dem geschilderten Hintergrund die bisherige Struktur der Lehrauftragsvergütungen ab dem Studienjahr 2000/2001 verbessert und gegebenenfalls im Nachtragshaushalt berücksichtigt werden kann.

Meine Damen und Herren, insgesamt trägt der Einzelplan 14 den berechtigten Anliegen von Wissenschaft, Forschung und Kunst Rechnung, ohne dass wir das Ziel der Konsolidierung öffentlicher Haushalte aus den Augen verlieren. Ich danke Herrn Minister von Trotha und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seines Hauses für die Arbeit.

Ich bitte Sie alle herzlich, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen.