Protokoll der Sitzung vom 22.03.2000

(Abg. Haas CDU: Na ja!)

Sie haben keine Synergieeffekte dargestellt, Sie haben die Bürgernähe nicht dargestellt – zwei Anstalten, eine in Stuttgart und eine in Karlsruhe, bieten zweifellos mehr Bürgernähe –, Sie haben nicht zu dem Argument der Kosten einer Neuwahl Stellung genommen.

(Abg. Haas CDU: Sie haben ja auch keine badi- sche Landtagsfraktion!)

Ich habe den Eindruck, Sie sind vom Ministerpräsidenten Teufel, der das damals in der Zeitung erklärt hat, auf einen Weg gezwungen worden,

(Abg. Hehn CDU: Oje!)

der inhaltlich an sich wenig unterfüttert ist.

Noch 1997 haben Sie hier im Landtag gesagt: Es gibt keinen Grund für eine Zusammenlegung, und wenn wir es machen, machen wir es mit entsprechender Vorbereitung und in enger Absprache mit der Selbstverwaltung. Die enge Absprache mit der Selbstverwaltung sah dann so aus, dass die Direktoren und die Selbstverwaltung aus der Zeitung erfahren haben, dass der Ministerpräsident die Anstalten fusionieren will.

(Abg. Haas CDU: Ist ja nicht wahr!)

So wurde verfahren.

(Abg. Ingrid Blank CDU: So ein Quatsch!)

Es wurde von oben angeordnet, es wurde wenig diskutiert.

(Abg. Seimetz CDU: Klingt zwar gut, stimmt aber nicht!)

Die Anstalten selber wurden nicht einbezogen. Die Personalräte waren dagegen. Ich meine, am Ende steht etwas, von dem man sagen muss: Wir haben eine Fusion, aber ob wir damit irgendwelche Vorteile erreicht haben, das steht in den Sternen. Im Laufe der parlamentarischen Debatte konnten Sie Vorteile nicht deutlich machen.

Noch einmal: Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine Fusion. Aber dann müssen in einer Güterabwägung das Pro und das Kontra dargestellt werden, und das haben Sie bis zum heutigen Tag nicht gemacht.

(Abg. Haas CDU: Selbstverständlich!)

Dann muss dargestellt werden: Was bedeutet es für die Versicherten, was bedeutet es für die Beschäftigten? Sie haben kein Wort darüber gesagt. Dabei böte sich, Herr Kollege Haas, gerade in diesem Bereich ein Einstieg in das Thema Altersteilzeit. Machen Sie doch einmal einen Vorschlag dazu, wenn Sie schon fusionieren wollen. Ich habe das im Sozialausschuss eingefordert, habe aber dazu von Ihnen noch nichts gehört.

(Abg. Haas CDU: Das brauchen wir nicht ins Ge- setz zu schreiben!)

Meine Damen und Herren, insgesamt wird auch nach den Argumenten, die im Ausschuss und jetzt hier in der ersten Runde vorgebracht wurden, Ihre Argumentation nicht dichter. Es gibt wenig Gründe für eine Fusion. Die Frage des Standorts ist nicht zu diskutieren, wenn man aus fachlichen Gründen gegen diese Vereinigung ist. Wir werden auch bei der zweiten Lesung die Vereinigung der beiden Landesversicherungsanstalten zu einer LVA Baden-Württemberg aus den genannten Gründen ablehnen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Haas CDU: Aus wel- chen Gründen? Sie haben ja keine angeführt!)

Das Wort hat Frau Abg. Bender.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In einem Punkt haben wir Einigkeit in diesem Saal: Wir wollen alle nicht, dass es eine zentralistische Organisation der Rentenversicherung gibt mit einer BfA, die alles bestimmt, und Landesversicherungsträgern, die lediglich ausführende Organe vor Ort sind.

Was uns trennt, ist die Frage: Welcher Weg führt dorthin? Sie sagen: Wir machen jetzt die Fusion auf Landesebene. Dann sind wir stärker und können unser dezentrales Modell verfolgen. Darüber ließe sich leichter diskutieren, wenn man wüsste, dass darüber in der CDU-Fraktion eine abgewogene Diskussion stattgefunden hätte. Stattdessen muss man sagen, man kennt die Absicht und ist verstimmt. Das Projekt Fusion im Zusammenhang mit einer anderen beabsichtigten Fusion und einem Deal über Hauptsitze stand an erster Stelle, und dann hat man erst überlegt, ob es denn sinnvoll sein könnte. Das zeigt schon, dass dieser Prozess auf dem falschen Gleis sitzt.

In Wirklichkeit ist es eben nicht so, dass eine vorgezogene Landesfusion die Landesversicherungsanstalt im Prozess der Organisationsreform stärker macht. Denn was passiert?

Aus zwei mach eins. Statt zwei Stimmen im Verband der Rentenversicherungsträger hat in Zukunft eine fusionierte LVA nur noch eine Stimme. Daher kann von Stärkung nicht die Rede sein. In Wirklichkeit wird Baden-Württemberg mit seiner LVA schwächer, hat weniger Gewicht im Prozess der Diskussion um die Organisationsreform.

Deswegen würden wir es für richtig halten und vorziehen, eine Organisationsreform aus einem Guss zu machen.

Was soll jetzt in der fusionierten Anstalt passieren? Auf welches Modell der Organisation soll man sich einigen?

(Abg. Haas CDU: Auf das bessere!)

Soll man den württembergischen Weg der Regionalzentren oder den badischen Weg der Versicherungsältesten gehen? Jedes Mal müssen sich die Mitarbeiter neu einstellen und dann, wenn die bundesweite Organisationsreform kommt, noch einmal aufs Neue. Da muss man schon fragen: Wie viele Reformschübe wollen Sie den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen eigentlich zumuten?

(Abg. Deuschle REP: Das sagen gerade Sie als Grüne!)

Organisationsreform als Dauerbrenner, meine Damen und Herren, ist eine Absage an Mitarbeitermotivation.

(Zuruf des Abg. Haas CDU)

Gerade an sie sollte man aber in diesen Zeiten denken.

(Abg. Haas CDU: Das kann man auch herbei- reden!)

Eine Fusion zu einem Zeitpunkt vor einer bundesweiten Organisationsreform bedeutet eben viel Last für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, viel Last für die Selbstverwaltung. Deswegen sagen wir: Zu diesem Zeitpunkt ist eine Fusion der falsche Weg. Daher werden wir den Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall der Abg. Marianne Erdrich-Sommer und Hackl Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Haas CDU: Das wussten wir!)

Das Wort hat Herr Abg. Dr. Noll.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP/DVP-Landtagsfraktion stimmt keiner Fusion um der Fusion willen zu. Das ist keine Frage. Vielmehr, Frau Bender, haben wir sehr wohl das Pro und Kontra abgewogen. Wir haben die Argumente, die dagegen sprechen, genauso gewürdigt wie die, die dafür sprechen.

In der Diskussion hat sich die Frage letztlich nicht darauf konzentriert, ob eine Fusion überhaupt sinnvoll ist. Denn es liegen ja Vorschläge vor, die bis dahin gehen, dass bundesweit nur noch vier Landesversicherungsanstalten bestehen bleiben sollen. Vielmehr lautete die Frage ja, ob es zum derzeitigen Zeitpunkt richtig ist, die Fusion anzugehen. Da kann man unterschiedlicher Meinung sein. Aber ich denke, gerade dann, wenn weiter gehende, länderüber

greifende Fusionen anstehen, ist es doch sicherlich sinnvoll, hier eine starke landesbezogene Landesversicherungsanstalt – wie der Name schon sagt – zu errichten, um in einer bevorstehenden bundesweiten Organisationsreform möglicherweise genau diese Struktur behalten zu können. Dann kommt nicht noch eine Organisationsreform, wie Sie befürchten, auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu.

Zu der Frage nach den Arbeitsplätzen. Ich habe großes Verständnis für die angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Landesversicherungsanstalten. Aber letztlich hängt die Zahl der Angestellten in diesen beiden Einrichtungen in erster Linie davon ab, ob wir eine Zuständigkeitsänderung hinbekommen. Denn wenn wir das weitere Ausbluten der LVAs zulassen, dann sind massiv Arbeitsplätze gefährdet und nicht durch die Organisationsreform, die jetzt geplant ist.

Auch ist, denke ich, eindeutig geklärt, dass Stuttgart neben Karlsruhe Sitz bleibt, sodass sich die Anforderungen an räumliche Flexibilität wohl hauptsächlich auf einen sehr schmalen Bereich in der Führungsebene beschränken werden. Das halten wir im Übrigen auch für zumutbar.

Wenn wir jetzt im Hinblick auf die bundesweite Organisationsreform eine starke baden-württembergische Landesversicherungsanstalt gründen, schieben wir weiter gehenden Vorstellungen mit Sicherheit einen Riegel vor. Das liegt auch im Interesse der Beschäftigten. Sie können dann davon ausgehen, dass sie nicht ständig mit neuen Reformen beschäftigt werden, wenngleich wir nicht verkennen, dass die jetzt anstehende Organisationsreform natürlich mit zusätzlicher Arbeit, mit zusätzlichen Aufgaben neben dem Tagesgeschäft verbunden ist.

Trotzdem glaube ich, wenn man noch einmal versucht, das Pro und Kontra abzuwägen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist. Ich bitte um Verständnis, dass wir im Gegensatz zu Ihnen nicht nur die Risiken, die sicherlich auch beinhaltet sind, sondern auch die Chancen sehen, die für eine starke baden-württembergische Landesversicherungsanstalt gegeben sind. Sie hat die Chance, ihre erfolgreiche kundenorientierte Arbeit auf gesicherter Basis im Interesse von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in unserem Land fortzuführen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort hat Herr Abg. Krisch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir reden jetzt das dritte Mal im Plenum bzw. im zuständigen Ausschuss über diesen Gesetzentwurf. Ich habe meinen Vorrednern genau zugehört. Ich finde über das hinaus, was in den bisherigen Diskussionen gesagt worden ist, keine neuen Argumente.

(Abg. Bebber SPD: Also, hinsetzen!)

Wir hätten vor einer Diskussion über die Zusammenlegung der beiden Landesversicherungsanstalten eine Diskussion über das Rentensystem im Ganzen durchführen sollen.

Herr Döpper hat erzählt – ich habe den Satz notiert – –

(Abg. Mühlbeyer CDU: Er hat eine gute Rede ge- halten! Er hat nicht erzählt, Herr Kollege!)

Er hat erzählt, Herr Kollege Mühlbeyer, dass zentralistischen Einrichtungen Kundenfreundlichkeit fehlt. Aber dann ist die Rede des Kollegen Döpper doch eine Rede gegen die Zusammenlegung.