Protokoll der Sitzung vom 12.04.2000

Wenn man also nach Konsequenzen in dieser Situation fragt, muss man darauf hinweisen: Wir haben auf der einen Seite die gesellschaftliche Entwicklung, die digitale Revolution, in der wir uns befinden, und auf der anderen Seite gibt es nach wie vor steigende Schülerabgangszahlen und Schülerzahlen. Die Absolventen der Schulen werden auf den Markt drängen, sie werden in die Hochschulen drängen, sie werden in die beruflichen Schulen hineingehen. Deshalb kann die Konsequenz trotz dieser guten Situation, die wir heute schon in Baden-Württemberg haben, eigentlich nur lauten: Wir brauchen auch in der Zukunft eine erhebliche Steigerung der Zahl der Lehrstellen im IT-Bereich, und wir brauchen eine erhebliche Steigerung der Zahl der Studienplätze.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Nur so, meine Damen und Herren, werden wir hoch qualifiziertes Personal bekommen. Hier muss natürlich gerade im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik ein Schwerpunkt liegen.

Letzte Bemerkung: Dies alles wird nicht zum Nulltarif zu haben sein. Wenn wir Ausbildungsgänge fördern wollen, wenn wir mehr Ausbildungskapazitäten schaffen wollen, dann muss dies finanziert werden. Ich bin davon überzeugt, dass gerade die nächste Zukunftsoffensive eine hervorragende Möglichkeit darstellen wird, um diese zusätzliche und neue Offensive bei Ausbildungskapazitäten zu finanzieren.

Ich frage Sie: Gibt es eine bessere Verwendung für Veräußerungserlöse, als in strategisch wichtige Bereiche der gesellschaftlichen Entwicklung zu investieren?

(Abg. Deuschle REP: Wie viel Redezeit haben Sie denn?)

Gibt es ein besseres Beispiel dafür, als in die Zukunft der Köpfe zu investieren? Deshalb wird es dabei bleiben: Baden-Württemberg wird weitere enorme Anstrengungen machen, um diese Ausbildungskapazitäten zu schaffen, und wir werden ausdrücklich darauf bestehen, dass die Finanzierungsmittel aus einer nächsten Zukunftsoffensive genommen werden. Wir halten das für gerechtfertigt. Die Investition in die Köpfe der jungen Leute ist immer noch die beste Investition, und genau diesen Weg werden wir gehen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Hehn CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Bender.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Greencard war genau heute vor drei Wochen hier in der Plenarsitzung schon einmal debattiert worden. Heute geht es um eine andere Zielrichtung. Heute geht es um die Konsequenzen aus der Diskussion über die Greencard für unsere Bildungspolitik im Lande.

Festzuhalten bleibt aber, meine Damen und Herren, aus der Diskussion vor drei Wochen Folgendes – und das muss ich hier einfach mal dokumentieren –: Diese Geschichte mit der Greencard war schlichtweg nicht durchdacht. Sie war ein Schnellschuss, wie wir ihn von Herrn Kanzler Schröder leidvollerweise in der Vergangenheit immer wieder erfahren mussten.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Ihre Reaktion war nicht durchdacht! – Zuruf der Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen – Weitere Zurufe)

Es fehlt hinten und vorn an vorheriger sorgfältiger Überprüfung des tatsächlichen Fachkräftebedarfs. Gestern habe ich zum Beispiel in der Zeitung gelesen, dass der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Herr Jagoda, gefragt hat: Wo bleiben denn die Meldungen der freien Stellen, der angeblich 75 000 freien Stellen im Informatikbereich bei uns in der Arbeitsverwaltung?

(Zuruf des Abg. Jacobi Bündnis 90/Die Grünen)

Es fehlt an der sorgfältigen Prüfung der Qualifizierbarkeit und der Mobilisierbarkeit der heute arbeitslosen IT-Spezialisten im Inland

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Ja! Darum geht es auch!)

wir wissen, etwa 30 000 sind arbeitslos –, aber auch solcher arbeitsloser IT-Spezialisten aus Ländern der Europäischen Union. Es fehlt hinten und vorn an konkreten Vorstellungen über die berufsspezifisch differenzierten Qualifikationsanforderungen und Nachweise, die von den ausländischen Spezialisten zu erbringen sind.

(Zuruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grü- nen – Unruhe bei der SPD)

Darüber hinaus fehlt es an jeglichen Vorstellungen

(Unruhe bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Beden- kenträger!)

ja, ich weiß, dass das wehtut – über ausländer- und integrationspolitische Folgen.

(Abg. Drexler SPD: Bedenkenträger!)

Meine Damen und Herren, wenn jemand das Wort und den Begriff „Greencard“ verwendet, dann will er der Öffentlichkeit im Grunde das vortäuschen,

(Abg. Drexler SPD: Ach was!)

was international unter „Greencard“ verstanden wird, nämlich eine zeitlich unbefristete Aufenthaltsberechtigung und eine zeitlich unbefristete Arbeitsbewilligung. Doch das ist es nicht, was Kanzler Schröder wollte.

(Beifall bei der CDU – Abg. Birzele SPD: Herr Bender, was wollen Sie? – Unruhe)

Heutiger Stand, meine Damen und Herren, zur Frage der Bildungspolitik in unserem Land, und dies vor dem Hintergrund dieser Diskussion über die Greencard: Meine Damen und Herren, unser Land Baden-Württemberg hat ein im Bundesvergleich

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Jetzt kommen die Ländervergleiche! Jesses!)

in der Tat einmaliges Angebot an Studiengängen: 156 Studiengänge im IT-Bereich an 37 Hochschulen und 8 Berufsakademien.

(Abg. Wintruff SPD: Herr Bender, Sie kommen doch aus Karlsruhe! Haben Sie die „BNN“ nicht gelesen?)

Jetzt hören Sie doch mal zu! Ich bin Wahlkreisvertreter von Karlsruhe

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

und bemühe mich um unsere Hochschulen. Aber Karlsruhe ist nicht in jeder Hinsicht der Nabel der Welt. Wir haben noch andere Hochschulen in unserem Land.

(Abg. Wintruff SPD: Ihr Dekan hat Ihnen doch eine Ohrfeige verpasst! – Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, hören Sie doch mal zu! – Wir haben erst jüngst 16 Bachelor- und 18 Masterstudiengänge in unserem Land eingerichtet,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

und diese Studiengänge werden in relativ kurzer Zeit unserem Arbeitsmarkt hoch qualifizierte Hochschulabgänger zur Verfügung stellen.

(Abg. Heiler SPD: Ja wo sind sie denn? – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Wo laufen sie denn? – Weitere Zurufe)

Haben Sie schon mal nachgezählt? – In den letzten drei Jahren haben wir im Land Baden-Württemberg im IT-Bereich – Herr Kollege Pfister hat das ja schon dargestellt – eine hervorragende Bilanz vorzuweisen: Verdoppelung der Zahl der Studienanfängerplätze an den Hochschulen; die Universitäten und Fachhochschulen fahren derzeit Überlast; wir haben ein Ausbauprogramm für die Fachhochschulen

(Abg. Wintruff SPD: Herr Bender, Sie liegen doch völlig daneben! Sie haben abgebaut!)

und für die Berufsakademien von insgesamt 6 000 neuen Studienplätzen bis zum Jahr 2005/2006, also eine mittelfristig starke Planung.

Meine Damen und Herren, als wir in Baden-Württemberg mit der Zukunftsoffensive für die junge Generation weitere Grundlagen für diese positive Entwicklung im Land gelegt haben,

(Zuruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grü- nen)

da hat – das hören Sie sicherlich auch wieder nicht gern – Herr Schröder in Niedersachsen eine Informatikfakultät geschlossen.

Fazit zunächst in der ersten Runde – ich möchte meine Ausführungen auf die Hochschulpolitik in unserem Land beschränken; Kollege Rau wird zum Bereich der Schule und der Ausbildungsplätze sprechen –: Das Land ist mit der von uns vertretenen Bildungspolitik absolut auf dem richtigen Weg.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Oje!)

Wir werden diesen Weg fortsetzen und werden in unseren Bemühungen auf diesem Weg nicht nachlassen, sondern wir werden unsere Anstrengungen erhöhen, um einer weiteren Zukunftsoffensive mithilfe der Milliarde Mark Erlös aus dem Verkauf der EnBW-Beteiligung des Landes zum Start zu verhelfen. Mit ihr werden wir schwerpunktmäßig auch in den Bereich neuer Medien, Internet, der Informations- und Kommunikationstechnik investieren. Das sind Investitionen, die für unser Land gut angelegt sind.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Salomon Bünd- nis 90/Die Grünen: Bänderriss! – Abg. Wintruff SPD: Sie haben versagt!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Maurer.

(Abg. Deuschle REP: Bildungsexperte der SPD!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Pfister, Sie haben sich zu früh gefreut. Es sind noch nicht alle im Klub. Ihr Koali