Ich muss zunächst auf zwei Dinge eingehen, die immer wieder als Legenden vorgebracht werden. Das ist einmal das Thema Ökosteuer und zweitens das Thema Rentenanpassung.
Ich fange beim zweiten Thema an, beim Thema Rentenanpassung. Da verbreiten auch Sie, Herr Kollege Mühlbeyer, zum wiederholten Mal die Unwahrheit. Es war traditionell so, auch schon in den Vorjahren, dass die Anpassung der Renten, damals an die Löhne, immer rückwirkend im nächsten Jahr erfolgte. Genau das Gleiche macht die jetzige Regierung mit ihrer Anpassung.
Das heißt, wir können natürlich nicht den Kaufkraftverlust des Jahres 2000 mit der Rente 1999 ausgleichen.
Es ist selbstverständlich, dass auch die Belastung der Rentner durch die Ökosteuer in diesem Kaufkraftverlust enthalten ist. Das heißt, die Rentner erhalten einen Ausgleich. Auch da erzählen Sie ein Märchen, das Sie immer wieder vorbringen. Sie nehmen klammheimlich und mit Freude die sinkenden Beiträge hin und lamentieren über die Ökosteuer. Das passt nicht zusammen. Da müssen Sie den Beitragszahlern sagen: Bei uns wären wir bei 20,5 %, aber ohne Ökosteuer. Aber gegen die Ökosteuer polemisieren und die Beiträge hinnehmen, das passt halt nicht zusammen.
Herr Kollege Mühlbeyer, Sie haben gesagt: „Legen Sie doch endlich mal ein schlüssiges Konzept vor!“ Das Konzept liegt seit einigen Monaten vor.
Ich frage einmal: Wie ist denn das bei Ihnen? Was macht denn Herr Merz? Herr Merz sagt: Rente ab dem 70. Lebensjahr. Ich habe hier einen Bericht aus der „Süddeutschen Zeitung“: Offener Streit zwischen Wulff und Seehofer. Die streiten sich in der Kommission, weil sie nicht einig sind.
Sie haben also einen gemischten Chor, der im Wesentlichen Katzenmusik produziert. Das muss man einfach sagen.
Gestern kam noch die Junge Union Baden-Württemberg – denen müssen Sie auch einmal das Papier geben – und sagte: Das ist alles Käse; wir wollen die Kapitaldeckung.
Also wieder ein völlig neues Fass. Und da stellen Sie sich hin und fordern! Riester und die Koalition haben ein Konzept, aber Sie haben Dissonanzen auf allen Ebenen und sagen: Macht doch ein schlüssiges Konzept!
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Wieser CDU: Sie le- sen auch nur Parteinachrichten! – Abg. Haas und Abg. Ingrid Blank CDU: Vorgefertigtes Zeug! – Abg. Wieser CDU: Der liest die Riester-Briefe! – Gegenruf des Abg. Bebber SPD)
Man muss natürlich auch fragen: Was für eine Relevanz haben die Vorschläge der Alterssicherungskommission? Ist das die Haltung der Kommission, die Haltung des Ministers, die Haltung der CDU oder die Haltung der Landesregierung? Wenn es die Haltung der Landesregierung ist – davon gehe ich aus –, dann ist es ein Fortschritt, dann haben Sie die FDP doch in weiten Bereichen von ihren Kapitaldeckungsfantasien abgebracht
und hin zur solidarischen Grundsicherung gebracht. Aber dann heißt das natürlich auch, dass Sie mit dem Papier jetzt auf Wanderschaft gehen. Sie, Herr Minister, müssen sagen, ob Sie eine Bundesratsinitiative in diesem Sinn machen. Aber dann müssen Sie auch den gemischten Chor innerhalb der CDU einmal auf Vordermann bringen.
(Unruhe und Zurufe – Abg. Wieser CDU: Oh! – Abg. Haas CDU: Er hat sich doch gestern verstän- digt! – Abg. Wieser CDU: Der Riester ist ja für al- les gut!)
Das ist meiner Ansicht nach eine Basis. Ich halte die Vorschläge der Alterssicherungskommission für wesentlich besser als das, was Sie heute hier produziert haben und was die CDU auf Bundesebene vorstellt: Das Thema sind sicher wesentliche Dinge im Bereich der steuerfinanzierten Grundsicherung. Ich meine, dass in dieser Hinsicht in der Kommission nichts da ist. Wir haben noch kein Konzept gegen die Altersarmut. Wir werden in der Zukunft mehr gebrochene Lebensläufe und nicht mehr den Eckrentner mit 45 Jahren haben. Was machen Sie mit dem Rest? Da kann man nicht sagen: „Steuer will ich nicht!“ Aber was tun Sie denn mit den Menschen? Dafür haben Sie kein Konzept.
Sie haben auch gesagt, Sie wollten die Kindererziehungszeiten noch ausdehnen. Dabei geht es darum, wie man das finanzieren will.
Dazu sagen Sie, Sie machten es mit der nachgeordneten Besteuerung. Das hilft uns aber in den nächsten Jahren nicht. Eine Finanzierung für diesen Bereich müssen Sie sicher noch nachliefern.
Mich freut besonders: Im Bereich der Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrenten sind Sie kräftig zurückgerudert. Da hatten Sie ja den Kahlschlag auf der Bundesebene selber
gemacht. Das, was die Sicherungskommission jetzt bringt, ist meiner Ansicht nach wesentlich besser. Aber Sie müssen natürlich die Finanzierung nachliefern. Sie haben eine Rentenpolitik gemacht, die die Kassen geleert hat und bei der nicht einmal die Mindestreserven vorhanden waren. Sie haben den Marsch in die Verschuldung zu verantworten. Das läuft halt mit uns nicht. Das heißt, wir gewähren nur das an Leistung, was wir letztendlich finanzieren können. Darum meine ich: Im Bereich der Finanzierung müssen Sie noch nachbessern.
Insgesamt meine ich, dass das vorliegende Konzept eine Diskussionsgrundlage ist. Wenn Sie mit ihm auf Bundesebene antreten, dann ist das vernünftig. Man muss noch einiges nachbessern, aber es ist sicher eine Grundlage, und für die CDU – das sage ich hier so deutlich – ist es ein Fortschritt. Gegenüber dem, was Sie in der Vergangenheit geboten haben, muss man jetzt sagen: Das ist schon ganz gut. Damit hat man eine Grundlage. Aber Sie müssen das halt im eigenen Laden durchsetzen.
Es heißt ja „Alterssicherungskommission des Landes“. Wir haben natürlich neben der Rentenversicherung ein zweites großes Problem, das uns im Land noch mehr trifft: die Finanzierung der Pensionen in der Zukunft. Herr Repnik, Sie müssen zusammen mit dem Finanzminister hergehen und sagen: „Die Alterssicherungskommission hat jetzt einen Vorschlag gemacht, den setze ich um, aber ich gehe weiter und überlege einmal, wie es mit den Pensionen im Land Baden-Württemberg in den nächsten 10, 20 Jahren weitergehen soll.“ Da haben Sie größere Probleme; da sind Sie direkt betroffen.
Zusammengefasst: Herr Mühlbeyer, Herr Haas und auch die CDU sollten die Polemik lassen. Das steht nicht mehr auf der Tagesordnung. Sie haben einen einigermaßen vernünftigen Vorschlag, auf dessen Grundlage man diskutieren kann. Setzen Sie ihn in den eigenen Reihen durch, machen Sie etwas im Bundesrat, dann werden wir zu einem Kompromiss kommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In dieser Debatte ist für meinen Geschmack entschieden zu viel von der Vergangenheit die Rede. Ich habe immer den Eindruck: Bei der CDU gibt es so eine Art Blüm-Trauma. Man muss immer noch das verteidigen, was war,
und sich gegen frühere Angriffe zur Wehr setzen. Dabei haben Sie selbst das Blüm’sche Konzept inzwischen aufgegeben. Da sage ich nur: So what, Herr Mühlbeyer?
Warum jetzt noch darüber reden? Diese Versuche der Vergangenheitsbewältigung sind doch untauglich. Wir wissen alle, dass das Blüm’sche Konzept einen richtigen Grundgedanken hatte, nämlich den der Lastenverteilung zwischen jüngerer und älterer Generation.
Es hatte aber eine falsche Umsetzung, weil dabei auch der Beitrag auf 24 % gestiegen wäre, wenn man sonst nichts gemacht hätte, und gleichzeitig das Rentenniveau bei nur 64 % gewesen wäre.