Protokoll der Sitzung vom 26.10.2000

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Gut!)

Das ist sicher alles sehr richtig und wichtig.

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Aber?)

Aber wir haben als Politiker die Aufgabe, die notwendigen Maßnahmen durchzuführen, und zwar ihrer Rangfolge nach. Das können wir aber mit Ihrer Konstruktion nicht. Wir müssen das tun, was uns die Gemeinnützigkeit vorgibt. Wir sind in der fatalen Situation, dass wir nicht mehr unsere eigenen Herren und Damen darüber sind, was mit den Geldern aus Vermögen des Landes passiert. Zuerst bestimmt der Kommissar in Brüssel, ob es so geht, und dann bestimmt der Gemeinnützigkeitsrechtler.

(Zurufe von den Republikanern)

Wir als Parlament können uns nur noch den Entscheidungen der anderen beugen. Das empfinde ich als Armutszeugnis für ein Parlament.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei Ab- geordneten der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Kiel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Erdrich-Sommer, zwei Dinge dürfen meines Erachtens nicht einfach so im Raum stehen bleiben.

Erstens haben Sie selbst gesagt, dass Sie das nicht wollten. Das wird spürbar an allem, was Sie sagen. Am liebsten wäre es Ihnen, das Ganze würde platzen.

(Abg. Brechtken SPD: Das ist doch Quatsch!)

Ich meine, dass dies nicht in Ordnung ist. Die Interessen des Landes müssten Ihnen wichtiger sein als das Recht-behalten-Wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Jetzt wird es aber absurd!)

Zweitens: Es war doch die rot-grüne Bundesregierung, die derartige Verkäufe in Zukunft steuerfrei setzt. Wieso erteilen Sie dann unserem Vorgehen hier im Parlament eine Absage, wenn wir versuchen, eine Situation herbeizuführen, wie sie in Zukunft sowieso gegeben sein wird?

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das ist ja eine Verdrehung der Logik! Sie wollten doch Steuern sparen, die Sie jetzt gar nicht mehr zahlen müssen!)

Es ist wirklich nicht einzusehen, warum wir 2 Milliarden DM weniger verteilen können sollen. Dann könnten wir nämlich das, was Sie auch verteilen wollen, überhaupt nicht machen, weil es zuvor schon als Steuer weggegangen wäre. Deshalb meine ich, dass das, was Sie gesagt haben, nicht in Ordnung ist.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Kiel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Brechtken?

Bitte schön.

Herr Kollege Kiel, warum haben Sie dann im Dezember dem Antrag unserer Fraktion nicht zugestimmt, die Stiftung nicht zu gründen und bezüglich des Verkaufs zu warten, bis die Rechtsänderung beim Bund durchgeführt worden ist?

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das ist doch klar, wa- rum!)

Das ist eine relativ klare Sache: weil uns nämlich die Felle davonzuschwimmen gedroht haben zu einem Betrag von 4,7 Milliarden DM,

(Abg. Brechtken SPD: Ach so! – Abg. Pfister FDP/DVP: Es geht auch um den Partner! Sonst hätten wir keinen Partner mehr gehabt!)

wo wir jetzt bei 3,8 Milliarden DM sind. Diese eine Milliarde war es uns schon wert, möchte ich einmal sagen, Ihrem Antrag nicht zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Rapp.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man stellt fest: Die Vergangenheit holt uns in BadenWürttemberg immer wieder ein. Die cleveren Konstruktionen, die man in der Vergangenheit, hauptsächlich unter Lothar Späth, gebastelt hat, treffen uns später meistens umso

härter. Dazu kommt dann noch das Wort von der Steuerneutralität oder Steuerschädlichkeit.

Wenn Steuernbezahlen steuerschädlich ist, dann bin ich seit 30 Jahren ein Steuergeschädigter, Herr Finanzminister.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner – Abg. Weiser CDU: Wie viel haben Sie denn be- zahlt?)

Aber Sie als oberster Steuereintreiber des Landes sollten natürlich darauf achten, dass noch etwas geht, und dazu brauchen Sie Steuern. Wenn Sie etwas ausgeben wollen, brauchen Sie auch Einnahmen. Das sollte man nicht so ganz auf die Seite rücken.

Ich kann es ja menschlich noch verstehen, wenn gesagt wird: Wir nehmen die Konstruktion der Landesstiftung, weil wir den eingehenden Betrag abzüglich der Schulden durch das verkaufte Objekt in vollem Umfang behalten wollen. Aber dann muss doch nicht sofort die Begehrlichkeit kommen: Jetzt greifen wir in den großen Topf, 1,1 Milliarden DM, und dann im Eilverfahren raus. So etwas kann man doch wohl überlegt machen, wenn man das Geld hat, und muss nicht, sage ich einmal, wie ein Alkoholiker zur Flasche greifen: so schnell wie möglich alles weg, was man hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner)

Das ist doch nicht richtig, was hier durchgeht.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren: Wenn man sieht, dass der Aufsichtsrat der Stiftung je zur Hälfte aus Vertretern der Landesregierung und der Fraktionen besteht, wenn man dieses Übergewicht sieht, das die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen bei der Entscheidung über die Ausgaben haben, wenn man sich diese Mehrheiten ansieht, geht doch jeder davon aus, dass die Stiftung ein Verfügungsetat des Ministerpräsidenten ist. Die Stiftung tut das Gute und gibt Geld, während der Landtag das Schlechte tut und an einem anderen Ende wieder einspart. Das ist aus meiner Sicht schade.

Gewiss ist es an der Zeit, dass so manches der vorgesehenen Objekte nun gefördert werden soll und in Angriff genommen werden kann. Aber die Hektik und die Eile, mit der man jetzt vorgeht, sind nicht erforderlich. Dabei kann man überhaupt noch nicht sagen, wann das Geld fließt, ob der Vertrag überhaupt in der Gestalt zustande kommt, von der wir heute noch ausgehen. Von daher wäre ein bisschen Zurückhaltung besser gewesen, um schließlich etwas Perfektes auf den Tisch legen zu können.

(Beifall bei den Republikanern – Zuruf des Abg. König REP)

Das Wort erhält Herr Finanzminister Stratthaus.

Meine Damen und Herren! Ich will doch noch einige Bemerkungen zur Richtigstellung machen.

Vorhin ist behauptet worden, es hätte Käufer gegeben, bei denen keine kartellrechtlichen Probleme aufgetreten wären.

(Minister Stratthaus)

Dies ist falsch. Wir haben damals beim Bundeskartellamt angefragt. Es hat uns eindeutig gesagt, alle Interessenten wären bereits am deutschen Kartellrecht gescheitert. Das ist eine Tatsache. Das gilt für RWE, das gilt für das Bayernwerk. Das ist damals geprüft worden. Es ist eine Legendenbildung, wenn behauptet wird, es hätte damals auch einen anderen Käufer gegeben.

(Zuruf des Abg. Maurer SPD)

Des Weiteren: Wir haben ausgeschrieben, und die EdF hat den höchsten Preis geboten. Nun war es ganz interessant, wie Sie das zeitlich je nach Belieben hin und her geschoben haben. Sie haben uns vorgeworfen, wir hätten zu spät verkauft. Später wiederum haben Sie uns vorgeworfen, wir hätten zu früh verkauft. Herr Maurer hat uns in einer Person beide Vorwürfe gemacht, obwohl sie sich einander widersprechen.

(Abg. Bebber SPD: Also, Sie konnten der Argu- mentation nicht folgen!)

Herr Brechtken hat vorhin gefragt, warum wir nicht noch gewartet hätten. Schlicht und einfach deshalb, weil wir vorausgesehen haben – so, wie es auch eingetreten ist –, dass die Werte am Energiemarkt sinken. Er hat uns doch vorhin einen großen Vortrag gehalten, die EnBW sei heute 1 Milliarde DM weniger wert. Wir haben genau aus dem Grund schon damals verkauft, weil wir damit gerechnet haben, dass zumindest ein vorübergehendes Tal, was den Wert der Energieversorger betrifft, zu erwarten ist. Also, es war richtig, zu verkaufen.

Im Übrigen: Wenn wir auf die Bundesregierung gewartet hätten,

(Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP)

hätten wir frühestens zum 1. Januar 2002 und nicht zum 1. Januar 2001 verkaufen können.

(Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es!)