Protokoll der Sitzung vom 06.10.2005

Eine besondere Dringlichkeit des Vorhabens zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse ist derzeit jedoch nicht gegeben. Aber auf der anderen Seite – und diese Frage muss ich so beantworten, wie ich es getan habe – verfällt der Planfeststellungsbeschluss, wenn mit der Baumaßnahme nicht begonnen wird, am 6. Dezember 2005.

Noch eine ergänzende Antwort, Herr Kollege Schmiedel: Die DB AG hat wohl Anfang dieses Jahres – ich sage: wohl

beim Eisenbahnbundesamt die Verlängerung des Planfeststellungsbeschlusses beantragt, dies aber dann nicht weiterverfolgt.

Noch einmal: Aufgrund der derzeit äußerst schlechten Mittelsituation und der vom Kabinett gebilligten neuen Förderstrategie werden für neue Maßnahmen keine Unbedenklichkeitsbescheinigungen für einen vorzeitigen Baubeginn erteilt. Dies ist die Sachlage.

Zusatzfrage, Frau Abg. Rudolf.

(Abg. Schmiedel SPD begibt sich zu einem Saal- mikrofon.)

Frau Abg. Rudolf!

(Heiterkeit)

Herr Minister, aus örtlicher Sicht ist der Zeitpunkt Ihrer Entscheidung sehr schwer nachvollziehbar. Können Sie diesen noch einmal erläutern? Denn Sie haben bei Ihren Ausführungen gerade deutlich gemacht, dass es sich hier um eine Maßnahme handelt, bei der ohnehin sehr viele zusammenarbeiten müssen und an einem Strang ziehen müssen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind eigentlich alle so weit, nur das Land zieht genau zu diesem Zeitpunkt eine vertragliche Übereinkunft zurück. Das ist aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar. Können Sie mir dies bitte erklären?

Frau Kollegin Rudolf, die Zeitschiene stellt sich so dar, wie ich es dargelegt habe. Das Bundesverkehrsministerium hat erst mit Schreiben vom 1. Juli 2005 mitgeteilt, dass – wir haben vom Land aus in den vorangegangenen Jahren mehrfach massiv gedrängt, diesen Streckenausbau in die Kategorie DB-Vorhaben des GVFGBundesprogramms aufzunehmen – die Aufnahme schließlich unter dem Vorbehalt erfolgt ist, dass die in einem Prüfvermerk vom 28. Januar 2005 enthaltenen Forderungen erfüllt werden und die uneingeschränkte Erfüllung der Voraussetzungen bestätigt wird.

§ 3 des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes verlangt unter anderem, dass das Vorhaben nach Art und Umfang zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse dringendst erforderlich ist und dass es unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit erfolgt und geplant ist. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung hat diesen knapp über 1,0 liegenden Wert ergeben. Damit liegt das Vorhaben in der Priorisierung weit, weit hinter dem, was derzeit überhaupt noch finanziert werden kann. Das hat eben auch mit den in den letzten Monaten drastisch zurückgegangenen Mitteln zu tun.

Ich bitte um Verständnis: Ich kann Ihnen jetzt noch weiter gehende Erläuterungen nicht geben, bin aber gern bereit, dies exakt zu recherchieren und Ihnen das Ganze dann schriftlich zukommen zu lassen.

Staatssekretär Köberle, der sich mit dieser Frage intensiv beschäftigt hat, ist im Moment leider verhindert. Deswegen müssen Sie sozusagen mit mir vorlieb nehmen. Ich bin aber, wie gesagt, gern bereit, Ihnen das detailliert auch schriftlich zu beantworten.

(Minister Rech)

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Es ist gut, wenn man einmal einen Verkehrsminister hat!)

Zusatzfrage, Frau Abg. Lösch.

Herr Minister, können Sie uns sagen, wie hoch die Planungskosten waren, die bisher angefallen sind?

Ich kann Ihnen nur die Investitionskosten nennen: Sie betragen insgesamt 25 942 500 €. Die zuwendungsfähigen Kosten belaufen sich laut Prüfer auf 18 182 000 €. Aber ich kann daraus jetzt nicht herauslesen, wie hoch die Planungskosten sind. Das kann ich Ihnen aber ohne weiteres schriftlich sehr schnell nachreichen. Das mache ich auch gern. Es hat jetzt keinen Sinn, dass ich – –

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Ein Millionenbe- trag!)

Ja, sicher. Davon gehe ich aus.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Da sind Millionen in den Sand gesetzt worden, um das einmal deutlich zu sagen!)

Aber ich will jetzt nicht spekulieren.

Zweite Zusatzfrage, Frau Abg. Rudolf.

Sie haben es vorhin angedeutet, aber ich glaube, es ist in seiner Brisanz nicht ganz deutlich geworden. Sind Sie sich bewusst, dass der Kreuzungspunkt Freiberg mit dem Begegnungsverkehr, solange die Strecke eingleisig ist, Auswirkungen auf die Pünktlichkeit im gesamten S-Bahn-Netz der Region Stuttgart hat? Fließen solche Überlegungen nicht in die Bewertung von Dringlichkeit und Wirtschaftlichkeit mit ein?

Frau Kollegin Rudolf, das ist, wenn ich mir die Bewertung gestatten darf, eine sehr berechtigte Frage. Ich kann sie klar dahin gehend beantworten, dass dies sehr wohl in die Bewertungsgrundlagen mit eingegangen ist. Ich habe aber vorhin schon darauf hingewiesen, dass die Wirtschaftlichkeitsberechnung zwar ein positives Ergebnis ergibt, aber nur sehr knapp. Die Verkürzung der Reisezeiten mit den S-Bahn-Zügen beträgt bei Verwirklichung der Maßnahmen nur 2,1 Minuten. Das ist natürlich gemessen an dem, was – –

(Abg. Schmiedel SPD: Es geht um die Einholung von Verspätungen!)

Ja, ich weiß, Herr Kollege Schmiedel, es würde natürlich eine Stabilität herbeiführen; das ist schon klar.

(Abg. Schmiedel SPD: Sicher!)

Aber diese Faktoren sind im Wertgutachten berücksichtigt.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das Verfahren igno- riert das!)

Zusatzfrage, Herr Abg. Knapp.

(Abg. Pauli CDU: Jetzt hört einmal auf!)

Herr Minister, ist es richtig, dass von den Vertragspartnern – Bund, Land und Region – nur das Land damit vertragsbrüchig würde?

Von Vertragsbruch kann natürlich keine Rede sein.

(Abg. Schmiedel SPD: Natürlich!)

Von Vertragsbruch kann keine Rede sein.

(Abg. Schmiedel SPD: Ja sicher!)

Wenn sich eine Maßnahme nicht finanzieren lässt oder sich von den priorisierenden Maßnahmen nur wenige realisieren lassen, dann ist der Kaiser mit seinem Latein halt auch am Ende.

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD – Abg. Ca- pezzuto und Abg. Dr. Caroli SPD: Wer ist der Kai- ser? – Abg. Schmiedel SPD: Verträge sind einzu- halten! Pacta sunt servanda!)

In diesem Fall das Land. Wir können nicht mehr finanzieren, als wir Geld in der Kasse haben, das ist eindeutig. Alle diese Maßnahmen stehen natürlich unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit. Das ist überhaupt keine Frage. Mir wäre es auch lieber, wir könnten all das machen, was ich in diesem Land für den ÖPNV für wünschenswert hielte. Da werden wir in Zukunft noch sehr heftige und punktgenaue Diskussionen miteinander führen müssen.

Keine weiteren Zusatzfragen?

Dann rufe ich die Mündliche Anfrage unter Ziffer 2 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. C l a u s S c h m i e d e l S P D – V e r l a g e r u n g d e r M i n i s t e r i e n a u f d a s G e l ä n d e v o n S t u t t g a r t 2 1

Herr Abg. Schmiedel, Sie erhalten das Wort zur Verlesung Ihrer Mündlichen Anfrage.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

a) Trifft es zu, dass die Landesregierung den Bau eines neuen Regierungsviertels auf dem Gelände von Stuttgart 21 in Erwägung zieht und hierzu umfangreiche Untersuchungen veranlasst hat?

b) Kann sich die Landesregierung vorstellen, dass sie in der aktuellen Situation den Bürgern des Landes eine Verlagerung aller Ministerien vermitteln kann und eine objektive Prüfung zu dem Ergebnis kommt, die Verlagerung der Ministerien auf das Gelände von Stuttgart 21 für sinnvoll zu halten?

Herr Staatssekretär Hillebrand, Sie erhalten das Wort zur Beantwortung der Anfrage.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abg. Schmiedel – zu a) und zu b) – wie folgt:

(Staatssekretär Hillebrand)

Der Prüfauftrag zur Neuunterbringung der Ministerien in einem Gebäudekomplex ist Teil des Arbeitsprogramms der Landesregierung, das zurzeit abgearbeitet wird. Das Finanzministerium führt derzeit eine Untersuchung durch, in welcher die Kosten des Status quo einer potenziellen Konzentration und Neuunterbringung der Ministerien unter Berücksichtigung von Investorenmodellen einander gegenübergestellt werden. Berücksichtigt werden muss dabei auch die Frage der Folgenutzung der frei werdenden Gebäude. Das Finanzministerium wird hierzu dem Ministerrat berichten. Der Ministerrat wird zu gegebener Zeit unter Abwägung aller maßgebenden, insbesondere der haushaltswirtschaftlichen Faktoren entscheiden.