Das Land Baden-Württemberg war frühzeitig aktiv. Bereits im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens für die Ratifizierung des Freizügigkeitsabkommens im Jahr 1999 hat das Land Baden-Württemberg verlangt, die Interessen der Landwirte in dieser Region in dieses Verfahren mit einzubeziehen. Das ist nicht gelungen.
Wir haben dann schon vor dem Jahr 2003, aber vor allem im Jahr 2003 einen steilen Anstieg von Kauf und Pacht durch schweizerische Landwirte verzeichnet. Es gab dann den Entschließungsantrag des Landes Baden-Württemberg, der am 23. Januar 2004 in den Bundesrat eingebracht wurde. Dem folgte der Gesetzesantrag am 7. Oktober 2004 mit Beschluss vom 5. November 2004.
Herr Kollege Winkler, anstatt dass die Bundesregierung mitgezogen hätte, hat sie verzögert, sodass es erst gelungen ist, im Bundestag im Juni und im Bundesrat im Juli dieses Jahres dieses Gesetz, das uns heute die Möglichkeit eröffnet, auch durchzubringen.
Sie, Kollege Winkler – ich darf einmal zitieren –, haben in der „Badischen Zeitung“ gesagt, die Landesregierung brauche ein halbes Jahr zur Formulierung der neuen Regelung zur Landpacht.
Jetzt gebe ich Ihnen einmal die Fakten. Nur dass es klar ist: Das Gesetz ist am 18. August dieses Jahres in Kraft getreten.
Bis zum heutigen Zeitpunkt sind dreieinhalb Monate vergangen. Wie Sie auf ein halbes Jahr kommen, können Sie uns allen nachher einmal gemeinsam erklären.
Lieber Herr Winkler, die rot-grüne Bundesregierung hat das verhindert und hat ihre Pflichten nicht wahrgenommen.
Ihre Kritik – das sage ich hier in aller Deutlichkeit – ist unseriös und eine Unverschämtheit, was das bisherige Verfahren angeht, meine Damen und Herren.
(Beifall des Abg. Dr. Scheffold CDU – Abg. Ma- rianne Wonnay SPD: Warum sind Sie denn heute so giftig? Noch giftiger als sonst! – Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)
Aber wir bitten auch die Landesregierung, weiterhin alles zu versuchen, um eine Änderung des deutsch-schweizerischen Zollabkommens zu erreichen. Wir haben einen ersten Schritt erreicht. Aber wir brauchen weitere Schritte, um dem Problem der schweizerischen Landwirte in der Hochrheinregion endgültig voll Rechnung tragen zu können.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf zu. Schließlich haben wir die Änderung des Bundesgesetzes initiiert. Rot-Grün hat die Lösung des Landpachtproblems ermöglicht.
Die Kohl-Regierung hat das Problem nie angefasst, und die Landesregierung hat eine Lösung dieses Problems unter der Kohl-Regierung nie durchgesetzt.
Zusammen mit den Bundestagsabgeordneten Frau Drobinski-Weiß und Frau Rehbock-Zureich haben wir das Gesetz in Berlin in vielen Gesprächen mit Regierungsstellen initiiert. Das seit 30 Jahren bestehende Landpachtproblem an der deutschen Grenze haben wir gelöst.
Die Landesregierung hat sich dabei nicht mit Ruhm bekleckert; wirklich nicht, Herr Kollege. Lob wäre fehl am Platz und Eigenlob erst recht.
Ziel des Gesetzes war die Änderung des Grundstücksverkehrsgesetzes sowie der Erhalt der Agrarstruktur, die im Wesentlichen in den betroffenen Landkreisen Waldshut, Schwarzwald-Baar und Konstanz in eine Schieflage kam. Die deutschen Landwirte an der Grenze konnten keine Flächen mehr erwerben. Sie waren gezwungen, ihre Höfe sterben zu lassen, weil sie keine Erweiterungsmöglichkeiten mehr hatten.
Einige Zahlen: Insgesamt sind 3 360 Hektar in Pacht oder Eigentum von Schweizer Landwirten. Bei einer durchschnittlichen Betriebsgröße von 40 Hektar wären das 83 Betriebe. Doch gerechnet auf die Zuwachserwartung, die Betriebe brauchen, ist es das Doppelte: 160 Betriebe haben in dieser Zeit aufgegeben oder konnten nicht mehr weitergeführt werden.
Das Problem brennt wirklich auf den Nägeln, meine Damen und Herren. Allein in einer Gemeinde, in Jestetten, sind über 80 % der Fläche in der Hand schweizerischer Landwirte.
(Abg. Capezzuto SPD: Das muss man sich einmal vorstellen, Herr Dr. Schüle! – Gegenruf des Abg. Dr. Schüle CDU: Zum Glück nicht in italieni- scher!)
Das zeigt deutlich, wie die Situation ausschaut. In der Schweiz sind zirka 75 % der Mittel, die die Landwirte bekommen, öffentliche Mittel.
Deutsche Landwirte bekommen von der EU zirka 38 %; das ist die Hälfte. Die Direktzahlungen in der Schweiz betragen 300 € pro Hektar, bei uns 103 €.
Absurd ist, dass die EU Mittel zur Flächenförderung an Schweizer Landwirte zahlt, die in Deutschland wirtschaf
ten. Das ist sicher kein Problem der Bundesregierung, lieber Kollege. Umgekehrt würde die Schweiz natürlich keine Prämie an deutsche Landwirte zahlen, die in der Schweiz Fläche hätten – aber das ist hypothetisch. In der Schweiz erzielen Landwirte das 2,5-fache bis 3-fache an Erzeugerpreisen wie unsere Landwirte. Die Pacht- und Kaufpreise in der Schweiz sind zirka doppelt so hoch bzw. etwas höher als bei uns. Insofern ist es logisch, dass ein ungeheures Potenzial in dem Land steckt, das Schweizer Landwirte bei uns bewirtschaften können.
Herr Minister Hauk hat am 4. Juni auf einer Demonstration der Landwirte zu diesem Problem gesagt – ich zitiere –:
Am 4. Juni wurde das Gesetz von der Regierung beschlossen, und ein halbes Jahr vorher gab es bereits den Gesetzentwurf. Die Landesregierung wusste, was auf sie zukam. Aber der Herr Minister hat bei dieser Kundgebung, als die Regierung schon beschlossen hatte, das Gesetz zu verändern – und jetzt kommt es – kein einziges Wort darüber verloren. Im Gegenteil: Auf einer Kundgebung, zu einem Zeitpunkt, zu dem schon feststand, dass das Gesetz geändert wird, hat er noch kräftig nach Berlin geschimpft.