(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Da müssen Sie jetzt zustimmen! – Abg. Marianne Wonnay SPD: Das war aber ein typischer Eiertanz! – Abg. Drexler SPD: Das ist eine gute Rede gewe- sen, aber sie hat keine Auswirkungen! Wie immer!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es macht keinen Sinn, ein so weit reichendes Reformwerk wie die Einführung des achtjährigen Gymnasiums in den Wahlkampf ziehen zu wollen und das Thema mit Parolen so zu vereinfachen, dass man damit Stimmung machen kann. Wir müssen uns diese Geschichte sehr differenziert vornehmen, um sehen zu können, wo wir wirklich stehen und welche neuen Herausforderungen damit auch auf die Schulen zugekommen sind.
Es gibt Klagen von Eltern über zu volle Stundentafeln und zu viele Hausaufgaben, aber es gibt auch viele Eltern, deren Kinder mit den Anforderungen in der fünften und sechsten Klasse des Gymnasiums sehr gut zurechtkommen.
Ich will deshalb differenziert mit dem Thema umgehen. Ich will zunächst die Schulen loben, die die Bildungsplanreform und die flächendeckende Einführung des achtjährigen Gymnasiums mit viel Engagement, mit Innovationsbereitschaft und mit Qualitätsbewusstsein in Angriff genommen haben.
Daran sind überhaupt keine Abstriche zu machen. Wir haben bei den Schulen eine Umfrage gestartet, um uns erläutern zu lassen, was sie alles getan haben, um das G 8 vorzubereiten. Man kann nicht auf der einen Seite hier jahrelang die autonome Schule fordern
und dann, wenn wir sagen: „Wir geben den Schulen mehr Freiheit und damit mehr Verantwortung“, wieder nach einer zentralen Regelung schreien, nur weil man nicht damit zufrieden ist, wie diese Verantwortung wahrgenommen wird.
Ich bin sehr dankbar, dass viele Schulen gute Wege aufgezeigt haben, das achtjährige Gymnasium einzuführen, zu begleiten und die Instrumente zu nutzen. Trotzdem lassen die Klagen vermuten, dass es noch nicht an allen Schulen so rund läuft, wie wir uns das vorstellen. Ich bin mir aber sicher, dass die Schulen dort, wo es Probleme gibt, angemessene Lösungen finden werden. Wir haben deswegen vor, Beispiele von achtjährigen Gymnasien, bei denen die Umstellung gelungen ist, allen zur Verfügung zu stellen, damit sie sich an solchen guten Beispielen orientieren können.
Es gilt, was ich auch in anderen Zusammenhängen sage: Wir haben für jede Herausforderung gute Antworten an den Schulen unseres Landes. Es gilt, diese guten Antworten zu multiplizieren und auch an den Schulen, die noch um gute Lösungen ringen, zur Wirkung zu bringen.
und nicht ohne sie. Wir haben es mit den Eltern entwickelt. Wir haben es mit Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften, Schulleitungen sowie mit Vertretern von Hochschulen und Wirtschaft entwickelt.
Gerade der Landeselternbeirat war beteiligt und hat sich für die Umstellung auf das achtjährige Gymnasium eingesetzt.
(Abg. Zeller SPD und Abg. Renate Rastätter GRÜ- NE: Aber nicht in dieser Form! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Aber nicht so, wie Sie es gemacht haben!)
Warten Sie einmal ab. – Jetzt zeigt sich die frühere stellvertretende Vorsitzende des Landeselternbeirats, Frau Duppel-Breth – bis vor einem halben Jahr im Amt –, über die Klagen über zu viele Stunden sehr verwundert. Ich zitiere wörtlich aus einem Schreiben von ihr, das bei uns einging. Frau Duppel-Breth als profilierte Elternvertreterin schreibt:
Es gibt bekanntlich keine G-8-Stundentafel, sondern nur noch eine Kontingentstundentafel, die in jeder Schule durch Elternbeirat und Schulkonferenz muss. Wieso haben die Eltern denn zugestimmt und
Es ist eine Schwäche – freundlich ausgedrückt – der Schule und nicht des Systems von G 8, wenn die Schüler der fünften Klasse mehr als ein- oder zweimal wöchentlich Nachmittagsunterricht haben. In der Klasse 5 ist stofflich außer einigen Kürzungen nichts verändert.
Frau Duppel-Breth weiß, wovon sie spricht. Sie kommt aus Leonberg, wo beide Gymnasien schon vor einiger Zeit komplett auf G 8 umgestellt haben und ihre Erfahrungen gerne auch anderen Schulen zur Verfügung stellen.
Die Konzeption des achtjährigen Gymnasiums ist das Ergebnis jahrelanger intensiver Gespräche. Insbesondere bei der Festlegung der konkreten Umsetzungsmaßnahmen waren erfahrene Schulleiterinnen und Schulleiter maßgeblich beteiligt. Zwischen Herbst 2002 und Frühjahr 2003 wurden die Grundfragen der Einführung im Jahr 2004 mit Schulpraktikern in allen Einzelheiten erörtert. An diesen Planungsgesprächen waren die Vorsitzenden der Direktorenvereinigungen ebenso beteiligt wie das Forum „Gymnasium – Hochschule – Wirtschaft“ und die Schulleitungen derjenigen Gymnasien, die ihre Schulen bereits auf ein achtjähriges System umgestellt hatten.
Damit sind die vielfältigen Erfahrungen aus den seit 1991 bestehenden Modellversuchen an zuletzt 80 Gymnasien des Landes in die Konzeption des achtjährigen Gymnasiums eingeflossen. Ein Ergebnis der Gespräche ist zum Beispiel, dass eine Reihe von Einzelmaßnahmen in einer Übergangszeit bis zum Herbst 2007 lediglich Schritt für Schritt eingeführt werden. Dazu gehören beispielsweise das neue Fremdsprachenkonzept und die Einführung des neuen Fachs „Naturwissenschaft und Technik“.
Das Gesamtkonzept des achtjährigen Gymnasiums ist mit großem Erfolg im September 2003 bei einem bildungspolitischen Kongress zur Weiterentwicklung der Gymnasien in Baden-Württemberg in Freiburg der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Über 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die Reformschritte zur neuen pädagogischen Konzeption des Gymnasiums diskutiert. Die Eltern wurden mit einer Broschüre detailliert informiert. Baden-Württemberg hat als erster großer Flächenstaat in der alten Bundesrepublik die generelle Umstellung auf das achtjährige Gymnasium beschlossen. Andere Länder sind gefolgt oder hatten wie die neuen Bundesländer bereits achtjährige Schulsyste
me. Nur in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein führt das Gymnasium in achteinhalb bzw. neun Jahren zum Abitur.
Die Umstellung auf ein achtjähriges Gymnasium ist auch die Konsequenz aus der Forderung nach dem verantwortlichen Umgang mit der Lebenszeit junger Menschen.
Das jetzige durchschnittliche Abiturientenalter von 19,5 Jahren ist zu hoch und mindert die Chancen der jungen Menschen in der weiteren Ausbildung und beim Einstieg in die Berufswelt.
Richtig ist auch, dass die Kultusministerkonferenz aus Gründen der Qualitätssicherung für achtjährige Schulsysteme mindestens 265 Jahreswochenstunden beschlossen hat. Darüber besteht auf der Ebene der Bundesländer Einigkeit; es gibt also unter den anderen 13 Bundesländern, die ein achtjähriges Gymnasium haben, keines, das eine geringere zeitliche Anforderung stellt.
Für unsere allgemein bildenden Gymnasien haben wir auf der Basis dieser Absprache 266 Jahreswochenstunden von Klasse 5 bis Klasse 12 festgelegt; damit liegen wir nur eine Stunde über der Mindeststundenzahl.
Für die Klassen 5 bis 10 des allgemein bildenden Gymnasiums sieht die neue Kontingentstundentafel 194 Jahreswochenstunden vor. Dazu kommen 12 Jahreswochenstunden, die so genannten Poolstunden, die den Schulen zur freien Verfügung stehen. Diese Poolstunden können für Differenzierungs- und Fördermaßnahmen verwendet werden, beispielsweise um vertieften Deutschunterricht für Kinder mit Migrationshintergrund anzubieten oder die Methodenkompetenz der Schülerinnen und Schüler zu stärken.
Viele Schulen gehen diesen Weg bereits und nutzen ihre pädagogische Freiheit bei der Stundenplangestaltung sehr verantwortungsbewusst. Ich will Ihnen jetzt einfach eines der rückgemeldeten Beispiele benennen, damit Sie sehen, wie verantwortungsvoll die Schulen mit ihren Möglichkeiten umgehen: Klasse 5: 31 Stunden, Klasse 6: 33 Stunden, davon aus dem Poolbereich drei Stunden. Diese drei Stunden werden wie folgt verwandt: eine Klassenlehrerstunde und zwei Stunden zur Stärkung der sozialen Kompetenz in darstellendem Spiel, Akrobatik, Musizieren, künstlerischem Handwerk.
Was, bitte schön, ist an diesen zusätzlichen Elementen, die wir durch die Gestaltung des achtjährigen Gymnasiums jetzt gewonnen haben, reiner Leistungsdruck? Nichts davon!
Es ist ein Ausgleich für die Schülerinnen und Schüler. Sie erhalten durch eine solche Gestaltung des Eingangsbereichs
eine maßgebliche Unterstützung in der persönlichen Entwicklung und die Hilfen, die man braucht, um sich an eine neue Schule zu gewöhnen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Carla Bregenzer SPD: Das ist die blanke Theorie! Die Realität der Kinder ist eine andere!)
Jetzt – es handelt sich um dieselbe Schule –: Wie ist man vorgegangen, was hat man zur Vorbereitung des G 8 getan? Man hat das G 8 in pädagogischen Tagen vorbereitet, es in Fach- und Klassenkonferenzen beschlossen und in der Elternpflegschaftssitzung vorgestellt. Es gab eine Einigung über die Hausaufgaben: Für die Erledigung von Hausaufgaben sollen im Regelfall 1,5 Zeitstunden angesetzt werden, an Tagen mit Nachmittagsunterricht weniger; die Koordination erfolgt durch den Klassenlehrer.