Jedenfalls haben wir es gemacht. Wir haben die Stofffülle und Detailfestlegungen reduziert. Wir wollen, dass die Schulen mehr Gestaltungsspielraum haben, um mit ihrem Unterricht für bessere Schulbildung zu sorgen.
Drittens: Benachteiligtenförderung. Wir haben nicht jetzt, Herr Drexler, damit begonnen, Bereiche mit besonderem Förderbedarf, wie zum Beispiel Ganztagsschulen, mit mehr Lehrerwochenstunden als andere Schulen auszustatten, sondern wir haben das seit langem eingeführt. Wir haben es in dieser Legislaturperiode ausgebaut. Wir haben 200 Schulen in Baden-Württemberg, vor allem Hauptschulen, mit sieben zusätzlichen Lehrerwochenstunden ausgestattet.
Ich begrüße den Beschluss der Landesregierung, dies in den nächsten Jahren um 550 Grund- und Hauptschulen auszubauen.
Meine Damen und Herren, die Befunde von PISA und von anderen Bildungsstudien sind eine Herausforderung für die deutsche Bildungspolitik und auch für die Bildungspolitik in Baden-Württemberg. Wir stellen uns dem und stellen die Weichen auf weitere Verbesserungen. Sie als Opposition haben die Aufgabe, kritisch zu begleiten. Der Blick auf andere Bundesländer zeigt aber: Sie von der SPD würden es schlechter machen, als wir es in Baden-Württemberg tun.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Gerechtigkeit wird mir in letzter Zeit ein bisschen zu häufig und in allen Politikfeldern genannt,
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das kann man gar nicht oft genug sagen! – Abg. Knapp SPD: Bloß weil Sie nicht wissen, was das ist!)
ein bisschen mit der Suggestion, Gerechtigkeit hieße: Alles kann man gleichermaßen gestalten. Ich bin dankbar, dass Sie so formuliert haben, dass es nicht um Gleichheit für alle geht, sondern um Chancengerechtigkeit für alle. Ich bin in der Tat der Meinung, dass sich Freiheitschancen für Menschen, insbesondere für junge Menschen, sehr, sehr viel früher entscheiden, dass sich sehr viel früher entscheidet, ob es diese Chance auf ein freies selbstbestimmtes Leben geben wird, als viele der Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker, die ich gerade hier links im Blickfeld habe, in der Vergangenheit diskutiert haben.
Ich sage Ihnen: Ich habe es satt, diese ewig rückwärts gewandten Diskussionen über Stundenzahlen usw. zu führen,
sondern ich sage: Ich bin froh, dass wir es inzwischen schaffen, Bildungspolitik als integralen Bestandteil zusammen mit Familienpolitik zu betrachten, denn die Chancen entstehen da, wo Kinder in unterschiedliche familiäre Situationen hineingeboren werden. Da sind in der Tat unterschiedliche Situationen vorhanden. Deswegen glaube ich, dass wir diese beiden Politikbereiche in Zukunft sehr viel stärker gemeinsam bedenken müssen.
Schon vor Eintritt in den Kindergarten ist das, denke ich, ganz entscheidend wichtig, übrigens nicht nur was die intellektuelle Entwicklung von Kindern betrifft, sondern auch was die gesundheitliche Entwicklung von Kindern betrifft.
Wir wissen, dass Kinder, die schon in ihrer Babyphase falsch ernährt werden, lebenslang ein Problem haben werden, nicht nur zum Beispiel mit dem Thema Übergewicht. Deswegen ist es zwar richtig, in der bildungspolitischen Debatte das Thema „Sprachfähigkeit und Lernfähigkeit“ zu betonen, aber manchmal kommt mir das Thema „Mehr Bewegung, andere, gesündere Ernährung“ ein bisschen zu kurz.
Dies alles gemeinsam zu bedenken wird zukünftig unsere Aufgabe sein. Deshalb gilt es, Familien von Anfang an zu stärken. Das betrifft natürlich die finanziellen Rahmenbe
dingungen. Da bekleckert sich die große Koalition nicht gerade mit Ruhm, wenn sie versucht, alle möglichen Ziele durch familienpolitische Neuorientierung bis hin zur Umerziehung zu erreichen. Wenn man das Bundeserziehungsgeld bekommen will, müssen beide Elternteile nachweislich für eine bestimmte Zeit aus dem Berufsleben ausscheiden. Das halte ich für ein klassisches Umerziehungsprogramm, das im Grunde genommen den Familien keine wirkliche Wahlfreiheit bietet, sondern neue Gängelung bedeutet.
Aber für uns als Land wird es gemeinsam mit den Kommunen wichtig sein, Familien in der Erziehungsfähigkeit zu stärken. Das beginnt natürlich spätestens dann, wenn es darum geht, Wahlfreiheit für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen. Da gibt es nicht den einen einzigen Königsweg, aber ein ganz wichtiges Element – das zeigt uns auch der Blick in die Nachbarländer – ist eben die Bereitstellung eines qualitativ und quantitativ ausreichenden Betreuungsangebots, und dies über alle Altersstufen hinweg.
Da hat es in der Tat ein Defizit gegeben. Wir haben zusammen mit den Kommunen – insbesondere die Kommunen haben das getan – für 100 % der Drei- bis Sechsjährigen Angebote – quantitativ gesehen – zur Verfügung gestellt. Aber dann kam der Bruch beim Übergang auf die Schulen. Deswegen ist diese Intention, den Anteil von Ganztagsschulen über alle Altersstufen hinweg – übrigens auch über alle Schularten hinweg – auszubauen, der richtige Ansatz.
Wenn Sie sagen, wir hätten überhaupt nichts getan, dann darf ich schon einmal daran erinnern, dass während der großen Koalition hier im Land nicht eine einzige Ganztagsschule dazugekommen ist,
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/ DVP: So ist es! – Abg. Birzele SPD: So ein Blöd- sinn!)
während wir seit 1996 massiv ausgebaut haben. Wenn Sie sagen, wir hätten im Kindergartenbereich nichts erreicht, dann darf ich Sie schon einmal daran erinnern, dass wir, was Ihnen zwar nie so ganz gefällt, worüber wir aber sehr froh sind, aus Landesmitteln massiv in zusätzliche Sprachförderungen einsteigen konnten,
die – zugegebenermaßen – zu wenig waren, die aber einmal ein Anfang waren. Aber jetzt haben wir eine integrierte Sprachförderung, die nicht erst im letzten Kindergartenjahr erfolgt,
sondern in die gesamte Kindergartenerziehungszeit integriert wird. Diese Sprachförderung wird übrigens auch dadurch unterstützt, dass wir die HSL-Maßnahmen – die Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfen –
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Die gibt es ja schon jetzt! – Abg. Drexler SPD: Das ist doch nichts Neues! Die gibt es doch schon immer!)
Wir sind auf dem richtigen Weg. Es gilt aber in der Tat, diese Angebote weiter auszubauen, und zwar nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ.
und nicht immer schlechtreden dürfen. Wir müssen wirklich daran gehen, die Frage zu lösen: Wie können wir neue Chancen für Menschen – für junge Menschen, Kinder und die Familien – in unserem Land schaffen? Das wird bedeuten, dass wir nach dem Kindergartenalter neue Möglichkeiten eröffnen, sodass es auch beim Schuleintritt mehr Wahlmöglichkeiten gibt. Dazu werde ich in der zweiten Runde gern noch etwas ausführen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei der Schulpolitik merkt man der Regierungskoalition und der Regierung an: Sie sind Getriebene.
Erst damit haben Sie überhaupt Ihre Blockadehaltung verlassen, nachdem Sie hier noch „Freiheitsberaubung!“ und „Der Staat nimmt den Familien die Kinder weg!“ gerufen hatten.
Jetzt sind Sie Getriebene vom Aufstand der Eltern beim G 8. Nachdem Sie immer gesagt haben, da sei alles in Ordnung, treten Sie jetzt beim G 8 den ungeordneten Rückzug an. Sie haben jetzt bei dem ganzen Ganztagsschulkonzept nur Wirrwarr angerichtet.
Welche Ganztagsschulen brauchen wir? Wir brauchen Ganztagsschulen mit einem pädagogischen Konzept, das von professionellen Lehrern unterrichtet wird, und zwar mit einem rhythmisierten Unterricht über den ganzen Tag.