Protokoll der Sitzung vom 14.11.2001

In die gesamte Eichel’sche Amtszeit von 1999 bis zum Jahr 2002 wird eine Bilanz eingehen, wie sie noch selten in diesem Land zu konstatieren war. Die Staatsverschuldung wird in diesen vier Jahren allein beim Bund um über 100 Milliarden DM steigen, und das trotz 100 Milliarden DM UMTS-Erlösen.

(Lachen des Abg. Dr. Salomon GRÜNE)

Es ist also ein Ablenkungsmanöver, ein Täuschungsmanöver, das der Bundesfinanzminister hier vornimmt. Er wird sein Ziel der Nullverschuldung bis zum Jahre 2006 mit diesem eingeschlagenen Kurs nicht erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der SPD: Doch! – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Ihr habt in 16 Jahren die Staatsverschuldung um eine Billion hochgetrieben!)

Weil auch das angeklungen ist, will ich die Frage ansprechen: Was müssen wir in den nächsten Monaten tun, um die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik zu stabilisieren? Ein Punkt wurde angesprochen – das könnten Sie auch noch tun –: Deregulieren Sie den Arbeitsmarkt.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Tragen Sie dafür Sorge, dass der Arbeitsmarkt flexibilisiert wird, dass wieder befristete Arbeitsverträge möglich sind und dass es eben auch möglich ist, dass Arbeitslose leichter in den Arbeitsmarkt hineinkommen. Auch daran werden Sie gemessen werden.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Deshalb kürzen Sie Ihre Programme im Land?)

Bislang haben Sie auf diesem Gebiet zu wenig gezeigt. Schaffen Sie das Gesetz zur Scheinselbstständigkeit ab.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es!)

Schaffen Sie das Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse ab.

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es!)

Sie haben diese Möglichkeiten.

Eine Chance haben Sie in jedem Fall verpasst: dass nämlich die nächste Stufe der Steuerreform vorgezogen wird. Dies wird nicht mehr möglich sein. Aber in den anderen Bereichen könnten Sie ohne weiteres aktiv werden. Aber Sie tun nichts. Diese ruhige Hand wird langsam zu einer starren Hand, zu einer verkrusteten Hand, die nicht mehr in der Lage ist, Wirtschaftspolitik zugunsten des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu betreiben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Im Land müssen wir selbstverständlich – das hat Herr Kollege Hofer richtig gesagt – darauf bedacht sein, dass Investitionen seitens der öffentlichen Hand ermöglicht werden. Wir müssen deshalb etwas dafür tun, dass die Mittel im Bereich der Stadtsanierung erhalten bleiben. Wir müssen auch im Straßenbau etwas dafür tun. Das Sonderprogramm Straßenbau läuft ja bereits. Wir werden diese Investitionen auch entsprechend den finanziellen Möglichkeiten durchführen.

Aber dazu ist auch entscheidend, dass die Rahmenbedingungen auf der Bundesebene so sind, dass wir nicht von Quartal zu Quartal ein niedrigeres Wachstum haben und damit weitere Steuerausfälle erleiden müssen. Allein im nächsten Jahr werden es in Baden-Württemberg an die 400 Millionen DM sein. Das steckt man nicht so ohne weiteres weg, sondern dafür muss man dann im Haushalt entsprechende Schwerpunkte bilden. Wir dürfen ja auf Ihre Vorschläge zur Belebung der Konjunktur gespannt sein, die dann auch unter dem Aspekt der Haushaltssolidität vernünftig sind und eingehalten werden können.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Wirtschaftsminister Dr. Döring.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die rot-grüne Bundesregierung hat keines ihrer wirtschaftspolitischen Ziele erreicht, nicht eines!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es! – Oh-Rufe von der SPD)

Weder die Arbeitslosenzahl ist zurückgegangen, noch sind die Lohnnebenkosten unter 40 % gesunken, noch ist bezüglich Deregulierung und Flexibilisierung irgendetwas erreicht worden. Rot-Grün ist im Bereich der Wirtschaftspolitik glattweg danebengegangen. Nicht ein Ziel wurde erreicht. Es ist eine absolute Katastrophe. Deswegen ist die Debatte hier richtig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Sie müssen diese Bilanz deswegen besonders ernst nehmen, Herr Schmiedel, weil sie am 31. Oktober 2001 vom Bundeswirtschaftsminister Müller getroffen worden ist. Das ist der entscheidende Punkt. Wenn Sie, Herr Schmiedel, hier in dieser Debatte vorhin hingestanden sind und ausgeführt haben: „Stören Sie diese Entwicklung nicht!“,

(Lachen des Abg. Hofer FDP/DVP)

dann kann ich nur sagen: Doch, wir stören diese Entwicklung. Wir wollen nämlich nicht ständig mehr Arbeitslose haben.

(Widerspruch bei der SPD)

Wir wollen nicht ständig noch niedrigere Wachstumsraten haben. Deswegen muss diese Entwicklung in Berlin gestört werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Sie haben es in den wenigen Jahren, die Sie jetzt regieren, geschafft, dass die größte Volkswirtschaft Europas nicht mehr Lokomotive, sondern Schlafwagen ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Salomon GRÜNE)

Das ist die Bundespolitik, die Politik auf Bundesebene im Bereich der Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren.

Sie haben vorhin krampfhaft versucht, 16 Jahre CDU/ CSU-FDP-Koalition und -Politik im wirtschaftspolitischen Bereich mies zu machen. Ich kann nur sagen: In der Zeit war Deutschland in Europa Musterschüler. Unter Ihrer Regierung sind wir in Europa zum Sitzenbleiber geworden. Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Wo waren Sie 1998?)

Herr Kollege Salomon, die Grünen!

Dann gehen Sie her und sagen munter, Herr Schmiedel, die Landesregierung solle doch endlich einmal das machen, was Sachverständige und sonstige besonders Gescheite uns raten.

(Minister Dr. Döring)

(Abg. Schmiedel SPD: Die haben Sie doch selber einberufen!)

Machen Sie endlich mal in Berlin das, was Ihnen seit Jahr und Tag geraten wird. Nehmen Sie die Steuerreform endlich ernst, und ziehen Sie sie vor.

(Abg. Zeller SPD: Sagen Sie das Ihrem Finanzmi- nister!)

Benachteiligen Sie nicht die Personengesellschaften gegenüber anonymen Kapitalgesellschaften.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Das wären entscheidende Punkte, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es!)

Diese Regierung aus CDU und FDP/DVP in Baden-Württemberg braucht von Ihnen keine Nachhilfe. „Stuttgarter Zeitung“ vom 7. November 2001: „Die Wirtschaft läuft im Südwesten am besten“. „Südwest Presse“ vom 7. November: „Stellenmarkt im Land bundesweit an der Spitze“. Wir brauchen von Ihnen keine Nachhilfe, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Dr. Salomon GRÜNE)

Sie wiederholen sich ständig in Sachen Wohnungsbau. Verehrter Herr Schmiedel, Herr Fleischer und andere haben es Ihnen schon mehrfach gesagt: Wer in den letzten Jahren den Wohnungsbau geradeso wie wir, aber noch ein Stückchen überproportional zurückgefahren hat, das war der Bund. Wenn der Bund in dieser Woche hoffentlich eine Entscheidung trifft, dass wir im Wohnungsbau ein Programm bekommen, das zu einer Entschärfung der angespannten Situation in den Ballungsräumen führt, dann wird sich diese Landesregierung sofort zusammensetzen und schauen, ob sie eine Komplementärfinanzierung ermöglichen kann.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Aber machen Sie uns nicht ständig Vorwürfe bezüglich des Zurückfahrens von Mitteln im Bereich Wohnungsbau, obwohl Sie Vorreiter sind beim Abbau der Unterstützung durch Wohnungsbaumittel, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Warum halten Sie dieser Regierung aus FDP/DVP und CDU eigentlich ständig das C1-Programm oder das Energiesparprogramm vor? Sie haben Anträge gestellt, aber keine müde Mark dafür zur Verfügung gestellt. Aber diese Fraktionen haben Anträge gestellt und das Geld dafür zur Verfügung gestellt. Das ist der entscheidende Punkt, wenn man handeln will, meine Damen und Herren.