Protokoll der Sitzung vom 14.11.2001

Was hindert sie aber daran?

Der erste Grund ist, dass Deutschland seit Monaten sehenden Auges in eine Wirtschaftskrise rasselt, ohne gegenzusteuern.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Pfister FDP/ DVP)

Wer Angst hat um seinen Arbeitsplatz, fängt nicht unbedingt an, ein Eigenheim zu bauen. Die Bekämpfung der zunehmenden Arbeitslosigkeit muss in Berlin endlich erste Priorität bekommen.

Der zweite Grund ist die verfehlte rot-grüne Steuerpolitik. Die Steuerlastquote der Bürger ist unter Rot-Grün um einen Prozentpunkt gestiegen. Wer dem Bürger das Geld so aus der Tasche zieht, der kann doch nicht erwarten, dass dieser dann mit dem enteigneten Geld die Bauwirtschaft ankurbelt.

(Beifall bei der CDU)

Zusätzlich zu den allgemeinen Steuererhöhungen wurden potenzielle Bauherren mit insgesamt acht Einzelmaßnahmen, die alle eine Steuererhöhung bedeuten, abgeschreckt: von der Absenkung der Einkommensgrenzen für die Eigenheimzulage bis hin zur Verlängerung der so genannten Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre. Zur verfehlten Steuerpolitik kommt eine kropfunnötige Reform des Mietrechts.

(Abg. Fischer SPD: Euch fällt aber auch nichts an- deres mehr ein! – Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Wür- den Sie mal etwas zum Gesetzentwurf sagen, der hier debattiert wird!)

Schließlich wurde die Chance vertan, im Rahmen der Förderung der privaten Altersvorsorge die Schaffung von Wohneigentum besser zu berücksichtigen.

Im Ergebnis stellen wir fest: Die rein ökonomischen Rahmenbedingungen fürs Bauen stehen gut; aber die rot-grünen Gesetze sind nicht nur schlecht, sondern miserabel.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Fischer SPD: Wer hat denn die Wohnungsbauförderung heruntergefahren?)

Baden-Württemberg hat im Bundesrat beantragt, in diesem neuen Wohnraumförderungsgesetz den Mindestbetrag für die Wohnraumförderung des Bundes von 230 Millionen Euro auf 500 Millionen Euro anzuheben. Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre betrug die Bundesfinanzhilfe 560 Millionen Euro. 500 Millionen Euro wären also nicht schlecht gewesen.

(Abg. Fischer SPD: Und vorher?)

Vorher war es noch deutlich höher, Herr Kollege.

(Abg. Fischer SPD: Das glauben nur Sie!)

Die Bundesregierung hat unseren Antrag abgelehnt. Im Haushaltsentwurf des Bundes für 2002 sind tatsächlich nur 230 Millionen Euro veranschlagt, also der Mindestbetrag. Für Baden-Württemberg sind das gerade einmal 22 Millionen Euro.

(Abg. Blenke CDU: Lächerlich!)

Im Land versuchen wir, die vorhandenen Mittel für den Wohnungsbau möglichst effektiv einzusetzen. Vor allem im Bereich der Altbaumodernisierung stocken wir auf. Wir fördern weiterhin die Bildung von Wohneigentum, vor allem für Familien mit Kindern.

Wir bitten Sie von Rot-Grün: Stimmen Sie dem Ausführungsgesetz zu. Aber nehmen Sie auch zur Kenntnis: Die Wohnungsbaupolitik

(Abg. Schmiedel SPD: Ist Klasse!)

muss die nächste Bundesregierung besser machen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Gaßmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin über die Äußerungen des Herrn Kollegen Mack, der nun alles wieder auf die Bundesregierung schiebt, schon höchst verwundert. Kein anderes Bundesland hat den sozialen Wohnungsbau so stark zurückgefahren wie Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Witzel GRÜNE)

1995 wurden in diesem Land noch 24 000 Wohnungen gefördert. Jetzt sind es gerade noch 2 400. Das Land hat drastisch reduziert, mehr als es der Bund getan hat. Dann allein die Reduzierungen auf Bundesebene zu beklagen grenzt schon an Dreistigkeit.

Wir beraten heute das Gesetz zur Ausführung wohnungsrechtlicher Gesetze. Meine Damen und Herren, es gehört

zu den großen Leistungen der rot-grünen Koalition, dass sie die Reform des sozialen Wohnungsbaus endlich auf den Weg gebracht und geschafft hat.

(Abg. Mack CDU: Ohne Geld!)

Wir brauchen diese Reform, vor allem deshalb, weil sie mehr Flexibilität und Spielraum bringt, weil sie weniger Regeln beinhaltet und weil sie eine Bestandsorientierung mit sich bringt, die das bisherige Gesetz nicht hat. Das hat der Staatssekretär zutreffend ausgeführt.

Wir können es der Landesregierung aber nicht ersparen, auch noch einmal die Rolle, die sie in dieser Gesetzes- und Reformdiskussion gespielt hat, zu erörtern.

Ich erinnere an den Brief des Wirtschaftsministers vom März dieses Jahres, in dem er die Reform des sozialen Wohnungsbaus rundweg abgelehnt hat, zum Beispiel mit der Begründung, man brauche in diesem Lande keinerlei Mietwohnungsbauförderung mehr – eine Feststellung, die total an den Bedürfnissen in den Städten und Ballungszentren vorbeigeht und die sogar gegen das Wahlprogramm der FDP/DVP verstößt, wenn ich es richtig kenne. Denn auch dort wird die Forderung erhoben, altengerechtes und betreutes Wohnen staatlich zu fördern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die FDP/DVP will, dass auch noch die Alten und Siechen ihre Wohnung als Eigentum zu kaufen haben.

Die Behauptung – auch in diesem Schreiben an Bundesbauminister Bodewig –, das Ziel, eine ausreichende Wohnungsversorgung sicherzustellen, sei bereits überschritten und deswegen sei eine Förderung nicht mehr nötig, entspricht in keiner Weise den Realitäten und ist ein Hohn für diejenigen, die in den Städten Wohnungen suchen. Ich habe mir die Zahlen jetzt geben lassen: Allein in Stuttgart und in Mannheim stehen in den Notfallkarteien fast 6 000 Haushalte, die dringend auf eine Mietwohnung warten.

Was ich nun gar nicht verstanden habe, war die Forderung des Wirtschaftsministers in seinem Schreiben an den Bundesbauminister, die Berechtigung zu einem Sozialwohnungsbezug auf die Kleinstverdiener zu beschränken. Wenn dies geschehen wäre, dann hätten wir die sozialen Probleme, die wir jetzt schon in vielen Sozialwohnungsquartieren haben, potenziert. Wenn nur noch der Sozialhilfeempfänger die Berechtigung für eine Sozialwohnung erhält, dann liefert man die sozialen Probleme in diesen Gebieten gleich mit.

Lassen Sie mich noch zur Ausführungsbestimmung kommen. Wir stimmen dieser Gesetzesvorlage im Wesentlichen zu. Wir sehen allerdings Beratungsbedarf in der Frage des Inkrafttretens. Das Bundesgesetz sieht vor, dass Fehlbeleger zukünftig entlastet werden sollen, weil eine familienfreundliche Komponente eingeführt worden ist, das heißt höhere Freibeträge für Kinder. Es ist eigentlich nicht einzusehen, warum genau die Familien, die jetzt von der Fehlbelegungsabgabe entlastet werden sollen, nicht sofort entlastet werden sollen, sondern erst in zwei Jahren. Da besteht Beratungsbedarf.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Hofer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ausführungsgesetz, das wir in erster Runde beraten, bietet, bei Lichte betrachtet, wenig Grund für Debatte und Auseinandersetzung. Es geht in erster Linie um nichts anderes als um eine gesetzestechnische Anpassung bestehender Regeln, die nicht verändert werden. Die kommunalen Landesverbände und die Verbände der Wohnungswirtschaft haben zugestimmt. Es gibt niemanden, der irgendwo Bedenken hat. Betrachten Sie es bitte nicht als ein Zeichen von Oberflächlichkeit, sondern als ein Zeichen gewisser Intelligenz, wenn ich mich kurz fasse.

Interessant sind die materiellen Regeln der Wohnungsbauförderung. Das Gesetz des Bundes steht heute nicht zur Abstimmung und auch nicht zur Beratung. Das ist längst geschehen. Der Herr Staatssekretär hat einige Ausführungen dazu gemacht. Es ist alles gesagt, wenn auch nicht von jedem. Aber ich will nicht jeder sein, der noch etwas dazu sagt.

Das Einzige, was in diesem Ausführungsgesetz, bei dem sonst alles beim Alten bleibt – das muss man wissen bei all den Suaden, die dazu gemacht werden –, neu ist, ist, dass man mehrere gesetzliche Regelungen zusammengefasst hat, zum Beispiel das Gesetz über die Bindung von Rückflüssen von Darlehen. Auch die Fehlbelegungsabgaberegelung ist dort angebunden worden.

Inhaltlich ist das einzig Neue, dass der Bundesgesetzgeber seinen materiell-rechtlichen Regelungen einen besseren Einkommensbegriff zugrunde gelegt hat, der den kinderreichen Familien und den Alleinerziehenden etwa 10 % mehr Spielraum lässt. Es ist erfreulich, dass das jetzt mit dieser Ausführungsregelung verbunden ist. Deshalb stimmen wir gerne zu.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Witzel.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Zu Beginn des nächsten Jahres tritt das neue Wohnraumförderungsgesetz auf Bundesebene in Kraft. Dieses Gesetz der rot-grünen Bundesregierung schafft die Grundlage für eine zeitgemäße Fortführung des sozialen Wohnungsbaus.

Das geltende Recht stammt bekanntlich noch aus der Nachkriegszeit. Damals ging es darum, viel Wohnraum für die breiten Schichten der Bevölkerung zu schaffen, und es ging auch darum, überhaupt Wohnungen zu schaffen, weil in der Nachkriegszeit der Wohnraum sehr knapp war. Diese Punkte sind heute so nicht mehr gegeben. Deshalb ist es richtig und notwendig, dass dieses Gesetz aus der Nachkriegszeit geändert wird.

Die wichtigen Ziele wurden schon genannt. Erster Punkt: Da Wohnungen in großer Zahl vorhanden sind, muss man sich zunehmend um den Wohnungsbestand kümmern. Für

uns ist wichtig, dass Wohnungspolitik nicht heißt, immer draußen auf der grünen Wiese neue Siedlungen zu erschließen und Flächen zu verbrauchen, sondern das Flächenproblem ernst zu nehmen und den Wohnungsbestand mehr ins Blickfeld zu rücken.

(Beifall bei den Grünen)

Zweiter Punkt: Zielgruppe sind jetzt nicht mehr die breiten Schichten der Bevölkerung, sondern nur die Haushalte, die sich nicht aus eigener Kraft am Markt versorgen können. Das heißt, die knapper werdenden Mittel müssen wir konzentrieren auf die Personen, die das Geld wirklich nötig haben. Das wird als Konsequenz in der Landespolitik bedeuten: Wir werden den sozialen Mietwohnungsbau wieder stärker fördern müssen. Da tut das Land derzeit echt zu wenig.