(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP, der SPD und der Grünen – Oh-Rufe von der CDU – Zurufe von der CDU, u. a. des Abg. Fleischer – Gegenruf des Abg. Birzele SPD: Wie beim Sport, Herr Flei- scher! – Unruhe)
Auf Bundesebene ist uns dies gegen den Widerstand der CDU bis zum heutigen Tag leider nicht gelungen. Dies muss festgestellt werden.
Ich freue mich, dass meine Kollegin Friedlinde GurrHirsch ihre Einstiegsrede als hennenpolitische Sprecherin ihrer Fraktion gehalten hat.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der SPD – Zurufe von der CDU: Pfui! – Abg. Hauk CDU: Rüge! – Weitere Zurufe von der CDU, u. a.: Das muss gerügt werden! – Unruhe)
Ich möchte noch eines feststellen: Ich hoffe, dass sie sich auch in ihrer Partei genauso engagiert, wie sie bei ihrer Rede war, dafür einsetzt, dass die Bundes-CDU in eine Umdenkungsphase kommt.
Außerdem, meine Damen und Herren, fühle ich mich als Gockel unter den hennenpolitischen Sprecherinnen hervorragend.
(Heiterkeit – Zurufe: Der FDP/DVP-Gockel! – Abg. Wieser CDU: Jetzt kriegt er einen Eintrag ins Klassenbuch! – Anhaltende Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um mehr Ernsthaftigkeit; sonst werden wir der Sache nicht gerecht.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zur Haltung der Landesregierung im Bundesrat kommen: Der Bundesrat hat bekanntlich entschieden und sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, das Ende der Übergangsfrist für die Nutzungsdauer für nicht ausgestaltete Käfige auf das Jahr 2006 festzusetzen. Dies entspricht einer EU-Vorgabe, die wir ausdrücklich unterstützen. Die EU selbst hat jedoch die Umsetzung auf das Jahr 2011 festgelegt. Im Rahmen der Beratungen im Bundesrat hat sich die Landesregierung für einen Übergangszeitraum bis 2009 ausgesprochen, um die Eingriffe in die Eigentumsrechte der Geflügelwirtschaft abzumildern.
Tierschutzgerechte Haltungsformen sind wichtig. Sie nützen allerdings wenig, wenn im globalen Markt unterschiedliche Rechtsformen bestehen. Wichtig ist, dass europaweit ein möglichst umfassender Tierschutz erreicht wird und gleichzeitig Wettbewerbsgleichheit der Betriebe herrscht. Eine Verbesserung des Tierschutzes läuft ins Leere, wenn er durch Abwanderung in andere Länder unterlaufen wird.
Sicherlich wird im Bereich der Privatkunden eine Preiserhöhung um 10 Pfennig je Ei zu verschmerzen sein,
um ein qualitativ gutes Produkt zu bekommen. Aber, meine Damen und Herren, über 80 % der Frischeier werden in der Industrie verarbeitet. Die Industrie rechnet mit jedem Pfennig, und sie wird sich die Eier dort holen, wo die Grundprodukte am billigsten sind.
Dann kommen die Eier nicht mehr aus Deutschland oder aus Dänemark, sondern sogar aus Tschechien oder aus Polen. Ich nenne nur den Namen Pohlmann.
(Zuruf von der SPD: Jetzt kommt der Eileiter! – Abg. Dr. Birk CDU: Jetzt freuen sich alle Hen- nen!)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Rastätter, so weit sind wir gar nicht auseinander.
Tierschutz geht uns alle an, und Tierschutz ist uns allen wichtig. Deshalb sollten wir da auch nicht falsche Konflikte schüren.
Aber bei der ganzen Geschichte ist die Wahrheit konkret, wie immer in der Politik. Nicht möglich ist ein Vorgehen nach dem Motto: Wir weisen die Hühner aus, kriegen die Eier aus den Legehennenbatterien zurück und befriedigen damit Gewissen und Bauch gleichzeitig.
Das geht nicht; denn Tatsache ist, dass wir in Baden-Württemberg uns dazu bekennen müssen, dass wir erstens alle miteinander gerne Eier essen und dass wir eine Nahrungsmittelindustrie haben, die ihren Bedarf verlangt. Alle Welt staunt, wenn ich sage, dass wir allein in Baden-Württemberg am Tag zwischen 5 und 6 Millionen Eier brauchen. Das glaubt keiner, aber es ist so.
Man kann es hochrechnen. Gehen Sie einmal von der Bevölkerungszahl aus. Gehen Sie von dem aus, was der Einzelne braucht. Der Rest geht in die Konditoreien und in die Industrie. 5 bis 6 Millionen Eier!
Dann kommt dazu, dass wir in Baden-Württemberg von diesem Bedarf gerade einmal 38 % decken. Das heißt, wir haben in Baden-Württemberg in den Legebatterien 2,2 Millionen Hühner und im Freiland, im weiteren Sinne, sage ich einmal, etwa 500 000 Hühner. Aber es ist auch wichtig, sich einmal vor Augen zu führen, weil wir uns hin und wieder, wenn ich recht sehe, auch über Betriebe und Wirtschaftsstandort unterhalten, dass es immerhin knapp 100 Betriebe sind, die 5 000 und mehr Hühner halten. Das heißt, es geht auch um Wirtschaft und um Betriebe sowie um Arbeitsplätze.
Nun kann dem Stichwort Wirtschaftsstandort und Arbeitsplatz nicht alles geopfert werden. Aber bei dem, was ich tue, sind wir wieder bei der Unterscheidung – es ist viel
leicht etwas hoch gegriffen, aber es gilt immer wieder – zwischen Gesinnungsethikern und Verantwortungsethikern. Stur nach der Gesinnung: Fallbeil herunter. Verantwortungsethiker überlegen, was eine Entscheidung für viele, viele Betroffene zur Folge hat.
Nein, es ist ein gutes Beispiel, weil man ab und zu überdenken muss, was für Auswirkungen unsere politischen Entscheidungen haben.
Wie war die Ausgangslage? Zunächst war die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts da – in Ordnung –: in den bestehenden Batterien größere Stellplätze. Sie sind klein genug, weiß Gott. Dann kam der Vorstoß der Europäischen Union, die sagt: Weg mit den Legehennenbatterien bis zum Jahr 2012.
Jetzt ist natürlich die Frage, ob eine nationale Politik gut beraten ist, wenn sie andere Fristen setzt. Frau Künast hat gesagt: Wir machen andere Fristen; wir planen diesen Ausstieg zum Jahr 2006. Jetzt ist eben die Frage, wie mit diesem neuen Datum umzugehen ist.
Wenn Sie immer wieder Niedersachsen erwähnen, möchte ich sagen: Der Agrarminister von Niedersachsen ist natürlich ein besonderes Ereignis. Er hat bis in die letzten Tage hinein versucht, Baden-Württemberg dahin gehend umzustimmen, doch für den Termin 2012 zu stimmen.
weil dort Geflügelwirtschaft betrieben wird. Also war die Frage, was wir tun, um dem einen im Zeichen eines verantwortungsbewussten Tierschutzes gerecht zu werden. Ich habe mich mit Bayern verständigt, zu sagen: Wir wollen den Ausstieg, möglichst europaweit, damit wir uns dabei nicht in die Tasche lügen, aber eingedenk dessen, was mir der Niedersachse immer ins Ohr geflüstert hat, nämlich wir sollten den Modellen eine Chance geben, und zwar nicht unbedingt in Form der ausgestalteten Käfige, sondern, besser gesagt, in der so genannten Gruppenhaltung: 40, 60 Hühner.
(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Das sind ja die ausgestalteten Käfige! – Abg. Wieser CDU: Ome- ga-Hühner!)
Nein, „ausgestalteter Käfig“ ist so negativ belegt, dass wir im Grunde dem Versuch, der dort gefahren wird, nicht gerecht werden. Deswegen sagen wir lieber: Gruppenhaltung. Ich habe mich über die Gruppenhaltung informiert und muss sagen: Ich halte sie für verantwortbar; zumindest lohnt es sich, diesen Weg des Versuchs weiter zu gehen.
Dieser Weg des Versuchs – das hat mir der niedersächsische Kollege immer wieder gesagt – ist zum Scheitern verurteilt, wenn ich das Fallbeil des Jahres 2006 herunterlasse; denn die Europäische Union hat aufgegeben, dass wir genau dieses Modell zum Zeitpunkt Ende des Jahres 2004/ Anfang des Jahres 2005 evaluieren.