Protokoll der Sitzung vom 15.11.2001

Herr Innenminister, gestatten Sie eine – –

Herr Kollege Drexler, es ist für mich ein bisschen langweilig, wenn ich Ihre Fragen immer schon vorhersehe. Jetzt kommt das wieder. Jetzt fragt er das noch einmal ab.

(Zuruf des Abg. Dr. Salomon GRÜNE)

Sie haben Ihre Antwort wieder abgekürzt, Herr Minister. Deswegen muss man bei einer solchen Debatte schon einmal Wert darauf legen – ich darf es Ihnen vorlesen –:

Bei fehlenden Deutschkenntnissen und einem Aufenthalt von weniger als sechs Jahren besteht künftig eine Teilnahmepflicht, deren Verletzung bei einer später beantragten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis berücksichtigt wird.

Das heißt, es steht ganz klar drin: Wer verletzt, kann die Aufenthaltserlaubnis – –

Nein, es steht nicht so drin!

Doch, es steht so drin.

(Unruhe)

Es steht drin, dass die Pflicht besteht, aber es steht nicht drin, was für Konsequenzen sich aus der Nichterfüllung der Verpflichtung ergeben.

(Widerspruch bei der SPD – Beifall bei Abgeord- neten der CDU)

Nein, Sie lesen es doch selber vor. Es steht drin, dass es „berücksichtigt wird“.

(Abg. Drexler SPD: Ja!)

Ja, aber wie?

(Unruhe und Zurufe, u. a. der Abg. Drexler SPD und Dr. Salomon GRÜNE)

Also gut. Herr Kollege Drexler, ich nehme Ihr Angebot auf. Aber ich bitte Sie dann, dass Sie mithelfen, das klarzustellen. Dann muss rein: Wer das nicht erfüllt, der kann keine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Das ist dann die richtige Konsequenz.

(Lebhafter Beifall bei der CDU – Abg. Wieser CDU: Jetzt wird der Vorhang weggezogen! – Glo- cke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Palmer?

Erst wenn ich von diesem hohen Haus ein Glas Wasser bekomme. Vielleicht will sich der Herr Landtagsdirektor darum kümmern.

(Unruhe und Zurufe, u. a. Abg. Drexler SPD: Dann dauert es länger!)

Ich muss meine Stimme einfach etwas ölen.

Bitte schön, Herr Palmer. Die Bedingung des Herrn Innenministers ist erfüllt.

Herr Minister, Sie haben argumentiert, das Gesetz berücksichtige nicht den 11. September, weil angeblich Integrationsverpflichtungen nicht festgeschrieben sind.

Ich frage erstens: Ist Ihnen bekannt, dass Herr Atta hervorragend deutsch sprach? Und ich frage zweitens: Welchen Beitrag zur Terrorismusbekämpfung erwarten Sie sich von verpflichtenden Deutschkenntnissen?

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Sie, Herr Kollege Palmer, haben zunächst einmal insoweit Recht, als deutsche Sprachkenntnisse allein noch nicht für die Integration ausreichen.

(Beifall des Abg. Wieser CDU – Abg. Dr. Salo- mon GRÜNE: Das ist ein Eigentor, Franz!)

Ich komme auf das zurück, was ich schon neulich in diesem hohen Hause sagen durfte – und das betrifft das Zweite, zu dem in dem Gesetzentwurf einfach Schweigen im Walde herrscht –: Wir sollten uns allesamt, auch Sie

(Abg. Drexler SPD: Aber auch Sie!)

natürlich auch ich –, darüber einig sein:

(Abg. Wieser CDU: Es kommt doch auf die Hal- tung an!)

Wer auf Dauer in Deutschland bleiben will, der muss sowieso die deutsche Sprache einigermaßen beherrschen. Aber das allein reicht selbstverständlich nicht aus, sondern wer auf Dauer in Deutschland bleiben will, muss vor allem unsere Wertordnung akzeptieren,

(Beifall bei der CDU und des Abg. Pfister FDP/ DVP)

nämlich Menschenrechte, Grundrechte, Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Pluralismus und vor allem auch Gleichberechtigung der Frauen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD, der FDP/DVP und der Grünen – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Das wird dann vom TÜV be- gutachtet? – Abg. Drexler SPD meldet sich zu ei- ner Zwischenfrage.)

Wenn Sie das bitte noch einen Augenblick zurückstellen würden, denn ich muss noch etwas an die Adresse des Kollegen Palmer sagen.

Deshalb, Herr Kollege Palmer, müssen in diesem ganzen Paket – Zuwanderung, Zuwanderungsbegrenzung – auch noch die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die über 30 000 bekannten Islamisten, die potenziell zur Gewalt in Deutschland neigen könnten, aus Deutschland ausgewiesen werden können. Das ist die Notwendigkeit, und auch daran fehlt es noch.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Und jetzt Herr Kollege Drexler mit einer hoffentlich überraschenden Frage.

Ich hoffe, dass Sie das Gesetz kennen.

(Unruhe und Zurufe, u. a. Abg. Fleischer CDU: War das Ihre Frage?)

Ich frage das, weil Sie Dinge ansprechen, die unumstritten sind – Wertordnung, Deutschkenntnisse usw. Das ist doch überhaupt kein Streitpunkt zwischen uns.

Zum Sicherheitsaspekt steht im Gesetz – Sie haben vorhin gesagt, das Gesetz gehe nicht auf den 11. September ein –:

So sollen zum Beispiel Personen, die terroristische oder gewaltbereite Aktivitäten begehen oder unterstützen, einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in Deutschland unterliegen. Das Entsprechende gilt für Personen, die sich bereits in Deutschland aufhalten. Für diese gilt künftig in diesen Fällen ein Regelausweisetatbestand.

Da können Sie sich doch nicht hier hinstellen und sagen, der 11. September sei in diesem Gesetz nicht berücksichtigt.

(Beifall bei der SPD)

Warum machen Sie es mir auch so einfach? Es wäre schön, wenn die Anforderungen etwas gesteigert würden. Das ist genau der Punkt. Dieser Teil – das haben Sie gar nicht gesagt, weil Sie es wahrscheinlich gar nicht wissen – ist übrigens nicht im Zuwanderungsgesetzentwurf enthalten, sondern im Terrorismusbekämpfungsgesetz.

(Abg. Drexler SPD: Und? Da gehört er auch hin!)

Das ist so in Ordnung. Aber da sagen wir: Die jetzige Regelung, die Sie gerade vorgelesen haben, setzt ja voraus, dass wir den vollen Nachweis erbringen. Wir sagen hingegen: Wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine terroristische Neigung bestehen, muss der raus und darf nicht einreisen. Das ist der entscheidende Unterschied.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Was ist denn Neigung?)