Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

(Beifall des Abg. Zimmermann CDU)

Punkt zwei: Man sollte einmal beachten, dass die Staatsanwaltschaft und die Abteilung Wirtschaftskriminalität ein Verfahren dieses Ausmaßes noch nie so schnell zum Abschluss gebracht haben. Nicht einmal zwei Jahre sind vergangen, und wir haben bereits die Anträge der Staatsanwaltschaft – und in wenigen Tagen das Urteil. Bei einem Antrag auf zwölf Jahre Haft werden Sie davon ausgehen können, dass hier keine schützende Hand der Politik gewirkt hat.

Drittens: Es ist einmalig – und da sollte man auch an die Politik in diesem Land denken –, dass 500 Millionen DM bei der Abschöpfung sichergestellt wurden. Das Land Baden-Württemberg ist mit seiner eingesetzten Truppe mittlerweile vorbildlich, und man sollte Polizei, LKA und Staatsanwaltschaft auch einmal Anerkennung dafür aussprechen, dass eine halbe Milliarde DM sichergestellt wurde.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Denn der Konkursverwalter hätte überhaupt nichts zu verteilen, wenn diese Sicherstellung nicht erfolgt wäre.

Meine Damen, meine Herren, wir haben einen Rechtsstaat, der funktioniert. Wer in diesem Staat so betrügt, wie es Schmider, Kleiser und Konsorten getan haben, muss bestraft werden. Es ist unglaublich, mit welcher kriminellen Energie hier vorgegangen worden ist. Jeder, der sich näher mit den Vorgängen befasst, weiß, dass perfekt getäuscht wurde: mit Urkundenfälschungen, mit Maschinen, die hinund hergeschoben worden sind, mit Originalrechnungsbelegen und vielem mehr.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Das war nur vorder- gründig perfekt, Herr Kollege!)

Deshalb sollte man bitte in diesem Zusammenhang einmal festhalten: Wenn die Staatsanwaltschaft zusammen mit der Polizei Tag und Nacht gearbeitet hat und nun der Täter auch ins Gefängnis kommt, dann halte ich es schon für fragwürdig, wenn von Kollegen Anfragen kommen, die da lauten: Wird Herr Schmider zu Weihnachten freigesetzt? Wo leben wir eigentlich! Für ihn sind zwölf Jahre Haft beantragt. Jeder Jurist weiß, dass in § 112 der Strafprozessordnung Haftgründe stehen. Bei einem Antrag auf zwölf Jahre Freiheitsstrafe ist der Verdacht auf Fluchtgefahr von vornherein indiziert. Insoweit ist es völlig fern liegend, danach zu fragen – so, als würde jetzt die schützende Hand der Politik dafür sorgen –, ob Herr Schmider an Weihnachten freigelassen wird. Das sind Geschichten, die Sie erfinden, um den Justizminister zu diskreditieren. Darauf werde ich in der zweiten Runde eingehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Theurer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst mal, sehr geehrter Herr Kollege Maurer: Dass der Angeklagte Schmider in einem Feinschmeckerrestaurant essen gegangen ist und dass die beiden begleitenden Polizeibeamten das zugelassen haben, wäre nur dann ein Problem des Justizministers, wenn er das ausdrücklich angeordnet oder gebilligt hätte. Aber das hat er nicht getan.

(Abg. Bebber SPD: Das wäre das Dickste, wenn der Justizminister das noch anordnen würde! Das würden wir dem Justizminister nie unterstellen!)

Die Polizeibeamten unterstehen dem Innenressort, Herr Maurer, und klar ist, dass entsprechende Verfahren gegen diese Polizeibeamten eingeleitet worden sind.

Und die nächste Frage, Herr Maurer, war verräterisch. Damit haben Sie nämlich offenbart, Herr Maurer, dass Sie überhaupt nichts von der Gewaltenteilung halten, von der Trennung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative. Wenn Sie von „nachgeordneten Behörden“ sprechen und damit die Justiz meinen,

(Zuruf des Abg. Dr. Salomon GRÜNE)

zeigen Sie doch, dass Sie gar nicht daran denken. Die Justiz ist doch keine nachgeordnete Behörde.

(Abg. Maurer SPD: Was ist denn die Staatsanwalt- schaft?)

Die Gerichte sind unabhängig. Sie wissen ganz genau, dass auch die Staatsanwaltschaft unabhängig ist, weil sich das Weisungsrecht ausschließlich auf die Einheitlichkeit der Strafverfolgung bezieht.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Schef- fold CDU)

Das müssten Sie als Jurist eigentlich besser wissen. Aber die SPD fordert in Baden-Württemberg die Abschaffung des Weisungsrechts für Staatsanwaltschaften. Und wie ernst sie es mit der Trennung von Gewalten meint, hat sie in Nordrhein-Westfalen bewiesen. Dort hat sie nämlich gleich das unabhängige Justizressort ganz abgeschafft.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

So ist es nämlich: In Brandenburg, in Mecklenburg-Vorpommern, in Berlin, in Bremen ist das die Realität.

(Abg. Birzele SPD: Es ist falsch, was Sie behaup- ten!)

Wir, die FDP/DVP, stehen fest zur Trennung der Gewalten.

(Beifall des Abg. Hofer FDP/DVP – Lachen bei der SPD)

Wir wollen eine unabhängige Justiz, und das ist auch gut so. Bemerkenswert finde ich, wie Sie mit dieser Aktuellen Debatte in ein laufendes Gerichtsverfahren eingreifen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Was soll denn der Landtag von Baden-Württemberg tun, meine Damen und Herren, wenn die Hauptverantwortlichen für diesen Millionenbetrug in Mannheim vor dem Landgericht stehen? Die Staatsanwaltschaft beantragt Höchststrafen, die Verteidigung beantragt Milde. Und was beantragen Sie von der SPD-Fraktion?

(Abg. Fischer SPD: Aufklärung!)

Was wollen Sie mit dieser Debatte heute erreichen?

(Abg. Birzele SPD: Abg. Dr. Reinhart hat sich zum Strafmaß geäußert! – Lachen bei der SPD)

Wollen Sie etwa das Landgericht in seiner Entscheidungsfindung beeinflussen? Ich sage Ihnen: Wenn es konkrete Anhaltspunkte gibt, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Landesbehörden falsch verhalten haben, dann übergeben Sie diese Anhaltspunkte doch den Strafverfolgungsbehörden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Dann wird das durch ein unabhängiges Verfahren rechtlich geklärt, wie dies in einem Rechtsstaat richtig und notwendig ist. Wenn Sie Anhaltspunkte haben – oder hätten –, dass es politische Fehlentscheidungen gibt, dann können Sie das hier ansprechen. Dann können Sie einen Untersuchungsausschuss beantragen und das klären. Das werden Sie aber nicht tun, weil Sie selber nicht glauben, dass irgendetwas dabei herauskommt.

(Abg. Teßmer SPD: Aber Sie wissen es?)

Mehr kann man überhaupt nicht dazu sagen.

(Beifall bei der FDP/DVP )

Das Wort erteile ich Frau Abg. Dederer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Als ehemalige Finanzbeamtin habe ich natürlich schon das eine oder andere Mal mit Betrügern zu tun gehabt. Es war eigentlich immer sehr interessant, wie einfallsreich diese Leute sind. Aus diesem Grund hätte ich natürlich gerne mal einen besonders Einfallsreichen wie Herrn Manfred Schmider getroffen und ihn gefragt, wie er das wirklich gemacht hat, wie der Fall tatsächlich abgewickelt wurde.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Wie stehen Sie jetzt zu den Kollegen?)

Ich musste feststellen – ich hätte dazu ja in den Knast gehen müssen –, dass das gar nicht so einfach ist. Ganz im Gegenteil – das wissen wir jetzt seit neuestem –, es wäre viel einfacher gewesen, wenn Schmider mich besucht hätte.

(Heiterkeit und vereinzelt Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir hätten dann bei einem netten Abendessen die ganze Sache besprechen können.

(Erneute Heiterkeit bei den Grünen und der SPD)

Das ist ja offensichtlich im Fall FlowTex alles kein Problem. Schmider besucht seinen Insolvenzverwalter und geht im Anschluss daran mit seinen Bewachern in Achern noch essen.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Ja, wie oft wurden Sie eingeladen, Frau Kollegin?)

Er führt angeblich auch Telefonate – uns würde schon interessieren, ob die überwacht wurden oder nicht –, und – das ist eigentlich der Gipfel – sein Anwalt verschafft sich Zutritt zu den Räumen der Sonderkommission. Das ist also zumindest ein Hausfriedensbruch, den er begeht, und eventuell hat er sogar Akten manipuliert. Das wissen wir nicht.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Aber man sagt es halt mal!)

Er wurde wegen dieses Vergehens nicht einmal angezeigt.

Erhöhte Fluchtgefahr spielt offensichtlich keine Rolle, obwohl ja – das wissen wir alle – von den ergaunerten Geldern noch ein paar Millionen fehlen, er also durchaus auch Gründe hätte, zu fliehen.

Man muss sich einfach einmal vorstellen, was hier passiert ist. Ich stelle die Frage, ob es bei uns im Staat eigentlich Häftlinge erster Klasse gibt. Mir kommt es fast so vor, als würden wir hier in einer Bananenrepublik leben, wenn ich mir diesen Fall anschaue.