Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

Frau Ministerin, wir sollten uns darauf konzentrieren: Ich bin der Meinung, dass heutzutage zu viele Einzelheiten an Stoff vermittelt werden, so nach dem Motto: Je mehr Einzelheiten, desto besser. Umgekehrt ist es meiner Ansicht nach sinnvoller. Wir brauchen mehr vernetzten Unterricht. Wir brauchen Denken in Zusammenhängen, fachbezogen und fächerübergreifend.

(Abg. Drexler SPD: Seit 48 Jahren könnte das die CDU in diesem Land machen! – Glocke des Präsi- denten)

Herr Abg. Kleinmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Kretschmann?

Aber gerne.

Bitte schön, Herr Abg. Kretschmann.

Herr Kollege Kleinmann, Sie haben sich ebenso wie vorhin die Frau Kultusministerin über die mangelnde Erziehungsarbeit der Familie beklagt. Die Kultusministerin hat gesagt: Es wird zu wenig mit den Kindern gesprochen. Sie haben es in allgemeiner Weise beklagt.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Zu wenig gespielt!)

Jetzt frage ich Sie: Was hat diese Rede, die Sie hier als Politiker führen, für einen Sinn,

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

wenn Sie nicht gleichzeitig sagen, wie man das ändern soll?

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Drexler SPD: Genau!)

Hat die Politik überhaupt Instrumente,

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ja, hat sie!)

um in den Elternhäusern die Eltern zum Reden mit ihren Kindern anzuhalten,

(Abg. Drexler SPD: Nein, hat sie nicht!)

und wenn ja, welche?

(Beifall bei den Grünen)

Herr Kollege Kretschmann, die Frage ist zweifelsohne berechtigt. Bei uns in der Kirche würde man sagen: Es geht über Erwachsenenbildung. Also zum Beispiel geht es um das Thema: Warum sehen die Kinder zu viel fern? Hier kann man Seminare, Abende anbieten, wo über die Problematik des Zusammenhangs von Leseschwierigkeiten – –

(Zurufe)

Natürlich. Woher kommt es denn, dass die Leute nicht lesen können? Das hängt doch auch damit zusammen.

(Abg. Drexler SPD: Die Eltern machen es nicht!)

Auf diese Art und Weise sollten die Eltern auf die Gefahren aufmerksam gemacht werden.

(Weitere Zurufe – Unruhe)

Darf ich jetzt die Frage einmal beantworten?

(Abg. Drexler SPD: Aber sie machen es nicht!)

Man muss versuchen, sie auf diese Art und Weise auch auf ihren Erziehungsauftrag aufmerksam zu machen. Das ist nicht nur Aufgabe des Staates, sondern auch Aufgabe verschiedenster gesellschaftlicher Gruppierungen. Dazu zähle ich beispielsweise auch die Kirchen.

Natürlich – Herr Pfister und der Herr Ministerpräsident haben das schon erwähnt – sind wir der Meinung, dass wir für die Förderung der Ein- bis Dreijährigen auch einiges tun müssen. Es ist ja auch davon gesprochen worden, dass man bereits das Lernen im Kindergartenbereich stärker hervorheben muss. Das kann ja nur in Zusammenarbeit von Eltern, Erzieherinnen und Kindern gehen. Von daher gibt es Ansätze, Herr Kollege Kretschmann, die allerdings in der Tat noch weiterentwickelt werden müssen.

Die Weiter- und Fortbildung der Lehrer als ein wichtiger Punkt, um bei PISA voranzukommen, ist schon angesprochen worden.

Meine Damen und Herren, noch eines – ich bin vorhin unterbrochen worden – möchte ich am Schluss sagen: Ich bin auch der Meinung, dass man in der Schule wieder mehr repetieren sollte. Es wird zu viel vermittelt, und zu wenig bleibt hängen. Das kann nur damit zusammenhängen, dass zu wenig repetiert wird. Wir müssen uns in Zukunft, was die Lehrpläne betrifft, auf das Wesentliche konzentrieren.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Zeller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Kultusministerin hat hier PISA analysiert

(Abg. Drexler SPD: Nein, das hat sie nicht!)

und dabei aufgezeigt, zumindest in einigen Bereichen, wo es mangelt, und gleichzeitig den Eindruck erweckt, als ob daran andere Bundesländer und die SPD schuld seien.

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

Seit 48 Jahren haben Sie die Verantwortung in der Schulpolitik, und jetzt wollen Sie das der SPD zuschieben. Das ist zu plump, Frau Ministerin!

(Beifall bei der SPD)

Sie halten ja sehr viel von Redlichkeit, Frau Schavan.

(Abg. Drexler SPD: Sagt sie!)

Ich habe mir gerade den Artikel besorgt, aus dem Sie sinngemäß zitiert haben. Sie haben daraus berichtet und den Eindruck erweckt, als ob Frau Behler die Lehrer niedermachen würde. Damit Sie sich ein Bild machen können, was Frau Behler tatsächlich gesagt hat, lese ich Ihnen das Zitat vor und überlasse es Ihnen, ob Sie die Interpretation der Frau Schavan teilen oder nicht:

Die Frage der „Zeit“ war:

Keine alten Rechnungen begleichen, warnen alle nach dem PISA-Schock. Wir fragen dennoch: Wo hat die Politik versagt, Frau Behler?

Frau Behler antwortete:

Die Debatte erstarrte in Ritualen, und folglich redet man über Bildungspolitik mit unglaublich viel Unbildung. Alle glauben, kompetent zu sein, schließlich ist jeder einmal zur Schule gegangen. Deshalb weiß jeder stets, dass andere die Schuld tragen, wenn etwas mit der Schule schief läuft. Das hat in Deutschland zu einem Abschieben von Verantwortung geführt, von den Lehrern auf die Eltern, von den Eltern auf die Schule, von der Schule auf die Schulaufsicht, von der Schulaufsicht auf das Ministerium. Und letztlich wird die Ministerin für das Ergebnis einzelner Klassenarbeiten verantwortlich gemacht. Das ganze System ist geprägt von einer organisierten Unverantwortlichkeit, in der sich jeder hinter dem anderen verstecken kann.

(Beifall des Abg. Fischer SPD – Abg. Drexler SPD: Das ist aber etwas ganz anderes als das, was sie gesagt hat! – Abg. Hauk CDU: Das ist die aktu- elle Vorlesungsstunde! – Abg. Pfisterer CDU: Sie hat von Beratungsverständnis gesprochen!)

Das ist der Punkt! Sie können den ganzen Artikel nachher von mir bekommen, und dann zeigen Sie mir – –

(Abg. Fleischer CDU: Bei Ihnen wird PISA deut- lich! – Abg. Hauk CDU: Herr Zeller, lesen Sie das erst einmal richtig! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Herr Hauk, auch Sie haben eine Leseschwä- che!)

Sie sind erwischt worden! Das ist der Punkt. Sie sind erwischt worden, wie Sie hier mogeln wollten.

(Beifall bei der SPD – Anhaltende Unruhe – Wei- tere Zurufe)

Das ist das Interview mit der „Zeit“. Lesen Sie das ganze Interview einmal nach.