Protokoll der Sitzung vom 06.02.2002

Ich weiß, Herr Kollege Kleinmann, dass Sie das nicht hören wollen.

Meine Damen und Herren, ich habe schon vorhin kurz unsere Anträge erwähnt, bei denen wir darauf geachtet haben, dass sie solide gegenfinanziert sind.

Ich möchte jetzt noch einmal auf ein Thema eingehen, das Kollege Scheffold schon ausführlich behandelt hat: das Thema Privatisierungen. Wir haben uns in der Tat gegen einen Verkauf der Anteile an der LBBW ausgesprochen.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut!)

Es wäre für uns sicher einfach gewesen, mit dem Erlös aus diesem Verkauf alle Wünsche dieser Welt zu erfüllen oder zumindest die Wünsche aus meiner eigenen Fraktion. Wir haben das aber nicht gemacht.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Unseres Erachtens sprechen gute Gründe gegen den Verkauf. Kollege Scheffold hat schon einige aufgezählt. Auch mir ist das wichtig, und ich möchte noch einmal auf einige eingehen.

Ein Grundsatz ist, dass Sie natürlich alles, was Sie haben, nur ein einziges Mal verkaufen können, und es ist schon die Frage, ob wir jetzt in einer Situation sind, eine rentierliche Beteiligung verkaufen zu müssen, zumal wenn ich mir die im Moment niedrigen Zinssätze anschaue. Auch ist es bei der gegenwärtigen Situation der Banken nicht sinnvoll, eine Beteiligung zu verkaufen. Dadurch würde sich das Rating deutlich verschlechtern, und damit würde sich auch der Ertrag unserer verbleibenden Beteiligung verschlechtern.

Dann stellte sich natürlich auch die Frage, an wen wir diese Beteiligung verkaufen sollen. Die SPD hat an die Sparkassen gedacht. Nach unserer Information wollen die Sparkassen diese Beteiligung aber überhaupt nicht.

Kurz und gut, für uns war das Grund genug, keine Privatisierungen vorzunehmen.

Wir haben auch eine andere Form der Finanzierung abgelehnt, die mittlerweile bei der Regierung gang und gäbe ist, nämlich die Finanzierung über Schattenhaushalte, beispielsweise über verkappte Bankbeiträge zur Finanzierung des Sonderprogramms für den Landesstraßenbau. Hier haben wir es wirklich mit einem klassischen Schattenhaushalt zu tun, und es bleibt festzustellen, dass hiermit Lasten letztendlich nur in die Zukunft verlagert werden. Wir lehnen das ab. Unser Anspruch ist, nicht nur eine ökologische, soziale und auch demokratische Politik hier in diesem Haus zu machen, sondern vor allem eine nachhaltige Politik. Das gilt für uns auch für die Finanzpolitik, weil wir auch künftigen Generationen Handlungsspielräume lassen wollen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, diese Handlungsspielräume müssen wir uns hier im Land erst wieder schaffen. Wenn ich mir die mittelfristige Finanzplanung anschaue, stelle ich fest, dass sie keine Antwort auf die heutigen und zukünftigen Belastungen gibt auch nicht für die Schuldenlast und die Pensionsverpflichtungen. Ganz im Gegenteil; bei den Deckungslücken für die Jahre 2004 und 2005 wird mir angst und bange. In einer solchen Situation zeigt Herr

Minister Stratthaus wieder einmal gerne nach Berlin und freut sich auch über den einen oder anderen blauen Brief. Ich muss Ihnen sagen, verehrter Herr Minister:

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Herr Metzger freut sich auch!)

Da machen Sie es sich zu einfach. Denn letztendlich haben Sie auch in guten Jahren in diesem Land nicht haushalten können und zusätzliche Schulden gemacht. Die Stabilitätskriterien bzw. den Stabilitätspakt müssen Bund, Länder und Kommunen gemeinsam erfüllen. Das heißt, auch die Länder müssen zu ihrer Verantwortung stehen und ihren Beitrag leisten. Das sehe ich bei Ihrer mittelfristigen Finanzplanung nicht.

(Beifall bei den Grünen)

Sie verweisen zu Recht auf finanzpolitische Unsicherheiten. Die sehen wir natürlich auch, aber diese entbinden Sie als Finanzminister nicht von der Verantwortung, Wege aus diesem strukturellen Defizit, das auch Kollege Kleinmann beklagt hat, aufzuzeigen. Wir müssen uns hierzu gibt es Vorschläge von uns, die wir auch schon im letzten Jahr gemacht haben, Herr Kollege Kleinmann beispielsweise über die Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen Gedanken machen. Wer mit dieser Frage ernsthaft umgeht, kann eben nicht einfach alle Lasten den Kommunen aufbürden,

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

wie es jetzt teilweise versteckt gemacht wird. Mit dem Streichen von Arbeitslosenprogrammen treibt man die Leute in die Sozialhilfe

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig! Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

und verstärkt dadurch natürlich auch die Lasten, die die Kommunen zu tragen haben.

Strukturelle Veränderungen Fehlanzeige. Wir haben eine Verwaltungsreform angeregt. Zu diesem Thema haben Sie, Herr Kollege Kleinmann, sich wohlweislich nicht geäußert.

Auch eine Schulreform würden wir gern sehr viel grundsätzlicher diskutieren, als dies Herr Kollege Scheffold hier getan hat nicht nur auf die Schulämter und Oberschulämter fokussiert. Es geht auch um die grundsätzliche Frage, wie Aufgaben verteilt werden können und wie hier neu strukturiert werden kann.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: Schulausschuss!)

Strukturelle Veränderungen Fehlanzeige.

Unseres Erachtens haben Sie sich auch vom Ziel der Nettonullneuverschuldung im Jahr 2006 verabschiedet.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: So ist es! Natürlich!)

Dazu trägt auch die Landesstiftung ihren Teil bei, denn letztendlich fehlt das Geld im regulären Landeshaushalt. Schauen Sie sich das einmal an: In der Landesstiftung wird

mittlerweile ein Zigfaches von dem bewegt, was beispielsweise unsere Haushaltsanträge beinhaltet haben.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: Das ist doch gut so!)

Bei unseren Anträgen geht es teilweise nur um ein paar Tausend Euro.

Letztendlich muss ich feststellen, dass die freie Spitze, über die wir als Parlament bisher noch diskutieren konnten, sich neuerdings in der Stiftung befindet, ohne dass dieses Parlament ein Wort mitzureden hätte. Sie betreiben die Entmachtung dieses Parlaments.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD Abg. Dr. Scheffold CDU: Kollege Salomon sitzt doch im Aufsichtsrat! Gegenruf des Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Das kann man auch ändern, Herr Scheffold! Gegenruf des Abg. Dr. Schef- fold CDU: Ja, wollen Sie raus aus dem Aufsichts- rat?)

Ich weiß, dass Sie das Thema Landesstiftung nicht mehr hören können, aber wir werden nicht aufhören, darauf hinzuweisen, solange Sie dieses Spiel weiter treiben und die Beschlüsse in irgendwelchen Aufsichtsratsgremien gefällt werden,

(Abg. Dr. Scheffold CDU: Dann kritisieren Sie doch Ihren Herrn Salomon!)

aber nicht mehr dort, wo sie eigentlich hingehören: in diesem Parlament, in dem wir als gewählte Abgeordnete sitzen, die eine Verantwortung für die Finanzen dieses Landes tragen.

(Beifall bei den Grünen)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, vor allem in diesen finanziell schwierigen Zeiten braucht man Mut, Ideen und auch Visionen. Als Regierung muss man einen Weg aufzeigen. Ich habe den Eindruck, dass Sie selbst nicht mehr an diese Zukunft glauben.

(Zurufe der Abg. Kleinmann und Theurer FDP/ DVP)

Sie glauben nicht mehr an das Jahr 2020, das Herr Ministerpräsident Teufel in seiner Regierungserklärung als Ziel genannt hat.

(Abg. Dr. Birk CDU: Man braucht immer Ziele!)

Sie haben das Jahr 2020 nämlich schlicht und ergreifend aus dem Jahresspiegel gestrichen, als gäbe es diese Zukunft nicht mehr und als interessiere Sie das nicht mehr. Daraus kann ich nur schließen, dass Sie weder eine Antwort für das Jahr 2020 noch für das Jahr 2006, noch auf die heutigen Probleme haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen Abg. Dr. Birk CDU: Wieso gerade 2020?)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Scheffold.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um noch einmal kurz auf Ihre Äußerung einzugehen, Frau Kollegin Dederer: Wenn man sich natürlich schon selbst fragt, ob alles, was man im Finanzausschuss vorschlägt und als Antrag einbringt, Quatsch sei, dann muss man sich nicht wundern, wenn die Regierungsfraktionen nicht mehr die allergrößte Aufmerksamkeit darauf richten, was man dort tut.

(Lachen der Abg. Heike Dederer GRÜNE Abg. Kretschmann GRÜNE: Aber Sie als Akademiker können doch sicher eine Frage von einer rhetori- schen Frage unterscheiden! Abg. Heike Dederer GRÜNE: Ironie scheint Ihnen fremd zu sein, Herr Scheffold!)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, eigentlich wollte ich zunächst zu Ihnen, Herr Kollege Drexler, sagen: Wenn man hier im Parlament in den Haushaltsberatungen Überlegungen anstellt, wo der Wirtschaftsminister oder ein anderes Regierungsmitglied möglicherweise ihre Hochzeitsnacht verbringen, dann ist das derart peinlich und unangemessen, dass ich das in dieser Form zurückweisen möchte.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Noll FDP/ DVP)