Protokoll der Sitzung vom 06.03.2002

(Zuruf von der CDU: 630-DM-Jobs!)

Noch bleiben Ihnen vier Arbeitsmonate Zeit. Wenn Sie den Mut hätten, das zu tun, was Gerster bei Christiansen gesagt hat und was am Montag im „Spiegel“ steht, dann lägen Sie richtig. Dieser neue Chefmanager für eine Bundesanstalt braucht aber eine andere Regierung in Berlin, damit er in einem Jahr vom Arbeitsrecht her Recht bekommt; denn seine Vorschläge sind richtig, während Sie falsch liegen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmid.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte gehofft, Herr Oettinger würde etwas zur Sache sagen. Er weicht aber weiter aus, indem er ein neues Fach aufmacht

(Zuruf von der CDU: Es gibt Leute, die nicht zu- hören!)

und über die Arbeitsmarktpolitik und die Beschäftigungspolitik spricht.

(Abg. Hauk CDU: Das ist das Thema „Dynami- sche Steuerpolitik“!)

Manchmal ist es schon besser, wenn man versucht, ein Thema abzuarbeiten, Herr Oettinger. Deshalb zur Beschäf

tigungspolitik nur so viel: Seit Beginn der Regierungszeit Schröder haben wir 1,1 Millionen Beschäftigte mehr.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU Abg. Dr. Lasotta CDU: 630-DM-Jobs!)

Wir haben mit 39,1 Millionen Beschäftigten im Jahr 2001 in Deutschland den höchsten Beschäftigtenstand seit dem Zweiten Weltkrieg.

(Zurufe von der CDU: Sie haben keine Ahnung! Das ist doch Selbstlüge! Da kommen Sie doch nicht weiter!)

Meine Damen und Herren, das sind die Tatsachen.

(Zuruf von der CDU: Scherzkeks!)

Das heißt, die Bundesregierung kann sich auch hinsichtlich des Arbeitsmarkts sehen lassen.

Jetzt zurück zur Finanzpolitik; denn darüber wollten Sie ja heute Nachmittag mit uns reden. Wenn wir die Haushaltspolitik der Kohl-Regierung fortgeschrieben hätten, hätten wir jetzt ein Defizit von 4 %, meine Damen und Herren. Deshalb kann es nicht sein, dass diejenigen, die hier für die CDU im Landtag sitzen, kein Wort darüber verlieren, welche Verantwortung die Bundespolitik bei der Haushaltskonsolidierung hat.

Sie haben wiederum nichts, kein Wort zu den abenteuerlichen finanzpolitischen Vorstellungen Ihres Spitzenkandidaten gesagt. Ich sage Ihnen eines: Wenn sich ein Kanzlerkandidat einer großen Volkspartei dazu versteigt, man könne ja die 3-%-Grenze voll ausschöpfen, dann ist das das Gegenteil von seriöser Finanzpolitik. Dies wäre eine Harakiri-Aktion für den Bundeshaushalt und für die öffentlichen Haushalte in Deutschland insgesamt.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb ist es besser, wir bleiben bei dem stringenten Konsolidierungskurs der Bundesregierung. Dieser muss von den anderen staatlichen Ebenen unterstützt werden.

(Zuruf von der CDU: Was bei der SPD stringent ist, ist die ruhige Hand!)

Es ist klar, dass es Länder gibt, die diesbezüglich leichter Zusagen machen können als andere. Das hat aber mit Parteipolitik relativ wenig zu tun. Schauen Sie sich einmal an, welch exorbitante Neuverschuldung Hessen in den letzten Jahren angehäuft hat. Nachtragshaushalt, regulärer Haushalt: ein unglaublicher Anstieg der Neuverschuldung.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Was der alles erzählt!)

Hessen ist ein CDU/FDP-regiertes Land. Also, meine Damen und Herren von der FDP/DVP und der CDU, machen Sie es sich nicht so einfach. Die Länder und der Bund sitzen in einem Boot. Deshalb brauchen wir einen Stabilitätspakt.

Herr Oettinger, ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich darauf konzentriert hätten. Wir müssen an einem Strang ziehen. Ich hoffe, dass der Finanzminister des Landes BadenWürttemberg zu seiner Aussage steht. Wir sind bereit, da

mitzumachen, denn es geht um das Wohl aller in diesem Land.

(Abg. Fleischer CDU: Es geht darum, Ihre Fehler zu reparieren!)

Es geht um die zukünftigen Generationen, und die wohnen im Saarland wie in Baden-Württemberg, in Brandenburg wie in Bayern. Deshalb ist die Frage nach dem nationalen Stabilitätspakt keine Frage, bei der man sich gegenseitig den schwarzen Peter zuschieben sollte. Man sollte Herrn Bundesfinanzminister Eichel dafür Anerkennung zollen, dass er dies angeregt hat. Wir sollten diesen Gedanken konstruktiv aufnehmen und einen solchen Pakt vereinbaren. Herr Finanzminister, ich freue mich auf Ihre Aussagen dazu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen Abg. Dr. Lasotta CDU: Wer hat uns denn in die Misere hi- neingeführt?)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Theurer.

(Zuruf von der CDU: Jetzet! Abg. Oettinger CDU: Zeigs ihnen!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verantwortung der rot-grünen Bundesregierung für die Finanzmisere des Landes Baden-Württemberg und der Kommunen ist schnell erklärt. Es ist ganz einfach:

Erstens: Die politisch Verantwortlichen in der Bundesregierung, nämlich Schröder und früher Lafontaine, haben die Steuerreform nach den Petersberger Beschlüssen verhindert in einer Zeit, in der andere Länder der Welt eine Steuerreform durchgeführt haben, um die Wirtschaft ihrer Länder zu unterstützen.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Kennen Sie sich da aus?)

Meine Damen und Herren, wir haben heute deshalb weniger Steuern, weil die Wirtschaft nicht mehr brummt nicht, weil die Steuern gesenkt worden sind.

Zweitens diese Verantwortung ist auch schnell erklärt, meine Damen und Herren : Der von Waigel geforderte nationale Stabilitätspakt mit den Ländern wurde von der neuen Bundesregierung auf Eis gelegt.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Richtig! Das ist die ruhige Hand!)

Das ist die konkrete Verantwortung, die Sie haben, denn es gab Mitte der Neunzigerjahre Ansätze, wie man eine Finanzreform zwischen Bund und Ländern gestalten könnte. Sie wäre dringend erforderlich, denn ich habe fast den Eindruck, dass wir schon wieder vergessen haben so kurzlebig ist offensichtlich das Gedächtnis in der Politik , was Robert Leicht heute Morgen hier in diesem Haus gesagt hat.

(Abg. Oettinger CDU: Sehr gut!)

Wir brauchen nämlich eine Finanzreform, die Bund und Ländern und den Gemeinden jeweils ihre Einnahmen zuweist, die selbstverständlich aber auch diejenigen haftbar macht, die mangelnde Disziplin bei den Ausgaben walten lassen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es!)

Das ist doch der entscheidende Punkt, der hier einmal ganz deutlich gesagt werden muss.

Man kann das ganz einfach erklären: In Deutschland werden wir Ende 2002 bei den öffentlichen Haushalten eine Gesamtstaatsverschuldung von 1,257 Billionen € haben. Das kommt einfach daher, dass der Staat über seine Verhältnisse lebt. Wir geben zu viel aus. Natürlich kann man immer auch sagen, wir müssten mehr einnehmen, aber vielleicht muss man auch an die Ausgabenseite denken.

Da gibt es Länder, die weit über ihre Verhältnisse leben, die im Vergleich mit Baden-Württemberg im Verhältnis zu ihren eigenen Einnahmen weit mehr ausgeben, als sie sich eigentlich leisten könnten, und deshalb am Tropf des Länderfinanzausgleichs hängen. Hinzu kommt noch, dass sie aufgrund der Bundesergänzungszuweisungen auch noch Wohltaten verteilen können.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Die haben gar keinen An- reiz, aus dem System herauszugehen!)

Nehmen Sie doch zum Beispiel einmal das Saarland. Dort ist der Kindergartenplatz kostenlos. Das Saarland hat im Jahr 2000 741 Millionen € an Bundesergänzungszuweisungen erhalten; im Jahr 2001 waren es 663 Millionen €. Im Jahr 2002 wird es 586 Millionen € aus dem Bundeshaushalt erhalten.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Das war der schwar- ze Peter!)

So kann man sich Dinge leisten, die wir unseren Bürgerinnen und Bürgern vorenthalten müssen, weil wir erwirtschaften müssen, was andere dann ausgeben können. So kann das nicht sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU Zuruf von den Grünen)

Deshalb brauchen wir endlich eine Finanzreform an Haupt und Gliedern, die die Wachstumskräfte stärkt und die Leistungsanreize erhöht. Da ist die FDP in einer komfortablen Situation: Das fordern wir seit Jahrzehnten bundesweit.