Protokoll der Sitzung vom 07.03.2002

Ich appelliere an Sie, meine Damen und Herren von der FDP/DVP und von der CDU: Stimmen Sie zu! Denn wir wollen mit der Lkw-Maut auch Bodewig hat es gestern kundgetan das 90-Milliarden-€-Investitionsprogramm auf den Weg bringen. Es sieht Privatfinanzierungen vor darüber müssen wir uns noch unterhalten , aber in ganz entscheidendem Maße auch die Lkw-Maut.

In diesem Sinne bitte ich Sie: Überwinden Sie sich, stimmen Sie dem Antrag zu! Die kleinen Problemchen, die Herr Scheuermann angesprochen hat, wird der Vermittlungsausschuss richten.

Besten Dank! Ich verzichte darauf, meine Redezeit auszuschöpfen, um Vorbild für andere zu sein.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile Frau Abg. Berroth das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch wir stimmen den ersten eineinhalb Sätzen der Begründung zu. Es handelt sich in der Tat um einen verkehrspolitischen Reformschritt. Auch wir fordern seit langer Zeit die streckenbezogene Gebühr, um eine verursachergerechte Anlastung der Instandhaltungskosten zu bekommen. Allerdings ist es nicht unsere Linie, damit prohibitiv gleich auch noch den Schienenverkehr zu beeinflussen.

Wenn Sie nur die überwiegende Verwendung der Einnahmen aus der Lkw-Maut für die Infrastruktur wollen, dann auch noch halbe-halbe für Straße und Schiene die Wasserstraße ist Ihnen wohl erst aufgefallen, als Sie unseren Antrag, den wir heute Morgen beraten haben, in die Hand bekommen haben; bisher habe ich dazu von Ihnen noch nicht sehr viel gehört ,

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: 12,5 %, im Gesetz festgelegt, Frau Berroth, schon immer!)

stimmen wir dem nicht zu.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wieso denn? Sie wollen doch die Wasserstraße!)

Denn Sie haben oben selber geschrieben: Sie wollen eine verursachergerechte Anlastung. Diese braucht man deshalb, weil es das wurde angesprochen in der Tat vor allem ausländische Lkws sind, die unsere Autobahnen ruinieren. Deshalb muss man das Geld auch dafür verwenden, die Bundesfernstraßen instand zu setzen und das Netz gegebenenfalls so anzupassen, wie es notwendig ist.

Nun schreiben Sie, dass von unserer heutigen Entscheidung die fristgerechte Einführung der Lkw-Maut abhängt. Ich hoffe ja, dass wir, wenn das Gesetz den Vermittlungsausschuss passiert hat und irgendwann beschlossen ist, eine fristgerecht Einführung bekommen. Sie wissen selber, da stehen noch ein paar andere Dinge im Weg; denn mit der Ausschreibung war es ja nicht ganz einfach. Auch nach dreieinhalb Jahren Regierung scheint man in Berlin noch nicht so eingearbeitet zu sein, dass man weiß, wie so etwas stattzufinden hat. Deshalb, denke ich, müssen wir auch nichts überstürzen.

Sie meinen, die Südbahn hänge ausschließlich von Mitteln aus der Lkw-Maut ab. Das glaube ich nicht. Dafür gibt es sicher auch anderes Geld, und da muss kein direkter Zusammenhang bestehen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das steht im Anti- stauprogramm!)

Ja, natürlich.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Woher holen Sie das Geld?)

Aber hilfreich für eine zeitnahe Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur in Baden-Württemberg könnte auch ein entsprechender Wahlausgang im September sein.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU Abg. Schmiedel SPD: Wunschdenken!)

Uns ist wichtig, dass im Gesetz die Zweckbindung festgeschrieben wird, dass die Mauteinnahmen schwerpunktmäßig wirklich dem Bundesfernstraßenbau und dem Straßenverkehr zugute kommen. Es muss nicht unbedingt der Straßenbau sein; es können auch Investitionen in die Telematik und in Ähnliches sein. Aber die Mittel müssen dem Straßenverkehr zugute kommen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Warum müssen sie das?)

Das ist unsere Forderung. Sie nennen in Ihrem Antrag auch eine Voraussetzung. Da dürfen wir unterschiedlicher Meinung sein.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Davon haben wir heute Vormittag beim Güterverkehr nichts gehört, Frau Berroth!)

Ich habe heute Vormittag auch nicht zur Maut gesprochen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das habe ich ge- merkt!)

Sie holen Geld manchmal auch woanders her, als wir es uns vorstellen. Diese Freiheit nehme ich mir jetzt durchaus auch heraus.

Wichtig ist und das hat Kollege Scheuermann schon angesprochen , dass wir eine belastungsneutrale Regelung und eine europäische Harmonisierung hinkriegen. Es darf nicht sein, dass durch diese Regelung noch größere Wettbewerbsnachteile für die deutschen Lkws entstehen.

Das, was unter Ziffer 5 unseres Antrags genannt ist, ist mir besonders wichtig. Gleichzeitig muss auch eine verbesserte Vorkehrung dafür getroffen werden, dass durch diese Maut nicht eine Verkehrsverlagerung auf nachgeordnete Straßen stattfindet. Beispiel: An der Rheinschiene verlaufen die A 5 und die B 3 zum Teil direkt nebeneinander. Wenn die eine Strecke mautpflichtig ist, die andere aber nicht, können Sie sich vorstellen, welcher Verkehr dann zum Beispiel durch Bühl hindurchfahren wird. Das können wir den Anwohnern nicht zumuten. Deshalb muss auch hierfür eine Regelung gefunden werden.

Wir sind dafür, dass der derzeit vorliegende Entwurf verbessert und dazu der Vermittlungsausschuss angerufen wird. Deshalb können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Boris Palmer.

Herr Kollege Scheuermann, Sie haben drei Gründe genannt, aus denen Sie unserem Antrag nicht zustimmen könnten.

Ich fange einmal mit dem Argument der Durchlöcherung, der Verlagerung an; eine Ermächtigung müsse schon ins Gesetz. Sie wissen sicher, dass derzeit die EU durch eine Richtlinie verbietet, jenseits der Autobahn eine Maut zu erheben. Ich sage Ihnen: Ich halte das für falsch. Ich bin der Meinung, das komplette Straßennetz und nicht nur die Autobahn müsste vermautet werden. Aber diese EU-Richtlinie hindert uns derzeit daran. Deswegen ist eine solche Ermächtigung nicht umzusetzen. Wenn, dann würde sie gegen EU-Recht verstoßen. Das können Sie nicht ernsthaft fordern.

(Abg. Pauli CDU: Wegelagerei!)

Zweitens: Sie sagen, nur eine Maut könne lenken. Da bin ich anderer Auffassung. Auch eine Verteuerung der Mineralölsteuer kann selbstverständlich Lenkungseffekte erzielen; tut sie übrigens auch. Wir haben seit der Verteuerung durch die Ökosteuer und natürlich aufgrund der Verteuerung des Rohöls einen Rückgang beim Mineralölverbrauch um 8 % gehabt. Das ist ein wesentliches Ergebnis.

Sie sagen und da verteidige ich zum ersten Mal die PkwFahrer vor Ihrer Raffgierigkeit; das ist eine interessante Position , Sie wollten auch die Pkws bemauten. Dazu bin ich sehr skeptisch. Wir wollen doch Lkws deshalb bemauten, weil Lkws mit einem großen Tank durch Deutschland durchfahren können, ohne sich an den Wegekosten zu beteiligen. Der Pkw beteiligt sich über die Mineralölsteuer. Ich finde, dass das beim Pkw über die Mineralölsteuer auch effektiver ist, weil ich dann noch zusätzlich zum Anreiz, Kilometer zu sparen, den Anreiz gebe, Sprit zu sparen, also ein sparsames Auto zu kaufen. Das fiele bei einer kilometerbezogenen Maut völlig weg. Deswegen glaube ich, dass die Maut beim Pkw nicht das effiziente Instrument wäre.

Die angeführten Wettbewerbsnachteile, Frau Berroth, kann ich überhaupt nicht erkennen. Diese Maut zahlt ein inländischer wie ein ausländischer Lkw in exakt derselben Höhe. Es ist vielmehr genau umgekehrt. Bisher haben die ausländischen Lkws den Vorteil, dass sie sich nicht an den deutschen Wegekosten beteiligen müssen. Durch unsere Maut werden sie zum ersten Mal signifikant herangezogen eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen für die deutschen Spediteure!

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Dann komme ich zum Punkt „Verwendung der Mittel“: Frau Berroth fordert „überwiegend für den Straßenbau“.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Bundesfern- straßenbau!)

Also bei allem, was recht ist: Frau Berroth, Sie können nicht erwarten, dass wir Grünen als Teil der Regierung von Berlin mit Ihnen ein Gesetz verabschieden, nach dem die Einnahmen aus der Maut überwiegend für Straßenbau ausgegeben werden.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Warum nicht?)

Das können Sie einfach nicht erwarten. Unsere Position ist eigentlich wie die der Schweiz: 100 % in den Ausbau des Schienennetzes und des Wasserstraßennetzes. Wenn ich endlich den Güterverkehr auf der Straße bremsen will, darf ich doch nicht immer neue Straßen dafür bauen! Da muss ich doch anderswo investieren. Das ist doch die Logik des Ganzen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Aber mir geht es um einen Kompromiss. Wenn wir als Grüne sagen: „Wir sind einverstanden: 50 % dieser Einnahmen gehen in den Straßenbau“, und wir sagen sogar noch: „Na gut, wir nehmen in unseren Ländern den Schienen- und den Wasserstraßeninvest, damit Sie hier in Baden-Württemberg fast alles, 80 % für die Straßen bekommen“, dann sagen Sie immer noch: „Uns ist es nicht genug.“ Also, wissen Sie, so kann man keine Kompromisse erzielen. Weiter gehen wir nicht. Keine müde Mark zusätzlich über 50 % für den Straßenbau!

Nun noch zur Harmonisierung. Also, bitte schön, das aktuelle Verhandlungsangebot des Bundes heißt: 260 Millionen € aus den Einnahmen der Maut stehen zur Verfügung, um den Kostenanstieg für die Speditionen zu bremsen. Das ist ein mehr als großzügiges Angebot. Denn worin steckt eigentlich die Logik, zu behaupten: „Ich will auf der einen Seite keine Belastung für die deutschen Spediteure, oder ich will für gar keinen Spediteur eine Belastung, und auf der anderen Seite will ich ohne zusätzliche Belastung Geld einnehmen, das wieder in den Straßenbau gesteckt werden soll“? Das kann nicht funktionieren. Da muss zwischendurch Manna vom Himmel geregnet sein. Wenn Geld übrig bleiben soll, dann muss es auch teurer werden, Güter auf der Straße zu transportieren. Daran führt kein Weg vorbei, und da sage ich Ihnen auch: Mehr als 260 Millionen € Entlastung für die Speditionen, Kompensation, ist mit den Grünen nicht zu machen. Das kommt nicht infrage.

Ich denke aber trotzdem: Wenn Sie sich die große Einigkeit vor Augen führen, die wir in der Grundsatzfrage haben, nämlich den Systemwechsel hin zur Nutzerfinanzierung, hin zur Kilometerfinanzierung zu verwirklichen, wenn Sie diese große Einigkeit beachten, dann kann es doch nicht sein, dass wir aufgrund der Marginalien, die Sie jetzt vorgetragen haben und die zum Teil sogar mit EURecht nicht vereinbar sind, überhaupt keine Maut bekommen und den jetzigen Zustand, der doch in jeder Hinsicht viel schlechter ist, festschreiben und zementieren.

Deswegen nochmals mein Appell: Stimmen Sie unserem Antrag zu, und sorgen Sie dafür, dass die Landesregierung nicht aus wahltaktischen Gründen im Bundesrat eine vernünftige Lösung der Verkehrsprobleme blockiert.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Scheuermann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe vorhin aus kollegialem Interesse versucht, es kurz zu machen, bin aber offensichtlich missverstanden worden. Deswegen bin ich noch einmal hier.

Erstens: Wir stimmen nicht Ihrem Antrag zu, sondern die Koalition stimmt ihrem eigenen Antrag zu.