(Abg. Hauk CDU: Wir sind nicht bei einer städti- schen Eröffnungsfeier! Abg. Blenke CDU: Das ist die falsche Rede, Herr Kollege!)
Der aktuelle Tätigkeitsbericht, über den wir heute debattieren, enthält keine großen Skandale. Der Skandal, der in der Öffentlichkeit für Aufsehen gesorgt hat, lag außerhalb des Berichtszeitraums und hat sich in Stuttgart ereignet. Er zeigt beispielhaft, wie wichtig und wie erforderlich die Bestellung behördlicher Datenschutzbeauftragter ist. Sie sind frühzeitig in der Lage, datenschutzrelevante Sachverhalte zu erkennen. Auf diese Weise ist es möglich, Eingriffe in Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger von vornherein zu vermeiden. Darüber hinaus entlasten behördliche Datenschutzbeauftragte den Landesbeauftragten für den Datenschutz, sodass dieser seinen Aufgaben besser nachkommen kann, insbesondere bei der Beratung in Fragen des technischen und organisatorischen Datenschutzes, der dringend einer Intensivierung bedürfte.
Die FDP/DVP hat bei der Novellierung des Landesdatenschutzgesetzes im Jahr 2000 für die fakultative Bestellung behördlicher Datenschutzbeauftragter gestimmt zu Recht, wie wir meinen, vor allem im Hinblick auf die Kommunen. Ich sage an dieser Stelle aber auch deutlich: Wenn sich aufgrund fehlender behördlicher Datenschutzbeauftragter ähnlich gravierende Fälle wie der oben erwähnte häufen, wird man über die Notwendigkeit gesetzlicher Regelungen nachdenken müssen.
Seit 1983 haben wir dank der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Anspruch auf informationelle Selbstbestimmung. Das Verfassungsgericht sieht ihn von den in Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes beschriebenen Rechten umfasst. Es geht also beim Datenschutz um eines der Freiheitsrechte in unserer Verfassung.
Wir sind der Meinung, dass es sinnvoll ist, das Grundrecht auf Datenschutz in die Landesverfassung und in das Grundgesetz aufzunehmen. Wir denken, dass wir auch vor dem Hintergrund der schrecklichen Anschläge vom 11. September nicht den Fehler machen sollten, unsere Freiheits- und Grundrechte einzuschränken. Denn mit Benjamin Franklin, dem ehemaligen amerikanischen Präsidenten, können wir sagen: Wer die Freiheit aufgibt, um die Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.
Meine Damen und Herren, aufgreifen möchte ich in diesem Zusammenhang die Anregung des Landesdatenschutzbeauftragten, mehr Informatikerinnen und Informatiker in den Verwaltungen einzusetzen. Für mich ist ganz selbst
verständlich, dass neue Steuerungsinstrumente und Budgetierung mehr wirtschaftlichen Sachverstand erfordern. Genauso müsste es auch zu Zeiten der Informationsgesellschaft mit Informatikern sein. Leider aber sind die beamtenrechtlichen Regelungen zu sehr auf Juristen abgestellt. Dies ist jedenfalls mein Eindruck. Informatiker und Wirtschaftswissenschaftler sind in der Verwaltung noch immer Exoten. Hier besteht dringender Änderungsbedarf.
Ich halte es auch für unverzichtbar, dem Datenschutz in unserer Verwaltungsausbildung einen höheren Stellenwert zukommen zu lassen. Es ist allemal besser, den Datenschutz zu einem sehr frühen Zeitpunkt von Verwaltungsentscheidungen zu berücksichtigen, ihn praktisch in das Verwaltungshandeln zu integrieren, statt ihn in einer Endof-Pipe-Lösung zum Schluss praktisch als Qualitätskontrolle aufzusetzen.
Datenschutz ist stärker zu einem Problem zwischen Daten sammelnden Unternehmen und Bürgern geworden, also nicht nur ein Problem der Verwaltung. Aus diesem Grund sieht die europäische Datenschutzrichtlinie auch eine weitgehende Gleichwertigkeit des Datenschutzes im öffentlichen wie im privaten Bereich vor. Vor diesem Hintergrund hält es die FDP/DVP nach wie vor für erforderlich, dass der Landesbeauftragte für den Datenschutz zukünftig beide Bereiche kontrolliert.
Ein Punkt, der sich auch im diesjährigen Bericht wiederfindet, betrifft das Justizministerium. Zwischenzeitlich haben auch andere Datenschutzbeauftragte die Justiz als Kontrollobjekt ins Auge gefasst. Dies war bei der Besprechung des letzten Berichts noch anders. Insofern sind natürlich auch die Ausführungen des Justizministers verständlich, wonach die bundesweite Abstimmung die Vorlage des Berichts verzögert habe. Wir bleiben aber grundsätzlich dabei: Die Justiz kontrolliert die Verwaltung, nicht umgekehrt, meine Damen und Herren. Außer in Verwaltungsangelegenheiten kann dort, wo die dritte Gewalt angesprochen ist, eine Kontrolle nicht stattfinden.
Zum Schluss möchte ich Dank sagen, meine Damen und Herren, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesbeauftragten für den Datenschutz, die angesichts der bekannten Personalknappheit eine ganz hervorragende Leistung für die Bürger in unserem Land erbringen. Ihnen, Herr Schneider dies ist ja der letzte Tätigkeitsbericht, den Sie vorgelegt haben , möchte ich ebenfalls ganz herzlich danken und Ihnen alles Gute für Ihre Zukunft wünschen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Datenschutzbericht 2001 ist, wie in den letzten Jahren auch, ein anschauliches und reichhaltiges Kompendium über die Behördenpraxis quer durch alle
Verwaltungsbereiche zu der Frage, wie das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung in Baden-Württemberg umgesetzt wird, aber leider eben auch öfter nicht umgesetzt wird.
Ich betone noch einmal, dass Datenschutz ein Grundrecht ist, Herr Kollege Lasotta. Deshalb muss ich mich über Ihre Formulierung schon sehr wundern. Sie haben ja gesagt, der Datenschutz sei kein Selbstzweck. Natürlich sind Grundrechte Selbstzweck. Sie sind nämlich aus der Menschenwürde, die ja nur als Selbstzweckhaftigkeit des Menschen begründet ist, abgeleitet.
(Abg. Dr. Lasotta CDU: Deshalb gibt es eine par- lamentarische Kontrolle und die Gesetzgebung! Das steht doch nicht im Widerspruch!)
Ich muss mich auch wundern, dass Sie dann noch weiter gehen, Herr Kollege, und sagen, es gebe ein Primat der Politik vor diesem Grundrecht. Das kann schon überhaupt nicht sein. Grundrechte binden uns als Legislative und den Staat. Herr Kollege Theurer hat gerade gesagt, dass zwar das Gewaltmonopol, wie es sich Thomas Hobbes gedacht hat, eine geniale Idee war das ist keine Frage , aber sie hatte auch einen Konstruktionsfehler, nämlich: Wie schützt man den Bürger vor dem eigenen Staat? Deswegen sind von klugen Leuten und in einer Revolution die Grundrechte durchgesetzt worden. Sie gehen jeder Politik voraus und nicht hinterher.
Deswegen ist die so wichtige Arbeit, die der Datenschutzbeauftragte für die Grundrechte unserer Bürgerinnen und Bürger leistet, anerkennenswert. Leider konnten sich die Regierungsfraktionen wieder nicht zu der wenigstens kleinen Geste durchringen, den Datenschutzbericht des Herrn Schneider zustimmend zur Kenntnis zu nehmen.
Ich jedenfalls möchte mich im Namen meiner Fraktion bei Ihnen, Herr Schneider, und den Mitarbeitern Ihrer Dienststelle für Ihre akribische, mutige und bestimmt nicht immer vergnügungsteuerpflichtige Arbeit bedanken und Ihnen für die Zukunft ebenfalls alles Gute wünschen.
Man liest im Datenschutzbericht das betrifft allerdings weniger Sie, Herr Innenminister, als Ihren Kollegen Justizminister Goll zum wiederholten Mal, dass immer noch seitens der Regierung bezweifelt wird, dass die Arbeit der Staatsanwälte der Kontrolle des Datenschutzbeauftragten unterliege. Zur Klärung dieser doch sehr überschaubaren Rechtsfrage, die aber von grundsätzlicher Bedeutung ist, sind jetzt Jahre verstrichen, und es wird endlich Zeit, dass eine Klärung vorgenommen wird. Die Koalitionsfraktionen haben dieser Kritik erfreulicherweise zugestimmt. Ich finde, wenn diese Klärung nicht endlich erfolgt, muss man das als eine Geringschätzung des Datenschutzes interpretieren.
Des Weiteren steht in der Koalitionsvereinbarung, dass Sie das Amt des Datenschutzbeauftragten personell stärken wollen. Leider sind Sie bei den Haushaltsberatungen unserem Antrag wieder nicht gefolgt, diesen Bereich zu stärken,
obwohl über die Stärkung in allen Fraktionen Einmütigkeit besteht, Sie dies in die Koalitionsvereinbarung geschrieben haben und schon ausgeführt wurde, dass die Aufgaben gewachsen sind. Wir haben zum Beispiel 15 neue Stellen beim Verfassungsschutz; aber insbesondere im ganzen Bereich der neuen Kommunikationstechnologien sind die Aufgaben gewachsen. Führen Sie sich nur einmal vor Augen, was es bedeutet, Datenschutz im Internet herzustellen, was für eine Herausforderung das ist. Sie, Herr Schneider, haben auch darauf hingewiesen, dass in Ihrer Dienststelle Informatiker notwendig sind, um das überhaupt umzusetzen. Es ist, wie ich meine, wirklich das Minimalste, dass man sich wenigstens zu einer zusätzlichen Stelle für den Datenschutzbeauftragten durchringt. Wenn das nicht nur Lippenbekenntnisse sein sollen, müssen Sie dem eigentlich folgen, sonst wird die Politik zum wiederholten Male unglaubwürdig.
Ich möchte abschließend noch einmal betonen: Es geht hier nicht um irgendetwas, sondern um den Grundrechtschutz unserer Bürgerinnen und Bürger, und, wie es unsere Verfassung so schön formuliert, alle staatlichen Gewalten sind dazu aufzurufen, die Grundrechte auch zu gewährleisten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich möchte, bevor ich auf den Datenschutz im öffentlichen Bereich zu sprechen komme, zunächst im Namen der Landesregierung dem Landesbeauftragten für den Datenschutz, Herrn Schneider, sowie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die umfangreiche und kompetente, mit großem Engagement geleistete Arbeit, die sich auch im Zweiundzwanzigsten Tätigkeitsbericht aber nicht nur widerspiegelt, Dank sagen.
Zugleich möchte ich Herrn Landesdatenschutzbeauftragten Schneider, der im Laufe dieses Jahres in den Ruhestand treten wird, auch für seine in vielen Jahren im Bereich des öffentlichen Datenschutzes, zuletzt als Landesbeauftragter für den Datenschutz, hervorragend geleistete Arbeit danken.
Ich bin besonders dankbar, dass Herr Schneider es in seiner Amtszeit als Landesbeauftragter für den Datenschutz verstanden hat, das Thema Datenschutz einerseits mit Nachdruck, andererseits aber auch mit dem gebotenen Augenmaß voranzubringen. Auch dafür, Herr Schneider, vielen Dank.
Die Amtsführung von Herrn Schneider hat, bei aller Kritik, die er auch immer wieder uns gegenüber ich komme noch darauf zurück angebracht hat, dazu beigetragen, dass im Verhältnis zwischen Verwaltung und Datenschutz eine spürbare Entspannung eingetreten ist.
Im Verhältnis des Datenschutzbeauftragten zur öffentlichen Verwaltung steht die kooperative Zusammenarbeit im Vordergrund. Sie ist für den Datenschutz auch besonders wichtig. Sie bringt das Thema Datenschutz nicht nur in der Sache weiter; von ihr hängt auch die Akzeptanz des Datenschutzes in der Verwaltung, aber auch in der Bevölkerung insgesamt zu einem beträchtlichen Teil ab.
Ich freue mich darüber, dass es Herrn Schneider mit seiner Arbeit gelungen ist, der öffentlichen Verwaltung wie auch der Bevölkerung den Stellenwert und die Bedeutung des Datenschutzes zu vermitteln und ihn, meine Damen und Herren auch von der Opposition, auf das hohe Niveau zu bringen, das wir heute in Baden-Württemberg haben. Auch dafür will ich noch einmal ausdrücklich danken.
Nun einige Bemerkungen zum Inhalt des Zweiundzwanzigsten Tätigkeitsberichts und zu den bisherigen Beratungen im Ständigen Ausschuss. Ein wunder Punkt ist die fehlende zusätzliche Stelle im höheren Dienst für einen Informatiker. Da darf ich Sie, Herr Schneider, einfach noch einmal persönlich ansprechen. Wir waren bei den letzten Haushaltsplanberatungen sogar etwas näher dran als dieses Mal. Da war die Stelle eigentlich versprochen. Sie ist dann an einigen gescheitert, die ich heute nicht noch einmal besonders ansprechen möchte. Das ist schade, und ich sage nicht nur, dass ich mich dafür eingesetzt habe, sondern ich empfinde das auch für mich als einen wunden Punkt.
Strafmildernd, lieber Herr Schneider, kann ich nur eines vorbringen. Abgesehen von den üblichen finanziellen Zwängen und der Prioritätensetzung aber darauf legt das Innenministerium, wie gesagt strafmildernd und nicht rechtfertigend, ein bisschen Wert ist auch das Innenministerium sukzessive immer stärker den Spar- und Personaleinsparungspflichten unterworfen. Den Landesbeauftragten für den Datenschutz hat es jedenfalls von allen bisherigen Stelleneinsparrunden ich darf den Kollegen Birzele, der ja mein Vorgänger war, einbeziehen seit 1993 ausgenommen.
Das ist keine Rechtfertigung für die fehlende Stelle, aber doch ein Punkt, den man in diesem Zusammenhang nennen darf. Daran zeigt sich, dass zumindest wir im Innenministerium dem Datenschutz und dem Datenschutzbeauftragten schon den ihm gebührenden Stellenwert einräumen.