Protokoll der Sitzung vom 17.07.2002

Wenn ich Sie wäre, wäre ich genauso nervös.

(Beifall bei der CDU Abg. Drexler SPD: Sie ha- ben uns noch gar nicht aufgeregt erlebt!)

Der Vorwurf, den wir dauernd hören, ist doch, wir würden ständig Baustellen eröffnen, „Turbo-Ministerin“, alles auf den Kopf stellen. Und jetzt ist in der PISA-Studie nachzulesen, dass all diese Weichenstellungen den Vorsprung Baden-Württembergs vor vielen anderen Ländern in Deutschland und auch international begründen.

(Abg. Schmiedel SPD: Regionalliga!)

So ist das!

(Beifall bei der CDU Abg. Drexler SPD: Regio- nalliga!)

Das Zitat von Herrn Baumert ist ja schon genannt worden. Sie werden im Länderbericht noch einmal sehr ausführlich beschrieben finden, warum Baden-Württemberg das modernste Bildungsland in Deutschland ist.

(Abg. Drexler SPD: Regionalliga!)

Das hat nicht in erster Linie mit den Gymnasien zu tun. Ich bin stolz darauf, dass das in erster Linie mit Haupt- und Realschulen zu tun hat

(Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es!)

und damit, dass es in diesem Land ein besonders hohes Maß an Chancengleichheit gibt. Das ist der Grund für die Modernität.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Sie wissen doch, dass die Sozialdemokraten in Deutschland derzeit unter nichts anderem so leiden wie darunter,

(Abg. Drexler SPD: Unter was?)

dass sie feststellen müssen, dass ihnen das nicht gelungen ist

(Beifall bei der CDU Abg. Drexler SPD: Jesses Maria!)

und dass selbst in Schleswig-Holstein, wo die Gymnasien in den Naturwissenschaften einen Spitzenplatz einnehmen, dieser Spitzenplatz nicht dazu führt,

(Abg. Drexler SPD: Regionalliga!)

dass Schleswig-Holstein bei den 15-Jährigen insgesamt zu einem guten Platz kommt.

(Abg. Drexler SPD: Regionalliga!)

Das ist die Frage der sozialen Disparität, die in SPD-regierten Ländern so hoch ist wie in nicht einem einzigen unionsregierten Land.

(Beifall bei der CDU Abg. Drexler SPD: Regio- nalliga! Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schmiedel?

Jetzt machen wir es einmal, jetzt spielen wir das Spiel einmal. Ja.

(Abg. Drexler SPD: Was für ein Spiel?)

Herr Schmiedel.

Frau Ministerin, warum sind Sie eigentlich nicht bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass wichtige gesellschaftliche Gruppen in Baden-Württemberg zu ganz unterschiedlichen Schlussfolgerungen aus der PISAStudie kommen, und warum nehmen Sie beispielsweise nicht das Konzept des Handwerks von Baden-Württemberg ernst,

(Abg. Drexler SPD: Zur Kenntnis!)

das in einem großen Diskussionsprozess innerhalb der Handwerkerschaft zu dem Ergebnis gekommen ist, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen sei, um über ganz neue Strukturen des Bildungssystems in Baden-Württemberg zu diskutieren? Warum schmieren Sie das einfach ab und nehmen das nicht zur Kenntnis? Warum nehmen Sie den Ball nicht auf?

(Beifall bei der SPD und den Grünen Abg. Drex- ler SPD: Sie hat das nicht gelesen!)

Ich kann jetzt mit einem Satz antworten: Weil wir nicht da landen wollen, wo Sie schon sind.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/DVP Zurufe der Abg. Drexler und Schmiedel SPD sowie des Abg. Boris Palmer GRÜNE Lebhafte Unruhe)

(Ministerin Dr. Annette Schavan)

Damit komme ich zum Konzept. Ich bezweifle erstens

(Abg. Drexler SPD: Sie haben es nicht gelesen!)

Ich habe es auch gelesen.

(Abg. Drexler SPD: Dann können Sie es doch nicht bezweifeln!)

Seien Sie doch nicht so furchtbar aufgeregt! Ich bezweifle, dass dieses Papier mit vielen Handwerkern vor Ort besprochen worden ist. Erster Satz.

(Beifall bei der CDU)

Zweiter Satz: Ich halte es mit Herrn Baumert,

(Abg. Drexler SPD: Das Handwerk ist undemokra- tisch?)

der erklärt hat, dass uns jetzt nichts Schlimmeres und Falscheres passieren könne,

(Abg. Drexler SPD: Das Handwerk ist sozialdemo- kratisch unterwandert in Baden-Württemberg?)

als zu einer Strukturdebatte in Deutschland zu kommen. Allen Erfahrungen in Deutschland mit solchen strukturellen Veränderungen zufolge führen diese augenscheinlich zu geringerem Kompetenzniveau und zu weniger sozialer Gerechtigkeit. Das ist bei PISA nachlesbar, und deshalb halte ich den Vorschlag einer neunjährigen Einheitsschule in Baden-Württemberg für falsch und für keine Antwort auf diese nationale PISA-Studie. Das werde ich in der nächsten Woche mit dem Handwerkstag besprechen, in allen Details.

(Beifall bei der CDU Abg. Drexler SPD: Das Handwerk ist blöd! Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ein Satz, und dann kommt die nächste Frage. Das Handwerk ist nicht blöd, aber das Handwerk kann auch irren.

(Abg. Schmid SPD: Aber Sie irren sich nie? Zu- ruf: Nachhilfe für das Handwerk!)

Herr Kollege Wintruff, bitte.

Frau Ministerin, können Sie verstehen, dass das Handwerk sich Sorgen macht um die 20 % Jugendlichen in Baden-Württemberg, die in der Kompetenzstufe I oder noch darunter sind wobei wir international den 19. Platz einnehmen? Haben Sie Verständnis dafür,

(Abg. Drexler SPD: Nein!)