Hier muss so etwas entstehen wie Steuergerechtigkeit, dass man weiß: In Baden-Württemberg gibt es nicht eine Quote von 60 %, sondern jeder hat seine Steuern zu zahlen.
Das andere ist eigentlich auch klar. Auch wenn der Finanzminister vielleicht der Meinung ist, dass das Land BadenWürttemberg gar nicht so viel Geld erzielen kann, weil es sich meistens um Verbundsteuern handelt, die in andere Kanäle fließen zum Bund oder zu den Gemeinden ,
sage ich klipp und klar, dass wir als Parlament eine Gesamtaufgabe in der Bundesrepublik haben. Steuern sind nämlich unser aller Steuern und nicht nur die des Landes Baden-Württemberg.
Das Wort erteile ich Herrn Abg. Theurer. Ich möchte Sie bitten, die Redezeit einigermaßen einzuhalten.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte für die FDP/ DVP-Fraktion eine Vorbemerkung machen und drei Feststellungen treffen.
Die Vorbemerkung: Wenn man in der Vergangenheit den Vorschlägen der FDP gefolgt wäre, hätten wir ein einfacheres und gerechteres Steuerrecht.
Erstens: Wir stellen fest, dass diese Empfehlungen eine gute Grundlage für Verbesserungen sind. Wir erwarten von der Finanzverwaltung, dass nachvollziehbare Qualitätsverbesserungen im Veranlagungsbereich jetzt mutig angepackt werden.
Drittens schließen wir uns der Meinung an, dass vom Personalabbau in den Veranlagungsstellen abgesehen werden sollte und zuerst andere vom Rechnungshof angeregte Einsparungen im Bereich des Personals in der Finanzverwaltung vorgenommen werden sollten.
Hierzu möchte ich eine Zahl zitieren. Der Rechnungshof weist darauf hin, dass je Bearbeiter Personal- und Sachkosten in Höhe von 52 500 anfallen, gleichzeitig dieser Mitarbeiter aber Steuern in Höhe von 106 054 einnimmt. Das sind also voll rentierliche Stellen. Insofern ist es ökonomisch richtig, in diesem Bereich das Personal zu erhalten und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass es noch effizienter und effektiver eingesetzt wird.
In diesem Sinne müssen wir die Empfehlung des Landesrechnungshofs umsetzen. Wir erwarten, dass im Finanzministerium alles erdenklich Mögliche getan wird, um dies auch in die Tat umzusetzen.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Pfister, Sie haben es richtig gesehen: Ich habe eine dreistündige Rede vorbereitet, dem Thema natürlich angemessen.
Verehrter Herr Minister und verehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP/DVP, ich brauche Ihnen nach den Haushaltsberatungen, die wir geführt haben, und auch nach den jüngsten Steuerschätzungen sicher nichts über die Bedeutung unserer Steuerverwaltung für die Sicherung unserer Einnahmen zu sagen. Sie haben bei den Haushalts
beratungen selbst gemerkt, dass man etwas für die Steuerverwaltung tun muss. Sie haben Stellenhebungen leider nur in kleinem Umfang beschlossen.
Aber das ist sicher ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Das ist natürlich zu wenig. Dies bestätigt auch die jüngste Untersuchung des Rechnungshofs, die uns jetzt vorliegt.
Auch schon vor dieser Untersuchung war uns einiges über die Situation in der Steuerverwaltung bekannt. Ich darf hierzu noch einiges erwähnen: beispielsweise die unzumutbaren Beförderungszeiten der Kollege Seltenreich hat auch schon darauf hingewiesen , mangelnde Familienfreundlichkeit bei Versetzungen, die steigende Arbeitsbelastung und nicht zuletzt auch die beginnende Pensionierungswelle in den nächsten Jahren, die uns zu denken geben sollte.
Jetzt haben wir es schwarz auf weiß, welche Auswirkungen die Personalreduzierungen auf die Einnahmeseite haben und wie sich auch die Personalverlagerungen vom Innendienst in den Außendienst in den letzten Jahren ausgewirkt haben. Wir wissen auch, dass das komplexe Steuerrecht natürlich Probleme in der Steuerverwaltung mit sich bringt. Nur, verehrter Kollege Scheffold, verehrter Kollege Theurer: Auch in 16 Jahren unter Kohl ist dieses Steuerrecht nicht vereinfacht worden, ganz im Gegenteil.
Ich erinnere mich an eine so genannte Steuervereinfachung im Jahr 1992. Danach waren die Einkommensteuerrichtlinien doppelt so dick wie davor.
(Abg. Theurer FDP/DVP: Die Aussage ist falsch! Stoltenberg-Reform war die Vereinfachung des Steuerrechts!)
Natürlich kamen auch neue Aufgaben auf die Finanzverwaltung zu, beispielsweise die Bankenfälle, die natürlich auch sehr viel mehr Arbeit mit sich gebracht haben.
Viele Finanzbeamte klagen auch über den Statistikdruck. Es wird nur auf die Schnelligkeit der Bearbeitung geachtet. Das geht natürlich zulasten der Qualität. Auch dies hat der Rechnungshof hier noch einmal deutlich festgestellt.
Trotz dieser negativen Rahmenbedingungen kam es, vor allem im Veranlagungsbereich, zum Personalrückgang, obwohl gleichzeitig auch die Zahl der Steuerfälle, also die Zahl der Grundkennbuchstaben, zugenommen hat. Dies alles führt natürlich insgesamt zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.
Auch wer jetzt auf die zunehmende Automatisierung verweist, sollte sich diese Untersuchung durchlesen. Da kann man nachlesen, dass die Automatisierung vielfach ein Mehr an Arbeit mit sich bringt, weil es teilweise noch zu Medienbrüchen kommt und hier mit viel Aufwand noch nachträglich gearbeitet werden muss.
Wir sollten, denke ich, dringend einige Dinge grundsätzlich angehen. Ich nenne hier nur ein paar Stichworte: Die
Durchschlüsselung, auch die Regelungen zum Erziehungsurlaub und letztendlich auch die EDV-Ausstattung sollten noch einmal generell überprüft werden. Hierzu sollten Verbesserungsvorschläge gemacht werden. Wir haben unsere Vorschläge, die wir bis zu dieser Untersuchung noch einmal zurückgestellt haben, schon in einem Entschließungsantrag zum Doppelhaushalt eingebracht.
Wir sehen aber auch Verbesserungsbedarf in einzelnen Punkten, die jetzt auch die Untersuchung vorschlägt. Beispiel: Die manuelle Übertragung der Daten der Betriebsprüfung in Festnetzspeicher ist natürlich ein Unsinn in Zeiten, in denen eigentlich jeder Prüfer einen Laptop mit dabei hat. Hier müsste also wirklich eine automatische Einspeisung möglich sein.
In der Untersuchung wird auch darauf hingewiesen, dass es in den Bezirken, in denen die Personengesellschaften veranlagt werden, immer noch keine Datenverarbeitung gibt. Das in der heutigen Zeit klar zu machen ist wirklich schwierig.
Es gibt auch einen hohen Korrekturbedarf bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Hier sollte man wirklich darauf achten, dass auf die Prüfung Zeit verwandt wird.
Wir bitten das Ministerium, die Anregungen des Rechnungshofs aufzunehmen. Der Rechnungshof empfiehlt beispielsweise auch die bundesweite Ausweitung der elektronischen Steuererklärung. Wir sollten uns alle dafür einsetzen, dass das schnellstmöglich kommt,
weil das auch eine Vereinfachung für alle, vor allem auch für die Steuerverwaltung, mit sich bringt.
Für uns ist wichtig, dass in Zukunft nicht nur die Schnelligkeit der Bearbeitung im Vordergrund steht, sondern tatsächlich auch stärker auf die Qualität geachtet wird. Denn um Steuerhinterziehung zu verhindern und um Steuergerechtigkeit herzustellen, braucht es eine attraktive Steuerverwaltung, in der die Leute gute Arbeitsbedingungen haben und in der sie auch gut mit Sachmitteln ausgestattet sind.
Daher darf dieses Werk jetzt nicht einfach so im luftleeren Raum schweben. Der Antrag des Finanzausschusses geht hier sicher in die richtige Richtung. Wir werden ihn unterstützen, damit hier einfach auf Grundlage dieser Untersuchung weitergearbeitet wird.
Kollege Seltenreich, Steuern sind der Preis der Zivilisation. Im Urwald gibt es keine Steuern. Aber wir sollten natürlich dafür sorgen, dass es eine gerechte und zutreffende Besteuerung gibt; denn das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass die Staatsbürger auch diese regelmäßige Belastung zumindest als notwendiges Übel akzeptieren.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige wenige Hinweise: Zunächst einmal: Wir nehmen die beratenden Äußerungen des Rechnungshofs sehr ernst. Ich verspreche Ihnen, dass wir uns bemühen werden, die Vorschläge so weit wie möglich zu erfüllen.
Zweitens: Hier sind einige Zahlen genannt worden, die doch einmal relativiert und zurechtgerückt werden müssen. Es ist gesagt worden, jeder Beschäftigte würde 200 000 DM an Steuern einnehmen. Es wäre traurig, wenn es so wäre. Jeder Beschäftigte in der Finanzverwaltung nimmt 5 Millionen DM an Steuern ein. Das betrifft lediglich die Veranlagungen. Das muss man einmal auseinander halten. Es wäre sehr traurig, wenn wir 100 000 DM an Personalkosten ausgeben müssten, um 200 000 DM Steuern einzunehmen. Nur damit das einmal klar ist.