Das toppt nämlich noch die Finanzierung der Kohlesubvention um etwa das Doppelte. Aber auch bei der Kohlesubvention gibt ja der Staat seit vielen Jahrzehnten pro Arbeitsplatz viel mehr Geld aus, als die Arbeitnehmer dort erwirtschaften.
Die SPD hält es auch noch für wichtig, in Brüssel die Kohlesubvention weiterhin bestehen zu lassen, obwohl ausgemacht war, dass man sie auslaufen lässt. Sie sorgt damit dafür, dass weiterhin niederländische und französische Speditionen gefördert werden und unsere heimische Speditions- und Logistikwirtschaft im Dunkeln stehen bleibt.
Ich sage Ihnen: Das ist eine umweltschädliche Maßnahme, denn die haben viel mehr Leerfahrten. Wenn Sie dafür sorgen würden, dass die Marktwirtschaft funktioniert und deutsche Unternehmen fahren können, dann würden auf deutschen Autobahnen wesentlich weniger Kilometer mit Lkws zurückgelegt werden.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Die heutige Debatte befasst sich im Kern zunächst einmal mit der Diagnose für den Klimaschutz, denn das war der Gegenstand der Großen Anfrage. Ich halte es auch nach wie vor für richtig, dass wir einen erheblichen Teil von Kraft und Zeit auf die Diagnose verwenden. Denn machen wir uns nichts vor: Das, was wir in der politischen Klasse an Bewusstsein über Klimaschutzprobleme haben, ist noch längst nicht in der Öffentlichkeit so weit, wie wir das gerne hätten und worüber es sicher unter vielen Politikern einen gewissen Konsens gibt. Es ist noch notwendig, dass wir über Diagnosen sprechen. Deswegen will ich in wenigen Worten dazu etwas sagen.
Erstens: Wir reden beim Klimaschutz und bei der Klimaänderung nicht mehr über Prognosen, sondern wir reden über die Gegenwart. Wir reden über Anzeichen, die mit Händen zu greifen sind. Das Abschmelzen der Polkappen oder der Gletscher, der Wegfall von Feuchtgebieten und die Versteppung rund um den Erdball, der Anstieg der durchschnittlichen Temperatur oder die Wetteranomalien das sind alles bereits Realitäten. Darüber müssen wir uns, glaube ich, im Klaren sein.
Zweitens: Wenn man diagnostiziert, muss man feststellen: Alles, was wir auf diesem Gebiet haben, hat unheimlich lange Wirkungszeiten. Das heißt, wir sprechen im Moment über die Folgen jener Emissionen, die wir vor 20, 30 oder 40 Jahren in die Luft gebracht haben. Das, was wir heute in
die Luft bringen, wird sich 20 oder 30 Jahre lang auswirken. Darin steckt ein großes Problem, nämlich dass es sehr lange dauern wird, bis auch Sparmaßnahmen, Korrekturmaßnahmen wirken. Mich erinnert das an die Situation, die wir am Bodensee gehabt haben, als der Phosphorgehalt immer weiter gestiegen ist, selbst in einer Zeit, in der wir bereits gegengesteuert haben. Umso wichtiger ist es, dass wir konsequent handeln, dass wir Bewusstsein prägen, dass wir forschen, dass wir wissen, in welche Richtung wir gehen müssen.
Drittens: Soweit es immer noch Zweifel in der öffentlichen Diskussion gibt, inwieweit der Klimawandel menschengemacht ist, möchte ich ganz einfach sagen: Alles, was für eine Anti-CO2-Politik spricht, ist auch aus anderen Gründen richtig. Insofern muss man auch denen, die meinen, dass die Dinge noch nicht so klar erwiesen wären, dass man bereits handeln müsste, sagen: Es gibt weitere Gründe, die für dieselben Maßnahmen sprechen, nämlich der Kampf gegen den Ressourcenverbrauch ob das nun die Kohle, das Erdöl oder das Erdgas ist. Hinzu kommt, dass immer dann, wenn CO2 entsteht, natürlich auch andere Luftschadstoffe entstehen. Wenn ich also nicht nur globale, sondern lokale Luftverschmutzung reduzieren will, dann kann ich das dadurch tun, das ich weniger verbrenne. CO2 ist in gewisser Weise ein Leitstoff für Luftverschmutzungsprobleme generell.
Wir sollten uns immer auch vor Augen führen: Wir reden hier auch über Technologiepolitik. Wenn wir unsere Wirtschaft, wenn wir unser Verhalten in der Energiewirtschaft, in der Verkehrswirtschaft oder in der industriellen Produktion auf eine CO2-sparende Technologie umstellen, dann tun wir etwas, was im Blick auf die Zukunft ohnehin richtig ist und unserer Wirtschaft auch die Chancen von morgen eröffnet.
Insofern muss man sagen: Ganz egal, ob man den Aussagen in Bezug auf die menschengemachten Ursachen des Klimaproblems glauben will oder nicht, es gibt auch andere Gründe dafür, um zu denselben Schlussfolgerungen zu kommen.
Die nächste Bemerkung, die ich machen will: Wir haben in der Antwort auf die Große Anfrage der Grünen mit einem Bild operiert, mit dem Bild Klima wie in Norditalien. Das mag manchem direkt sympathisch erschienen sein. Aber man muss sich darüber im Klaren sein, welch erhebliche Veränderungen das bei uns im Land bewirkt, und man muss sich darüber im Klaren sein: Wenn das bei uns diese erträglichen Veränderungen bedeutet, dann bedeutet das an anderen Stellen der Erde ganz andere Veränderungen. Daher ist das keine beruhigende Bemerkung gewesen, sondern eine bildhafte Darstellung, die zeigt, dass in einer gemäßigten Klimazone vielleicht auch die Änderung noch gemäßigt ausfällt, aber der Indikator für sehr viel weiter gehende Klimaänderungen rund um den Erdball ist.
Wenn wir auf die Anfrage der Grünen, die ich im Prinzip für berechtigt halte, weil sie wirklich ein Thema in das öffentliche Bewusstsein gerückt hat, das bisher mehr unter Fachleuten diskutiert worden ist, relativ differenziert haben antworten können, dann deswegen, weil wir schon relativ lang forschen und weil im Übrigen der Forschungsfort
schritt gerade bei kleinräumigen Klimamodellen in den letzten Jahren zugenommen hat. Die bayerischen Studien es ist ja ein beliebtes Spiel, immer wieder einmal darauf zu verweisen, dass die Bayern noch besser seien als die Baden-Württemberger; man will uns sozusagen mit unseren politischen Freunden schlagen; an mancher Stelle mag das gerechtfertigt sein, manchmal ist es auch umgekehrt , die es bislang gegeben hat, waren etwas grobschlächtiger in ihren Aussagen. Der wissenschaftliche methodische Fortschritt hat sich verfeinert. Deswegen können wir heute präzisere Aussagen machen, allerdings etwas später als die Bayern.
Im Übrigen werden wir neben den Studien, die wir schon haben und die uns befähigt haben, relativ differenziert auf die Anfrage der Grünen zu antworten, im Rahmen der Landesstiftung einen neuen Forschungsschwerpunkt bilden, der sich mit Fragen des Klimaschutzes befasst. Dabei geht es uns im Kern gar nicht so sehr darum, besonders differenzierte Aussagen darüber zu treffen, was sich in unserem Land im Einzelnen ereignet. Im Kern geht es um etwas ganz anderes: Betroffenheit erzeugen, dass das, was weltweit stattfindet, auch bei uns stattfindet. Damit sollen die Dinge griffig werden.
Die Diskussion in den letzten Wochen hat das schon ein Stück weit aufgegriffen. Denken Sie an die Tourismustagung des Wirtschaftsministeriums, denken Sie daran, dass man sich fragt, was in der Landwirtschaft, in der Forstwirtschaft zu geschehen hat, denken wir an das Thema der Stürme oder der Hochwasserereignisse, der Starkniederschläge. Das alles sind bereits Konsequenzen der Erkenntnis, dass sich das, was sich weltweit abspielt, auch bei uns im Land abspielt und dass deswegen auch bei uns im Land etwas zu geschehen hat.
Da möchte ich Ihnen, Herr Kollege Walter, völlig zustimmen. Wir können natürlich nicht sagen: Dann stellen wir uns halt ein bisschen um. Dann fahren wir halt in der Halle Ski. Das mag für sich genommen richtig sein, aber es ist natürlich nicht die ausreichende Antwort. Das ist überhaupt keine Frage. Es wäre geradezu fatal, wenn wir uns nur den Veränderungen anpassen würden, sondern wir müssen ohne jeden Zweifel etwas gegen die Ursachen unternehmen.
Übrigens: Ich glaube, die Ersten, die wirklich handfest handeln müssen, sind die Verantwortlichen in der Forstwirtschaft, weil sie in Jahrzehnten denken müssen. Sie müssen im Prinzip bei der Anpflanzpolitik, die heute betrieben wird, schon das Klima des Jahres 2050 oder 2080 vorwegnehmen, weil man eine standortgerechte Bepflanzung machen will.
Nun will ich einmal eines feststellen: Die Bemühungen in der Politik, in der Forschung, zum Teil auch in den Medien, haben in der Bundesrepublik Deutschland dazu geführt, dass wir so etwas wie einen klimapolitischen Grundkonsens haben. Dieser ist, gemessen an der Größe der Aufgabe, dringend notwendig. Stellen wir uns nur einmal vor, zu welchen weitreichenden Maßnahmen sich die Bundesrepublik verpflichtet hat.
Es gibt Länder, die dürfen mehr emittieren. Europa soll 8 % CO2 weniger emittieren. Die Bundesrepublik hat sich
verpflichtet, 20 % weniger zu emittieren. Diese besondere Last, die Deutschland sich selbst auferlegt hat, ist innenpolitisch nicht umstritten. Wenn ich die Diskussion in Deutschland mit der Diskussion in den Vereinigten Staaten von Amerika vergleiche, dann kann ich sagen: Unsere Politik profitiert ein Stück weit von dem innenpolitischen Grundkonsens, den wir in Fragen der Klimaschutzpolitik haben. Das ist richtig und notwendig.
Ich hoffe, dass wir diesen Konsens auch in der künftigen Politik und vor allem bei den künftigen Instrumenten haben. Ich will dazu einige Bemerkungen machen.
Vorab eine Feststellung zur Situation in Baden-Württemberg. Sie ist in der Tat ein gutes Stück besser als in anderen Bundesländern. Wir haben, grob gesagt, pro Kopf und Jahr sieben Tonnen CO2-Ausstoß, im Bundesdurchschnitt sind es elf Tonnen. Das hängt nicht so sehr mit den Leistungen der Landespolitik zusammen,
allerdings schon ein Stück weit, weil wir uns nämlich in der Tat zur Kernkraft bekennen. Die Kernkraft ist der eine Grund dafür, und unsere Industriestruktur ist der zweite Grund dafür. Damit ist zu gleicher Zeit auch signalisiert: Die weiteren Fortschritte, die es gibt, werden in unserem Land wohl unterdurchschnittlich sein, weil die großen Effizienzsteigerungspotenziale natürlich vor allem in den Bundesländern zu holen sind, in denen wir einen sehr viel höheren CO2-Ausstoß haben. Das signalisiert zu gleicher Zeit natürlich etwas zum Thema Kernkraft.
Wenn wir uns der Frage zuwenden, was zu tun ist, dann ist es, glaube ich, wichtig, dass wir sagen: Wir müssen uns auf die großen Felder konzentrieren, und wir müssen uns auf die großen Hebel konzentrieren. Wir müssen uns wirklich auf jene Bereiche beziehen, in denen sich das lohnt. Das heißt, wir müssen bei den großen Emittenten mit wirksamen Instrumenten ansetzen. Es geht nicht so sehr um Subventionspolitik. Es geht nicht so sehr um einzelne Nischen, obwohl man natürlich sagen kann, man sollte an allen möglichen Stellen etwas tun. Aber wenn ich wirklich effektiv und effizient handeln will, dann muss ich mich auf die großen Brocken beziehen.
Dazu will ich zunächst einmal sagen: Es geht um die internationalen Fragen, und es geht ganz einfach um die drei großen Themenstellungen des Emissionshandels, des Quotenhandels und der ökologischen Flankierung der Liberalisierung der Strommärkte in Europa. Es ist eine ganz problematische Entwicklung, wenn ich den Strommarkt liberalisiere, ihn aber nicht ökologisch flankiere, weil das bedeutet, dass Strom nur über den Preis verkauft wird. Dabei gerät die Ökologie natürlich unter die Räder.
Ich muss schon sagen: Ich vermeide, wenn es irgendwie geht, politische Auseinandersetzungen in dieser Frage, in der wir Gemeinsamkeit suchen sollten. Aber wenn wir jetzt schon davon sprechen, wer was getan hat, dann will ich einmal darauf verweisen: Das Zusammenspiel zwischen Umweltpolitik und Außenpolitik war in den Neunzigerjahren besser
als in jener Zeit, in der die Umweltpolitik und die Außenpolitik von zwei grünen Ministern gemacht wurden.
Ich kann das auch belegen: Alle internationalen Konferenzen hinter die sich seinerzeit übrigens auch Bundeskanzler Kohl gestellt hat , von denen wir heute sprechen und in denen sich die Bundesrepublik weitgehend verpflichtet hat, waren Konferenzen der Neunzigerjahre. Wir haben sie heute umzusetzen und zu realisieren.
Wenn wir uns jetzt wirklich einmal die großen Brocken ansehen, dann kommen wir an Themen wie der Kernkraft nicht vorbei, dann kommen wir am Thema Kohlesubventionen nicht vorbei, dann kommen wir auch am Thema ÖPNV nicht vorbei.