Protokoll der Sitzung vom 17.10.2002

(Abg. Walter GRÜNE: Auch die von Ihnen ange- mahnte Summe?)

Ich nehme die Frage, wenn ich darf, informell einmal schnell auf: auch die von mir angestrebte Summe. Ich gehe einmal davon aus, dass jeder Ressortminister darum kämpft, eine bestimmte Vorstellung realisieren zu können. Meine Vorstellung lautet 40 Millionen €. Ich hoffe, dass wir diese Summe erreichen.

Zusatzfrage, Herr Abg. Dr. Caroli.

Herr Minister, wie erhöhen sich die für den Hochwasserschutz an Gewässern I. Ordnung erforderlichen Mittel, die Sie, wenn ich Sie eben richtig verstanden habe, mit 20 Millionen € angegeben haben, wenn wir über die Maßnahmen des Integrierten Rheinprogramms hinaus auch Maßnahmen des Integrierten Donauprogramms bzw. Maßnahmen am Neckar und Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes wie Dammerhöhung, Dammrückverlegung und Dammabdichtung in Betracht ziehen?

(Minister Dr. Repnik: Alles bei null Neuverschul- dung!)

Herr Minister.

Sie unterlagen jetzt möglicherweise irrtümlich dem Zufall von zwei identischen Zahlen. Wir haben zweimal die Zahl 600 Millionen. Bei den 600 Millionen € handelt es sich einerseits um die Gesamtkosten für das Integrierte Rheinprogramm. Davon darf ich aber den Bundesanteil von 41 % abziehen. Insofern sind die Kosten für das Land geringer. Nehme ich jetzt die

anderen Teile im Land dazu, die Sie gerade aufgezählt haben, komme ich zufällig wieder auf dieselbe Zahl von 600 Millionen €.

Insofern: Wir reden nicht noch einmal über eine andere Summe. Vielmehr müssen aus dem Landeshaushalt für Gewässer I. Ordnung insgesamt 600 Millionen € zur Verfügung gestellt werden – für das Integrierte Rheinprogramm allein auch schon 600 Millionen €, aber das wird ergänzend finanziert. Dadurch kommt man, wenn ich es recht im Kopf habe, landesweit auf eine Größenordnung von 830 Millionen €. Aber diese gehen nicht zulasten des Landeshaushalts.

Keine weiteren Zusatzfragen? – Damit ist die Fragestunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE – Gesetz zur Einführung des Amtes einer oder eines Landesbeauftragten für den Tierschutz – Drucksache 13/1270

Das Wort erhält Frau Kollegin Rastätter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Über die Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf besteht ein breiter gesellschaftlicher Konsens. Dieser breite gesellschaftliche Konsens

(Unruhe)

findet in der Verankerung des Tierschutzes in der Landesverfassung und im Grundgesetz seinen Niederschlag. „Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe... geachtet und geschützt.“ So steht es seit dem 23. Mai 2000 in Artikel 3 b unserer Landesverfassung. Dieses neue Staatsziel ist – das wissen Sie – fraktionsübergreifend von allen Mitgliedern unseres Landtags in die Landesverfassung aufgenommen worden. Seit Mai dieses Jahres ist das Staatsziel Tierschutz in Artikel 20 a auch im Grundgesetz verankert.

Die Verankerung des Staatsziels Tierschutz in der Landesverfassung und im Grundgesetz hat einen Appellcharakter und einen hohen symbolischen Wert. Aber das Staatsziel beinhaltet auch einen Aufforderungscharakter, wonach wir als politisch Verantwortliche und als Repräsentanten der Bevölkerung auch verpflichtet sind, dieses Staatsziel in allen relevanten Bereichen konsequent umzusetzen und unsere Möglichkeiten zu nutzen, den Tierschutz auch in BadenWürttemberg zu verbessern.

Ich sage dies ausdrücklich am Anfang meines Beitrags, weil wir unserer Verantwortung nicht allein durch die Aufnahme dieses Anliegens als Staatsziel in die Landesverfassung und in das Grundgesetz genügen, sondern jetzt auch unter Beweis stellen müssen, dass wir dieser Verantwortung gerecht werden. Wir wollen deshalb auf Landesebene – dazu liegt Ihnen heute unser Gesetzentwurf vor – eine starke Interessenvertretung für die Tiere erreichen.

Was haben wir derzeit? Es gibt auf Landesebene, dem Landwirtschaftsministerium zugeordnet, einen Tierschutzbeirat, es gibt ein Tierschutztelefon, und das Land lobt jedes Jahr einen Tierschutzpreis aus. Aber, meine Damen und

Herren, diese Möglichkeiten reichen nicht aus, um dem Schutzauftrag des neuen Staatsziels auch wirkungsvoll gerecht zu werden.

Schauen wir uns einmal den Landestierschutzbeirat an. Er ist ein Beratungs- und Empfehlungsgremium. Er tritt nur wenige Male im Jahr – zwei bis drei Mal – zusammen. Er tagt nichtöffentlich. Wegen der starken Repräsentanz der Tiernutzer im Tierschutzbeirat ist dieses Gremium strukturell nicht geeignet, den Tierschutz in Baden-Württemberg entscheidend voranzubringen.

Wie Sie unserem Gesetzentwurf entnehmen können, wollen wir einen unabhängigen, weisungsungebundenen Tierschutzbeauftragten auf Landesebene verankern. Dieser Tierschutzbeauftragte soll direkt vom Landtag – zunächst auf fünf Jahre – gewählt werden und damit auch demokratisch legitimiert sein. Er soll Personal- und Sachmittel erhalten, also einen eigenständigen Etat bekommen, und somit vergleichbar eingerichtet werden wie das Amt des Datenschutzbeauftragten, der ebenfalls weisungsungebunden und unabhängig ist und damit auch im Bereich des Datenschutzes entscheidend überprüfen kann, inwieweit Schutzziele des Staates mit Blick auf den Schutz der Persönlichkeit gewährleistet sind. Eine ähnliche Stellung wollen wir mit dem unabhängigen Amt des Tierschutzbeauftragten verankern.

Folgende Aufgaben sollen dem Tierschutzbeauftragten zugeordnet werden:

Erstens: Zusammenarbeit mit den Tierschutzbehörden des Landes. Dazu gehören zum Beispiel die Veterinärämter. Dabei sollen aber auch Kontrollaufgaben übernommen werden. Der Tierschutzbeauftragte soll mit seiner starken Stellung ein Beanstandungsrecht haben, wenn tierschutzrechtliche Bestimmungen verletzt werden. Dies soll so weit gehen, dass der Tierschutzbeauftragte auch klagebefugt gegenüber den nächsthöheren Behörden ist. Damit wird gleichzeitig eine präventive Wirksamkeit dieses Amtes erreicht.

Zweitens: Der Tierschutzbeauftragte soll Informations- und Koordinierungsaufgaben wahrnehmen, also zum Beispiel eine Zusammenarbeit mit den Tierschutzorganisationen und den Tierschutzverbänden des Landes ausüben.

Drittens: Der Tierschutzbeauftragte soll das Recht haben, eigenständige Initiativen zu ergreifen, zum Beispiel auch Bundesratsinitiativen vorzubereiten und der Landesregierung vorzuschlagen. Hessen beispielsweise, das über einen Tierschutzbeauftragten verfügt, hat in diesem Bereich schon sehr viel getan. Vorgeschlagen wurde zum Beispiel ein Verbot der Pelztierhaltung. Eine andere Initiative, die in Hessen ergriffen wurde, war ein Verbot der Anbindehaltung von Pferden. Mit diesen Initiativen wurden Vorgaben des Tierschutzgesetzes konkret umgesetzt. Der Tierschutzbeauftragte hat auch die Möglichkeit, Materialien für den Tierschutzunterricht in der Schule zu erstellen.

Schließlich: Der vierte Aufgabenbereich ist für uns als Landtag von besonderem Stellenwert, nämlich eine Berichtspflicht gegenüber dem Landtag.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Einen Moment, bitte, Frau Kollegin. – Ich bitte doch, die Gespräche nach draußen zu verlegen und der Rednerin die gebotene Aufmerksamkeit zu schenken.

Bitte schön, Frau Rastätter, fahren Sie fort.

Abg. Renate Rastätter GRÜNE Vielen Dank, Herr Präsident.

Der Tierschutzbeauftragte soll jährlich einen Bericht über die Entwicklung des Tierschutzes und über seine eigenen Initiativen erstellen. Zu diesem Bericht soll die Landesregierung eine Stellungnahme abgeben. Dann soll dieser Bericht dem Landtag zugehen, der dann auch prüfen kann, inwieweit genügend Maßnahmen ergriffen wurden, um den Tierschutz konsequenter umzusetzen.

Meine Damen und Herren, die bisherigen Gegenargumente, die vonseiten unseres Ministers Stächele in knapper Form geäußert wurden, sind für uns Grüne nicht überzeugend gewesen. Er hat bis jetzt lediglich irgendwie von Bürokratie gesprochen. Wenn Sie sich, Herr Minister Stächele, in Hessen umschauen, wo das Amt des Tierschutzbeauftragten – eine Tierschutzbeauftragte, eine Tierärztin – bereits seit zehn Jahren existiert, werden Sie feststellen, dass dieses Amt eine hohe Anerkennung genießt und dass eine positive Zusammenarbeit mit der Regierung und dem Landtag stattfindet.

Meine Damen und Herren, deshalb bitte ich Sie, sich sehr ernsthaft mit diesem Anliegen auseinander zu setzen. Sie haben jetzt die Gelegenheit, auch zu zeigen, dass der Landtag als Gesetzgeber das neue Staatsziel ernst nimmt. Der vorliegende Gesetzentwurf gibt Ihnen dazu eine sehr gute Möglichkeit. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung und bedanke mich sehr herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen)

Bevor ich das Wort weiter erteile, komme ich zurück auf die Fragestunde. Herr Minister Müller hat mir gerade gezeigt, dass er die von ihm zitierte Äußerung aus der Sitzung des Landtags vom 28. Juni 2000 versehentlich Herrn Abg. Drexler zugeordnet hat. Dessen Name steht in der betreffenden Spalte ganz oben. Richtig ist aber, dass die zitierte Äußerung von Herrn Abg. Dr. Salomon stammte. Ich bitte Sie, dies zur Kenntnis zur nehmen.

(Zurufe, u. a. Abg. Pfister FDP/DVP: Das macht es aber nicht besser! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Um das geht es doch gar nicht! – Abg. Hauk CDU: Herr Präsident, sollten wir den Satz noch ein- mal in Gänze hören? – Unruhe)

Das Wort erhält Frau Abg. Brunnemer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Tierschutz geht uns alle an. Tierschutz und artgerechte Tierhaltung haben in unserem Land hohe Priorität. Daher wurde das Staatsziel Tierschutz im Jahr 2000 in unsere Landesverfassung aufgenommen. Auch auf Bundesebene wurde dem Tierschutz der Stellenwert eingeräumt, den er auf Landesebene bereits hatte.

Dieses sensible und anspruchsvolle Thema muss jedoch im Kontext zu den anderen Grundrechten gesehen werden. Es muss mit Augenmaß abgewogen werden, welche Anforderungen und Ansprüche man dann im Einzelnen an den Tierschutz stellt. Es muss klargestellt werden, wie Tierschutz in der Praxis umgesetzt wird.

Ganz wichtig dabei ist die Harmonisierung der Standards in Europa.

(Abg. Kiefl CDU: Sehr gut!)

So darf es nicht sein, dass die landwirtschaftliche Produktion bei uns unter zusätzlichen Wettbewerbsdruck gerät.

(Abg. Kiefl CDU: Sehr gut!)

Zur Sicherung der Belange des Tierschutzes ist es zunehmend wichtig, die Einhaltung des bestehenden Rechts zu überwachen und zu kontrollieren. Denn auch insoweit gilt: Nicht gleich nach zusätzlichen Bestimmungen rufen, sondern immer zuerst fragen, ob das Ziel nicht bereits durch konsequenten Vollzug bestehender Bestimmungen erreichbar ist.

(Beifall bei der CDU – Abg. Kiefl CDU: Exakt!)

Bei allem Respekt vor den Tierschutzorganisationen, Vereinen und Verbänden, die sich diesem wichtigen Thema widmen, sage ich: Die Durchführung des Tierschutzes ist eine staatliche Aufgabe, die von den zuständigen Behörden wahrzunehmen ist.

Frau Rastätter, Bundesratsinitiativen ergreift die Regierung.