Protokoll der Sitzung vom 14.11.2002

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Hauk CDU)

Meine Damen und Herren, gestatten Sie, dass ich meine voraussichtlich letzte Rede in diesem Haus – wenn Sie mich nicht weiter provozieren –

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Wer weiß? – Abg. Scheu- ermann CDU: Das kann man nie wissen! – Abg. Blenke CDU: Never say never! Sag niemals nie! – Abg. Bebber SPD: Wir wollen Sie nicht provozie- ren!)

mit einem Dank und einer Bitte abschließe. Das ist natürlich speziell auf dieses Thema konzentriert, um das es gerade ging.

Meine Damen und Herren, ich habe nach meinem Amtsantritt im Jahr 1996 sehr schnell erkennen können, dass sich der baden-württembergische Justizvollzug den gesellschaftlichen Veränderungen stellt. Ich war damals auch gespannt. Das wären Sie auch, wenn Sie jetzt in die Vollzugsanstalten hineinkämen. Ich war immer beeindruckt darüber, welche Ordnung dort herrscht und wie man eigentlich sofort Vertrauen in die Anstalt haben kann. Die Sache funktioniert. Da hatte man sofort das Gefühl: Die Leute begreifen ihre Aufgabe als wichtig und verantwortungsvoll.

Der Strafvollzug in Baden-Württemberg, meine Damen und Herren, hat sich durch eine Diskussion in der Belegschaft selbst ein Leitbild gegeben. Ich finde, das ist eine tolle Sache. Das hat noch längst nicht jedes Unternehmen. Das gilt als modern. Der baden-württembergische Strafvollzug hat sich selbst eine Leitbilddiskussion verordnet – so sage ich das jetzt einmal – und sich selbst ein Leitbild gegeben.

Gemäß diesem Leitbild bringen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre persönlichen Fähigkeiten und Begabungen engagiert in die schwierige Arbeit mit den Gefangenen ein. Sie übernehmen Verantwortung und arbeiten vertrauensvoll zusammen. Sie nehmen die Gefangenen ernst, gehen ehrlich und menschlich mit ihnen um und sind sich ihrer Vorbildwirkung bewusst. Aber vor allem ist auf sie, meine Damen und Herren, in allen Belangen Verlass.

Ich möchte mich deshalb an dieser Stelle sehr herzlich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im baden-württembergischen Justizvollzug für ihr Engagement bedanken und bitte die anwesenden Anstaltsleiter, diesen Dank entgegenzunehmen. Gerade die Führung ist ja ganz wichtig. Wir freuen uns, in Baden-Württemberg qualifizierte Anstaltsleiter zu haben, die nicht überbezahlt sind. Das ist zur Sprache gekommen. Das ist richtig. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU, der FDP/DVP und den Grünen sowie Abgeordneten der SPD)

(Minister Dr. Goll)

Meine Damen und Herren, die schwierige und wichtige Arbeit im Justizvollzug verdient natürlich uneingeschränkt Anerkennung und Unterstützung. Sie haben es durch Ihren Beifall zum Ausdruck gebracht. Die im Vollzug Tätigen brauchen angemessene Rahmenbedingungen für ihre Arbeit. Das ist nun meine Bitte: Ich bitte Sie herzlich, den Justizvollzug in Baden-Württemberg auch weiterhin materiell zu fördern und ideell zu unterstützen.

Danke schön.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abgeordneten der SPD – Abg. Bebber SPD: Der Finanzminister ist nicht da! – Abg. Zimmer- mann CDU: War das jetzt Ihre Abschiedsrede? – Abg. Pfister FDP/DVP steht auf und gibt Minister Dr. Goll die Hand. – Abg. Bebber SPD: Küsschen, Küsschen!)

Herr Minister Dr. Goll, Sie haben es schon selbst gesagt: Dies war vermutlich Ihre letzte Rede hier im Plenum.

(Abg. Sieber CDU: Man kann nie wissen!)

Sie haben noch einmal Ihre sprudelnde Redelust unter Beweis gestellt. Ich möchte diese Gelegenheit gern zum Anlass nehmen, um Ihnen namens des Landtags von Baden-Württemberg Dank und Anerkennung für Ihren Einsatz auszusprechen. Sie haben hervorragende Arbeit für unser Land geleistet, indem Sie mit Augenmaß, aber auch mit sehr viel Mut Politik gestaltet haben. Das hat sich für unser Land doch als sehr erfolgreich erwiesen. Außerdem haben Sie sich mit Ihrer verbindlichen, aber dennoch sehr offenen und sehr ehrlichen Art den Respekt aller Parlamentarier erworben, sowohl von den Regierungsfraktionen – was in der Regel einfacher ist – als auch von der Opposition – was in der Regel schwieriger ist; aber es ist Ihnen gelungen.

Ich bin sicher, alle Parlamentarier bedauern Ihr Ausscheiden aus diesem Hause. Ich möchte Ihnen im Namen von uns allen für Ihre weitere Tätigkeit und für Ihre Zukunft viel Glück und alles Gute wünschen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Das Wort in der Aussprache erteile ich Herrn Abg. Sakellariou.

(Unruhe – Zuruf von der CDU: Jetzt aber ein Lob für den Minister! – Abg. Zimmermann CDU: Jetzt loben!)

Ich fasse mich jetzt wirklich ganz kurz.

Ich finde es schade, dass schon jetzt das Lob an den Minister ausgesprochen worden ist, bevor die Aussprache zu Ende war.

Es wurde gesagt, ich hätte ein Zerrbild gezeichnet. Deswegen noch drei Punkte.

(Abg. Capezzuto SPD: Hast du keinen Hunger?)

Herr Minister, Sie haben gesagt, Sie seien stolz darauf, dass Sie keine Stellen im Strafvollzug abgebaut hätten. Dazu kann ich nur sagen: Wo hätten Sie sie denn abbauen sol

len? Es wäre doch gar nicht mehr möglich, im baden-württembergischen Strafvollzug überhaupt noch eine Stelle abzubauen. Darauf können Sie doch gar nicht stolz sein. Das war das absolute Minimum, was Sie zu machen hatten.

(Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Der zweite Stichpunkt: Überbelegung. Sie haben gesagt, auf die ältere Bausubstanz müsse Rücksicht genommen werden, damit § 18 des Strafvollzugsgesetzes vollends zur Geltung kommen könne. Es ist aber so, dass zum Beispiel in Schwäbisch Hall gerade die neuen Zellen schon auf neun Quadratmeter ausgelegt werden und insofern schon einkalkuliert ist, dass diese Einzelzellen für den Mehrfachvollzug vorgesehen sind. Das heißt: Dort wird sehenden Auges gegen § 18 des Strafvollzugsgesetzes verstoßen.

Drittens, zum Zerrbild. Ich will noch einmal sagen: Auch ich bin in den Strafvollzugsanstalten gewesen. Das, was ich hier wiedergegeben habe, worüber ich hier berichtet habe, ist doch das Ergebnis der Gespräche mit den Bediensteten, die Sie gerade so wortreich gelobt haben. Insofern ist es eine Missachtung der Bedürfnisse dieser Personen, sie auf der einen Seite zu loben, auf der anderen Seite, wenn ihre Bedürfnisse so vorgetragen werden, wie ich es gemacht habe, dies als Zerrbild zu bezeichnen. Denn wir haben doch tatsächlich Gewalttaten im Strafvollzug. Die Hälfte der 690 Übergriffe von Gefangenen untereinander aus den letzten zehn Jahren stammen aus den letzten vier Jahren. Das heißt: Es ist eine exorbitante Steigerung zu sehen.

Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Ich war letztens auf einer Tagung im Landtag in Mainz, in der gerade dieser Bereich beraten wurde. Eine Folge der unzureichenden Personalausstattung im Vollzug ist es gerade, dass die Straftaten – und das sind oft schwerste Straftaten –, die im Vollzug begangen werden, gar nicht aufgedeckt werden. Das ist ja das Problem. Wir bräuchten ja eine Aufdeckung, damit wir in dieser Beziehung etwas machen können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es ist also kein Zerrbild. Wir haben hier wirklich ernsthafte Probleme im personellen Bereich.

(Beifall bei der SPD – Abg. Capezzuto SPD: Mahl- zeit!)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Kann ich davon ausgehen, dass die Große Anfrage Drucksache 13/566 durch die Aussprache erledigt ist? – Das ist der Fall.

Ich schlage vor, dass wir jetzt in die Mittagspause eintreten, und unterbreche die Sitzung bis 14:15 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 13:09 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:15 Uhr)

Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

(Stellv. Präsident Birzele)

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Fragestunde – Drucksache 13/1475

Ich rufe die Mündliche Anfrage auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. H e r b e r t M o s e r S P D – Ä n d e r u n g d e s E r s c h l i e ß u n g s b e i t r a g s r e c h t s z u r V e r m e i d u n g v o n H ä r t e n d u r c h M e h r f a c h e r s c h l i e ß u n g e n

Das Wort zur Verlesung seiner Anfrage erhält Herr Abg. Moser.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich danke auch Ihnen, die sich die Mühe gemacht haben, heute um diese Zeit zu kommen.

Ich frage die Landesregierung:

a) Bis wann wird die in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 20. März 2002 für den Herbst 2002 angekündigte Einbringung eines Gesetzentwurfs der Landesregierung zur Novellierung des Kommunalabgabengesetzes mit einer entsprechenden Neufassung des Erschließungsrechts erfolgen?

b) Warum hat das zuständige Finanzministerium die Überarbeitung des Landesgebührengesetzes, dessen Änderungen bei der Novellierung des Kommunalabgabengesetzes berücksichtigt werden müssen, noch nicht vollzogen?

(Abg. Capezzuto SPD unterhält sich mit Abg. Hauk CDU.)

Hast du es begriffen?

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Das ist aber ein schwieri- ges Thema!)