Protokoll der Sitzung vom 22.01.2003

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich erteile Herrn Abg. Göschel das Wort.

(Abg. Wieser CDU zu Abg. Göschel SPD: Hättest du doch eine Frage gestellt! Das wäre besser ge- wesen!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch nach dem Gehörten bleiben wir dabei: Eine Luftverkehrskonzeption für Baden-Württemberg ist dringend erforderlich. Ich habe kein Argument gehört, das dem widerspricht.

(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU)

Nachdem Sie, Herr Kollege Scheuermann, gesagt haben, die Forderung nach einer Konzeption sei ja quasi schon durch den Generalverkehrsplan – ich füge hinzu: von 1995 – und durch den neuen Landesentwicklungsplan erfüllt, muss ich feststellen: Die Aussagen, die darin enthalten sind, sind sehr wenig konkret. Insofern ist das nach unserer Auffassung völlig unzureichend.

Ich will das ganze Thema nicht noch einmal zu sehr aufwärmen, weil wir schon sehr intensiv darüber diskutiert haben. Aber einem Argument sind Sie bisher noch nicht schlüssig entgegengetreten. Wir stellen uns beispielsweise vor, dass in einem Luftverkehrskonzept für Baden-Württemberg die Frage geklärt werden sollte, wie angesichts des zunehmenden Wachstums des Flugverkehrs am Standort Stuttgart durch ein späteres Erreichen der Kapazitätsgrenze – etwa durch entsprechende Verlagerung – vermieden werden kann, dass eine zweite Start- und Landebahn notwendig wird. Beispielsweise könnte man in einem solchen Konzept durchaus dieser Aussage schlüssig nachgehen.

Lassen Sie mich zu den ökologischen Bedenken, die Herr Kollege Palmer zu Recht vorgetragen hat, ein paar Sätze sagen.

(Abg. Wieser CDU: Der Kollege Kretschmann!)

Auch Herr Kollege Kretschmann hat das in seiner Frage noch einmal aufgegriffen. – Auch wir sind der Auffassung, dass der Flugverkehr steuerlich unzulässig begünstigt ist und es dadurch zu solchen Schieflagen kommt,

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Dann ändert es doch!)

beispielsweise beim Vergleich der Preise von Kurzstreckenflügen und Bahnverkehr. Wir haben schon vor Jahren, als der Kollege Palmer noch nicht im Landtag war, intensiv die Forderung erhoben, die Besteuerung des Flugbenzins endlich wieder einzuführen,

(Abg. Wieser CDU: Herr Dr. Strauß hat die Frage geregelt!)

nach Möglichkeit natürlich europaweit und am besten weltweit, keine Frage. Darüber hinaus sind wir für die Erhebung einer Mehrwertsteuer nicht nur auf nationale, sondern auch auf internationale Flüge. Soweit wir dies steuern können, sollten wir dies national auch tun.

Allerdings sind dabei die berechtigten Bedenken mit einzubeziehen, dass es gerade am Oberrhein die Flughäfen Basel-Mulhouse und Straßburg gibt. Es hilft der Ökologie wenig, wenn Flüge einfach von der rechtsrheinischen auf die linksrheinische Seite abwandern.

(Zuruf von der SPD: Da hat er Recht! – Abg. Hei- derose Berroth FDP/DVP: Das ist es!)

Deswegen müssen wir nach wie vor auf die EU hoffen,

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Etwas tun müssen wir da!)

aber die Zeichen können da in Zukunft sicher positiv stehen.

Ungeachtet der Tatsache, dass die Nachfrage natürlich durch eine Verteuerung abgesenkt werden kann, muss man festhalten: Flugverkehr ist ein Wachstumsmarkt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Aufwärtskurve nach dem 11. September 2001 und aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die weltweit zu weniger Nachfrage geführt haben, einen Knick erhalten hat.

Sie sollten einmal darüber nachdenken, lieber Kollege Palmer, wieso ausgerechnet die grüne Wählerklientel viel häufiger fliegt als beispielsweise unsere. Da haben Sie eine pädagogische Aufgabe vor sich.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das wird mit den Bil- ligfliegern anders, Herr Kollege! – Zurufe der Abg. Kretschmann GRÜNE und Hofer FDP/DVP – Abg. Hauk CDU: Am wenigsten fliegt unsere! Das muss Ihnen auch zu denken geben!)

Da wäre ich nicht so sicher.

Kurzum: Weil dies ein Wachstumsmarkt auf Dauer ist, muss durch vernünftige Geschäftspolitik natürlich jeder Standort dafür sorgen, dass er betriebswirtschaftlich zurechtkommt und ohne staatliche Subventionen auskommt.

Denn eine steuerliche Subventionierung, insbesondere des laufenden Betriebs, lehnen wir mit Entschiedenheit ab.

Dies gilt nicht nur für eventuelle neue oder derzeit schwächelnde Standorte, sondern dies gilt insgesamt. Wir haben ja immer die Politik verfolgt, dass die Schuldendiensthilfe am Flughafen Stuttgart nicht gerechtfertigt ist, und sie mit Entschiedenheit immer abgelehnt.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, die Gefahr für den Standort Karlsruhe/Baden-Baden geht nicht davon aus, dass möglicherweise in Lahr ein oder zwei Starts und Landungen pro Tag erfolgen, sondern sie geht davon aus, dass die Flughafen Stuttgart GmbH auch den Betrieb in Söllingen übernommen hat und sich natürlich nicht unbedingt die Konkurrenz in Karlsruhe hochziehen will, solange die Kapazitäten in Stuttgart nicht ausgelastet sind. Diese Gefahr sehe ich viel eher, als dass durch den einen oder anderen Flug in Lahr, der zusätzlich erfolgt, Söllingen das Geschäft weggenommen wird. Angesichts dieses größer werdenden Kuchens könnte, wenn die Geschäftspolitik in Söllingen vernünftig ist, auch dort für ein wirtschaftliches Unternehmen gesorgt werden.

Lassen Sie mich zum Schluss noch auf das eingehen, was die Kollegin Berroth gesagt hat. Sie hat gesagt, Zuwächse rekrutierten sich weitestgehend aus eigenem Einzugsgebiet. Dies gilt nach unserer festen Überzeugung auch für Lahr mit der Folge, dass die Konkurrenzsituation, die von vielen an die Wand gemalt wird, so von uns, zumindest von den meisten von uns, nicht gesehen wird. Aus diesem Grunde haben wir auch keine Bedenken, der Möglichkeit, Marktwirtschaft und Wettbewerb am Standort Lahr zu betreiben, nachzugeben. Wir wollen ja nicht eine Förderung des Standorts Lahr durch das Land und durch entsprechende Steuersubventionen, sondern wir wollen eigentlich nur, dass hier nicht mit staatlichem Dirigismus in marktwirtschaftliches Geschehen eingegriffen wird.

(Abg. Hauk CDU: Oh! Das sind die Raumplaner und die Raumordner par excellence!)

Dies sage ich gerade als Appell an die Damen und Herren der Mitte und rechts von mir.

(Abg. Drexler SPD: Herr Hauk, was haben Sie ge- gen Marktwirtschaft?)

Was haben Sie gegen Marktwirtschaft?

(Zuruf des Abg. Hauk CDU)

Von uns gibt es eine klare Aussage: Kein müder Euro Subvention auch am Standort Lahr. Wenn der Betrieb dort eigenwirtschaftlich nicht gelingt, dann gibt es auch keine Förderung. Aber richtig ist auch, dass wir dort einen Standort haben, an dem Frachtflüge stattfinden, an dem Passagierflüge stattfinden bis zu einer Tonnage von 20 Tonnen. Wenn durch die wenigen Flüge, von denen ich gesprochen habe, die Wirtschaftlichkeit dort – und ich betone: die Eigenwirtschaftlichkeit – so verbessert wird, dass Subventionen nicht notwendig werden und der vorhandene Standort erhalten bleibt, dann kann dem eigentlich nichts entgegenstehen.

Deswegen wundere ich mich auch ein bisschen über die Mutlosigkeit der FDP/DVP. Da geht es wieder einmal nach dem Motto: „Wollen täten wir schon mögen, aber dürfen tun wir uns nicht trauen.“

(Abg. Drexler SPD: Genau! Hose voll! – Abg. Wieser CDU: Herr Göschel, wenn Sie jetzt noch singen, dann haben Sie alles gebracht!)

Das ist weder Fisch noch Fleisch.

Aus diesem Grund sind wir der Meinung: Sie können ohne Bedenken unserem Antrag zustimmen. Dieser Antrag, Herr Kollege Scheuermann, beinhaltet ja keine bindende Verpflichtung für die Landesregierung zu einem bestimmten Handeln.

(Abg. Hauk CDU: Wir haben es begriffen! – Abg. Drexler SPD: Das ist ein Appell!)

Sie müssen einmal genau nachlesen, was wir geschrieben haben.

(Abg. Scheuermann CDU: Auch die Landesregie- rung ist an Recht und Gesetz gebunden! – Gegenruf des Abg. Bebber SPD: Wir haben doch gar nicht zu ungesetzlichem Handeln aufgefordert!)

Gerade wenn Sie zu Recht, Herr Kollege Scheuermann, darauf hinweisen, dass es eine gebundene Entscheidung ist, bei der auch die Landesregierung an Recht und Gesetz gebunden ist,

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es!)

dann wundere ich mich etwas, wie der Minister – das ist für mich ein Widerspruch – vorschnell die Ablehnung nach außen verkünden konnte.

(Abg. Hauk CDU: Das hat er doch gar nicht! – Abg. Drexler SPD: So hat es in der Presse gestan- den!)

Sie sollten einmal die Zeitung lesen. Er hat zumindest nicht dementiert, dass diese Aussagen gefallen sind. Also das ist ein gewisser Widerspruch, den wir nicht verstehen können. Da müsste auch der Minister sehr zurückhaltend sein, bevor er sich öffentlich dazu äußert.

In unserem Antrag – das will ich jetzt noch sagen, bevor wir dann darüber abstimmen werden –, geht es einzig und allein darum, hier eine politische Willensbekundung zu machen, Farbe zu bekennen. Mit Ihrem Änderungsantrag wollen Sie sich darum herumdrücken, weil Sie sowohl in Karlsruhe als auch in Lahr das Gesicht nicht verlieren wollen. Diese Entscheidung können wir Ihnen nicht abnehmen.

Ich sage zum Schluss noch einmal in Ihre Richtung: Geben Sie der Marktwirtschaft eine Chance!

(Beifall bei der SPD – Abg. Drexler SPD zur CDU: Ihr habt ja gar keine Abgeordneten mehr in Karlsruhe! Das ist doch euer Problem!)