Herr Göschel, ich kenne den Investor beim Flughafen Lahr, die Firma Wiggins, die an der anderen Stelle in der Bundesrepublik Deutschland, an der sie auch einen Flughafen betreiben will, nämlich in Mecklenburg-Vorpommern, eine Subventionsforderung erhoben hat. Das weiß ich.
Also sage ich mir einmal: In Lahr ist schon so viel passiert. Ich schließe nicht aus – ich bin einmal ganz vorsichtig –, dass wir auch noch mit dem Wunsch nach öffentlicher Förderung konfrontiert werden.
Ich will das aber nicht von vornherein unterstellen, sondern ich sage nur, ich schließe es nicht aus. Ich bin ganz vorsichtig und will mich da ganz sachlich und neutral verhalten.
Ich möchte auf einen zweiten Nebenaspekt verweisen: Es gibt mit Unterstützung aus dem Landeshaushalt eine Untersuchung des Flughafens Frankfurt in Bezug auf Lahr – sie ist nicht übermäßig alt; sie stammt aus dem Jahr 1999 –, in der die Entwicklungsperspektiven an diesem Standort untersucht werden. Es ist ja eine gigantische Start- und Landebahn; das muss man wirklich sagen. Sie ist eine der größten, die es überhaupt in Europa gibt. Sie ist in einem technisch sehr guten Zustand. Da fragt man sich ja wirklich,
was man mit dieser Infrastruktur machen kann. Weil das damals so unklar war, haben wir den Flughafen Frankfurt als Unbeteiligten, aber Kompetenten beauftragt, das einmal zu untersuchen. Ich empfehle, gelegentlich einmal in dieses Gutachten hineinzuschauen, um abschätzen zu können, welche Entwicklungsmöglichkeiten es wirklich gibt.
Es gab den Wunsch, Frachtflug zu machen. Es hat geheißen: Das Ende aller Probleme ist gegeben, wenn wir nur eine Genehmigung dafür haben. Die Genehmigung ist da, der Frachtflug ist noch nicht da. Ich würde sagen: Die erste Entwicklungsoption, die jetzt für Lahr existiert, ist, die Frachtfliegerei, für die es die rechtliche Genehmigung in einem umfassenden Sinn gibt, in der Tat auch auszubauen, sodass es vorangeht.
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen im Übrigen noch an zwei Punkten verdeutlichen, dass wir seit Jahren eine sehr geradlinige Luftverkehrspolitik betreiben. Wenn Sie unter Geradlinigkeit das Wort „Konzeption“ fassen wollen, dann mögen Sie daran sehen: Wir haben eine Konzeption.
Es geht nicht darum, dass man konzeptionslos wurstelt. Die Frage ist vielmehr, ob man eine gewisse Seriosität und Geradlinigkeit hat. Das Erste ist die Frage: Was ist in BaselMulhouse? Da gibt es seit Jahren die Aufforderung – übrigens auch von Sozialdemokraten aus Südbaden –, dass sich das Land Baden-Württemberg, auch finanziell, an dem Flughafen Basel-Mulhouse beteiligen soll. Wir haben schon immer gesagt – und daran wird sich nichts ändern; unter anderem aus Haushaltsgründen jetzt erst recht –: Wir werden das nicht tun; eine klare Aussage.
Zweitens: Flugverkehr Zürich. Auch dazu gibt es eine klare Aussage. Herr Palmer, ich muss dabei hinzufügen: Wenn Sie sagen, man müsse eine Gleichbehandlung zwischen Stuttgart und Zürich haben, was den zeitlichen Korridor anbelangt, antworte ich: Nein. Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob ein Land oder eine Stadt oder ein Flughafen die Emissionen, die aus dem Flughafen entstehen, trägt oder 95 % des Problems exportiert. Das geschieht im Raum Zürich. 95 % der Anflüge nach Zürich finden über Deutschland statt. Das ist der Fehler. Deswegen, sagen wir, muss es zu Eingrenzungen kommen. Das ist der Unterschied zu Stuttgart.
Ich habe in Ihren Ausführungen jegliche ökologische Komponente vermisst. Das Einzige, was sie konzediert haben, ist, dass Sie einer Besteuerung von Kerosin zustimmen würden. Da muss man doch vermuten: Da dies nur international möglich ist, ist dies in weiter Ferne, und da kann man leicht Ja sagen.
Sie sind für Mobilität verantwortlich, aber Sie sind auch dafür verantwortlich, dass die Mobilität umweltfreundlich ist. Die Aussage, dass wir bei den Flugzeugen das Ende der Fahnenstange erreicht hätten, wenn es um eine Reduzierung des Spritverbrauchs geht, stammt von Ihnen. Also haben wir im Großen und Ganzen nur die Möglichkeit, die Umweltschädlichkeit des Flugverkehrs über eine Einschränkung des Flugverkehrs zu reduzieren. Wenn Sie aber nun alle Instrumente ablehnen, die Sie als Landesminister in der Hand hätten – Subventionsabbau, die Möglichkeit, über Fluglärmgrenzwerte eine Begrenzung zu erreichen, oder die Möglichkeit der Begrenzung durch Knappheit von Landesflächen –, um die Bremse einzulegen, und sie überhaupt nicht nutzen, dann muss ich Sie doch fragen: Wie wollen Sie das absolut wichtige Ziel dieses Jahrhunderts erreichen, dass diese umweltschädlichste Art der Fortbewegung, die kontraproduktiv zum Klimaschutz ist, reduziert wird?
Wo nehmen Sie Ihre Verantwortung als Umweltminister wahr? Schließlich sind Sie ja nicht nur Verkehrsminister, sondern auch Umweltminister. Sie müssen daher auch ökologische Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem Flugverkehr stellen, beantworten. Leider habe ich aber überhaupt nichts zu diesem Thema gehört, mit Ausnahme der Frage nach der internationalen Besteuerung. Ich finde, das geht nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf von der SPD: Was ist jetzt die Frage? – Weitere Zurufe von der SPD)
Herr Kollege Kretschmann, die Frage, die Sie jetzt gestellt haben, ist die einzige Frage, bei der ich in mir selbst ein Dilemma zwischen meinen Aufgaben als Umwelt- und Verkehrsminister empfinde. Bei allen übrigen Fragen, also bei Fragen zum Straßenverkehr oder zum Eisenbahnverkehr, tue ich das nicht. Bei dieser Frage stimme ich Ihnen zu. Mir geht es dabei selbst so, wie Sie es gerade angedeutet haben.
Ich sehe aber eines: Der nationale und vor allem der internationale Flugverkehr kann nicht von Baden-Württemberg aus beeinflusst werden. Wir können uns deshalb von einer allgemeinen Entwicklung nicht abkoppeln. Wenn wir hier etwas erreichen wollen, können wir dies tatsächlich nur in großräumigeren Maßstäben schaffen. Die Steuerpolitik ist
das eine. Die Tatsache, dass wir beispielsweise eine bestimmte Position in Bezug auf die zweite Start- und Landebahn auf den Fildern haben, ist ja immerhin auch etwas; das sollte man nicht gering schätzen.
Aber zum Dritten muss ich sagen: Die häufigste Kritik ist die, dass wir zu wenig täten, sei es finanziell zu wenig, sei es von der Kapazität her zu wenig, oder sei es, was die Genehmigungen angeht, zu wenig.
Nicht von Ihnen; aber bei mir landet das alles. Mal kommt es aus der Ecke, mal aus einer anderen Ecke. – Ich reagiere deswegen nicht ganz platt auf Ihre Frage. Für mich ist zum Beispiel die Low-Cost-Entwicklung auch unter ökologischen Gesichtspunkten eine fragwürdige Entwicklung. Das empfinde ich selbst so. Wenn man weiß, dass jeder Zweite der Low-Cost-Passagiere normalerweise überhaupt nicht im Flugzeug säße und nur aufgrund der extrem niedrigen Preise fliegt, dann ist dies schon eine künstliche Aufblähung der Nachfrage, bei der mein ökologisches Gewissen schlägt.
Ich wäre froh, wenn alle Beteiligten, die sonst das Wort „Ökologie“ im Munde führen – das werfe ich jetzt logischerweise nicht Ihnen vor –, diese Dimension auch noch im Hinterkopf hätten. Ich habe sie im Hinterkopf.
Aber die Instrumentarien der Landespolitik sind bescheiden, und auch die Möglichkeiten, auf die europaweite und auf die weltweite Entwicklung zu reagieren, sind bescheiden. Ich möchte Baden-Württemberg nicht von einer Entwicklung abkoppeln und dabei Gefahr laufen, ökologisch nichts bewirken zu können, ökonomisch aber Schaden anzurichten.
Herr Minister Müller, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abg. Boris Palmer? – Herr Palmer, aber bitte eine Frage.
Herr Minister, was sagt Ihr ökologisches Gewissen, das Sie uns gerade präsentiert haben, zu dem Plan der Bundesregierung, Mehrwertsteuer auf internationale Flüge über deutschem Gebiet einzuführen?
Zur Frage nach der Konzeption. Ich glaube, ich habe jetzt an konkreten Beispielen und nicht nur abstrakt – die Diskussion war bisher ziemlich abstrakt – geschildert: Wir ha
ben eine Konzeption, und diese Konzeption entfaltet sehr wohl eine orientierende, eine gestaltende und eine prägende Wirkung auf unser Verhalten. Eine Konzeption ist logischerweise etwas Längerfristiges. Deswegen können wir uns nicht heute so und morgen anders verhalten. Deswegen steht das, was Sie, Herr Dr. Caroli, gerade gesagt haben, wir sollten uns anpassen, etwas im Widerspruch zu der Forderung nach einer langfristigen Konzeption. Also: Machen wir Tagespolitik, oder machen wir eine längerfristige Politik? Dann aber bin ich gebunden an Entscheidungen von früher. Davon komme ich nicht so ohne weiteres weg.
Wir halten an den Grundlinien der Luftverkehrspolitik des Landes fest. Ich stelle aber fest: Wir haben große Umbrüche. Wir haben eine andere Landeshaushaltssituation, eine sehr viel schwierigere. Deswegen haben wir nicht nur keinen Grund, an unserer Konzeption etwas zu verändern, sondern es ist im Moment auch nicht die Zeit dazu, wesentliche Änderungen an dieser Konzeption vorzunehmen.