Protokoll der Sitzung vom 23.01.2003

Das Wort erhält Herr Abg. Gustav-Adolf Haas zur Verlesung seiner Anfrage. – Bitte schön.

Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung:

a) Um welche „fachkundigen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer“ der Region Südlicher Oberrhein handelt es sich namentlich, die entgegen der Meinung der Steuerberaterkammer Südbaden und der Rechtsanwaltskammer Freiburg die Verlegung der Senate des Finanzgerichts von Freiburg nach Karlsruhe – Drucksache 13/1490, Seite 2 – als überfällig bezeichnen?

b) Handelt es sich dabei wirklich um „fachkundige Steuerberater und Wirtschaftsprüfer“ aus der Region Freiburg oder um solche, die in der Region Karlsruhe ihre eigene Bürotätigkeit ausüben und die Konzentration des Finanzgerichts in Karlsruhe mit Aufhebung der Außensenate des Finanzgerichts Stuttgart und Freiburg somit befürworten?

Frau Justizministerin WerwigkHertneck, Sie haben das Wort zur Beantwortung der Anfrage.

Herr Präsident! Herr Abg. Haas, ich beantworte Ihre Anfrage gern: Die betreffenden Steuerberater und Wirtschaftsprüfer haben sich vertrauensvoll an das Justizministerium gewandt. Ihre Namen können wir aus Datenschutzgründen nicht nennen. Ich kann Ihnen aber sagen, dass diese Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ihre Bürotätigkeit in der Region Südbaden ausüben und Angehörige der Steuerberaterkammer Südbaden sind.

Zusatzfrage, Herr Abg. Haas.

Frau Ministerin, Sie können mir diese Namen auch nicht in einem Brief zur Kenntnis bringen?

Frau Ministerin.

Leider nicht.

(Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Schade! Danke schön!)

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 2 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. B o r i s P a l m e r G R Ü N E – V e r w e n d u n g z u s ä t z l i c h e r R e g i o n a l i s i e r u n g s m i t t e l

Herr Abg. Palmer, Sie haben das Wort zur Verlesung Ihrer Anfrage.

Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung:

a) Welchen Anteil der geplanten Kürzungen im Verkehrshaushalt von insgesamt 45 Millionen € erbringt der öffentliche Personennahverkehr, und welchen Anteil erbringen die Investitionszuschüsse für den Straßenbau?

b) Welche Straßenbaumittel sind davon betroffen?

Das Wort zur Beantwortung der Anfrage erhält der Herr Minister für Umwelt und Verkehr Müller.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Anfrage wie folgt:

Das Ministerium für Umwelt und Verkehr muss aufgrund der Sparbeschlüsse der Haushaltsstrukturkommission im Haushaltsjahr 2003 insgesamt strukturell 45,2 Millionen € einsparen. Hinzu kommt noch eine globale Minderausgabe von immerhin 50 Millionen €. Diese Einsparung soll im Nachtragshaushalt 2003 durch eine im Haushaltsstrukturgesetz zum Nachtrag 2003 auszubringende entsprechende Kürzung der Kraftfahrzeugsteuer-Verbundmasse und der Zuweisungen nach § 27 Abs. 2 des Finanzausgleichsgesetzes umgesetzt werden.

Im Einzelplan des Ministeriums für Umwelt und Verkehr wirkt sich diese Kürzung wie folgt aus:

Erstens: In Kapitel 1003 Titelgruppe 85 werden die Ausgabenansätze für die Förderung von Investitionen des ÖPNV von bisher 78,75 Millionen € um 31,75 Millionen € auf 47 Millionen € herabgesetzt.

Zweitens: In Kapitel 1004 Titel 883 21 – Kommunaler Straßenbau – reduzieren sich die bisherigen Mittel aus der Kraftfahrzeugsteuer-Verbundmasse von 32,14 Millionen € um 13,52 Millionen € auf 18,62 Millionen €. Der Haushaltsansatz von insgesamt 132,864 Millionen € bleibt aber unverändert erhalten, da die wegfallenden Kfz-Steuermittel durch eine entsprechende Umschichtung von GVFG-Mitteln aus Kapitel 1003 Titelgruppe 84 ausgeglichen werden.

Dazu muss ich vielleicht einmal zur Erläuterung etwas sagen. Wir bekommen die GVFG-Mittel, also die Mittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz des Bundes, als Gesamtmittel und haben die Möglichkeit, die Aufteilung dieser Mittel zwischen ÖPNV und kommunalem Straßenbau im Land selbst zu wählen. Wir könnten sagen: 100 : 0. Das werden wir logischerweise nicht machen. Man könnte auch sagen: 0 : 100. Das machen wir auch nicht. Vielmehr gibt es eine ganz bestimmte Oberverteilung dieser Mittel, die dann einerseits durch die FAG-Mittel und beim ÖPNV andererseits durch die Regionalisierungsmittel jeweils verstärkt werden. An dieser Oberverteilung können wir etwas ändern, und das tun wir. Deswegen kommt es zu dem Effekt, den ich gerade beschrieben habe.

Drittens: In Kapitel 1003 Titelgruppe 84 werden die Ausgaben für die Fahrzeugbeschaffungen nach dem GVFG – nebenbei gesagt: das ist die Busförderung – von bisher 48 Millionen € um 13,52 Millionen € auf 34,48 Millionen € gekürzt. Die Folgen dieser Kürzungen kann man folgendermaßen beschreiben:

Erstens: Die Kürzungen bei der Förderung von Investitionen des ÖPNV von 31,75 Millionen € werden durch eine entsprechende Verstärkung im Haushaltsvollzug durch Regionalisierungsmittel ausgeglichen. Das betrifft diese eine Kürzung. Wir nehmen Gelder, die wir bisher aus dem GVFG finanziert haben, für den ÖPNV. Die Mittel, die da gekürzt worden sind, werden durch Regionalisierungsmittel aufgestockt. Diese Mittel werden also herangezogen.

Im kommunalen Straßenbau werden die geringeren KfzSteuermittel durch die Umschichtung von 13,52 Millio

nen € aus GVFG-Mitteln im laufenden Haushaltsjahr vollständig ausgeglichen. Das ist die Oberverteilung, von der ich gerade gesprochen habe. Bei der Förderung der Fahrzeugbeschaffung wird die Busförderung in der Tat bleibend um 13,52 Millionen € reduziert.

Jetzt ist natürlich die Frage: Was geschieht eigentlich in den Folgejahren? Dazu möchte ich heute schon Folgendes sagen: In den Haushaltsjahren 2004 ff. werden Kürzungen im Rahmen der Haushaltsaufstellung jeweils neu auf den ÖPNV und den kommunalen Straßenbau verteilt. Wir werden dann zu realen Kürzungen kommen, die nicht mehr durch Regionalisierungsmittel ausgeglichen werden. Das wird nicht unbedingt gleich zu hundert Prozent von einem Jahr auf das andere möglich sein, aber durch diese realen Kürzungen werden die Regionalisierungsmittel dann nicht mehr entsprechend in Anspruch genommen werden müssen.

Ich will von meiner Seite aus noch einmal abschließend dazu sagen: Man kann diese politische Schwerpunktsetzung, dass wir diese 45 Millionen € aus diesem Topf geholt haben, politisch kritisieren. Das ist in der Haushaltspolitik immer so. Ich lege aber großen Wert darauf festzustellen, dass sie rechtlich absolut korrekt ist und dass deswegen für Rückforderungsvorschläge, die Sie, Herr Kollege Palmer, in einem Brief gegenüber dem Bundesfinanzminister angeregt haben, keinerlei rechtlicher Anlass besteht. Wenn Sie den Vorschlag machen, dass das Land in Zukunft weniger Geld bekommen solle, dann will ich das auch nur politisch bewerten. Aber einen rechtlichen Anlass, uns sozusagen Geld zu nehmen, weil wir es in einer rechtlich unkorrekten Weise missbrauchen würden, gibt es nun wirklich nicht.

Was wir tun, ist rechtlich korrekt. Wir missbrauchen keine Gelder, sondern wir schichten von den Bereichen um, in denen die Töpfe größer sind, in die Bereiche hinein, in denen es knapper ist. Das tun wir unter dem Zeichen der engen Finanzspielräume, mit denen wir es zu tun haben.

Zusatzfrage, Herr Abg. Palmer.

Herr Minister Müller, könnten Sie ausführen, wie die Antwort zur Frage b konkret lautet, nämlich zu der Frage, welche Straßenbaumittel betroffen sind bzw. wo im Landesstraßenbau gekürzt wird?

Sie sprachen jetzt gerade vom Landesstraßenbau. Im Landesstraßenbau wird an dieser Stelle überhaupt nicht gekürzt, solange wir vom GVFG sprechen. Ich sage dazu – das ist keine Neuigkeit –, dass der Landesstraßenbau im Rahmen der globalen Minderausgabe auch zur Kasse gebeten wird, und zwar ungefähr in der gleichen Größenordnung, wie der Landesstraßenbau auch schon in den Vorjahren bei der globalen Minderausgabe dabei war. Das ist das eine.

Das Zweite ist: Wie wirkt sich das real beim kommunalen Straßenbau aus? Da sage ich ja: Dadurch, dass wir die Oberverteilung anders machen, wirkt es sich in diesem Jahr finanziell gar nicht aus. In den Folgejahren wird es anders sein.

Zweite Zusatzfrage, Herr Abg. Palmer.

Herr Minister, können Sie ungefähre Angaben dazu machen, wie sich die realen Kürzungen, von denen Sie sprechen, in den nächsten Jahren zwischen den Verkehrsträgern aufteilen werden?

Hälftig. Das ist unser Ziel. Aber darüber kann man natürlich politisch streiten. Eine Oberverteilung, die man frei in der Hand hat, kann man so oder anders machen. Aber ich halte es für angemessen, das hälftig zu machen.

Wir würden dann übrigens beim kommunalen Straßenbau wieder ziemlich genau auf die Sätze zurückkommen, die ich, so sage ich einmal, bei meinem Amtsantritt vorgefunden habe. Die haben wir in den letzten Jahren, grob gesagt, um 50 Millionen DM – rund 25 Millionen € – erhöht, und jetzt gehen wir ungefähr wieder auf das ursprüngliche Niveau zurück.

Zusatzfrage, Herr Abg. Kaufmann.

Herr Minister, würden Sie jetzt, unabhängig von der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts, zustimmen, dass man sagen kann: „Regionalisierungsmittel werden in diesem Fall doch zur Sanierung des Haushalts verwendet“? Könnten Sie zudem noch einmal darlegen – ich habe das vorhin in der Schnelle nicht ganz verstanden –, in welchem Umfang jetzt Regionalisierungsmittel als Ersatz für originäre Landesmittel herangezogen werden.

Sie werden nicht als Ersatz für originäre Landesmittel herangezogen, sondern es gibt, wie gesagt, im Prinzip drei Finanzströme: Da gibt es auf der einen Seite die Regionalisierungsmittel. Zum Zweiten gibt es die GVFG-Mittel. Zum Dritten gibt es die Kraftfahrzeugsteuer-Verbundmasse-Mittel. Mit denen verstärken wir diese beiden Förderzwecke. Das ist im Finanzausgleichsgesetz geregelt.

An dieser dritten Stelle setzen wir an, kürzen, machen eine andere Oberverteilung innerhalb des GVFG und verstärken das für ein Jahr mit den Regionalisierungsmitteln, sodass es in diesem Jahr zu keinem Ausfall bei diesen beiden Förderzwecken kommt. Aber für die Folgejahre haben wir das nicht vor. Um die Regionalisierungsmittel auch in diesem Jahr umgekehrt schon wieder zu entlasten – zunächst einmal ist es eine Belastung, die wir aber nicht auf Dauer vorhaben –, haben wir zusätzlich die Busförderung um ein Drittel gekürzt.

Zusatzfrage, Herr Abg. Walter.

Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie es für richtig halten, dass die Gelder 50 : 50 zwischen Schiene und Straße verteilt werden und Sie es ab 2004 auch wieder so machen wollen? Warum ist es dann im Jahr 2003 anders?

Das kann man ganz einfach beschreiben: weil wir im Jahr 2003 gegenüber den Kommunen im Wort stehen und es dort nicht zu einer Kürzung kommen sollte. Deswegen nehmen wir uns das als strukturelle Maßnahme längerfristig vor. Wie wir das dann umsetzen, ist noch die Frage. Man könnte ja

an den Fördersätzen oder an anderen Konditionen etwas ändern oder einfach den Ansatz reduzieren. Es gibt dann halt weniger Förderfälle. Das bleibt noch der Diskussion überlassen.

Wir waren aber aufgefordert – dem haben wir auch Rechnung getragen –, strukturelle Maßnahmen zu ergreifen, das heißt solche, die nicht nur ein Jahr lang wirken. Deswegen werden wir in der Zukunft eine ähnliche Operation machen, aber dann zu realen Kürzungen an diesen beiden Stellen kommen.

Ich sage einmal so: Sie merken daran, dass das für dieses Jahr schon eine relativ intelligente Lösung war. Not macht erfinderisch, und die Not ist relativ groß. Deshalb war auch unser Erfindungsreichtum dementsprechend.

(Beifall des Abg. Zimmermann CDU – Heiterkeit – Abg. Kaufmann SPD: Kreative Buchführung!)

Den Begriff „kreative Buchführung“ schätze ich nicht so besonders, weil man das bei FlowTex auch schon gesagt hat, und davon sind wir doch noch ein kleines Stück entfernt.