Protokoll der Sitzung vom 23.01.2003

Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Ich lasse über Artikel 4 in der Fassung des Gesetzentwurfs abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Artikel 4 wurde mehrheitlich angenommen.

Die Einleitung

lautet: „Der Landtag hat am 23. Januar 2003 das folgende Gesetz beschlossen:“.

Die Überschrift

lautet: „Gesetz zur Änderung des Landesmediengesetzes, des Landespressegesetzes und des Landesdatenschutzgesetzes“. – Sie stimmen der Überschrift zu. Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Danke. Gegenprobe! – Danke. Stimmenthaltungen? –

(Unruhe)

Danke. Dem Gesetz wurde mehrheitlich zugestimmt.

Damit ist Punkt 4 der Tagesordnung erledigt.

(Stellv. Präsident Birzele)

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Anpassung landesrechtlicher Vorschriften an die Aufhebung des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes – Drucksache 13/1655

Das Präsidium ist übereingekommen, vorzusehen, dass keine Aussprache stattfindet.

Es wird Überweisung an den Ständigen Ausschuss vorgeschlagen. – Sie stimmen der Überweisung zu.

Damit ist Punkt 5 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Einführung des Ethikunterrichts ab der ersten Klasse – Drucksache 13/549

Ich rufe dazu den Entschließungsantrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/1693, auf.

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, gestaffelt.

Wem darf ich das Wort erteilen? – Frau Abg. Rastätter, Sie erhalten das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In einer Zeit, in der wir vorwiegend über Leistungen, über Wissensgesellschaft, über Leistungsorientierung im Bildungswesen sprechen, darf nicht in den Hintergrund treten, dass der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen auch die ethische und moralische Urteilsbildung von Schülern und Schülerinnen beinhaltet. Wissen ohne ethische Urteils- und Reflexionsfähigkeit ist im wahrsten Sinne des Wortes wertlos.

Meine Damen und Herren, wir sind uns fraktionsübergreifend einig, dass werteerziehender Unterricht in der Schule ein fächerübergreifendes Prinzip ist, das heißt, dass alle Fächer die Verantwortung dafür tragen, dass über Werte erzogen wird und dass Werte vermittelt werden.

Meine Damen und Herren, in einer komplexer werdenden Welt braucht die Schule aber dennoch einen Ort oder ein Fach, in dem sich Schüler und Schülerinnen ganz vertieft und schwerpunktmäßig mit Werten und Normen befassen können, in denen sie Sinnfragen stellen können und Orientierungshilfen bekommen. Ich nenne nur die Themen Sterbehilfe, Gentechnik, Naturzerstörung und die Frage: Was darf der Mensch, was ist der Mensch?

Ethik wird in Baden-Württemberg im Gegensatz zu Religion erst ab Klasse 8 als Ersatzfach unterrichtet. Meine Damen und Herren, wir Grüne halten die Einführung von Ethik und Religion als Wahlpflichtfächer weiterhin für richtig. Dazu gehört selbstverständlich auch der islamische Religionsunterricht. Das ist die richtige Antwort auf unsere gesellschaftlichen Veränderungen in einer pluralen, in einer offenen, in einer demokratischen Gesellschaft.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, Sie haben unseren Gesetzentwurf zur Einführung der Wahlpflichtfächer Ethik und Religion genau vor einem Jahr abgelehnt. Heute geht es aber nicht um Ethik und Religion als Wahlpflichtfächer, sondern es geht um die Frage der Ausweitung des Ethikunterrichts ab der ersten Klasse der Grundschule und der fünften Klasse der Hauptschule.

Mit der Forderung nach einer Ausweitung des Ethikunterrichts ab der ersten Klasse befinden wir Grüne uns in guter Gesellschaft. Das ist eine Forderung, die auch der Landeselternbeirat stellt. Die Lehrerverbände GEW, VBE, Philologenverband und schließlich auch der Städtetag, also die kommunalen Landesverbände, fordern ebenfalls eine Ausweitung des Ethikunterrichts ab Klasse 1 der Grundschule und ab Klasse 5 der Hauptschule.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass wir in BadenWürttemberg sehr viele Hauptschulen haben, in denen 50, 60 % – das heißt die Mehrzahl – der Schülerinnen und Schüler keinen Religionsunterricht besuchen, weil sie entweder eine andere Religion haben oder konfessionslos sind.

Wir haben Grundschulen – die sind natürlich an bestimmten Standorten –, in denen der Anteil von Schülerinnen und Schülern, die nicht getauft sind oder eine andere Konfession haben, ebenfalls groß ist. So gibt es zum Beispiel die Karoline-Kaspar-Grundschule in Freiburg, wo 59 % der Schüler keinen Religionsunterricht besuchen. Dort haben die Eltern, dort hat die Schule, das Staatliche Schulamt beim Land den Antrag gestellt, Ethikunterricht ab Klasse 1 einzuführen – vergeblich. Jetzt hat der Elternbeirat dieser Schule sogar beschlossen, Ethikunterricht oder Ethikarbeitsgemeinschaften auf eigene Kosten einzuführen. Das heißt, mittlerweile schreiten die Eltern zur Tat und handeln selbst.

Ich sage Ihnen: Dieses Defizit an Ethikunterricht in BadenWürttemberg in den unteren Klassen, die Tatsache, dass Eltern jetzt schon zur Selbsthilfe greifen, zeigt doch, wie wichtig und notwendig es ist, dass wir in diesem Bereich handeln. Das wollen wir heute mit unserem Antrag erreichen. Wir haben den dringenden Appell, dass hier endlich gehandelt wird.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, ich spreche jetzt insbesondere meinen Kollegen Kleinmann an. Sie haben ja bereits vor einem Jahr gesagt, dass Sie eine Ausweitung von Ethik als Ersatzfach nicht grundlegend ablehnen würden,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

sondern sich auch dafür aussprechen. Sie haben aber unseren Haushaltsantrag, mit dem wir die Ausweitung des Faches Ethik gefordert haben – durchaus auch in seiner Funktion als Ersatzfach –, abgelehnt. Wir müssen aber vorankommen. Wir dürfen nicht einfach die Hände in den Schoß legen. Deshalb liegt heute ein Entschließungsantrag vor. Die Fraktion GRÜNE wird also nicht den Beschlussteil des vorliegenden Fraktionsantrags zur Abstimmung stellen, sondern legt Ihnen einen Entschließungsantrag vor, der begehrt, in Baden-Württemberg einige Pilotprojekte für Ethikunterricht ab Klasse 1 der Grundschule und ab Klasse 5 der Hauptschule einzurichten.

Pilotprojekte können eingerichtet werden, ohne dass wir dazu erhebliche Mittel des Landes benötigen. Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir eine Debatte über die Einführung von islamischem Religionsunterricht geführt haben. Wir waren uns dabei fraktionsübergreifend einig, dass wir im nächsten Schuljahr dazu Pilotprojekte machen würden, falls die Voraussetzungen gegeben wären. Das heißt, dieses Anliegen, einzusteigen, um Lehrpläne zu erproben, um Unterrichtskonzepte zu entwickeln, um eine Kooperation auch zwischen Religions- und Ethikunterricht zu entwickeln – was ja in diesem für uns sehr wichtigen Bereich erwünscht ist –, erfordert in der Tat keine großen Summen. Dazu bedarf es Ihres politischen Willens.

Ich bitte Sie, nicht nur wie in der Vergangenheit verbale Absichtserklärungen abzugeben, sondern zuzustimmen und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass wir dann, wenn die Schülerzahlen zurückgehen – das ist bereits ab dem Schuljahr 2005 der Fall –, nach dieser Erprobungsphase einen Teil der frei werdenden Lehrerstellen für dieses uns wichtige Anliegen der Wertevermittlung an Kinder in der Grundschule und in der Hauptschule verwenden können. Ich bitte Sie darum, unseren Entschließungsantrag mitzutragen als wichtiges Signal an die Eltern, an die Schulen, speziell an die Schulen, die jetzt betroffen sind und Anträge stellen und die natürlich auch für die Pilotprojekte infrage kommen. Ich bitte Sie, ein ganz deutliches Signal in dieser Landtagssitzung zu setzen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Lazarus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem der Landtag im April 2002 einen Gesetzentwurf der Grünen zum Ethikunterricht abgelehnt hat, befassen wir uns heute, ein Dreivierteljahr später, auf Antrag der Grünen mit demselben Thema. Man könnte dies ja als besonderen Fleiß

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sehr richtig! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Nadelstiche!)

und Hartnäckigkeit der Grünen auffassen, man könnte es allerdings auch fast als eine Art Beschäftigungsstrategie für den Landtag auffassen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Nein!)

Der Fairness halber muss ich jedoch sagen, dass der vorliegende Antrag immerhin schon im Dezember 2001 eingebracht wurde, also bevor der Gesetzentwurf abgelehnt wurde.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: So ist es!)

Deshalb konnten damals auch die Antragstellerin und deren Fraktion nicht wissen, dass sie für den Gesetzentwurf überhaupt keine Unterstützung im Plenum bekommen würden.

Die Argumente sind allerdings die gleichen geblieben, wir könnten sie heute nur wiederholen. Allerdings war im Gesetzentwurf noch der Versuch enthalten, den Ersatzfachcha

rakter von Ethik zu verändern, nämlich in die absolute Gleichrangigkeit mit Religion zu bringen, praktisch mit der freien Auswahl aus dem Fächerangebot Religion und Ethik. Heute geht es den Grünen nur noch um den Zeitpunkt der Einführung von Ethikunterricht, um Lehrpläne und um Lehrerausbildung.

Ich darf dennoch ganz kurz die Grundhaltung der CDU darstellen, denn es geht uns keineswegs um die grundsätzliche Ablehnung von Ethikunterricht schon vor der achten Klasse.