Das ist ein ganz elementares Grundrecht, damit Demokratie überhaupt existiert. Man kann sagen: Solange dieses Grundrecht existiert, existiert auch die Demokratie und wird alle Versuche, sie zu unterminieren, durchhalten. Davon bin ich fest überzeugt.
das weiß wohl jeder. Es ist nicht in erster Linie ein Recht, das mich davor schützen soll, dass mein Nachbar etwas Böses über mich sagt – freilich ist es das auch –, sondern es ist in erster Linie von seiner ganzen Geschichte her ein Recht, das jeden Einzelnen, jede Gemeinschaft, jede Organisation davor schützen soll, dass der Staat zensiert. Das ist der Kerngehalt dieses Grundrechts. Weil das der Kerngehalt dieses Grundrechts ist, kann es nicht angehen, dass ein Mitglied einer Regierung Zensur und politischen Druck ausübt.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Sei- metz CDU: Hat er gar nicht! – Abg. Fleischer CDU: Hat er gar nicht! Sie verwechseln freie Mei- nungsäußerung mit Zensur!)
Wir beugen uns als öffentlich anerkannte und geförderte Institution den Forderungen von Herrn Staatssekretär Stefan Mappus, da wir bei einer Durchführung der Ausstellung in den Räumen des Kulturhauses Osterfeld mit Konsequenzen durch die CDU rechnen müssen.
Sie heißt nicht: „Wir stellen die Ausstellung ein, weil wir davon überzeugt worden sind, dass sie schlecht ist und wir sie nicht zeigen sollten.“
dass Sie freie Einrichtungen der Gesellschaft, die die Aufgabe haben, die Bevölkerung zu informieren und kritische Veranstaltungen durchzuführen, mit Druck daran hindern, ihre Grundrechte wahrzunehmen.
Das geht auf gar keinen Fall. Das ist der Grund dafür, dass wir zu diesem Mittel der Ausstellung gegriffen haben.
Selbstverständlich muss ich da abwägen mit der Frage, wie man in diesem Haus miteinander umgeht; das ist alles völlig richtig; das habe ich mir sehr skrupulös überlegt.
Ich gebe Ihnen völlig Recht, Herr Kollege Oettinger: Die CDU Baden-Württembergs hat in ihrem Umgang mit den Republikanern neun Jahre lang gezeigt – nicht nur durch Worte, sondern durch Taten –, dass sie in keiner Weise mit Rechtsradikalen zusammenarbeitet. Ich habe davor einen großen Respekt.
Gegen Versuche, Sie in eine rechtsradikale Ecke zu schieben, werde ich Sie hier gegen andere in Schutz nehmen. Das habe ich immer gemacht. Ich habe es übrigens sehr früh schon gemacht; das wissen Sie. Das habe ich schon 1984 auf einem Parteitag gemacht, als ich Mayer-Vorfelder gegen infame Angriffe aus meiner eigenen Partei in Schutz genommen habe.
Ich nehme Sie hier jederzeit in Schutz. Wir geben den antitotalitären Konsens in diesem Haus in keiner Weise auf.
Aber wenn Sie sagen, das, was wir machen, sei unverschämt, unkollegial und eine Kultur unter aller Sau,
Ich will diese Äußerungen auch nicht zu hoch hängen. Aber ich möchte noch einmal dafür werben, dass Sie respektieren, dass wir in einer so schwierigen Frage versuchen, das Recht auf freie Meinungsäußerung vor einer Zensur durch Regierungsmitglieder zu schützen, und deswegen zu diesen Mitteln greifen.
Das, was Sie, Kollege Mappus, zur Kritik an den Kirchen gesagt haben, das kann man hier, meine ich, wirklich nicht stehen lassen. Die Kirchen sind wirklich groß genug, reif genug und souverän genug, um zu beurteilen, was sie machen und was nicht.
Nein, es steht uns wirklich nicht zu, es in irgendeiner Weise zu diskreditieren, wenn Kirchen jetzt diese Ausstellung zeigen.
Wir müssen uns endlich – da wiederhole ich mich – abgewöhnen, hier eine Kultur zu pflegen, die zu erreichen versucht, dass Ausstellungen, die uns unliebsam sind, nicht gezeigt werden. Eine Zensur findet nicht statt – das ergibt doch nur einen Sinn, wenn wir nicht nur das nicht zensieren, was uns ohnehin gefällt oder nicht viel ausmacht. „Zensur findet nicht statt“ bedeutet vielmehr: Wir müssen genau das ertragen, was uns eben nicht passt und nicht gefällt. Das ist der Sinn dieses Rechts.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Fleischer CDU: Aber eben nicht alles! Das ist Ihr Fehler!)
Wen würde es denn wundern, wenn wir nur Dinge dulden, die uns eh passen. Demokratie beinhaltet, dass wir auch das erdulden, was uns nicht passt.
(Abg. Fleischer CDU: Das ist jetzt zu grobschläch- tig! – Abg. Oettinger CDU: Sie haben leicht reden! Sie sind ja auch nicht auf den Plakaten drauf!)
In der Ausstellung befindet sich eine Tafel, auf der rechtsradikale, rechtsextremistische und wirklich faschistische Publikationen gezeigt werden. Diese Publikationen sind aber an jedem Zeitungsstand bei uns erhältlich. Das zeigt, dass es in einer liberalen Demokratie möglich ist, selbst so widerliche Zeitungen zu verkaufen. Die Intention einer solchen Tafel ist natürlich: „So etwas müsste man verbieten.“
Das ist aber genau nicht unsere Meinung. Zwar bekämpfen wir solche widerlichen Ansichten politisch mit allen Mitteln – das ist gar keine Frage –, aber zu dem Mittel des Verbots zu greifen wäre die allerletzte Möglichkeit, und vieles – unter anderem auch die politische Klugheit – verbietet es, davon Gebrauch zu machen.
Herr Kollege Mappus, Sie haben selbst gesagt, dass es eben diese Dialektik der Öffentlichkeit gibt. Deshalb ist es völlig unsinnig – einmal abgesehen davon, dass es auch ungehörig ist –, solche Maßnahmen zu ergreifen, wie Sie es gemacht haben. Die Bilder sind alle im Internet zu finden und werden durch solche Maßnahmen erst richtig bekannt. Sie verschaffen dieser Ausstellung eine Publicity und eine öffentliche Plattform, die sie vorher nicht hatte.
Ich möchte noch einmal den Vorwurf entschieden zurückweisen, dass wir hier unsere Rechte missbrauchen würden. Ich möchte mich noch mal – –
Da kann ich, glaube ich, für meine ganze Fraktion sprechen: Wir werden an dem antitotalitären Konsens in diesem Haus festhalten, und wir werden ihn pflegen.
Aber wir haben uns in diesem Konfliktfall gezwungen gesehen, zu diesem Mittel zu greifen, weil wir jeden Versuch, Zensur auszuüben, im Keim ersticken müssen. Dazu sehen wir uns verpflichtet.