stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Damit ist der Antrag einstimmig angenommen. Ich bedanke mich.
Ich werde – mit Ihrem Einverständnis – diesen Antrag, die Entschließung, den Präsidentinnen und Präsidenten der anderen Landtage zuleiten mit der Bitte, ihn auch den Fraktionen zur Verfügung zu stellen.
Aktuelle Debatte – Perspektiven älterer Menschen in Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP
Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir gerade eine Debatte erlebt haben, die sehr einvernehmlich war und sehr ernsthaft geführt worden ist, hoffe ich, dass diese Einvernehmlichkeit auch zum zweiten Tagesordnungspunkt weitgehend besteht.
Es gibt zwei Anlässe für diese Aktuelle Debatte. Das Thema soll ja aktuell sein. Nun sage ich einmal: Das Thema „demographischer Wandel“, so spröde es klingt, wird ja in der Politik, aber zunehmend auch in den Medien immer aktueller.
Trotzdem zeigen, glaube ich, verschiedene Beispiele aus der Vergangenheit, dass wir bei der konkreten Umsetzung ein Defizit haben und dass wir noch nicht verinnerlicht haben, dass wir für langfristige Entwicklungen und Perspektiven, die vom demographischen Wandel abzuleiten sind, Vorsorge treffen müssen.
Mit Erlaubnis des Präsidenten darf ich zum Auftakt aus einem ganz aktuellen Bevölkerungsanalysebericht des Statistischen Landesamts Folgendes zitieren:
Für das Land Baden-Württemberg hat zu Beginn des neuen Jahrhunderts auch aus demographischer Sicht ein historisch neuer Zeitabschnitt begonnen. Erstmals seit Bestehen des Landes leben hier mehr ältere als jüngere Menschen. Zum Jahresende 2000 lag der Bevölkerungsanteil der 60-Jährigen und Älteren mit 23 % über dem Anteil der nachwachsenden Generation – den unter 20-Jährigen – von 22 %. Dieses ist nur der Anfang einer Entwicklung, die uns in den kommenden Jahren und Jahrzehnten in vielen Gesellschaftsbereichen vor neue Herausforderungen stellen wird, und dies auf allen regionalen Ebenen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen ist es, glaube ich, sinnvoll, eine Aktuelle Debatte dazu zu nutzen, auch im Land verstärkt auf die auf uns zukommenden
Chancen, aber auch Risiken und Herausforderungen durch eine auch in Baden-Württemberg alternde Gesellschaft hinzuweisen.
An dieser Stelle möchte ich dem Statistischen Landesamt wirklich einmal ein großes Lob zollen. Ich halte es für Politikberatung pur, was es in letzter Zeit – zum Beispiel im Gesundheitswesen, zu Arbeitsplätzen im Gesundheitswesen, zum Dienstleistungssektor – geliefert hat, genauso wie das, was es jetzt geliefert hat, und zwar heruntergebrochen von dem abstrakten Begriff „alternde Gesellschaft“ auf das Thema „Was bedeutet das für Baden-Württemberg, was bedeutet das vor allem auch für die Kommunen?“ Ich möchte diesen Bericht allen empfehlen, weil die Angaben darin bis zu Kommunen ab 5 000 Einwohnern heruntergebrochen worden sind. Wir haben hier ein hervorragendes Ausgangsmaterial, um die Konsequenzen, die wir für die Zukunft zu ziehen haben, klar zu machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun geht es nicht darum, vom bisherigen „Jugendlichkeitswahn“ zur so genannten „Alterseuphorie“ umzusteuern. Denn wir alle wissen: Das Alter ist ein eigener Lebensabschnitt mit vielen neuen Chancen, aber natürlich auch mit Risiken. Wenn wir in den Bericht schauen, dann sehen wir, dass insbesondere natürlich das Thema Pflegebedürftigkeit eines der Risiken ist. Ob man es wahrhaben will oder nicht: Insbesondere bei den Hochaltrigen, also bei den über 85-Jährigen, sind insgesamt 40 %, also fast jeder Zweite, irgendwann davon betroffen.
Zur Bundesebene gäbe es viel zu sagen. Ich glaube, wir haben hier ein gutes Beispiel: Obwohl viele Stimmen, gerade auch aus der FDP, immer wieder darauf hingewiesen haben, welche Probleme aus der Demographie auf die umlagefinanzierten Systeme zukommen werden, hat man viel zu lange versäumt – und das richtet sich nicht nur an die derzeitige Bundesregierung, sondern auch an ihre Vorgängerregierungen –, darauf zu reagieren.
und dabei sagen, dass das eben nicht nur die Kommunen und das Land betrifft, sondern dass es auch die Wirtschaft betrifft. Damit möchte ich das erste Thema ansprechen und Herrn Minister Döring dabei ein großes Lob dafür zollen, dass er sich dieses Themas verstärkt angenommen hat: Chancen für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab 50 Jahren.
Das ist ein wichtiger Punkt: Dem Bericht des Statistischen Landesamts können Sie entnehmen – dies gilt auch für die Generation der 20- bis 59-Jährigen –, dass sich der Altersdurchschnitt der arbeitenden Bevölkerung deutlich nach oben verschiebt. Das heißt: Das alte Denken, das sich übrigens im Hartz-Konzept mit dem Modul „Bridging“
noch findet nach dem Motto: „Man muss nur die Alten aus dem Betrieb herauskriegen, dann haben wir schon Chancen für die Jungen“, ist ein völlig falsches Denken, das von einem statischen Verständnis des Arbeitsmarkts ausgeht. International hat sich übrigens erwiesen, dass alle Länder, die eine bessere Quote von älteren Arbeitnehmern in den Betrieben haben, parallel dazu eher weniger Jugendarbeitslosigkeit haben. Also, auch hier wird ein Umdenken stattfinden müssen.
Dies gilt im Übrigen auch, weil schlicht und einfach die 60Jährigen heute nicht mehr mit älteren Menschen, die vor 50 oder 100 Jahren gelebt haben, zu vergleichen sind. Es sind Menschen darunter, die gerne länger arbeiten wollten, wenn man sie nur ließe.
Nun gibt es natürlich unterschiedliche Begriffe des Arbeitens: Ich denke, hier in diesem Saal sitzen sehr viele – das sage ich jetzt einmal, Herr Kollege Wieser –, die auf dem klassischen ersten Arbeitsmarkt womöglich Riesenprobleme hätten,
Ich möchte zu den Chancen sagen: Insbesondere kann unsere Gesellschaft nicht nur in Betrieben, sondern im gesamtgesellschaftlichen Umfang sehr stark gerade im Bereich des gesellschaftlichen, bürgerschaftlichen Engagements auf die älteren Menschen setzen. Das wissen wir einfach aus allen Statistiken.
Nun zum zweiten und für mich wichtigeren Teil – Stichwort „Aktualität dieser Debatte“ –: Wir werden morgen einen Nachtragshaushalt beschließen. Dazu sage ich Folgendes: Da, wo wir solche Strukturen mit wenig Geld und auf der Basis vielfältiger ehrenamtlicher Bereitschaft – zum Beispiel bei den Sozialpsychiatrischen Diensten, um nur einmal einen Punkt zu nennen – haben, sammeln wir kurzfristig und hektisch in kleinem Umfang Gelder ein und sind nicht bereit, an die großen Posten heranzugehen.
Aus liberaler Sicht möchte ich einfach noch einmal sagen: Ein planloses Zusammensammeln von Geldern wird auf Dauer keine nachhaltige Konsolidierung des Sozialhaushalts herbeiführen.
(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Marianne Wonnay SPD: Lehnen Sie den Nachtragshaushalt morgen ab?)
Ich möchte das Thema Pflegeheimförderung noch einmal in die Debatte werfen. Ich erwarte, dass wir noch einmal ernsthaft darüber diskutieren, ob wir da nicht von der Objektförderung zur Subjektförderung umsteuern können. Die Objektförderung bedeutet: Mit der Gießkanne geben wir
Gelder in Höhe von etwa 60 Millionen € pro Jahr – mit steigender Tendenz –, die allen zugute kommen, also gleichermaßen dem Millionär wie dem Sozialhilfeempfänger. Mit der Subjektförderung könnten wir dagegen eine sehr viel gezieltere Förderung für diejenigen Menschen erreichen, die es wirklich brauchen. Damit hätten wir übrigens auch den Nebeneffekt, dass wir von Wettbewerbsverzerrungen wegkämen und dass wir ein Stück weit mehr privates Kapital hineinbrächten. Wenn wir jetzt über den Haushalt diskutieren, wissen wir, dass dies keine kurzfristigen Diskussionen sein können, sondern dass wir Strukturen verändern müssen.
Hier komme ich zum aktuellsten Teil: Ich rufe uns alle gemeinsam auf, nicht zu sagen, warum es möglicherweise nicht möglich ist oder schwierig wird, bei dieser Förderung umzusteuern, sondern gemeinsam neue Modelle zu entwickeln, um mit dem gleichen Geld bessere Leistungen und flexiblere Angebote
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf die Ausführungen meines Kollegen Dr. Noll eingehen. Ich bin dankbar dafür, dass er eine Lanze für die ältere Generation gebrochen hat, denn „alt“ heißt bei weitem nicht gebrechlich oder pflegebedürftig.
Die meisten Älteren – über 90 % – leben selbstbestimmt ihr Leben in ihren vier Wänden und sind außerordentlich aktiv, zum Beispiel in unseren Vereinen, in den Betrieben, als Seniorenexperten. Dafür möchte ich mich bei ihnen recht herzlich bedanken.
Nun gleich zu Ihrem Thema „Subjektförderung oder Objektförderung“, damit ich darauf in meiner Rede nicht mehr eingehen muss. Sie wissen, dass diese Frage einen relativ kleinen Prozentsatz betrifft, Herr Dr. Noll, und dass die CDU-Fraktion auf die Objektförderung setzt, weil wir vor allem eine wohnortnahe Struktur aufbauen wollen. Aber ich schlage vor, dass die Koalitionsfraktionen über diese Frage noch einmal sachlich miteinander sprechen werden.