Verehrter Herr Wintruff, 1998 war der Wirtschaftsminister in Baden-Württemberg von der FDP/DVP gestellt. Ich war nicht dagegen.
Wir haben bei unseren Vorschlägen in diesem Zusammenhang – da gebe ich Ihnen Recht, Herr Kollege Wintruff – eine Weile daran arbeiten müssen,
bis wir dafür eine Unterstützung bekommen haben. Aber sie war dann da. Und es gab sie in den Bereichen, in denen wir sie in der Fortsetzung haben wollten, Jahr für Jahr. Obwohl das von allen Seiten angesprochen worden ist, kam sonst keine Unterstützung. Außerdem – seien Sie so gut –: Reden wir nicht über die Vergangenheit,
Zu Ihren zwei Vorschlägen: Ich glaube nicht, dass Sie mit einer Ausbildungsplatzabgabe – auch nicht so, wie Sie es formuliert haben: als letztes Mittel – auch nur einen einzigen zusätzlichen Ausbildungsplatz bekommen.
Das glaube ich überhaupt nicht. Ich befürchte vielmehr, dass Sie, wenn Sie die Betriebe in der jetzigen Situation zusätzlich belasten, nicht nur bezüglich der Ausbildungsplätze, sondern auch der Arbeitsplätze das glatte Gegenteil erreichen werden. Deswegen bitte ich Sie wirklich: Hören Sie auf, Vorstellungen im Zusammenhang mit Abgaben zu entwickeln, die dort in irgendeiner Weise etwas regeln könnten. Sie werden damit nichts regeln, sondern werden das Gegenteil erreichen. Deswegen ein klares Nein zu einer Ausbildungsplatzabgabe.
Auch wenn das manchmal auf einer „Gerechtigkeitssuppe“ dahergeschwommen kommt: Es ist grottenfalsch.
Umgekehrt gilt das genauso, auch wenn Sie bei Kammergesprächen das eine oder andere Mal von Anreizen im Zusammenhang mit der Finanzierung hören. Mir ist das sehr wohl bewusst. Wenn Sie jemanden fragen, ob er mehr ausbilden würde, wenn man ihm noch etwas geben würde, dann will ich den sehen, der sagt: „Nein, ich nehme nichts. Ich bilde dann nicht aus.“ Natürlich würde man dann an der einen oder anderen Stelle hören, das sei wertvoll. Aber auch das wäre falsch.
Zuerst einmal müssen Sie sehen, wie Sie solche Anreize eigentlich finanzieren wollen. Das ist der eine Punkt: Wie bezahlen Sie das? Ab wann würden Sie jemandem eine Anreizfinanzierung gewähren? Betriebe, die schon immer ausgebildet haben – weil sie in kluger Voraussicht an ihren eigenen Betrieb denken, aber auch aus einer gesellschaftlichen Verantwortung heraus –, werden sagen: „Prima, jetzt nehmen wir das mit.“
Und noch einmal: Auch die Finanzierungsfrage ist meiner Meinung nach ein ganz gravierendes Thema, das Sie anschauen müssen. Wenn wir eine größere Bereitschaft bezüglich der Ausbildung erreichen wollen, dann müssen die Perspektiven für die Betriebe wieder besser sein, damit sie sagen: Wir bilden aus, weil wir davon ausgehen, dass wir in den nächsten Jahren eine gute Entwicklung haben werden.
Ein weiterer Punkt, der auch einmal angesprochen werden muss: Man muss auch einmal – dass das höchst unpopulär ist, ist mir schon klar – die Entwicklung der Ausbildungsvergütungen anschauen. Es ist mir schon klar, dass man darüber eigentlich nicht sprechen darf. Aber wenn Sie die Kostenrahmen anschauen, die mittlerweile im Zusammenhang mit Ausbildung anfallen, dann darf auch dieser Bereich nicht tabu sein.
Und noch ein weiterer Punkt: Wenn Sie mit zwölfmonatigen Übernahmeverpflichtungen, Tendenz steigend, weitermachen, dann wird das die Bereitschaft nicht fördern, auszubilden, weil jemand sagt: „Wenn ich heute ausbilde, dann
bin ich in drei Jahren dazu verpflichtet, den Ausgebildeten zwölf Monate oder länger zu übernehmen. Weiß ich denn, wie es in drei Jahren aussieht?“
Dann wird seine Ausbildungsbereitschaft nicht steigen, sondern eher sehr verhalten sein. Deswegen: Diese gut gemeinten Positionen werden sich in der Realität eher gegen die jungen Menschen, nämlich gegen die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe auswirken.
Herr Minister, wenn Sie eine Ausbildungsplatzabgabe grundsätzlich ablehnen, wie lösen Sie dann das Problem, dass es sich für einen Betrieb doch wirtschaftlich rechnet, selbst nicht auszubilden und von anderen Betrieben ausgebildete junge Menschen schlicht zu übernehmen?
Verehrter Herr Palmer, ich gebe Ihnen Recht, dass dies ein Problem darstellt. Aber können Sie mir einmal sagen, wie Sie dieses mit einer Ausbildungsplatzabgabe lösen wollen? Wie soll denn diese Situation verbessert werden?
(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Die, die ausbilden, bekommen das, was die, die nicht ausbilden, be- zahlen!)
Das funktioniert nicht. Sie werden durch mehr Abgaben, durch zusätzliche Belastungen in der Wirtschaft keine Verbesserung erreichen, sondern das glatte Gegenteil. Es wird keine Verbesserung geben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Win- truff SPD: Diejenigen, die nicht ausbilden, zahlen! Wer ausbildet, muss nicht zahlen! Logisch! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das war keine Erklärung, Herr Minister!)
Lassen Sie mich zu einem weiteren Punkt kommen, der angesprochen worden ist: ÜBAs. Sie sagen, bei den ÜBAs hätten wir uns zurückgezogen oder würden wir nichts mehr machen.
Auch die Modernisierung. Das ist mir schon klar. – Ich meine, es ist keine drei Kabinettssitzungen her, dass wir nicht nur aus den regulären Haushaltsmitteln Millionenbeträge für die ÜBAs, und zwar für Modernisierung, Sanierung, teilweise auch Anbau, zur Verfügung gestellt haben. Aus der ZOFF ist auch noch einmal ein mehrfacher Millionenbetrag zur Verfügung gestellt worden. Eine Zahl weiß ich auswendig: Freiburg 2 Millionen € allein im Zusammenhang mit ÜBAs. Es ist ja auch in diesem Zusammenhang zu sehen, dass das enorme Summen sind, die geleistet werden müssen. Bei diesen ÜBAs müssen wir auch einmal mit dem Handwerk sprechen, ob man dort nicht zu einer intelligenteren Lösung bezüglich der Finanzierung kommt als
der, die wir in den letzten Jahren kontinuierlich gehabt haben. Da ist angesichts von knappen Kassen auch ein etwas größerer Erfindungsreichtum gefordert.
Alles in allem: Vonseiten des Landes wird ein Maßnahmenbündel in einer Breite angeboten, dass wir davon ausgehen: Das, was auf Landesebene zur Verbesserung und zur Aufrechterhaltung einer guten Ausbildungssituation gemacht werden kann, wird auch tatsächlich gemacht. Unsere Anstrengungen müssen dahin laufen, dass wir es wieder schaffen – das sechste Jahr hintereinander –, dass alle jungen Menschen einen Ausbildungsplatz bekommen. Wir müssen den jungen Menschen auch sagen: Es muss natürlich auch eine gewisse Flexibilität vorhanden sein. Man darf sich nicht versteifen auf einen Ort, auf einen Betrieb, auf einen Ausbildungsberuf, sondern muss ein bisschen Flexibilität mitbringen. Dann sehe ich eine Chance, dass wir dies erreichen.
Wenn wir mit unseren Kampagnen zur Werbung für Ausbildungsberufe in den Bereichen, in denen Ausbildungsplätze noch weit über die Nachfrage hinaus zur Verfügung stehen, erreichen, dass diese Ausbildungsplätze auch nachgefragt und angenommen werden, dann werden wir eine bessere Situation haben. Wir werden keine bessere Situation haben, wenn wir mit gegenseitigen Vorwürfen operieren. Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam den Betrieben und den jungen Menschen gegenüber dafür werben, dass sie die Situation aufgreifen, um die Ausbildungssituation in BadenWürttemberg zu verbessern.
Verehrter Herr Palmer: „Nur Appelle, sonst nichts!“ Ich lasse Ihnen einmal extra, weil Sie es wahrscheinlich schriftlich brauchen – Sie bekommen es dann auch von mir vorgelesen –,
sämtliche Maßnahmen, die wir haben, in Euro und Cent auflisten. Wenn Sie das gesehen haben, dann zeigen Sie mir einmal, wo da Appelle sind und sonst nichts und wo an irgendeiner Stelle auch nur annähernd so viel gemacht wird wie bei uns in Baden-Württemberg. Sie tun nichts; wir handeln und verbessern die Situation für die jungen Menschen.