Auch Ihr Hinweis, Frau Schavan, Baden-Württemberg schneide bei PISA hervorragend ab, wenn wir Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund herausrechnen, ist – mit Verlaub – völlig daneben
(Abg. Dr. Lasotta CDU: Wo leben Sie eigentlich, Herr Zeller? Bestimmt nicht in Baden-Württem- berg! Das ist unglaublich!)
und vielleicht sogar der beste Beweis dafür, dass Sie bei Ihrer Argumentation unredlich sind. Zunächst einmal halte ich es grundsätzlich für sehr bedenklich, einen Teil unserer Bevölkerung einfach herauszustreichen und dann zu sagen: Ohne die wären wir besser. Dann auch noch den Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund durch die Hintertür das schlechte Abschneiden unseres Landes in die Schuhe zu schieben ist schlichtweg unverantwortlich.
Immer wieder rechnen Sie vor, dass Baden-Württemberg im Lesen nur einen Punkt hinter Australien liege und bei den Naturwissenschaften nur einen Punkt hinter Kanada, wenn man bei den baden-württembergischen Kindern Bilanz ziehen würde und die Migrationskinder herausrechnen würde. Frau Schavan, begreifen Sie doch endlich die hier lebenden Kinder und Jugendlichen als eine Einheit – mit oder ohne Migrationshintergrund. In Kanada oder Schweden käme niemand auf die Idee, die Kinder einfach herauszurechnen.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Da kämen die gar nicht rein, weil es eine Quote gibt! – Abg. Wa- cker CDU: Sie wollen die Fakten nicht zur Kennt- nis nehmen! Das ist das Problem!)
Meine Damen und Herren, sehr geehrte Frau Ministerin, angesichts all dieser Befunde und der Kluft, die sich zu Ihrer konkreten Politik hier auftut, und dessen, was Sie auch in der Regierungserklärung gesagt haben, fordere ich Sie auf:
Erstens: Stellen Sie sich endlich der notwendigen Debatte auch um Schulstrukturen in Baden-Württemberg, und klammern Sie die wichtige Frage der Schulstruktur nicht weiter aus. Denn guter Unterricht hat etwas mit Schulstrukturen zu tun, wie Professor Baumert auch Ihnen gegenüber in Berlin bestätigt hat.
Zweitens: Akzeptieren Sie endlich, dass das selektierende Schulsystem in Baden-Württemberg einem integrativen System nicht überlegen ist.
Stimmen Sie mit uns für längere gemeinsame Lernzeiten und damit für die sechsjährige Grundschule, für den flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen, für eine Zusammenlegung von Real- und Hauptschulen, und führen Sie endlich verbindliche Sprachstandsdiagnosen ein, mit deren Hilfe wir ein System der individuellen Förderung aufbauen.
Und drittens: Reformieren Sie mit uns die Lehrerausbildung, und geben Sie den Schulen endlich echte Selbstständigkeit.
Wenn Sie mit uns diesen Weg gehen, bin ich überzeugt, dass wir bei den kommenden internationalen Studien zu einem besseren Ergebnis kommen und zu den Spitzenreitern zählen werden.
Herr Kollege Zeller, ich möchte Sie fragen, ob Sie Ihren Blick von der sechsjährigen Grundschule immer nur auf die Gesamtschule und die SPD-Sicht der Dinge ausweiten oder ob Ihnen auch bekannt ist, dass der Vorsitzende des Gesamtschulverbands, Ulrich Schreyer, von einer Studie des Max-Planck-Instituts berichtet, wonach Untersuchungen bei 14 000 Berliner Gymnasiasten ergeben haben, dass Gesamtschulabsolventen, die eine gemeinsame sechsjährige Grundschulzeit hinter sich brachten, eineinhalb Jahre Rückstand in Mathematik und Englisch hatten.
(Abg. Drexler SPD: Gesamtschule? – Abg. Christi- ne Rudolf SPD: Was hat das mit Gesamtschule zu tun? Nichts!)
Herr Zeller hat eine sechsjährige Grundschule vorgeschlagen. Die ist in der Gesamtschule durchgezogen worden. Darüber gibt es Erfahrungen.
(Widerspruch bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Wir haben doch keine Gesamtschule vorgeschla- gen! Das hat doch mit Gesamtschule nichts zu tun!)
Schauen Sie, Frau Kollegin, Sie haben sich mehrmals verplappert. Ich habe in meiner Rede kein einziges Mal den Begriff Gesamtschule gebraucht.
Ich sage Ihnen eines: Ich kenne natürlich die Diskussion um die Gesamtschule. Frau Schavan ist ja auch darauf eingegangen. Das Gesamtschulkonzept, so wie wir es in Deutschland, in verschiedenen Bundesländern, vorgefunden haben, konnte letztendlich deswegen nicht erfolgreich sein, weil es sich zum einen neben dem gegliederten Schulwesen behaupten musste
(Lachen bei der CDU – Abg. Alfred Haas CDU: Aufhören! Schnell aufhören! – Abg. Dr. Lasotta CDU: Herr Zeller, es wird immer peinlicher! Sie haben über eine Dreiviertelstunde geredet! – Ge- genruf des Abg. Drexler SPD: Er redet aber besser als Sie! Sie stottern nur!)
Schauen Sie, Herr Röhm, wie Finnland die Umstellung des Schulwesens vorgenommen hat: Da wurde nicht nebenher ein anderes System beibehalten, sondern man hat einen Schnitt gemacht. Und dieser radikale Schnitt in Finnland und in Schweden ist letzten Endes mit dafür verantwortlich, dass dort heute diese Spitzenleistungen erzielt werden.
schulzeit gibt, die Sie ermutigen, diese sechsjährige gemeinsame Grundschulzeit immer wieder zu fordern.
Ich empfehle Ihnen einfach mal, sich mit dem Thema etwas intensiver zu beschäftigen. Ich empfehle Ihnen, Fachliteratur dazu zu lesen und Experten dazu zu hören. Ich empfehle Ihnen auch, Eltern dazu zu hören. Sie werden dann erleben, dass wir große Zustimmung auf breiter Front erfahren.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Unsere Kultusministerin, Frau Dr. Annette Schavan, hat ausdrücklich die Opposition aufgefordert, gemeinsam um einen Konsens zu ringen. Das war ein Angebot an alle Fraktionen hier im Haus, aber Sie, Herr Zeller, sind leider in die ideologische bildungspolitische Debatte der Siebzigerjahre zurückgefallen.
Meine Damen und Herren, das finde ich außerordentlich schade, weil all Ihre bildungspolitischen Thesen, die Sie hier verbreitet haben, in ideologischen Aufsätzen von angeblichen, mutmaßlichen Bildungsexperten der Siebzigerjahre zu finden sind. Nichts Neues, aber auch gar nichts Neues an Konzepten haben Sie uns unterbreitet.
Bildungspolitik ist ein herausragender Schwerpunkt der Landesregierung in dieser Legislaturperiode. Dies unterstreicht – das möchte ich bewusst an den Anfang meiner Rede stellen – die hervorragende Arbeit unserer Kultusministerin und ihrer gesamten Kultusverwaltung.
Unterstrichen wird diese Tatsache noch dadurch, dass die Reformen nicht erst seit PISA begonnen haben, sondern dass lange vor PISA wichtige Reformen in unserem Land in die Wege geleitet wurden.
Dies ist mit einer großen Kraftanstrengung verbunden. Deswegen dankt die CDU-Fraktion der gesamten Amtsspitze, den Experten im Kultusministerium und allen vor Ort eingebundenen Beteiligten.
Dies ist verbunden mit vielen finanzpolitischen Anstrengungen, die wir in den vergangenen Jahren unternommen und die sich von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr niedergeschlagen haben. Dies ist beispielsweise dadurch dokumentiert, dass wir von Jahr zu Jahr mindestens 50 bis 100 Millionen € mehr im Bildungshaushalt, allein im Haushalt für
Schule, Jugend und Sport, veranschlagt haben. Dies ist auch mit der Tatsache verbunden, dass wir allein seit dem Jahr 2001 3 000 neue Lehrerstellen zusätzlich geschaffen haben. Das ist ein finanzpolitisches Dokument für den Schwerpunkt unserer Bildungspolitik in dieser Legislaturperiode.