Protokoll der Sitzung vom 07.05.2003

Ich arbeite nicht auf dem Sozialamt, Herr Kollege Kretschmann. Das habe ich nicht untersucht, dazu kann ich nichts sagen.

(Abg. Drexler SPD: Aber man kann es ja noch ma- chen!)

Wir sind der Meinung – und dem stimmen Sie sicherlich alle zu –, dass wir den Bestandsschutz wahren müssen. Die Gesetze gelten also nicht rückwirkend, sondern für die

kommende Zeit. Außerdem sollten wir nach Möglichkeit eine einheitliche Regelung finden, die vom gesamten Haus getragen wird. Es sind ja auch Leute der SPD betroffen, da Sie von 1992 bis 1996 und von 1966 bis 1972 mit an der Regierung waren. Von daher wäre es sinnvoll, wenn wir zu einer einheitlichen Regelung kommen könnten.

(Abg. Fischer SPD: Das wollen wir ja, trotz der Betroffenheit!)

Heute können wir dem noch nicht zustimmen, aber wir werden als Koalitionsfraktionen einen gemeinsamen Vorschlag unterbreiten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Walter.

(Abg. Drexler SPD: Jetzt aber! Steilvorlage!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst eine Vorbemerkung zum Verfahren.

Wir diskutieren heute über einen Gesetzentwurf, der ein aus meiner Sicht sehr unwürdiges Verfahren durchlaufen hat. Nach den vollmundigen Ankündigungen des Kollegen Oettinger vom Dezember – da war von einer Anhörung von Spezialisten im zuständigen Ausschuss und sogar von einer gemeinsamen Kommission die Rede – war die CDU mehrere Monate abgetaucht.

(Abg. Seimetz CDU: Wir tauchen nie ab!)

Immer dann, wenn es darum ging, diesen Tagesordnungspunkt im Ständigen Ausschuss aufzurufen,

(Abg. Stickelberger SPD: Teufelswerk!)

hieß es: „Wir haben noch weiteren Beratungsbedarf.“ Und als es Ihnen dann selbst zu peinlich wurde, diesen Punkt noch einmal von der Tagesordnung zu nehmen, hieß es plötzlich: Wir können das zwar aufrufen, aber wir werden uns der Diskussion verweigern.

Meine Damen und Herren, das ist keine Auseinandersetzung mit Vorschlägen der Opposition. So geht man im Parlament schlichtweg nicht miteinander um. Der Kollege Reinhart setzt dies heute fort, indem er hier zunächst redet und sich dann einfach aus dem Staub macht.

(Abg. Seimetz CDU: Der muss geschwind irgend- wohin! Der ist gleich wieder da! Jetzt aber mal langsam! Machen Sie mal langsam! – Abg. Drexler SPD: Hat der Durchfall, oder was?)

Das ist mir egal! Das geht einfach nicht.

Ich kann Ihnen nur Folgendes sagen, Kollege Seimetz: Mein fünfjähriger Sohn wurde hier des Saales verwiesen; der hat sich hier würdiger benommen als der Kollege Reinhart.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Seimetz CDU: Ma- chen Sie mal langsam!)

Ich kann Ihnen nur sagen: Diese selbstherrlichen und arroganten Ausführungen des Kollegen Reinhart standen nur unter dem Motto:

(Abg. Seimetz CDU: Dieses gequälte Gejammer! Ein Gejammer ist das!)

Wir brauchen keine Opposition, wir sind selbst Demokraten.

(Abg. Drexler SPD: Und die sind aber keine!)

So geht es nicht! Das Einzige, was wir im Ausschuss erfahren haben: „Das geht uns alles zu weit.“ Selten habe ich mich über ein Verfahren im Ausschuss so geärgert. Man muss doch die Arroganz der Macht nicht so deutlich heraushängen, wie das in diesem Fall war.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sie betonen doch immer, es gehe um das Ansehen des Hauses. Dann sollte man auch im Ausschuss und im Parlament entsprechend miteinander umgehen, auch bei allen Auseinandersetzungen, die hart und polemisch geführt werden können. Aber sich so hinzustellen und zu sagen: „Ihr könnt eh machen, was ihr wollt; interessiert uns nicht, wir entscheiden, wir sind die Mehrheit!“, so geht es einfach nicht.

(Abg. Seimetz CDU: Das verwechseln Sie mit Berlin! Sie verwechseln das mit Berlin, als ihr da hingestanden seid!)

Was haben wir denn jetzt für eine Situation, Kollege Seimetz? Dieses Mal behandeln wir den SPD-Entwurf, der ungefähr dem entspricht, was wir in der letzten Legislaturperiode hier beantragt haben. Deswegen werden wir den Gesetzentwurf der SPD auch unterstützen. Beim nächsten Mal werden wir dann den Regierungsentwurf diskutieren, als ob das ein Thema wäre, bei dem man in der Öffentlichkeit viele Pluspunkte sammeln könnte. Das ist ja wirklich ein extrem populäres Thema. Deswegen können Sie offensichtlich nie genug davon bekommen. Das alles ist für mich nicht nachvollziehbar.

Jetzt komme ich zum eigentlichen Gesetz. Sie haben in der letzten Legislaturperiode – das haben wir begrüßt – beim Übergangsgeld und bei der Anrechnung der privaten Einkommen entsprechende Schritte in die richtige Richtung gemacht. Sie haben sich sozusagen auf den Weg gemacht. Sie sind aber auf halbem Weg stehen geblieben. Deshalb müssen jetzt weitere Schritte folgen. Die Privilegien wurden hier geschaffen – das wurde auch nochmals betont –, damit das Amt des Ministers oder der Ministerin besonders attraktiv ist. Aber es ist doch längst erkannt worden, dass man weit über das Ziel hinausgeschossen ist. Die ersten Korrekturen, die in den Jahren 1991 und 1997 vorgenommen wurden, reichen – das erkennt man auch heute wieder – bei weitem nicht aus.

Ich nenne beispielsweise den Sockelbetrag. Ich frage mich: Warum reichen in Baden-Württemberg 30 % nicht aus? In fast allen anderen Ländern haben wir einen solchen Satz. Er

gilt auch im Bund. Auch eine Reduzierung des Höchstruhegehaltssatzes auf 70 % – Herr Kollege Kretschmann hat darauf hingewiesen – wird keinen ehemaligen Minister und keine ehemalige Ministerin zum Sozialamt treiben.

(Abg. Hauk CDU: Das soll es ja auch gar nicht ge- ben!)

Das soll es auch nicht geben. Da bin ich ja völlig dafür. Aber wenn man, wie die ehemalige Ministerin Staiblin, nach fünf Jahren Amtszeit – das sei ihr persönlich ja von Herzen gegönnt – schon jeden Monat über 4 000 € an Pensionsgeldern bekommen kann – –

(Abg. Hauk CDU: Sie hat ja ein hohes Risiko ge- tragen!)

Ja, sie hat ein hohes Risiko gehabt. Das haben wir gemerkt.

(Abg. Stickelberger SPD: Für wen? – Abg. Drexler SPD: Für das Land, richtig! Das war ein hohes Ri- siko! – Heiterkeit bei der SPD – Unruhe)

Ich kann Ihnen nur sagen, meine Damen und Herren: Es gibt keinen anderen Beruf und keine andere Tätigkeit, wo man sagen könnte: Sie bekommen nach fünf Jahren über 4 000 € staatliche Pensionen.

(Abg. Hauk CDU: Das kriegt der Rezzo Schlauch nach zwei Jahren!)

Das gibt es wirklich nicht. – Und der Hinweis auf den Bund mit zwei Jahren ist einfach zu kurz gegriffen.

(Zurufe der Abg. Hauk und Seimetz CDU)

Herr Kollege Hauk, wir haben heute Morgen diskutiert.

(Abg. Hauk CDU: Seit Sie in Berlin an der Regie- rung sind, ist dort Totenstille!)

Ich habe schon mitbekommen, wer in Berlin regiert. Das müssen Sie mir jetzt nicht erzählen.

Ihr Ministerpräsident hat hier heute Morgen groß auf den Putz gehauen: Was brauchen wir alles für Reformen bei den Sozialsystemen!

(Zurufe der Abg. Dr. Inge Gräßle und Hauk CDU sowie der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Wir haben beispielsweise heute Morgen gehört: Auch bei den Renten müssen wir etwas machen. Wir haben die Diskussion über die Pensionslasten gehabt. Ich frage mich: Warum gilt das alles nicht für Minister? Das, was der Kollege Reinhart hier vorgestellt hat,

(Abg. Drexler SPD: War erbärmlich!)

ist ja kaum das Papier und die Diskussion wert. Das ist doch keine Reform! Das ist doch die Beibehaltung der Selbstbedienungsmentalität. Etwas anderes haben Sie hier nicht vorgetragen.