Viertens – und das ist für mich der wichtigste Punkt – müssen wir die Einstellungen der Bauherren wieder ändern. Dies ist aber sehr schwierig; denn es muss ihnen vermittelt werden, dass auch das Wohnen in der Innenstadt und in den Ortskernen Lebensstil und Atmosphäre bietet. Hierfür ist Öffentlichkeitsarbeit nötig. Statt weitere Broschüren zu verfassen – Herr Staatssekretär, die existierenden sind wirklich gut –, ist es, glaube ich, an der Zeit, jetzt Fachleute zu benennen und auszubilden, die beispielsweise Informationen und Vorträge in Gemeinderäten, in Ortschaftsräten und auch für die Bürger halten. Der von Ihnen, Frau SchmidtKühner, erwähnte Kongress ist ein guter Anfang; er hat ja zum Thema: „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“.
Das ist ein Anfang. Das sage ich ja. – Wir müssen von den Broschüren jetzt zur Information kommen. Wir müssen durch Beispiele aufzeigen, wie man in den Stadt- und Ortskernen gut, modern, familiengerecht und auch stilvoll leben kann. Hierfür ist Marketing nötig.
Zum Schluss ein schöner Satz, der Ihnen zeigt, was Marketing soll: Wenn du willst, dass die Leute ein Schiff bauen, dann zeige ihnen nicht, wie man Bäume fällt, sondern erzähle ihnen von der wunderschönen Welt auf der anderen Seite des Meeres.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Antrag der SPD-Fraktion wird ausdrücklich festgestellt, dass die Landesregierung in allen Analysen zum Thema Flächenverbrauch die Situation völlig richtig erkannt hat. Wenn das schon die Antragsteller so ausdrücklich feststellen, möchte ich zu den Analysen nichts mehr sagen. Gehen wir einfach davon aus, dass die Analysen stimmen. In der Tat ist es eine beeindruckende Zahl, wenn 11,1 Hektar – so steht es jedenfalls in der Stellungnahme drin – jährlich,
täglich an neuer Siedlungs- und Verkehrsfläche in Anspruch genommen werden. Aber selbst dann, wenn man davon ausgeht, dass der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche in den kommenden zehn Jahren von 12,3 auf 13,2 % ansteigt – ich will das nicht verniedlichen, aber es ist interessant –, lägen wir damit immer noch unter dem Durchschnitt der alten Bundesländer. Dass eine solche Steigerung dennoch tunlichst zu vermeiden ist, ist keine Frage.
Es ist sicherlich auch verdienstvoll, dass dieses Thema im Landtag immer wieder angeschnitten wird und man sich danach erkundigt, wo wir stehen und was im Einzelnen zu tun ist.
Ich möchte an dieser Stelle sagen – das muss die Antragsteller eigentlich nicht betrüben –, dass in vielen Punkten offene Türen eingerannt werden.
Manche der Vorschläge – darauf werde ich später noch kommen – sind allerdings aus unserer Sicht nicht sachgerecht und ordnungspolitisch auch nicht richtig.
Es ist seit vielen Jahren ein feststehendes Ziel der Landesregierung, auf allen Planungs- und Verwaltungsebenen dem Flächenverbrauch konsequent entgegenzutreten. Dazu gibt es gesetzliche Vorschriften, eine Menge von Strategien, Maßnahmen, Projekten und Wettbewerben. Wir haben die Bodenschutzklausel im Baugesetz. Wir haben gerade erst einen Landesentwicklungsplan verabschiedet. Er enthält nicht nur den Begriff der Nachhaltigkeit. Ich weiß, dass das manchem zu wenig war. Konkret ist das Netz der zentralen Orte, das Netz der Entwicklungsachsen ganz wichtig. Die daraus folgende Konzentration auf Siedlungsschwerpunkte ist ein ganz wichtiger Punkt, um den Flächenverbrauch zu reduzieren.
Es gibt auch immer wieder Ärger; denn es gibt viele Orte, deren Einwohner fragen: Warum haben wir keine zentralörtliche Bedeutung? Warum sind wir nur für die eigene Entwicklung zuständig und dürfen nicht mehr tun? Das ist ein ganz konkreter Punkt, wie man Flächenverbrauch wirklich nicht nur deklamieren und reklamieren kann, sondern tatsächlich auch in den Griff bekommt.
Klar ist, dass wir keine Einzelhandelsgroßprojekte auf der grünen Wiese wollen, und zwar nicht nur aus Gründen des Flächenverbrauchs, sondern auch aus anderen Gründen. Der Umweltplan, das Bundesnaturschutzgesetz, das Landeswaldgesetz wie alle Waldgesetze der Länder haben das beinhaltet. Es gibt Modellprojekte. Frau Brenner hat auf viele hingewiesen, ich brauche das nicht zu wiederholen.
Ich hätte eine Anregung: Sehr überzeugt bin ich von dem Modellprojekt zum nachhaltigen kommunalen Flächenressourcenmanagement. Zum Teil erfolgt Flächenverbrauch aus Unkenntnis dessen, wo es noch Ressourcen gibt und was man alternativ tun kann. Es geht nicht darum, an die Bereitschaft zu appellieren – sie ist vorhanden –, sondern darum, ein Vehikel zu schaffen, wie man das tatsächlich auch von der Information her sinnvoll in den Griff bekommt. In diesem Zusammenhang würde ich empfehlen, an das Wirtschaftsministerium die Anregung, dieses Modellprojekt flächendeckend in ganz Baden-Württemberg zu verbreiten, weiterzuleiten.
Es ist bekannt, dass die Lebensbereiche Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Einkaufen zusammengehören, dass man das nicht wie früher trennen will, und zwar auch aus Gründen der Verkehrsproblematik. Das ist nun wirklich nichts Neues. Ich nenne nur die Stichworte „Stadt der kurzen Wege“, „regional abgestimmte Einzelhandelsprojekte“. Wir wissen, dass die Nutzung von Baulücken und Innenbrachen wirklich nichts ist, wo man das Rad neu erfinden muss. Das gehört zum Vehikel jeder kommunalen Arbeit. Dazu braucht man keine Belehrung von oben. Das wissen die Leute vor Ort schon selber.
Wir haben die Stichworte „soziale Stadt“, „kostengünstiges und Flächen sparendes Bauen“. Das habe ich mir vor 20 Jahren einmal in Weinstadt im Konrad-Adenauer-Haus angeschaut. Das hat man dort also schon vor 20 Jahren gemacht. Das ist eine sehr gute Sache.
Weil die Redezeit zu Ende geht, will ich nur noch kurz auf die Vorschläge im SPD-Antrag zu sprechen kommen, von denen ich der Meinung bin, dass sie problematisch sind.
Das eine ist die Forderung, eine jährliche Reduzierung des Flächenverbrauchs gewissermaßen von oben herab zu fixieren.
Wie wollen Sie das machen, wenn Sie die nötige Flexibilität und die erforderliche Rücksicht auf die unterschiedliche Standortsituation garantieren wollen? Sie begehren eine Art Fünfjahresplan, den man nun wirklich nicht propagieren kann. Das ist bedrucktes Papier, ein schöner Plan, und sonst wird sich nichts ändern.
Schon das Wort „fixieren“ – es ist ein rechtstechnisch schwammiges Wort – zeigt verräterisch, dass das gar nicht funktionieren kann.
Und was soll man auf der Bundesebene tun? Sie sagen, wir sollten uns auf Bundesebene für eine Novellierung aller Gesetze dahin gehend einsetzen, dass ein sparsamer Flächenverbrauch berücksichtigt und gefördert wird. Erstens haben Sie zur Bundesebene einen sehr direkten Kontakt. Dazu brauchen Sie uns nicht groß aufzufordern. Zweitens hat man das in all den von mir genannten Gesetzen schon getan, und zwar ohne Nachhilfeunterricht.
Zur Besteuerung des Flächenverbrauchs: Wir sind ja geradezu Weltmeister im Erfinden von Besteuerungstatbeständen. Ich breche eine Lanze für die kommunale Seite. Dort wissen die Leute sehr wohl, was sie tun.
Die Bereitschaft, Wohnbebauungsflächen auszuweisen, ist in vielen Gemeinden so gering geworden, dass wir von der Politik aufhören sollten, ständig an die Kommunen zu appellieren, sie sollten mehr Bauland ausweisen, damit der Baulandpreis in Verdichtungsräumen reduziert werden könne. Ich höre nämlich immer wieder von der Landespolitik die Aufforderung, mehr Bauland auszuweisen.
Die Kommunen tun das, was sie tun können. Ich denke, die Stellungnahme zu dem Antrag zeigt, dass man das eine oder andere verbessern kann, dass man aber insgesamt übereinstimmend auf dem richtigen Weg ist.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Der richtige Weg ist aber keine Steigerung!)
(Abg. Dr. Caroli SPD: Oh, ein neues Hemd! Schö- ne Farbe! – Gegenruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Nein, das hat er beim ersten Mal schon getragen!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Von Übereinstimmung, lieber Kollege Hofer, kann bei diesem Thema überhaupt keine Rede sein.
(Beifall des Abg. Dr. Witzel GRÜNE – Abg. Regi- na Schmidt-Kühner SPD: Das würde ich aber auch sagen!)
Das beginnt schon einmal damit, dass die Stellungnahme zum SPD-Antrag von Wirtschaftsminister Dr. Döring und nicht vom Umweltminister unterschrieben ist. Daran sieht man, welchen Stellenwert das Thema Flächenverbrauch bei Ihnen hat.
Das ist ungefähr so, als würde man einem dreijährigen Kind den Süßigkeitenvorrat der Familie zur Bewachung übergeben. Wenn der Wirtschaftsminister die Stellungnahme abgibt, dann weiß ich, welche Ergebnisse darin festgehalten werden.
(Abg. Hofer FDP/DVP: Die Vorschläge betreffen alle das Wirtschaftsministerium! – Zuruf des Abg. Drautz FDP/DVP)
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, hier gilt offenbar ein abgewandelter Satz von Erwin Teufel: Politik beginnt mit dem Ausblenden der Wirklichkeit.