Wo man in der Analyse, die Sie uns vortragen, hinschaut, wird verharmlost. Da wird erläutert, dass Versiegelung und Flächenverbrauch ja nicht dasselbe seien. Aber die erschwerenden Faktoren tauchen gar nicht auf. Dazu gehört, dass wir in Baden-Württemberg nur noch sechs Naturräume haben, die zehn Kilometer im Geviert ummessen, die einigermaßen unzerschnitten sind, und dass das immer weniger wird. Das taucht bei Ihnen nicht auf.
In der Statistik steht, dass wir entgegen Ihren Zielsetzungen im Landesentwicklungsplan keineswegs eine Konzentration der Bebauung auf die Kernorte und auf die Verdichtungsräume erreichen, aber Sie bemerken das gar nicht. Schauen Sie sich das einmal an. In den Verdichtungsräumen wuchs die Wohnfläche in den letzten zehn Jahren um 4,7 %, im ländlichen Raum um 8,9 %.
Bei der Gewerbefläche gab es im Verdichtungsraum einen Zuwachs von 2,4 % und im ländlichen Raum von sage und schreibe 28,1 %. Wir beobachten doch genau das Gegenteil
Ihrer Zielsetzungen. Die Wissenschaft nennt das Suburbanisierungsprozess: Alles zieht raus aufs Land, und draußen entsteht ein „Siedlungsbrei“, der nach nichts mehr aussieht und wo es sich auch nicht zu leben lohnt. Und Sie stellen sich hierhin und tun so, als wäre alles in bester Ordnung. Das ist schwer zu ertragen.
Meine Damen und Herren, das ergibt einen „Siedlungsbrei“, bei dem wie in einer amerikanischen Vorstadt ein Haus neben dem anderen steht. In zwei Generationen ist mehr Land zugebaut worden als in allen Menschheitsgenerationen zuvor, und nach einer Prognose einer Enquetekommission wird die Bundesrepublik bis 2080 vollständig zugebaut sein.
Und dann stellen Sie sich hier hin und listen auf etlichen Seiten auf, was Sie alles schon getan haben. Das tun Sie seit Jahrzehnten.
Das Ergebnis ist – das Statistische Landesamt schreibt Ihnen das ins Stammbuch –: Der Flächenverbrauch wächst jedes Jahr an, und er soll bis 2010 weiter anwachsen.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Capezzuto SPD: Unerträglich! Da hat er Recht! – Widerspruch bei der CDU – Zurufe von der CDU)
Herr Drautz, ich nehme an, Sie wollen fragen, ob ich zurück auf die Bäume will. Es gibt unterschiedliche Wohnmodelle.
Im Remstal war es vor 30 Jahren noch sehr schön. Heute ist das eine völlig zubetonierte Industrielandschaft. Ich will nicht, dass es überall so aussieht wie in meiner früheren Heimat im Remstal. Das ist die Antwort darauf.
Was schlägt denn nun, meine Damen und Herren, die Landesregierung vor? Hier ein Untersuchungsprogrämmchen, dort ein Modellprojekt. Aber alle effizienten Steuerungsinstrumente werden doch von Ihnen systematisch abgelehnt.
Auf der einen Seite heißt es, das Planungsrecht sei das effektive Instrument, um dem Flächenverbrauch zu begegnen. Aber auf der anderen Seite radieren Sie im Landesplanungsgesetz den einzigen vernünftigen Gedanken, dass man für eine dichte Bebauung sorgt, aus und verbieten den Regionalverbänden, entsprechende Dichtewerte wenigstens einmal als Richtwerte vorzuschreiben, ohne dass Sie eine Alternative anbieten. So wird der Flächenverbrauch doch gefördert. Im Planungsrecht machen Sie nichts. Da ist nichts Neues; da kann sich nichts verändern.
Auf der anderen Seite sagen Sie: Steuerliche Maßnahmen kommen nicht in Betracht; denn das Steuerrecht ist ohnehin schon überfrachtet. Mit Steuern darf man es also auch nicht machen. Ja, womit denn dann? Schlagen Sie uns wenigstens vor, wie Sie dem enorm grassierenden Flächenverbrauch entgegenwirken wollen, und listen Sie nicht auf, was Sie alles schon getan haben, was aber nichts gebracht hat.
Was ist der Grund dafür, dass Familien aufs Land ziehen? Zum Ersten will jemand sein Ackerland versilbern. Er bekommt für Bauland den zehnfachen Preis gegenüber einer landwirtschaftlich genutzten Fläche.
Zum Zweiten, meine Damen und Herren, ist der Baulandpreis dort vielleicht ein Fünftel von dem in der Innenstadt; also zieht man hinaus. Zum Dritten ist dort die Grundsteuer im Hebesatz niedriger und natürlich auch im Wert des Ganzen, auf den die Grundsteuer erhoben wird. Zum Vierten bekommt man beim Neubau eine Eigenheimzulage, die doppelt so hoch ist wie beim Altbau; also lohnt es sich auch deshalb, in die Fläche hinaus zu gehen. Zum Fünften gibt es, wenn man in die Stadt zum Arbeitsplatz fährt, die Kilometerpauschale, und sie subventioniert alles.
Ich würde das sofort ändern. Aber wenn wir es machen, kommen Sie in den Bundesrat und hauen alles heraus.
Darum geht es doch. Sie sind zu nichts bereit. Sie lehnen die steuerlichen Maßnahmen ab und sagen uns: Macht ihr es doch! Aber im Bundesrat wird alles blockiert. Wie soll das denn gehen? Bei solchen steuerlichen Anreizen ist es doch nur logisch, dass alle Kommunen Bauland ausweisen und alle aufs Land hinausziehen. Und Sie tun nichts dagegen, außer schöne Reden zu halten.
Meine Damen und Herren, das ist einfach ein Skandal. Es ist noch schlimmer: Da kommt der Ministerpräsident und schlägt vor, dass ein Zuschlag auf die Einkommensteuer erhoben werden soll. Das heißt: Erst recht ziehen dann alle hinaus aufs Land. Sie wollen also die Anreize zum Flächenverbrauch noch verstärken.
Das Ergebnis Ihrer Politik ist: Solange die anderen etwas tun würden – ich nenne die Eigenheimzulage als Stichwort –, lehnen Sie es ab, da wird nichts gemacht.
Die Ökosteuer wird blockiert. Wenn Sie selber im eigenen Wirkungsbereich etwas zu tun haben, wird die Fläche ordentlich versiegelt, zum Beispiel beim Straßenbau. Jede Straße, die nicht gebaut wird, ist für Sie ein Skandal. Von Flächenverbrauch spricht da kein Mensch. Das Ergebnis wird nicht eine Vielfalt der Landschaft sein, wie wir sie heute in Baden-Württemberg schätzen.
Nein, meine Damen und Herren, das Ergebnis Ihrer Politik wird ein einheitlicher, gesichtsloser „Siedlungsbrei“ in Baden-Württemberg sein. Vielleicht weckt Sie diese Rede auf, sodass Sie einmal bemerken, was im Land vorgeht.