Aber Sie haben noch einiges zu der „Lex Föll“ gesagt. Dazu bitte ich mir eine Bemerkung zu erlauben.
Ich habe den Eindruck, insbesondere bei Herrn Kollegen Stickelberger – Herr Oelmayer war ja etwas vorsichtiger –, dass Ihre Empörung ein bisschen gespielt ist. Sie machen aus einer Mücke einen Elefanten.
In der Sache geht es doch darum: Soll der Gemeinderat einer Stadt ohne gesetzgeberische Vorgaben einen Finanzbürgermeister wählen dürfen, den er für richtig hält? Da bin ich persönlich immer der Auffassung: möglichst viel Handlungs- und Entscheidungsspielraum für den Gemeinderat.
Er muss hinterher auch die Verantwortung für seine Entscheidung tragen. Es entspricht übrigens auch dem viel beschworenen Subsidiaritätsprinzip, dem Gemeinderat möglichst viel Verantwortung zu übertragen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Oel- mayer GRÜNE: Diese Regelung haben doch nicht wir hineingeschrieben! Das wart ihr doch selber!)
Deshalb, Herr Kollege Stickelberger, fand ich es auch amüsant, dass Herr Kollege Heinz Ihnen die kluge Zwischenfrage gestellt hat,
Sie haben, wenn ich es richtig im Kopf habe, geantwortet, Sie seien damals noch nicht im Landtag gewesen, und das sei ein Problem Ihrer Vergangenheit. Aus unserer gemeinsamen Zeit beim Verwaltungsgericht in Freiburg kann ich Ihnen aber bestätigen: Sie haben keine Probleme mit Ihrer Vergangenheit – Sie haben immer ein ordnungsgemäßes Leben geführt. Aber Sie haben die Frage nicht beantwortet.
Ich kann mir vorstellen, dass Sie im Grunde genommen genauso denken, wie es dem Antrag der CDU-Fraktion und der FDP/DVP-Fraktion entspricht.
Herr Minister, halten Sie ungeachtet der Art, wie man eine solche Bestimmung inhaltlich gestaltet, und ungeachtet der Frage, ob man sie entfallen lässt, das Verfahren, das hier gewählt wurde, für korrekt?
Warum war es, nachdem, wie Sie selbst bestätigt haben, die Diskussionen schon drei Jahre alt sind, nicht möglich, die Angelegenheit ordnungsgemäß auf den Gesetzgebungsweg zu bringen, und warum fehlt zu der Änderung, die von den Koalitionsfraktionen nachgereicht wurde, jegliche Stellungnahme des Innenministeriums?
Die Stellungnahme des Innenministeriums gebe ich ja jetzt ab, und dann wird in zweiter Lesung abgestimmt.
Auf Ihre Frage wäre ich sowieso eingegangen; denn sie lag eigentlich in der Luft. Wir sind uns sicher darüber einig – das ist der Ausgangspunkt –, dass es vernünftig ist, einem Gemeinderat keine Vorgaben zu machen, wen er als Finanzbürgermeister wählen darf.
Wir sind im 21. Jahrhundert. Das sind alles erwachsene Menschen, und sie sollen ihrer Verantwortung genügen. Punkt. Aus.
Deshalb war die Regelung schon damals – da muss ich Sie korrigieren, Herr Oelmayer – nicht im Gemeindewirtschaftsrecht, sondern in einem Gesetzentwurf zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums enthalten – übrigens mit Zustimmung der kommunalen Landesverbände.
Dieser Gesetzentwurf – das wissen Sie alle, die Sie damals dabei waren; Sie noch nicht – ist aus einem ganz anderen Grund nicht mehr hier im Parlament verabschiedet worden: weil die kommunalen Landesverbände seinerzeit noch gegen eine ganz andere Bestimmung in diesem Gesetzentwurf, nämlich gegen die so genannte Experimentier- oder Öffnungsklausel, Bedenken hatten. Das hat dazu geführt,
dass man den Gesetzentwurf in der vergangenen Legislaturperiode nicht behandelt hat. Da wäre die Bestimmung schon enthalten gewesen, dass man eben keine Vorgaben an einen Gemeinderat macht, wen er als Finanzbürgermeister wählen kann.
Dass dies sachlich richtig ist, zeigt übrigens auch das folgende einfache Beispiel: Überall dort, wo eine Stadt oder eine Gemeinde überhaupt keinen Beigeordneten hat, wird der Bürgermeister ja auch ohne Vorgaben im Sinne irgendwelcher Standards gewählt bzw. ist jeder Mann, jede Frau als Bürgermeister wählbar – jedenfalls unabhängig von irgendwelchen Qualifikationsvoraussetzungen.
In Folgendem bin ich persönlich der gleichen Auffassung wie der Kollege Oelmayer: Wenn man jetzt in Stuttgart konkret vor der Situation steht – demnächst jedenfalls; ich weiß auch nicht genau, wann –, dass Finanzbürgermeister Lang in den Ruhestand tritt, sollte man nicht darum herumreden und nicht argumentieren, es handle sich um eine „Lex Föll“. Vielmehr zieht man angesichts der bevorstehenden Personalentscheidung in Stuttgart das Gesetzesvorhaben, das man ohnehin auf der Agenda hatte, einfach vor – nicht mehr und nicht weniger.
Was das Verfahren angeht, so würde ich auch darum bitten, nicht allzu viele Krokodilstränen zu vergießen. Der Konflikt, der sich in Stuttgart anbahnt, war Ihnen bekannt. Darüber haben auch die Stuttgarter Zeitungen mehrfach berichtet. Der von Ihnen vorhin viel beschworene Überraschungseffekt konnte im Grunde genommen also nicht stattfinden.
Aber das Problem war Ihnen durchaus bekannt. Deshalb sage ich: Es ist richtig, dies zu entscheiden. Weil das ohnehin notwendig und überfällig war, handelt es sich auch nicht um eine „Lex Föll“. Das Einzige, was man mit Blick auf die sich anbahnende Personalveränderung in Stuttgart tut, ist: Man zieht das, was man ohnehin tun wollte und, wie ich meine, tun musste, einfach vor – nicht mehr und nicht weniger.