Protokoll der Sitzung vom 28.05.2003

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir mussten den Artikel 2 ablehnen, weil wir das Verfahren kritisieren, und wir mussten den Gesetzentwurf insgesamt ablehnen, weil über diese Änderung in der sachlich gebotenen Weise beraten und entschieden werden muss. Gegen die Regelungen zur Europawahl und insbesondere die Veränderung der Amtszeiten der Gemeinde- und Kreisräte und der Mitglieder der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart haben wir natürlich nichts einzuwenden.

Das zur Klarstellung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Punkt 2 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die juristischen Prüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (Juristenausbildungs- gesetz – JAG) – Drucksache 13/2086

Zur Begründung erteile ich das Wort Frau Justizministerin Werwigk-Hertneck.

Am 1. Juli dieses Jahres tritt im Bund das neue Gesetz zur Juristenausbildung in Kraft, und entsprechend haben wir auch unser Landesgesetz zum 1. Juli zu ändern. In dem Ihnen vorliegenden Entwurf geht es im Wesentlichen darum, dass im Rahmen einer Verordnungsermächtigung, die wir auch mit dem Innenministerium, dem Finanzministerium und dem Wissenschaftsministerium abgestimmt haben, die Teile des Studiums genau aufgegliedert und beschrieben werden. Zum Beispiel erfolgen Regelungen zu Prüfung und Ausbil

(Ministerin Corinna Werwigk-Hertneck)

dungszeit, und man hat zwei Staatsprüfungen umgewandelt in eine erste, normale juristische Prüfung, die von der Universität im Schwerpunktbereich abgenommen wird, und eine, die vom Staat in den Pflichtbereichen abgenommen wird.

Wir haben dann auch noch Ausführungsbestimmungen vorgesehen, weitere Bestimmungen, zum Beispiel reisekostenrechtliche Bestimmungen für Referendare, die im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis stehen, damit sie zumindest die Hälfte der in ihrer Ausbildungszeit als Referendar anfallenden Kosten erstattet bekommen.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf, damit das Landesgesetz zeitgleich mit dem Bundesgesetz in Kraft treten kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, die Fraktionen sind übereingekommen, in der Ersten Beratung keine Aussprache zu führen. Der Gesetzentwurf soll daher ohne Aussprache an den Ständigen Ausschuss überwiesen werden. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

(Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Punkt 3 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Wir treten nun in die Mittagspause ein. Die Sitzung wird um 13:30 Uhr fortgesetzt.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:09 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 13:31 Uhr)

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Ausbau von Forschung und Lehre zum ökologischen Landbau – Drucksache 13/929

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung 5 Minuten und für die Aussprache 5 Minuten je Fraktion.

Wem darf ich das Wort erteilen? – Herr Abg. Walter, Sie erhalten das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der ökologische Landbau hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Es gibt trotz Nitrofen selbst im letzten Jahr starke Zuwachsraten. Der Umsatz mit Lebensmitteln aus ökologischem Landbau hat sich in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1997 und 2002 verdoppelt. Die Zahl der Erzeuger allein für Bioland ist in BadenWürttemberg im letzten Jahr um 3,7 % gestiegen, und es gab 8,7 % mehr Fläche. Mittelfristig werden auch von internationalen Experten in Deutschland insgesamt Raten von 10 bis 15 % erwartet.

Dem, meine Damen und Herren, müssen Forschung und Lehre auch in Baden-Württemberg Rechnung tragen. Es gibt noch viel zu erforschen. Darüber sind wir uns alle einig. Wenn man vonseiten der Landesregierung immer wieder den Hinweis hört, dass wir im ökologischen Landbau eine führende Rolle spielen, dann muss auch bei der Forschung ein Zeichen gesetzt werden. Eine umweltorientierte Produktion muss das Markenzeichen Baden-Württembergs werden. Das ist eine altbekannte Tatsache. Lebensmittelketten sagen uns immer wieder, sie könnten in Deutschland derzeit nicht den Bedarf decken für das, was sie an ihre Kunden weiterverkaufen wollten. Das heißt, es gibt hier noch große Märkte, die man erschließen kann. Das ist eine Chance für Baden-Württemberg. Wir haben gar keine andere. Mit unseren Strukturen haben wir auf dem Weltmarkt ansonsten keine Chance.

Ich hatte das Glück, mit einer Delegation von Baden-Württemberg vor zwei Wochen nach Russland zu reisen. Ich kann Ihnen sagen, was die für Strukturen haben. Wenn dieser schlafende Riese der Landwirtschaft einmal aufgewacht sein wird, dann ist es gut, wenn man hier schon ein eigenes Markenzeichen, nämlich umweltfreundliche Produktion, hat.

Andere Bundesländer, meine Damen und Herren, sind, was die Erforschung des ökologischen Landbaus anbelangt, wesentlich weiter. Uns droht, dass wir den Anschluss verlieren.

(Abg. Kiefl CDU: Aber wir sind ökologisch Spitze! Wir haben die meisten Hektar!)

Deswegen, meine Damen und Herren, hat Minister Stächele schon bei den Haushaltsberatungen im Jahr 2002 versprochen, dass bis Ende März 2002 vom Kabinett ein Beschluss, einen Lehrstuhl für ökologischen Landbau einzurichten, gefasst würde. Auf den warten wir aber heute noch. Er weiß, dass auch der konventionelle Landbau davon profitieren würde. Denn – und das ist ein gutes Zeichen – die Zeit der ideologischen Grabenkämpfe zwischen konventionellem und ökologischem Landbau sind zum Glück vorbei.

Der Minister hat erst in dieser Woche wieder die Qualität der Bioprodukte gelobt. Er hat – es ist jetzt ja endgültig zugesagt worden, dass man es einführen kann – das Biozeichen Baden-Württemberg eingeführt. Auch das zeigt, dass der Minister für diese neue Entwicklung steht, und dafür sind wir ihm auch sehr dankbar.

Aber im Bereich Forschung sind dem Wissen bisher keine Taten gefolgt. Auch die Universität Hohenheim hat die Schwachstelle erkannt und hat einen Koordinator eingesetzt. Man hat einen Entwicklungsplan erstellt. Aber dies, meine Damen und Herren, ersetzt keinen Lehrstuhl. Mit einem Lehrstuhl kann wesentlich gezielter geforscht und gelehrt werden, beispielsweise in der Sozioökonomie. Auf diesem Gebiet ist die Schweiz sehr weit. Das ist für den Biobereich sehr wichtig. Hieran fehlt es bei uns. Deshalb müssen wir forschen.

Wir wissen, dass wir in Baden-Württemberg sehr viele Sonderkulturen haben. So müssen wir im Weinbau Kupfer ersetzen. Dies ist ein Beispiel dafür, dass geforscht werden muss. Gleiches gilt für Soja, das als Futtermittel ersetzt

werden muss. Dies ist für den biologischen Landbau sehr wichtig. Dabei kann Baden-Württemberg – um nur diese zwei Beispiele zu nennen – einen guten Beitrag leisten.

Ein eigener Lehrstuhl hat natürlich auch symbolischen Charakter. Denn der ökologische Landbau bekommt dadurch eine Aufwertung. Ob wir einen solchen Lehrstuhl haben oder nicht, zeigt, meine Damen und Herren, welchen Stellenwert ökologischer Landbau in Baden-Württemberg hat.

Ein Lehrstuhlinhaber – das muss ich Ihnen nicht gesondert erklären – steht doch ganz anders da als nur ein Koordinator, den wir heute haben. Dabei will ich allerdings nichts gegen dessen Arbeit sagen, damit Sie mich nicht falsch verstehen.

Wir haben jetzt das Trauerspiel um Burg Wildeck gehabt, wo die Erforschung des ökologischen Weinbaus eingestellt wurde. Dies ist für mich ein Symbol für Desinteresse. Dem sollten wir nicht noch ein zweites hinzufügen.

In der Stellungnahme des Wissenschaftsministeriums zu unserem Antrag heißt es, im Strukturentwicklungsplan sei die Einrichtung einer Forschungsstelle vorgesehen. Meine Damen und Herren, Sie werden sich nicht wundern, dass mir dies viel zu vage ist. Ich werfe jetzt einmal einen Blick nach Bayern. Der Präsident der Technischen Universität München hat schon im September 1998, als dort für Weihenstephan ein entsprechender Lehrstuhl eingerichtet wurde, verkündet:

Der Lehrstuhl „Ökologischer Landbau“ war für Weihenstephan längst überfällig. Bislang fungiert in Weihenstephan lediglich ein wissenschaftlicher Mitarbeiter als Koordinator für den ökologischen Landbau... Daraus konnte sich keine vernünftige und sachgerechte Forschung und Lehre entwickeln.

Ich kann dem Präsidenten der TU München da nur Recht geben. Aber genau diese Struktur haben wir bei uns in Baden-Württemberg. Wenn man in Bayern schon 1998 erkannt hat, dass man so nicht weiterkommt, dann sollten wir dies im Jahr 2003 auch in Baden-Württemberg erkennen.

Ich zitiere noch weiter. Er sagte dann auch:

Wir dürfen nicht vergessen, dass die Bedeutung des ökologischen Landbaus nicht nur in der Agrarwirtschaft, sondern insgesamt gesellschaftspolitisch ständig zunimmt. Deutschland und besonders Bayern haben sich zu einem attraktiven Markt für ökologisch erzeugte Produkte entwickelt.

Was für Bayern gilt, gilt natürlich auch für Baden-Württemberg.

Wir erwarten nun, dass sich Minister Stächele auch persönlich dafür einsetzt. Es gibt seine Zusage gegenüber dem Finanzausschuss, und wir erwarten, dass er sich dafür einsetzt, dass dieser Lehrstuhl in nächster Zeit bei uns eingerichtet werden kann.

Wir sind natürlich nicht blind und wissen auch, wie es um die Finanzen des Landes bestellt ist. Deswegen haben wir schon damals in unserem Antrag gesagt: Schaut doch einmal nach Kassel; dort hat man Dritte ins Boot geholt. Das

heißt, der Lehrstuhl für ökologischen Landbau wird dort auch von Privaten mitfinanziert, beispielsweise von Verbänden für ökologischen Landbau. Vielleicht wäre dies ein Weg, den man auch in Baden-Württemberg gehen könnte, wenn sonst kein Geld vorhanden ist. Ich finde, das ist ein guter Weg. Deswegen sollten wir uns an dieser Stelle an Kassel orientieren. Auch hier gilt, wie schon so oft: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Danke.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Schüle.

Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktion GRÜNE greift das Thema auf, ob und gegebenenfalls wie wir die Forschung und Lehre im Bereich des ökologischen Landbaus stärken können und müssen. Dieses Thema ist deshalb interessant, weil wir in Baden-Württemberg beim ökologischen Landbau an der Spitze liegen. In Deutschland betreiben insgesamt 3,3 % der Betriebe ökologischen Landbau, in BadenWürttemberg 6,7 % der Betriebe. Noch zwei Zahlen, die die Entwicklung, die Kollege Walter angesprochen hat, untermauern: Wir haben im Jahr 1993 in diesem Bereich 1 400 Betriebe gehabt, im Jahr 2002 waren es schon über 4 700 Betriebe.

Deshalb ist es konsequent, dass wir in Baden-Württemberg dem ökologischen Landbau schon seit vielen Jahren eine besondere Bedeutung zumessen. Gerade das Lehrangebot – und das ist in der Stellungnahme des Ministeriums zu dem Antrag klar dargestellt worden – ist in den vergangenen Jahren in Baden-Württemberg noch einmal ausgebaut worden. Ich nenne zwei Bereiche: die Fachhochschule Nürtingen – hier bestehen entsprechende Forschungs- und Lehreinrichtungen – und die Universität Hohenheim; das ist ja wohl der Schwerpunkt des Grünenantrags. Die Uni Hohenheim hat beim ökologischen Landbau nicht nur ein national und international hohes Renommee, sondern sie hat auch bei den Forschungsschwerpunkten den richtigen Ansatz gewählt, Stichwort: integrativer Ansatz.