Protokoll der Sitzung vom 25.06.2003

(Widerspruch bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Was? Wo leben Sie denn? – Abg. Walter GRÜNE: Es gibt doch gar keine staatliche Subvention für die Windkraft! Wann begreifen Sie das endlich?)

und die beim 100 000-Dächer-Programm – auch das wurde bereits angesprochen – zusammen mit der Einspeisevergütung immerhin auf 571 € je Tonne kommt. Das ist eine stolze Zahl. Wir in Baden-Württemberg kommen mit dem allgemeinen Programm auf 18,70 € pro Tonne, und bei den Holzförderungen kommen wir sogar auf 6,60 € pro Tonne. Das ist effizienter Einsatz; damit haben wir gute Erfahrungen gemacht.

(Beifall der Abg. Dr. Noll und Pfister FDP/DVP)

Die Bundesregierung engagiert sich viel zu einseitig. Wir sehen die enorme Gefahr, dass die Große Wasserkraft wegbricht und dass damit ein wesentliches Potenzial der Minderung des CO2-Ausstoßes entfällt.

Die entscheidende Frage ist natürlich: Werden die Ziele von Kioto 2010 erreicht? Reichen die Ziele überhaupt aus? Für Baden-Württemberg gehen wir davon aus, dass das klappt. In Deutschland scheint es möglich zu sein. Bei den Industrieländern insgesamt ist ein großes Fragezeichen zu setzen. In der „Stuttgarter Zeitung“ vom 6. Juni stand die Meldung, dass im „UN-Report“ vorausgesagt werde, dass bis zum Jahr 2010, also innerhalb eines Jahrzehnts, statt mit einer Reduktion sogar mit einem Anstieg um 17 % gerechnet werden müsse. Hier ist dringender Handlungsbedarf ge

geben. Hier sind auch ein europaweites Vorgehen und eine europaweite Harmonisierung notwendig. Daher der dringende Aufruf an die Bundesregierung: Es muss endlich der Handel mit Emissionszertifikaten in Gang kommen; der darf nicht länger blockiert werden.

Der Wandel im Energiebereich ist ein langfristiger Prozess. Ich gehe davon aus, dass mein Kollege Hofer unter dem Tagesordnungspunkt 6 dazu noch weit mehr sagen wird. Wir brauchen dringend umweltehrliche Preise. Wir brauchen Forschungsförderung, und zwar nicht nur beschränkt auf einige wenige Projekte, die je nach politischer Farbe gerade für gut gehalten werden. Wir müssen das vielmehr offen gestalten, weil wir gar nicht wissen, wohin die Entwicklung läuft.

Bei den erneuerbaren Energien sehe ich für Baden-Württemberg eine besondere Bedeutung beim Holz. Die jährlich 3 Millionen Festmeter Energieholz ersetzen immerhin 600 Millionen Liter Heizöl, und Holz bindet eben bei seiner Entstehung durch die Photosynthese CO2 aus der Luft und ist deshalb weitgehend klimaneutral.

Auch die weiteren erneuerbaren Energien sind zu fördern. Wir halten es für sinnvoll, zum Beispiel bei Biomasseheizanlagen und Biogasanlagen eine Förderung durch Ausfallbürgschaften vorzunehmen. Das ist deshalb sinnvoll, weil die Wahrscheinlichkeit, dass solche Bürgschaften fällig werden, sehr gering ist und auch die Kosten sehr gering sind.

Bei der Windkraft ist das Spannungsverhältnis zwischen der Notwendigkeit des Ausbaus von Windenergie und der Landschaftsästhetik dringend zu beachten.

Ein letzter Punkt, der Bereich Verkehr. Herr Dr. Caroli, Sie haben gesagt, wir könnten im Land wenig tun. Ich sage, wir könnten sehr wohl einiges tun. Wir könnten zum Beispiel – was die Landesregierung für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet hat, was uns sehr wichtig war – die Wasserstraße Neckar ausbauen.

(Beifall des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD)

Heute steht in der Zeitung, dass dort weniger transportiert worden sei, weil wegen Hochwasser nicht so viel möglich war. Wenn wir aber die Schleusen verlängert hätten und dadurch eine moderne Wasserstraße hätten, ließen sich erhebliche Verkehrsmengen auf das Wasser verlagern. Das wäre bezüglich des Klimaschutzes eindeutig eine ganz wichtige Verbesserung.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Hauk CDU – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Sehr gut!)

Unser Ziel bei der Umweltpolitik ist, von der bisherigen Gängelung durch staatliche Gebote und Verbote wegzukommen und statt der Umweltbürokratie einen dynamischen Markt zu bekommen, in dem sich Investitionen in den Umweltschutz aufgrund ehrlicher Preise lohnen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Pfister FDP/ DVP: Sehr gut! Gute Rede!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Walter.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Oh, der hat schlechte Kar- ten!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal die CDU-Fraktion loben. Nach vielen Jahren haben wir zum ersten Mal von Ihrer Seite ein Umweltthema an eine prominente Stelle der Tagesordnung gesetzt bekommen. Das ist hoffentlich ein Neuanfang, der zeigt, dass Sie sich Umweltschutz wieder mehr zu Herzen nehmen und dass der Umweltschutz nicht völlig hinten herunterfällt.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Zufall! – Abg. Hauk CDU: Bei Ihnen vermisse ich das seit Jahren!)

Bei genauerem Hinsehen, Herr Kollege Hauk, gibt es allerdings keinen Grund, Ihre Politik zu loben, weder die Klimaschutzpolitik im Allgemeinen noch das Förderprogramm „Klimaschutz-Plus“ im Speziellen.

Zunächst gilt es festzustellen: Von Ihrem im Umweltplan festgezurrten Ziel, nämlich einer Reduzierung der CO2Emissionen von 77 Millionen Tonnen im Jahr 2000 auf 65 Millionen Tonnen im Jahre 2010, sind Sie Lichtjahre entfernt. Wir sind diesem Ziel keinen Schritt näher gekommen. Die Akademie für Technikfolgenabschätzung hat bereits im Dezember 2000 festgestellt, dass Sie keinen erkennbaren Beitrag leisten, um dieses Ziel zu erreichen. Das hat sich bis heute nicht geändert. Nach der aktuellen Zahl des Statistischen Landesamts hat sich im Jahr 2001 – das ist der aktuelle Bezug – der CO2-Ausstoß allein in BadenWürttemberg um 4,8 % erhöht.

Das hat Gründe. Beispielsweise ist Ihre Verkehrspolitik ein aktiver Beitrag zur Klimakatastrophe. Wenn ich nur Ihre Rolle bei der Debatte um die Einführung der Lkw-Maut anschaue – die war aus ökologischer Sicht kontraproduktiv.

Wenn ich schaue, was Sie im Bundesverkehrswegeplan fordern: Wenn wir das alles tun würden, dann könnten wir den Klimaschutz gleich völlig beenden. Das ist völlig absurd und nur kontraproduktiv.

(Abg. Hauk CDU: Dafür lieber mehr Staus! – Abg. Seimetz CDU: Von Menschenschutz ist da keine Rede! Menschenschutz ist ein Fremdwort!)

Ja, ja, ja. Ihnen fällt nichts ein.

Bei der Förderung regenerativer Energien – das muss man sich wirklich mal überlegen – ist Baden-Württemberg, wenn man sie pro Kopf umrechnet, auf dem vorletzten Platz. Nur noch von Hamburg werden Sie unterboten, was die Förderung regenerativer Energien anbelangt.

Deswegen kann ich Ihnen nach all diesen Zahlen nur sagen: Bisher sind Sie, gemessen an den Zielen, mit Ihrer Klimapolitik kläglich gescheitert.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Kommen wir zunächst zu Ihrem Programm „KlimaschutzPlus“. Das ist im Prinzip eine gute Sache, das kann man nicht in Abrede stellen. Das haben Sie sich gut herausgesucht. Es nutzt eine der wenigen Nischen, die die Bundesregierung lässt. Nur: Mit dem Volumen von nur 4 Millionen €, das Sie seitens des UVM effektiv in die Hand nehmen, zeigen Sie, dass Sie es mit dem Klimaschutz nicht so richtig ernst nehmen.

Es handelt sich, meine Damen und Herren, um eine zentrale Zukunftsfrage. Da muss ich doch klotzen und darf nicht kleckern. Mit solchen kleinen Kleckerprogrammen werden Sie die Klimakatastrophe nicht einmal aufhalten können. Wenn ich vergleiche: Für Hockenheim, ein Symbol für mehr Klimakatastrophe, geben Sie 15 Millionen € aus. Das heißt, man muss vier Jahre warten, bis Sie mit Ihrem Klimaschutzprogramm den Betrag erreicht haben, den Sie für Hockenheim auf einmal ausgegeben haben. Das zeigt, welchen Stellenwert Klimaschutz bei Ihnen wirklich hat

(Beifall bei den Grünen)

und wie wenig Sie zu bieten haben, Herr Kollege Hauk.

Was ich nicht mehr nachvollziehen kann, ist, wenn man sich hier hinstellt und das 100 000-Dächer-Programm mit dem Förderprogramm „Klimaschutz-Plus“ vergleicht. Das ist ein völlig unsinniger Vergleich. Der Dümmste hat doch mittlerweile begriffen, dass das 100 000-Dächer-Programm ein ökonomisches Programm ist. Hier geht es um Markteinführung. Das Worldwatch-Institut in Washington hat gesagt, das sei weltweit das Beste. Hat man das schon mal von Ihren Programmen gehört? Ich kann nur sagen, Sie spielen bei regenerativen Energien und beim Klimaschutz in der Kreisliga. Sie nehmen sich aber heraus, sich mit den Weltmeistern zu messen, ohne Ihre eigenen Defizite abzubauen.

(Abg. Hauk CDU: Weil wir besser sind!)

Da haben Sie wirklich noch viel zu tun.

(Beifall bei den Grünen)

Das EEG, Herr Kollege Hauk, ist mittlerweile weltweit in alle wichtigen Sprachen übersetzt. Ich habe ja begriffen, dass Sie kein Hochdeutsch können. Ich kann Ihnen versprechen, ich setze mich beim Kollegen Trittin dafür ein, dass das EEG ins Schwäbische und Badische übersetzt wird, damit endlich auch diese Landesregierung dieses Programm begreift.

(Beifall bei den Grünen und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen sagen, von 240 Megawatt – es werden insgesamt 300 sein – sind allein 60 in Baden-Württemberg installiert worden. Wer hat davon profitiert? Das Handwerk. Durch das 100 000-Dächer-Programm und durch das Markteinführungsprogramm für die regenerativen Energien sind immense Summen nach BadenWürttemberg geflossen.

Wenn Sie vergleichen, dann vergleichen Sie bitte richtig: 4 Millionen € geben Sie, 360 Millionen € gibt die Bundesregierung bis zum Jahre 2005 und wahrscheinlich auch darüber hinaus allein für Klimaschutz aus. Das, Herr Kollege

Hauk, sind die Zahlen, die Sie miteinander vergleichen müssen, und nicht irgendwelche Zahlen des 100 000-Dächer-Programms. Das eine ist eine ökologische und das andere zunächst mal eine ökonomische Sache. Deswegen: Wenn Sie vergleichen, dann vergleichen Sie bitte fair.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Zu Ihrem Programm – Herr Kollege Dr. Caroli hat darauf hingewiesen –: Jetzt ist noch nicht einmal die Hälfte des Jahres vorbei, und schon liegen 150 Anträge auf Halde. Das ist zunächst einmal schön, weil man sagen kann, das Programm sei erfolgreich. Nur: Die Kommunen werden völlig frustriert sein, wenn sie hören – das haben wir jetzt vom Ministerium erfahren –, dass sie die Anträge – diese sind jetzt zwar sachlich bewilligt, aber es ist kein Geld mehr dafür da – im nächsten Jahr noch einmal stellen müssen.

(Abg. Drexler SPD: Einreichen müssen!)

Was für ein Programm ist das eigentlich, wenn nicht einmal die Anträge aus dem letzten Jahr aufgearbeitet werden? Das heißt, Ihr Vorzeigeprogramm ist nicht so viel wert, wie Sie es dargestellt haben.

(Abg. Hauk CDU: Im Gegenteil!)

Deswegen lautet meine Forderung an Sie und an die Regierung: Legen Sie endlich ein echtes Programm auf, ein landesweites Klimaschutzprogramm, das vergleichbar ist mit den 64 Maßnahmen, die auf Bundesebene mit dem nationalen Klimaschutzprogramm aufgelegt worden sind.

Welches Konzept haben Sie beispielsweise beim Verkehr, außer dass Sie noch mehr Straßen bauen wollen, außer dass Sie noch mehr Umgehungsstraßen haben wollen? Setzen Sie sich bezüglich des Bundesverkehrswegeplans einmal genauso intensiv für die Förderung des Schienenverkehrs ein, wie Sie das beispielsweise für die Förderung des Straßenbaus tun. Dann werden wir sicherlich weiterkommen.

Noch ein allerletzter Punkt – es gibt noch etwas Positives oder etwas Gemeinsames –: Ihre Position zur Großen Wasserkraft teilen wir.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Zimmermann CDU: Sehr gut!)