Protokoll der Sitzung vom 25.06.2003

Herr Wintruff! – Ich möchte aber auch einen Appell an die Jugendlichen und vor allem an deren Eltern richten, weil ich gerade heute wieder einen Bericht in der Zeitung gelesen habe. Ich bin übrigens stolz darauf, dass unser Arbeitsamtsbezirk Rottweil-Tuttlingen, zu dem auch die Kol

legen Moser und Pfister gehören, in Baden-Württemberg an der Spitze ist, was die Ausbildungsplätze anbelangt.

(Beifall bei der CDU –Abg. Reichardt CDU: Bra- vo, Schuhmacher! – Abg. Schmiedel SPD: Das liegt am Moser!)

Wir haben noch einen Ausbildungsplatzüberhang.

Ich möchte noch etwas sagen: 45 % vor allem der jungen Damen teilen sich auf fünf Berufe und nicht auf die 250 auf. Damit möchte ich sagen, dass nicht jeder seinen Wunschberuf ergreifen kann, sondern dass die Ausbildung einfach dort absolviert werden sollte, wo Bedarf besteht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Derzeit stellen wir eine Zunahme im Vollzeitschulbereich fest, vor allem im BVJ. Dies zeigt sehr deutlich, dass zu wenig Ausbildungsplätze vorhanden sind. Auch dies möchte ich unterstreichen.

Ich möchte noch etwas zu zwei Bereichen sagen, die wir zusammenbringen müssen: Einmal sind dies die Ausbildungseinrichtungen, zum anderen die Kompetenzzentren. Beide sind sehr wichtig für unser Handwerk sowie für unsere kleinen und mittelständischen Betriebe.

Zu den Ausbildungseinrichtungen möchte ich sagen: Dort ist es natürlich notwendig, das bestehende Netz laufend instand zu setzen, vor allem aber im Inneren die Maschinen und die Einrichtungen, die erneuert werden müssen.

Wir müssen außerdem ein besonderes Augenmerk auf neue Berufe legen. Dies ist vielleicht gerade in meinem Bereich das Ausschlaggebende. Was meine ich? Mechatroniker, Oberflächentechniker. Jetzt kommen auch Keramikberufe viel stärker auf. Vielleicht gibt es eines Tages auch Solartechniker. Ich empfehle, besonders in diese neuen Berufe zu investieren.

(Zuruf des Abg. Dr. Witzel GRÜNE)

Ein Letztes: Ich appelliere auch daran, an diejenigen zu denken, die es schwer haben, in unserem Bildungsbereich vorwärts zu kommen. Auch an diese müssen wir denken.

Ich habe noch den Wunsch an alle Bildungseinrichtungen, an die Berufsschulen, an die IHKs und auch an die Handwerkskammern, dass sie besser zusammenarbeiten sollten. Es gibt in ganz Baden-Württemberg eine einzige Modelleinrichtung – zufällig auch bei mir in Tuttlingen –, wo die IHK und die Handwerkskammern eine gemeinsame Bildungsstätte haben. Dies ist eine ausgezeichnete Sache. Auch hier können Ressourcen geschöpft werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Reichardt CDU: Bravo!)

Ich möchte einen weiteren Wunsch äußern, weil es derzeit steuerlich noch nicht möglich ist, dies zusammenzubringen. Ich habe den Wunsch, dass wir Kompetenzzentren im Sinne von Gewerbeakademien fördern können, bei denen sich die Handwerker beraten lassen können und bei denen auch Weiterbildung gegen Entgelt erfolgen kann. Ich kann dazu

jetzt keine weiteren Ausführungen machen, da meine Sprechzeit zu Ende ist.

Ich möchte noch einen Schlusssatz sagen: In Baden-Württemberg leisten das Land, die Kammern, die Verbände, die Industriebetriebe, die Berufsschulen und die Handwerksbetriebe eine hervorragende Bildungs- und Weiterbildungsarbeit, für die ich heute meine Anerkennung und meinen Dank ausspreche.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir müssen Abschnitt II Ihres Antrags, wenn Sie ihn zur Abstimmung stellen, ablehnen. Wir haben dazu aber einen Gegenantrag eingereicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Birk CDU: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema „Ausbildungssituation im Bund und auch in Baden-Württemberg“ ist ein ganz wichtiges Thema. Darüber haben wir erst in der vorletzten Plenarsitzung auf Antrag der FDP/DVP zusammen mit Ihnen eine Aktuelle Debatte durchgeführt und haben gesehen, dass im Land Baden-Württemberg viel zu tun ist, dass wir aber vergleichsweise noch immer am besten dastehen. Dennoch muss man etwas tun.

Aber es hat offenbar niemanden gestört, dass das Thema heißt: „Fehlende Haushaltsmittel zur Modernisierung der Bildungsstätten des Handwerks“. Ich staune immer wieder, dass man ein Thema hat und dann über etwas anderes Wichtiges gesprochen wird und sich kein Mensch daran stört.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Ganz kreativ!)

Das ist ein Lerneffekt, den ich immer hier im Landtag habe.

(Abg. Capezzuto SPD: Ja, was hat der Schuhma- cher gemacht, Herr Hofer? Das ist doch verrückt! Der Schuhmacher hat kein Wort dazu gesagt! Da kriege ich einen Vogel!)

Die überbetrieblichen Ausbildungsstätten in Baden-Württemberg stellen einen unverzichtbaren Faktor für die Sicherung der kleinen und mittleren Unternehmen dar. Das wissen wir alle. Ich gehe jetzt einfach einmal auf Ihren Antrag und auf das Thema ein. Das muss Sie doch selbst interessieren.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Es ist immer inte- ressant, was Sie sagen, Herr Hofer!)

Nun wird gesagt, das sei ein Lippenbekenntnis, weil die Taten ja doch ganz anders seien. Für uns ist das kein Lippenbekenntnis. Wir haben, immer in enger Abstimmung mit dem Hauptgeschäftsführer des Handwerkstags, dafür gesorgt, dass keine Kürzung der Planansätze für Bauinvestitionen bei den ÜBS stattfindet, wie hier behauptet wird. Das ist uns durch Umschichtungen immer wieder gelungen. Es war schwer genug.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Mit unserer Unter- stützung!)

Mit Ihrer Unterstützung, ja. Warum sollen Sie nicht auch Gutes unterstützen?

(Abg. Capezzuto SPD: Weil wir keine Blockade- politik machen wie ihr in Berlin!)

Auch sollte den Unternehmern die Höhe des Zuschusses zu den überbetrieblichen Ausbildungslehrgängen weiterhin gewährleistet bleiben. Das haben wir auch hinbekommen. Das war nicht einfach, denn wir haben in der Fraktion nach anderen Streichmöglichkeiten suchen müssen und diese leider auch durchgeführt. Aber das hatte Priorität. Nach dem Bericht des Wirtschaftsministeriums gibt es nun noch einen Zuschussbedarf von 55 Millionen €.

In den Neunzigerjahren sind die Mittel in erster Linie in die neuen Bundesländer gegangen. Die ÜBS sind in der Regel in den Siebzigerjahren errichtet worden. Da gibt es einen dringenden Modernisierungsbedarf durch die rasante technologische Entwicklung sowie durch eine Änderung der Ausbildungsinhalte. All das ist bekannt. All das macht eine Umstrukturierung und Modernisierung und auch zusätzliche Mittelbereitstellungen notwendig.

Um was es heute bei der Debatte mit Ihrem Antrag eigentlich geht, ist die durchaus interessante Frage: Woher kommen denn nun diese zusätzlichen Mittel? Von 30 Millionen DM war früher immer die Rede. Das entspricht umgerechnet 15,354 Millionen €. Diese hat das Kabinett im März 2001 zur Verfügung gestellt.

(Abg. Schmiedel SPD: Ja, wo denn? Wo sind sie denn? Wo? – Abg. Capezzuto SPD: Auf dem Weg zu den Kammern verloren! – Gegenruf des Abg. Reichardt CDU: Er erklärt es gleich!)

Passen Sie jetzt auf. Das ist ja genau Ihre Frage. Das ist ja das Thema. – Das ist aus den Mitteln der Zukunftsoffensive III, also aus Mitteln der Landesstiftung für gemeinnützige Zwecke, gekommen. Nun kommt Ihre Klage. Die ist ja auch gar nicht so unberechtigt. Das ist ja heute das Thema. Ihre Klage ist,

(Abg. Schmiedel SPD: Die Klage des Handwerks!)

dass man diese Mittel nur für gemeinnützige Zwecke einsetzen könne – hören Sie doch jetzt einmal zu! – und dass hier eine Priorität gegenüber Gemeinnützigem ausgetauscht werde.

Nun muss ich Ihnen an dieser Stelle sagen: Man hat es von Anfang an geprüft, weil man wusste, dass das nicht einfach werden würde. Das Problem, das Sie schildern, ist tatsächlich ein Problem. Deshalb gehen wir ja auch darauf ein.

(Abg. Schmiedel SPD: Wo ist die Lösung? – Ge- genruf des Abg. Capezzuto SPD: Die gibt uns nachher der Minister! – Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Ja, genau. Hören Sie doch einmal zu.

Das Fazit ist: Etwa ein Drittel der Maßnahmen – das hat die Prüfung gezeigt – ist ohne weiteres förderfähig. Bei einem Drittel braucht man organisatorische Änderungen. Da entsteht ein Betrieb gewerblicher Art. Dann muss man ihn gemeinnützig machen. Das ist verdammt schwer, weil man Satzungen ändern und Gemeinnütziges und nicht Gemeinnütziges trennen muss. Aber man kann das machen.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Bürokratie ist das!)

Und ein Drittel ist beim besten Willen überhaupt nicht förderfähig – das wissen wir auch vom Handwerkstag –, weil hier einfach wirtschaftliche und nicht gemeinnützige Punkte dahinter stehen.

(Abg. Schmiedel SPD: So! Das ist die Problembe- schreibung! Und jetzt die Lösung! – Abg. Ruth Weckenmann SPD: Die Ausbildung ist nicht ge- meinnützig!)

Im Zuge der Zeit und im Zuge Ihrer Unterbrechungen – Sie wollen doch eine Antwort; Sie wollen doch gar nicht zuhören; dann hören Sie doch wenigstens zu! – erlaube ich mir jetzt einfach, hier abzukürzen. Aber ich will noch auf den eigentlichen Punkt eingehen:

Wird ein Projekt aus gemeinnützigen Mitteln gefördert, dann muss die gemeinnützige Nutzung auf Dauer gegeben sein. Sie können dann hinterher – das betrifft das Thema Kompetenzzentren, Herr Schuhmacher – kein Kompetenzzentrum daraus machen. Das können Sie nur über reguläre Mittel finanzieren. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass der Finanzminister angesichts der knappen Mittel gesagt hat: „So, lieber Wirtschaftsminister: Es gibt keine zusätzlichen Haushaltsmittel.“

Jetzt möchte ich sagen – das ist der Punkt, an dem wir auf unseren Antrag setzen; diese paar Sätze möchte ich noch zu Ende bringen –: Immer, wenn Mittel knapp sind, bedarf es der Flexibilität und der Prioritätensetzung. Priorität haben natürlich die Maßnahmen, für die es einen Bundeszuschuss gibt, die also kofinanziert werden. Wir wollen ja nicht, dass das Geld in andere Länder geht. Deshalb müssen zunächst einmal alle Anträge gesammelt und auf den Prüfstand gestellt werden. Erst einmal muss mit Nachdruck geprüft werden: Wo gibt es einen Bundeszuschuss, und wo kann das ermöglicht werden?

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Bis wann sammeln Sie, Herr Hofer? Bis wann?)