Protokoll der Sitzung vom 25.06.2003

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Bis wann sammeln Sie, Herr Hofer? Bis wann?)

Stellen Sie mir eine Frage, dann kann ich darauf antworten. Dann wird mir das nicht von der Redezeit abgezogen.

Schließlich sind 15 Millionen € kein Pappenstiel. Ich kenne Bereiche, in denen gestrichen wurde. Ich weiß, da haben Sie gar kein Programm mehr. 15 Millionen € sind nicht nur in die Hand gespuckt, sondern die muss man ausnutzen.

Jetzt muss ich Ihnen einmal sagen: Diese 15 Millionen € werden in jedem Fall zur Verfügung stehen, die werden für diese Dinge auch ausgenutzt. Aber möglicherweise wird sich der Zeitraum, in dem man das ausnutzt, weiter verzögern.

Insgesamt kann man feststellen, dass gemeinsam mit den zusammengekratzten regulären Haushaltsmitteln sowie auch durch Haushaltsumschichtungen im Jahr 2002 alle dringlichen Projekte gefördert werden konnten. Dies gilt auch für das – ich komme zum Schluss – –

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Hofer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Schmiedel?

Oh ja, gern. Danke.

(Abg. Birzele SPD: Er hat schon gedacht, er müsse aufhören!)

Ich bin sehr froh darüber. Das gibt mir die Möglichkeit, ruhiger zu reden.

(Abg. Reichardt CDU: Das erhöht die Leidensfä- higkeit!)

Herr Kollege Hofer, ist Ihnen bekannt, dass sich durch den Zwang zur Gemeinnützigkeit bei der Vergabe der Mittel, die natürlich irgendwann alle vergeben worden sind, die Priorität von der Notwendigkeit von Investitionen hin zur Förderungsfähigkeit von Investitionen verschiebt? Und, wenn Ihnen das nicht bekannt ist, würden Sie sich das vom Präsidenten des Landesgewerbeamts bestätigen lassen?

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Erklären lassen!)

Ich möchte Ihnen darauf antworten: Genau das ist das Problem: dass die Gemeinnützigkeit nur Gemeinnütziges umfasst und nicht das andere.

(Abg. Schmiedel SPD: Das ist die Problembe- schreibung! Wo ist die Lösung?)

Moment! – Um was es jetzt geht, ist, dass mit den zur Verfügung gestellten Mitteln alles, was gemeinnützig ist – ein Drittel ist ja gemeinnützig –, von vornherein mal in die Prüfung der Förderung durch ZOFF-Mittel geht und dass das Übrige mit Haushaltsmitteln zu machen ist. Ich habe Ihnen gesagt, es ist schwer genug, mit wenig Geld noch das Richtige zu tun. Da wird man zwar noch immer beschimpft, aber es ist gelungen. Es ist 2002 gelungen, alle dringlichen, prioritären Maßnahmen durchzusetzen und umzusetzen.

(Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Und 2003 ist das auch noch gelungen. Für 2004 haben wir die Schwierigkeit, dass man, wenn man jetzt noch, wie Herr Schuhmacher richtig sagte, die Kompetenzzentren fördern will – was eindeutig nicht über die Gemeinnützigkeit geht –, zusätzliche reguläre Haushaltsmittel braucht – das muss man ehrlicherweise sagen –, sonst geht das nicht.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, darf ich Sie bitten, zum Ende zu kommen. Sie haben Ihre Redezeit weit überschritten.

Ja. Ich habe die Frage beantwortet. – Aber eine Verschiebung von Priorität zu Gemeinnützigkeit entsteht nicht. Wir sollten vielmehr froh sein, dass hier überhaupt noch Geld vorhanden ist, das man einsetzen kann.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Fleischer CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Witzel.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen, meine Herren! Auch die Fraktion GRÜNE sieht – wie meine beiden Vorredner – in der Förderung der ergänzenden überbetrieblichen beruflichen Bildung eine wichtige Aufgabe des Landes. Wir wollen, dass die jungen Menschen eine breite berufliche Grundbildung erhalten. Eine solche Qualifizierung erleichtert ihnen das berufliche Fortkommen, schützt sie vor langer Arbeitslosigkeit und stärkt auch den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg; denn es gibt auch in der derzeitigen Lage Regionen und gewisse Branchen, die über einen Mangel an Fachkräften klagen, und dem muss abgeholfen werden.

Aufgrund der hohen Spezialisierung vieler Handwerksbetriebe erhalten die jungen Menschen im Betrieb aber nicht die wünschenswerte Breite der Ausbildung. Daher sind überbetriebliche Ausbildungsanteile notwendig und wichtig.

In den überbetrieblichen Ausbildungsstätten in BadenWürttemberg ist jedoch in den letzten Jahren an manchen Orten ein deutlicher Investitionsstau aufgelaufen; das ist ja auch von meinem Vorredner, Herrn Hofer, schon dargestellt worden. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass die dort vorhandene Technik zwischenzeitlich veraltet ist. Damit besteht die Gefahr, dass die Ausbildung nicht mehr zeitgemäß ist. Das kann sich ein Land wie Baden-Württemberg, das von der hohen Qualität seiner Produkte lebt, einfach nicht leisten. Dieser Investitionsstau wird daher von allen, von den Kammern und auch hier im Parlament, zu Recht beklagt. Auch die Landesregierung muss ja zugestehen, dass hier ein Investitionsbedarf besteht. Genannt wird eine Zahl in der Größenordnung von 164 Millionen €.

Für diese Investitionen hat die Landesregierung nun – das ist auch schon gesagt worden – zu ihrem Lieblingsinstrument gegriffen, nämlich der Landesstiftung. Aus der Landesstiftung wurden 15 Millionen € bereitgestellt. Aber – das ist jetzt der neue Punkt in der Debatte – bisher ist erst eine gute halbe Million, nämlich 568 000 €, abgerufen worden; das sind etwa 4 % der bereitgestellten Mittel. Das heißt, die große Masse des bereitgestellten Geldes ist nicht abgerufen worden. Diese wenigen Mittel, die da abgerufen wurden, kommen nicht dem Handwerk zugute, sondern ein paar Industrie- und Handelskammern.

Das bedeutet als Fazit: Die Förderung funktioniert offensichtlich nicht. Wie so oft in anderen Bereichen erweist sich auch hier das mit der Landesstiftung verbundene zwingende Kriterium der Gemeinnützigkeit als bürokratisches Monster und als inhaltlicher Murks.

Meine Damen und Herren, ich möchte diese beiden Vorwürfe konkretisieren.

Punkt 1: Das Problem stellt sich wie folgt dar: Wenn eine Kammer Geld aus der Stiftung haben will, muss sie als Erstes einen Betrieb gewerblicher Art gründen. Dann muss sie zum Finanzamt gehen. Sie muss das prüfen lassen. Anschließend muss dieser Betrieb gewerblicher Art vom Landesgewerbeamt geprüft werden. Und dann muss die Gemeinnützigkeit noch eingetragen werden. Meine Damen und Herren, wir leben in einer Zeit, in der die Wirtschaft über Bürokratiebelastung klagt und von uns händeringend fordert, Bürokratie abzubauen. Es ist absurd, in einer solchen Situation einen solchen bürokratischen Aufwand zu produzieren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Punkt 2: Die Kammern wollen den Weg über die Landesstiftung auch deshalb nicht, weil sie dadurch in ihrer Arbeit eingeschränkt werden. Ich möchte das an einem Beispiel erläutern. Da gibt es ein Labor mit neuen Geräten. Die könnten in einer Woche, in der die Auszubildenden nicht da sind, wenn also das Labor frei ist, von einer Firma angemietet werden, die in der Nähe tätig ist, und von ihr genutzt werden. Ein solcher Technologietransfer wäre gerade für kleine Unternehmen zukunftweisend. So etwas wird auch vom Bund zu Recht durch die Einrichtung von Kompetenzzentren gefördert. Aber diese Möglichkeit, die so sinnvoll ist, kann nicht genutzt werden, weil das Ganze nicht gemeinnützig ist. Deshalb darf die Landesstiftung da kein Geld hineingeben. Deshalb sage ich: Das ist inhaltlicher Murks.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Dritter Punkt: Selbst wenn die Kammern das alles, diese ganze Bürokratie und die Einschränkungen, so schlucken würden, bliebe noch ein wesentliches Problem bestehen. Der Wirtschaftsprüfer der Landesstiftung sagt: Nur solche Güter können als Investitionen gemeinnützig sein, die direkt mit dem Auszubildenden in Kontakt stehen. Man kann also ein teures und empfindliches Messgerät anschaffen und gefördert bekommen, aber man erhält keine Unterstützung für die Erneuerung der Heizung oder des Daches eines Gebäudes.

(Große Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, darf ich um etwas mehr Ruhe bitten.

Alle baulichen Modernisierungen sind also ausgeschlossen. Aus diesem Grund scheitern zurzeit die Anträge für die Investitionsförderung. Die Kammern sind zutiefst verunsichert. Sie wissen nicht, ob sie im Moment investieren sollen und können. So hängt zum Beispiel bei der Handwerkskammer in Karlsruhe ein Projekt von 11 Millionen € in der Luft. Das bedeutet: Auf diese Weise verhindert die Landesregierung durch ihre unselige Konstruktion der Landesstiftung wichtige Zukunftsinvestitionen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, es geht hier nicht nur um die Mittel des Landes. Die Kammern wollen und müssen ja auch selber Mittel aufbringen, und sie sind völlig darauf angewiesen, dass das Land die Kofinanzierung durch den Bund sichert. Aber wenn es so weitergeht wie bisher, passiert gar nichts, außer dass Bundesmittel verloren gehen. Dann schließt sich der Kreis: Die Landesstiftung wurde ja eingeführt, weil man sonst hätte Steuern zahlen müssen und damit Steuergeld in andere Bundesländer geflossen wäre. Durch die Landesstiftung läuft es jetzt so: Weil das Kriterium der Gemeinnützigkeit besteht, können Bundesmittel nicht abgerufen werden. Die kommen dann wieder anderen Bundesländern zugute. Das heißt, wir haben unterm Strich finanziell nichts gewonnen, aber das Handwerk hat den Schaden.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Wir haben also die absurde Situation: Die überbetrieblichen Ausbildungsstätten brauchen Geld. Das Geld ist da, aber es liegt in der Landesstiftung herum, weil es nur nach dem Gemeinnützigkeitskriterium vergeben werden kann. Nicht nur, aber auch darum muss die Landesstiftung dringendst aufgelöst werden, damit das Geld in Baden-Württemberg wieder da investiert werden kann, wo es notwendig ist, zum Beispiel in der Bildung im Bereich des Handwerks.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Dr. Döring.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Frau Weckenmann, über Ihren Wortbeitrag war ich etwas erstaunt. Sie haben in der Tat einen Wortbeitrag geliefert, der hier vor vier Wochen im Zusammenhang mit der Ausbildungssituation mit Sicherheit gepasst hätte.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Natürlich!)

Heute dachte ich eigentlich, dass Sie zu Ihrem Antrag sprechen würden. Das haben Sie großzügigerweise gelassen und sind auf die Ausbildungssituation zu sprechen gekommen. Liebe Frau Weckenmann, schauen Sie einmal: Wir haben es in Baden-Württemberg fünf Jahre hintereinander geschafft, dass alle Ausbildungswilligen und Ausbildungsfähigen eine Lehrstelle bekommen haben.

(Abg. Wintruff SPD: Das ist doch ein Märchen!)

Wissen Sie, Herr Wintruff: Sie sind an Ahnungslosigkeit nicht zu übertreffen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Aber Sie haben die Gewissheit, dass er nichts dazulernt! Er ist lernunfähig! – Abg. Schmiedel SPD: Das ist blanker „Schavanismus“! – Weitere Zurufe – Unru- he)

Es ist einfach daneben, was Sie da sagen. Sämtliche Statistiken, die in diesem Zusammenhang vorliegen, belegen,

(Abg. Wintruff SPD: Die belegen gar nichts!)

dass wir fünf Jahre lang hintereinander rechnerisch sogar mehr Ausbildungsplätze im Angebot hatten, als nachgefragt worden sind.