Protokoll der Sitzung vom 25.06.2003

(Abg. Dr. Birk CDU: Sind Sie seine Vertretung? Unterstaatssekretärin! – Abg. Kretschmann GRÜ- NE: Wie soll er von diesem Gruß etwas erfahren? – Weitere Zurufe)

und die Biotech-Landschaft Baden-Württemberg vertritt. Das finde ich ausgezeichnet. Wie gesagt, ich wurde gerade von meinen Kolleginnen gebeten – – Herr Birk, ein so charmanter Mann wie Sie sollte mich nicht dauernd unterbrechen. – Ich bedanke mich.

(Heiterkeit – Abg. Dr. Birk CDU: Es ist mir eine Ehre, Sie aufzuwerten!)

Meine Damen und Herren, es wurde schon gesagt: Frau Brunnemer und andere Kollegen wollen demnächst nach Hause, und der Parlamentarische Abend der chemischen und der pharmazeutischen Industrie beginnt. Deswegen sollten wir uns sputen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wir sputen uns nicht wegen Lobbys, Frau Kollegin! Die Lobbys haben zu warten!)

Da werden wir erfahren, was den Damen und Herren tatsächlich auf den Nägeln brennt.

Es ist wichtig zu wissen, welche Maßnahmen wir für diese wirklich zukunftweisende Schlüsseltechnologie ergreifen. Wir haben es ja schon umfassend gehört. Da ist sich die Opposition mit der CDU und uns glücklicherweise absolut einig. Es ist eine Technologie, die für die Zukunft ganz neue Entwicklungsmöglichkeiten verspricht. Ich habe vor einigen Tagen gelesen, dass vor hundert Jahren das erste Motorflugzeug geflogen ist.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das war aber keine Biotechnologie!)

Nein. Aber die Entwicklung der Biotechnologie in den verschiedensten Facetten wird meines Erachtens eine ähnliche Zukunft haben.

Meine Damen und Herren, von 1997 bis 2001 hat sich die Zahl der Mitarbeiter in der Biotechnologie verdreifacht, die Zahl der Unternehmen ist auf 170 angestiegen. Das ist ein rasantes Wachstum. Ich möchte unsere Universitäten und unsere anderen Forschungseinrichtungen loben. Dazu hat die hervorragende Forschungslandschaft in BadenWürttemberg beigetragen, und darauf können wir wirklich stolz sein:

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Pfister FDP/DVP: Das finde ich auch!)

acht Universitäten, Fachhochschulen, Fraunhofer-Institute, Max-Planck-Institute. Wir dürfen auch auf unsere Nobelpreisträger und -trägerinnen stolz sein, auf Herrn Sakmann und auf Frau Nüsslein-Volhard. Ich finde es auch hervorragend, wie viele engagierte Studenten und Studentinnen bei der Neugründung dieser Firmen am Campus dabei waren.

Meine Damen und Herren, wir haben die Zukunftsoffensive III im Jahr 2001 abgeschlossen. Es wurden bereits 30,38 Millionen DM in den verschiedensten Bereichen investiert. Das ist wirklich ein Wort.

Man kann sich nur den Ausführungen von Frau Netzhammer anschließen: Es ist erfreulich, dass wir in der Landesregierung mit Herrn Beyreuther einen national und international anerkannten Fachmann haben,

(Beifall des Abg. Blenke CDU)

der die richtigen Weichen stellt und die richtigen Ratschläge geben kann.

Sehr geehrter Herr Rivoir, Sie haben davon gesprochen, dass mit einer neuen GmbH ein neuer Wasserkopf gegründet worden sei.

(Abg. Rivoir SPD: Da sind wir völlig einer Mei- nung!)

In den verschiedensten Untersuchungen, die ich gelesen habe, wird immer wieder festgestellt, dass es zum Beispiel für München ein Vorteil sei, dass dort Technologiezentren komprimiert an einer Stelle angesiedelt sind, und BadenWürttemberg dadurch im Nachteil sei. Ich finde das nicht. Ich halte es für sehr, sehr gut, dass wir vier ausgeglichene,

sehr erfolgreiche Regionen haben. Aber ich denke, eine Bündelung und eine noch bessere Vermarktungsfunktion sind notwendig. Das ist gar keine Frage.

Aus diesem Grunde wurde auch die neue Bio-Pro GmbH wesentlich besser ausgestattet. Sie bekommt nun 2 Millionen € pro Jahr, um die offensive Vermarktung unseres Gesamtstandorts Baden-Württemberg vorzunehmen, um Präsentationen im In- und Ausland noch erfolgreicher zu gestalten und auch internationale Anleger auf unser prosperierendes Land aufmerksam zu machen. Ich denke, das ist sehr wichtig. Denn die Schwaben sind mit dem Geld etwas vorsichtiger, und da haben sie völlig Recht.

(Abg. Fischer SPD: Ha, ha, ha! Also Frau Fauser!)

Es fließt nicht so viel Risikokapital in diese Bereiche. Es ist auch schade, dass die steuerliche Verrechnung von solchem Risikokapital bei uns im Land nur sehr begrenzt möglich ist.

Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass wir diese hervorragenden Regionen in Zukunft weiter ausbauen. In der Drucksache 13/1159 wird das ja noch einmal deutlich ausgeführt.

Leider muss ich jetzt zum Schluss kommen.

(Abg. Schmiedel SPD: Was heißt „leider“? – Zuruf des Abg. Fischer SPD)

Ich freue mich, dass die interministerielle Arbeitsgruppe hervorragend gearbeitet hat und dass wir die betreffenden Maßnahmen und Empfehlungen auch zügig umsetzen werden. Ich hoffe, dass Baden-Württemberg – ich verweise hierzu auf den von Ernst & Young gerade herausgegebenen Biotechnologiereport 2003 mit dem Titel „Zeit der Bewährung“ – in den gegenwärtigen Krisenzeiten diese Unternehmen im politischen Raum positiv begleitet und fördert. Nicht nur die Firma Rentschler in Laupheim äußert sich relativ zufrieden, auch die Firma Boehringer in Ingelheim hat gesagt, dass sie mit der Betreuung durch unsere Politiker im Land Baden-Württemberg sehr zufrieden sei.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Bauer.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Vorneweg die gute Nachricht: Der Antrag der SPD zur Bioregion in Baden-Württemberg hat sich im Wesentlichen ja erledigt. Im Beschlussteil wird gefordert, die Biotechnologie-Agentur in Baden-Württemberg aufzulösen. Der Antrag wurde am 9. Juli vergangenen Jahres eingebracht. Am 23. Juli hat die Landesregierung beschlossen, die Biotechnologie-Agentur aufzulösen,

(Zurufe von der SPD)

und am 31. August war der Beschluss vollzogen.

Von daher könnten wir jetzt in den wohl verdienten Feierabend entschwinden oder zum Abendessen zur chemischen Industrie. Da gehen Sie doch hin, Frau Fauser, oder?

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Aber wenn man eine Rede mit einer guten Nachricht anfängt, folgt ihr üblicherweise eine schlechte nach. So ist es bei mir auch. Die schlechte Nachricht ist: So, wie es im letzten Sommer gelaufen ist, war das sicher suboptimal. Die vier Bioregionen in Baden-Württemberg – bekanntermaßen ja die Träger unseres Biotechnologiestandorts – erfuhren von den Veränderungen im Sommer aus der Presse.

(Minister Dr. Döring: Völliger Quatsch! – Gegen- ruf des Abg. Kretschmann GRÜNE: Keine Zwi- schenrufe von der Regierungsbank!)

Dazu können Sie, Herr Döring, ja gleich etwas sagen. – Die Bioregionen erfuhren von diesem Beschluss aus der Presse. In der Vorphase haben sie versucht, eine eigene Struktur, einen eigenen Vorschlag zu erarbeiten, eine Konzeption, die auf Dezentralität und Vielfalt aufbaut. Ihre eigene Vorstellung ist nicht gehört worden, ist nicht berücksichtigt worden. Vielmehr sind sie mit dem Beschluss der Landesregierung und der neuen Struktur – sie ist der alten Struktur sehr ähnlich – konfrontiert worden, wonach eine neue landesweite Agentur mit dem Namen Bio-Pro GmbH gestartet wird. Damit startet eine landesweite Dienstleistungsagentur mit einer deutlichen Erblast. Das, was sie nämlich vermarkten soll, hängt eng mit den vier Regionen zusammen, und dafür sind eine gute Zusammenarbeit und ein vertrauensvolles Verhältnis Voraussetzung.

Dennoch sollte man heute, nach einigen Monaten, auch sagen: Die Signale, die zur neuen Dienstleistungsagentur inzwischen kommen, auch von den vier Bioregionen, sind durchweg positiv. Es ist Vertrauen gewachsen. Von daher glaube ich, zum jetzigen Zeitpunkt ist zu sagen: Warten wir einmal ab und schauen die weitere Entwicklung an. Dieses Mal kann durchaus etwas Gutes entstehen.

Es wäre auch an der Zeit, dass dieses Mal etwas Gutes entsteht: Denn dieser Versuch ist ja der dritte in Folge im Land, eine landesweite Dienstleistungs- und Vermarktungsagentur einzurichten. Es gab ja schon zwei Fehlversuche. Der erste Ansatz mit dem Versuch, die Anbindung über das Fraunhofer-Institut in Karlsruhe zu organisieren, misslang. Dann wurde mit dem Versuch der Anbindung an die Steinbeis-Stiftung ein zweiter Anlauf gestartet. Auch das ging schief. Jetzt sind wir also beim dritten Versuch gelandet: 2 Millionen € fließen jährlich in die Bio-Pro GmbH. Dieser Anlauf muss jetzt tatsächlich sitzen.

(Minister Dr. Döring: Der sitzt!)

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, ein paar Bemerkungen zur aktuellen Situation der Biotechnologiebranche zu machen.

Auch das ist schon erwähnt worden: Nach einem bemerkenswerten Boom in den vergangenen Jahren haben sich die Vorzeichen inzwischen geändert. Wir sind in einer Konsolidierungsphase, und der neue, der vierte deutsche Biotechnologiereport von Ernst & Young – er ist vorhin schon

erwähnt worden –, der für das BMBF gemacht wurde, zeigt ja deutlich, in welch tief greifender Umbruchphase sich die Biotechnologiebranche befindet.

Man kann feststellen: Auf der einen Seite ist die Zahl der Unternehmen in Deutschland leicht gesunken, auf der anderen Seite sind dennoch die großen Unternehmen weiter gewachsen. Nach wie vor befinden sich die meisten Unternehmen in der Situation, dass sie keine Gewinne machen. Von daher ist es durchaus normal, wenn auch bitter, dass sich einige junge Unternehmen in der Branche nicht halten können. Das ist ein ganz normaler Prozess.

Aber das Problem, das diese Unternehmen nach wie vor vorfinden, ist nicht – wie es vorhin von Herrn Rivoir beschrieben wurde –, dass sie in der Startphase kein Geld fänden, sondern das Problem kommt in der zweiten Phase, wenn sie eine Anschlussfinanzierung brauchen, um sich auf dem Markt zurechtzufinden. Mit dem Jointventure-Kapital läuft es halt nicht mehr so wie in früheren Jahren, als sich die New Economy in der Boomphase befand.

Es ist gesagt worden, Baden-Württemberg befinde sich nach Bayern in einer hervorragenden Position. In BadenWürttemberg wächst die Biotechnologiebranche weiter. Aber wir sollten auch darauf verweisen: Die hervorragenden Voraussetzungen, die Baden-Württemberg mitbringt, gründen sich auch darauf, dass es eine gemeinsame Anstrengung seitens des Bundes und der EU gibt, in Biotechnologien in Deutschland und in Europa zu investieren. Von daher hängt alles von einer gelungenen Kooperation, von einer gelungenen Zusammenarbeit und von einer Synergieherstellung zwischen allen Ebenen ab. Daher sollten wir auch in Zukunft darauf setzen, die Dezentralität, die Vielfalt des Forschungsstandorts Baden-Württemberg zu verbinden mit den verschiedenen Instanzen, die mit Geld und Rat zur Seite stehen und Biotechnologie voranbringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Dr. Döring.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal bin ich froh darüber, dass von allen Rednerinnen und Rednern in der Debatte anerkannt worden ist, dass wir bezüglich der Biotechnologie in Baden-Württemberg gut aufgestellt sind – so hat es vorhin Kollege Rivoir formuliert – und dass wir kontinuierlich besser werden.