Protokoll der Sitzung vom 25.06.2003

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Zeller SPD: Dann machen Sie das einmal!)

Ich habe das erfolgreich gemacht, Herr Zeller, mit unserem Wirtschaftsminister in der Raumschaft Sulz. Es gelang allein in der Raumschaft Sulz und in Vöhringen, noch 24 zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Das ist nicht viel, aber immerhin besser, als sie nicht zu haben.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das Berufsvorbereitungsjahr ermöglicht es, einen nicht erreichten Hauptschulabschluss nachzuholen. Gleichwohl ist es natürlich besser, wie man es jetzt vorhat – das begrüße ich überaus –, bei Schülerinnen und Schülern, bei denen bereits am Ende der achten Klasse klar ist, dass sie den Hauptschulabschluss wohl nicht schaffen werden, in der Hauptschule mit dem Verbleib in der regulären neunten

Klasse und dann mit einem weiteren Schuljahr, das sich an das BVJ anlehnt, in dem auch noch Hauptschullehrerinnen und Hauptschullehrer unterrichten, eine Möglichkeit zu bieten, diesen Abschluss mehr oder weniger ungestreift und erfolgreich – dann nach zehn Jahren – zu machen. Ich halte dies auch für die Stärkung der Hauptschule für überaus wichtig. Ohne Zweifel ist es besser, in diesen Fällen früher zu reagieren. Und genau dies geschieht mit der jetzt vorgesehenen Einrichtung eines zweijährigen Bildungsgangs bereits im Anschluss an die achte Klasse.

Dies hat auch etwas zu tun mit verantwortlichem Umgang mit Bildungs- und Lebenszeiten, und das ist ein zentraler Gesichtspunkt nicht nur beim G 8, sondern natürlich ebenso bei der vorgesehenen früheren Einschulung durch entsprechende Verlegung der Stichtage. Baden-Württemberg setzt mit der Stichtagsflexibilisierung den eingeschlagenen Weg weiterhin erfolgreich fort.

Zur vorgesehenen Klarstellung der Frage, wann Eltern volljähriger Schüler personenbezogene Auskünfte und Mitteilungen der Schule über diese ihre Kinder erhalten dürfen – das ist ja hier alles angesprochen, Stichwort Erfurt –, gibt es aus meiner Sicht keinen Diskussionsbedarf. Auch dies ist ohne Zweifel eine richtige und eine wichtige Maßnahme.

Nun zur Einführung des G 8. Die FDP/DVP hat sich seit langem dafür eingesetzt, die bei uns im internationalen Vergleich extrem langen Erstausbildungszeiten – Leben ist ein ständiges Lernen, das wissen wir ja – in Schule und Studium zu verkürzen. Hierfür gibt es viele gute Gründe. Sie sind inzwischen sattsam bekannt.

(Beifall des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Wir haben immer betont, dass dies vor allem durch eine Verkürzung zu langer Studienzeiten zu erfolgen hat, dass auf der anderen Seite aber auch das Gymnasium hierzu einen Beitrag leisten muss. Das generell achtjährige allgemein bildende Gymnasium ist dieser Beitrag.

Ich will gleich an dieser Stelle darauf hinweisen, Herr Zeller, dass Baden-Württemberg mit seiner Entscheidung für die Verkürzung der gymnasialen Schulzeit mittlerweile bundesweit Schule gemacht hat. In Hamburg, Niedersachsen und wohl auch in Nordrhein-Westfalen sind die Würfel entsprechend gefallen. Im Saarland ist das achtjährige Gymnasium bereits eingeführt, in Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen-Anhalt wurde die Schulzeit, nachdem man sie dort zunächst an die westdeutschen Zeiten angepasst hat, wieder verkürzt. Thüringen und Sachsen sind immer beim achtjährigen Gymnasium geblieben. In einer Reihe weiterer Bundesländer wird über die Verkürzung nachgedacht.

Sie sagen, wir sollten nicht schlafen, sondern zügig voranmarschieren. Hier tun wir es, und dafür werden wir auch wieder kritisiert.

(Abg. Zeller SPD: Es geht um die Korridorlösung!)

Dies alles zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg, und die Zeit ist reif, um die Maßnahme durchzuführen. Im Grunde bestätigen das auch die heute mit zur Beratung anstehenden Anträge der Oppositionsfraktionen. Denn auch in diesen

Anträgen geht es nicht mehr um das Ob, sondern lediglich noch um das Wie, genauer gesagt um das Wann.

Aus unserer Sicht gibt es keinen ernsthaften Grund oder Anlass, den nun vorgesehenen Zeitpunkt der Einführung des G 8 zum Schuljahr 2004/05 zu verschieben. Die Gründe, die für eine Verschiebung vorgebracht worden sind, sind mir sattsam bekannt.

(Abg. Zeller SPD: Sie ignorieren die Gründe!)

Aber ich halte sie nicht für so gravierend, als dass wir die Einführung noch einmal verschieben sollten. Den Vorwurf einer überhasteten Einführung kann ich schon gar nicht nachvollziehen und teilen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Wir sind zehn Jahre zu spät!)

Beginnend mit dem Schuljahr 1991/92 – Sie sagen doch immer, wir sollten schneller vorgehen; jetzt gehen wir einmal schneller vor, und dann ist es immer noch nichts –,

(Abg. Zeller SPD: Es geht um eine Korridorlösung! – Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

also vor immerhin zwölf Jahren, wurde das Modell eines achtjährigen Gymnasiums an zunächst vier Standorten erprobt.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Zehn Jahre zu spät, Nor- bert!)

Ich räume ein, dass hierfür anfänglich andere Bedingungen galten. Aber das jetzige Modell wird inzwischen an mehr als 80 allgemein bildenden Gymnasien angeboten, und zwar erfolgreich.

Die Verkürzung der Schulzeit ist eingebunden in ein Gesamtkonzept der Reform des Gymnasiums, zu dessen weiteren Elementen die Reform der Oberstufe und die Einführung von Bildungsstandards sowie von Kern- und Schulcurricula gehören, die wiederum mit der Stärkung schulischer Eigenverantwortung und der Schärfung von Schulprofilen in engem innerem Zusammenhang stehen.

Die erforderlichen Vorbereitungen hierfür laufen oder sind eingeleitet. An vielen Gymnasien sind Arbeitsgruppen gebildet, die an den entsprechenden konkreten Konzepten arbeiten.

Ich wehre mich dagegen, diese sinnvolle Einbettung in ein Gesamtkonzept negativ umzumünzen in den Vorwurf, jetzt solle zu viel auf einmal gemacht werden. Ich habe den Eindruck, dass diejenigen, die auflisten, was alles zusammen mit der Umstellung auf G 8 auf die Gymnasien zukomme, teilweise bewusst irreführend argumentieren, indem sie so tun, als ob von dieser Umstellung schlagartig alle Klassen und Jahrgangsstufen betroffen seien. Die Realität sieht anders aus. Es beginnt mit Klasse 5, und Schritt für Schritt wächst ein weiterer Jahrgang hinein.

Am Ende steht allerdings das Jahr 2012 mit der gleichzeitigen Entlassung von zwei Abiturjahrgängen. Die hieraus resultierenden Probleme betreffen übrigens nicht nur die Abnehmerseite Hochschule, sondern auch die Abnehmerseite

Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Eine Arbeitsgruppe des Ministeriums ist damit beauftragt, gangbare Wege zu erarbeiten. Es ist sicher, dass dieses Problem nicht einfach zum Verschwinden gebracht werden kann – da sind wir uns einig –, allerdings auch nicht durch die von verschiedenen Seiten gewünschte Verschiebung der Einführung des G 8 auf einen späteren Zeitpunkt.

Mein Plädoyer lautet daher, alle Kräfte für die erfolgreiche Einführung und Umsetzung des G 8 zum Schuljahr 2004/05 zu mobilisieren, um das Gesamtkonzept einer Reform und sinnvollen Modernisierung unserer Gymnasien zügig voranzubringen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Frau Abg. Rastätter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Kern geht es bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um die schulgesetzliche Verankerung des achtjährigen Gymnasiums. Allerdings beziehen Sie gleich noch ein paar Veränderungen mit ein. Zu fragen ist dann jedoch: Warum haben Sie nicht einen wirklichen Wurf vorgelegt? Denn wenn schon Änderungen, die über das G 8 hinausgehen, warum nicht auch in Bereichen, die jetzt im Kontext der Bildungsplanreform dringend anstehen? Ich nenne zum Beispiel den Abbau von Überreglementierungen im Schulgesetz, die Stärkung der Eigenständigkeit von Schulen, die Stärkung von Schulleitungen, die Stärkung der Beteiligungsrechte von Lehrern, Eltern und Schülervertretungen.

(Abg. Zeller SPD: Daran haben sie kein Interesse! Das ist der Grund!)

Warum werden nach so vielen positiven Erfahrungen nicht endlich die integrativen Schulentwicklungsprojekte, die zieldifferente Integration von behinderten Kindern, in das Schulgesetz aufgenommen? So wirkt der vorgelegte Gesetzentwurf willkürlich, zusammenhanglos und ist gerade nicht dieser umfassende Entwurf zur Änderung des Schulgesetzes,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Doch!)

von dem Sie, Frau Ministerin, vorhin eingangs gesprochen haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich will zunächst zum Herzstück – so haben Sie es genannt – dieses Schulgesetzentwurfs unsere Position vortragen und dann, noch kürzer, auf die anderen Punkte eingehen, zu denen der Entwurf Änderungen vorsieht.

Wir Grünen befürworten eine Verkürzung der gymnasialen Schulzeit.

(Beifall der Abg. Röhm CDU und Kleinmann FDP/ DVP)

Wir haben diese Verkürzung immer befürwortet.

(Abg. Röhm CDU: Das stimmt!)

Allerdings hatten wir ein anderes Konzept; darauf werde ich noch zu sprechen kommen.

Wir halten grundsätzlich eine flexible Schulzeit entsprechend der individuellen Entwicklung junger Menschen für richtig. Es muss deshalb unterschiedlich lange Schulzeiten geben, nach denen junge Menschen das Abitur ablegen können. Ansätze dafür sind in Baden-Württemberg durchaus vorhanden. So können künftig Kinder, die in der Grundschule beim „Schulanfang auf neuen Wegen“ die Eingangsstufe in einem Jahr durchlaufen, nach elf Schuljahren das Abitur ablegen. Der Regelfall am allgemein bildenden Gymnasium wird sein, das Abitur nach zwölf Jahren zu machen. Im beruflichen Gymnasium – wo Ausgangspunkt die Realschule oder ein anderer mittlerer Abschluss ist – kann auch künftig das Abitur nach 13 Jahren abgelegt werden. Schließlich steht jungen Erwachsenen noch die Möglichkeit offen, das Abitur in Berufsoberschulen zu machen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Durchlässigkeit! Sehr gut!)

Vom Prinzip her finden wir also eine solche flexible Möglichkeit sehr positiv.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Die muss erhalten und gestärkt werden, weil Begabungen, Entwicklungen und Möglichkeiten junger Menschen so unterschiedlich sind, dass unterschiedliche Wege möglich sein müssen.

(Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP/ DVP)

Aber, meine Damen und Herren, den vorgelegten Gesetzentwurf zur Einführung des achtjährigen Gymnasiums lehnen wir aus zwei Gründen ab.