Protokoll der Sitzung vom 26.11.2003

Ein wichtiger Schritt im Bereich des Naturschutzes war es, im Landesentwicklungsplan 2002 die überregional bedeutsamen naturnahen Landschaftsräume als rechtsverbindliches Ziel zu verankern. Für mich ist in diesem Zusammenhang in der aktuellen Diskussion im Land Baden-Württemberg der Truppenübungsplatz Münsingen das interessanteste Gebiet.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sehr gut!)

Die CDU-Landtagsfraktion wird die sich abzeichnende Entwicklung positiv begleiten.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wie? – Abg. Walter GRÜNE: Ein bisschen konkreter hätten wir es schon gerne!)

Lassen Sie doch einmal die Entwicklung ihren Gang nehmen. Es finden ja Gespräche statt, um möglichst viele Interessenten unter einen Hut zu bekommen.

Bei Fauna-Flora-Habitat- und Vogelschutzgebieten sind im Land nach Verabschiedung des Umweltplans im März 2001 8,6 % der Landesfläche gemeldet worden, und wir werden weitere Gebiete im erforderlichen Umfang melden.

Mein Kollege Winfried Scheuermann wird nachher für die CDU-Fraktion weitere Punkte ergänzen.

Ich möchte zum Schluss sagen: Die Umweltsituation hat sich in den meisten Bereichen seit Verabschiedung des Umweltplans positiv entwickelt. Nutzen wir das Instrument des Umweltplans weiterhin, um immer mehr konkrete Fragen im Sinne der Nachhaltigkeit zu entscheiden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Caroli.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Umweltpolitik ist eine Querschnittsaufgabe, die das Ziel hat, eine dauerhaft umweltgerechte Entwicklung zu erreichen, um die Lebensbedingungen und Entfaltungsmöglichkeiten nachfolgender Generationen zu erhalten – ein hoher Anspruch also.

Um die Effizienz der derzeitigen baden-württembergischen Umweltpolitik zu überprüfen, bräuchte man eigentlich jährlich extern erstellte Nachhaltigkeitsberichte. Gäbe es sie, würden wir über die überwiegenden Irrwege des derzeitigen politischen Handelns aufgeklärt.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Trotz der Einrichtung des Nachhaltigkeitsbeirats hat sich die Landesregierung bisher einer externen Überprüfung des Umweltplans entzogen.

(Abg. Göschel SPD: Die wissen, warum!)

Es wäre gut gewesen, wenn zu der ersten Diskussion nach zwei Jahren, die wir heute führen, auch schon ein Bericht des Nachhaltigkeitsbeirats vorgelegen hätte. Im Jahr 2000 beschlossen, wurde dieses Gremium erst im April 2002 konstituiert, und ein umfangreiches Gutachten zur Bewertung der Umsetzung des Umweltplans soll erst im Jahr 2005 vorgelegt werden.

Meine Damen und Herren, dieser Beirat hat aber schon ein Sondergutachten „Nachhaltiger Klimaschutz durch Initiativen und Innovationen aus Baden-Württemberg“ vorgelegt.

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Darin empfiehlt der Beirat die Senkung der CO2-Emissionen und eine Initiative für nachhaltigen globalen Klimaschutz. Das kann nur unterstützt werden. Die Frage ist allerdings: Was steht denn eigentlich drin, und welche Konsequenzen hat die Landesregierung aus diesen Vorschlägen gezogen? Darauf will ich heute von Ihnen, Herr Umweltminister Müller, eine Antwort hören, damit man einmal etwas Konkretes in der Hand hat. Denn Sie wollten eine Prü

fung vornehmen, und im Herbst dieses Jahres sollte die Prüfung ja abgeschlossen sein.

Meine Damen und Herren, aus der Fülle der Umweltthemen, für die drei Ressorts zuständig sind, greife ich einige heraus. Ich will exemplarisch aufzeigen, dass die badenwürttembergische Umweltpolitik hinter den Forderungen des Umweltplans zurückbleibt.

Erstes Beispiel: Klimaschutz. Durch die konsequente Umstellung der Energieversorgung auf die erneuerbaren Energien Sonne, Biomasse, Wasser, Wind und Geothermie zusammen mit Maßnahmen der Energieeinsparung und einer Steigerung der Energieeffizienz lassen sich die Treibhausgase erheblich reduzieren. Statt diesen Weg konsequent zu gehen, klammern Sie sich, meine Damen und Herren von CDU und FDP/DVP, an die Kernkraft – wohl wissend, dass ein Zubau von Atomkraftwerken nicht mehr finanzierbar ist

(Abg. Schmiedel SPD: Obwohl das keiner will! Außer Frau Schavan!)

und die Risiken der Kernenergienutzung nicht beherrschbar sind.

(Abg. Scheuermann CDU: Ach! – Zuruf des Abg. Schebesta CDU)

Gleichzeitig führen Sie einen Feldzug gegen die Windkraft,

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

der, wie die „Stuttgarter Zeitung“ heute schreibt, gegenüber 2002 zu einem 70-prozentigen Rückgang der Zahl der neu gebauten Anlagen geführt hat.

(Abg. Schmiedel SPD: Pfui! – Abg. Seimetz CDU: Das kann nicht schaden!)

Apropos Energieeinsparung: Es gibt im Land 800 000 sanierungsbedürftige Wohnungen. Sie aber haben das Landessanierungsprogramm im Jahr 2002 um 14 Millionen € gekürzt.

(Abg. Schmiedel SPD: Sehr richtig!)

Das von Herrn Schebesta angeführte Programm „Klimaschutz-Plus“, das in seinem Grundbestand von uns durchaus begrüßt wird, ist mit den 8 Millionen €, die dafür zur Verfügung stehen, eindeutig unterfinanziert.

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Meine Damen und Herren, mit Ihrer inkonsequenten Haltung sind Sie nicht in der Lage, das im Umweltplan festgelegte Ziel zu erreichen, die Gesamtemissionen von CO2 bis zum Jahr 2010 unter 65 Millionen Tonnen zu drücken. Dabei haben wir keine Alternative, meine Damen und Herren, auch wenn sich Russland und die USA ausgeklinkt haben. Es gibt keine Alternative zum Kioto-Prozess. Bis zum Jahr 2020 müssen die Industrieländer den Ausstoß ihrer Treibhausgase um mindestens 20 % unter das Niveau von 1990 bringen, um den globalen Temperaturanstieg zu stoppen.

(Beifall des Abg. Göschel SPD)

Bis zum Jahr 2050 muss der Kohlendioxidausstoß weltweit um 45 bis 60 % gesenkt werden. Dazu muss das Land Baden-Württemberg seinen Anteil leisten.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Fi- scher SPD: Jawohl! – Abg. Walter GRÜNE: Des- halb kein Flughafen!)

Zweites Beispiel: Flächeninanspruchnahme. Ich zitiere aus der Antwort der Landesregierung:

Bei kaum einer Ressource ist es so offensichtlich wie beim Boden, dass eine ständig wachsende Inanspruchnahme auf Dauer nicht möglich und damit nicht nachhaltig ist.

Der Umweltplan setzt sich entsprechend zum Ziel, die Flächeninanspruchnahme bis zum Jahr 2010 deutlich zu verringern.

Meine Damen und Herren, nichts ist geschehen. Die Realität sieht so aus: Der Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrsflächen in Baden-Württemberg hat sich laufend gesteigert. Der Anteil an Siedlungs- und Verkehrsflächen beträgt heute 12,8 %. Er hat sich demnach innerhalb von 50 Jahren verdoppelt. Das Statistische Landesamt prognostiziert bis 2015 einen Zuwachs auf 15,9 Hektar pro Tag. Aber kein konsequenter Ansatz der Landesregierung, beispielsweise zur Sicherung von Freiflächen oder zur Konzentrierung der staatlichen Förderung auf die Innenentwicklung bestehender Siedlungen, ist zu erkennen.

Drittes Beispiel: Naturschutz. Da lesen wir im Umweltplan, dass es das Ziel des Landes sei, die „reichhaltige biologische Vielfalt im Land“ zu erhalten. Aber hier fällt die Bilanz besonders traurig aus.

(Abg. Capezzuto SPD: Oje!)

Eine effizient arbeitende Naturschutzverwaltung ist zerschlagen worden. Die letzten Reste werden im Augenblick gerade verteilt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Bei den Großschutzgebieten haben Sie sich auf den Begriff PLENUM konzentriert – übrigens ein Ansatz, der durchaus Naturschutzgedanken beinhaltet,

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Das ist gut!)

der aber schlecht der Öffentlichkeit zu verkaufen ist und wenig Akzeptanz findet –,

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Das liegt nur am Na- men!)

anstatt dass Sie endlich einmal, wie andere Länder auch, dazu kommen, Großschutzgebiete in unserem Land einzurichten, die auch von der Bevölkerung akzeptiert und frequentiert werden und bei denen dann auch eine gewisse Wertschöpfung stattfinden kann.