Protokoll der Sitzung vom 10.12.2003

Hierbei teilen wir übrigens die Kritik bezüglich der Ausstellung der Scientology-Kirche im Haus der Geschichte. Auch darüber waren wir uns alle einig.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Politik darf sich von solchen Gruppen weder provozieren lassen noch ihnen eine Plattform bieten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb müssen wir sie im Rahmen unserer Möglichkeiten einer ständigen Kontrolle unterwerfen. Insbesondere das Landesamt für Verfassungsschutz – in der letzten Legislaturperiode wollten es einzelne Fraktionen abschaffen –

(Zuruf von der CDU: Man höre! – Zuruf von der SPD)

leistet hierbei hervorragende Arbeit und verfügt über die notwendige Fachkompetenz.

Auf der politischen Schiene hat sich die interministerielle Arbeitsgruppe bestens bewährt. Dadurch ist es möglich, alle eventuellen Ansatzpunkte von Sekten und Psychogruppen in Familien, Schulen, Kirchen bis hinein in die Wirtschaft durch Aufklärung und Sensibilisierung zu verhindern. Familien, Schulen, Kirchen und Wirtschaft sollen auch künftig im Rahmen unserer Möglichkeiten die nötige Unterstützung erfahren. Allerdings ist diese Aufgabe – das werden wir nachher vonseiten der Regierung hören – nicht immer einfach.

Frau Bregenzer, Sie haben darauf hingewiesen, dass wir auf bayerische Experten Bezug nähmen. Das halte ich in der heutigen Zeit auch im Rahmen der Kostendiskussion für nicht so verwerflich.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Wir haben eigene! Wir haben in Karlsruhe einen! – Gegenruf des Abg. Fischer SPD: Ein Spitzenmann!)

Wenn es dort Spezialisten gibt, die bestimmte Dinge vielleicht besser können, warum sollen wir darauf keinen Bezug nehmen? Wir stellen unsere Spezialisten deswegen nicht in Abrede.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Carla Bre- genzer SPD)

Selbstverständlich gehört zum Umgang mit dem Thema auch die Betreuung und Unterstützung von Aussteigern. Ob man diese, wie im Beispiel „Odenwälder Hof“, an einem speziellen öffentlichen Ort anbieten muss und ob dies tatsächlich Sinn macht, wird die wissenschaftliche Auswertung zeigen. Danach können wir gerne noch einmal darüber diskutieren.

(Zuruf von der SPD)

Grundsätzlich könnte man die bayerische Bundesratsinitiative in Bezug auf die gewerblichen Lebensbewältigungshilfen begrüßen. Ob diese zu dem gewünschten Erfolg führen wird, darf zum Teil aber bezweifelt werden. Glauben Sie denn ernsthaft, dass Verbraucher, welche für solche Angebote und Praktiken offen zugänglich sind, diese auf die geforderten Nachweise hin überprüfen werden?

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Der Vergleich mag zwar nicht zum Thema passen, aber ich will Ihrer Partei schon sagen: In anderen Bereichen – Stichwort Handwerksordnung –

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das waren doch kei- ne Sekten! – Abg. Fischer SPD: Herr Klenk!)

verzichten Sie auf Qualitätsanforderungen und Nachweise und wollen dem Verbraucher die Wahl und Entscheidung selbst überlassen.

(Zuruf von der CDU: Guter Mann!)

Für mich wäre viel wichtiger, dass man in Betrieben sehr aufmerksam alle auch von Geschäftsleitungen angebotenen, zum Teil verpflichtenden Mentoringprogramme und Audits sehr kritisch auf Sektenfreiheit überprüft.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der CDU: Sehr gut! – Jawohl!)

Das wäre unter anderem auch eine Aufgabe der Personalund Betriebsräte in diesen Einrichtungen.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Das passiert doch!)

Schließlich können wir speziell in Bezug auf die „Scientology-Kirche“ bzw. diesen Verein nur alle hoffen, dass der Verwaltungsgerichtshof am kommenden Freitag die Rechtsauffassung des Regierungspräsidiums Stuttgart teilt und die Rechtsfähigkeit als Verein aberkennt.

(Abg. Kübler CDU: Das hoffen wir auch!)

Dies würde unter anderem, wie der Pressesprecher des Präsidiums zu Recht erkannt hat, zu mehr Transparenz dieser Organisation führen und sie zugleich fassbar machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Kleinmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Scientology ist ein ganz wichtiges Thema. Ich sage das als Betroffener. Ich habe das hier schon einmal erzählt. Die Patentochter meiner Frau war in dieser Organisation. Meine Frau und ich haben sie damals nach nur vier Wochen herausgeholt. Ich habe den anschließenden Telefonterror miterlebt. Sie hatte bereits 10 600 DM – damals galt noch die D-Mark – gezahlt. Man verlangte nun von ihr, dass sie das Geld als Spende bei der Scientology-Organisation belässt. Dank eines guten Anwalts aus München, der spezialisiert ist, haben wir das Ganze auf 2 600 DM heruntergehandelt.

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Entschuldigung, ich habe die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen gefragt – die war früher in Stuttgart, jetzt sitzt sie in Berlin –, und die hat mir diesen Anwalt als den besten genannt. Wir haben die 2 600 DM nur deshalb akzeptiert, weil wir gesagt haben: Das Mädchen muss auch ein Stück weit für den Blödsinn, den es gemacht hat, bestraft werden. Sonst hätten wir das auch noch herausgeholt. Das einmal zum Persönlichen.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Hätten Sie die lieber dem Rechtsanwalt gespendet! – Weitere Zurufe von der SPD)

Zweitens: Ich stimme meinem Vorredner voll und ganz zu: Frau Bregenzer, wir sollten in öffentlichen Debatten und Anträgen nicht zu viel Aufmerksamkeit auf diese Gruppierung legen. Dass wir das bei uns im Ausschuss nicht öffentlich behandeln, ist aller Ehren wert und notwendig.

(Abg. Zeller SPD: Das muss bekannt werden!)

Grundsätzlich sage ich Ihnen: Ich bin nicht einmal so sehr gespannt, wie das Verwaltungsgericht die Rechtsfähigkeit des Vereins bewertet und ob es ihn als Wirtschaftsunternehmen bezeichnet oder nicht, sondern ich bin – das habe ich schon 1997 hier gesagt – für ein generelles Verbot der Scientology Church und habe mich damals deshalb mit Nachdruck dafür eingesetzt, dass der Verfassungsschutz sie observiert. Ich hoffe, dass das noch verschärfter geschieht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wacker CDU: Sehr gut!)

Die Grünen waren ja, was den Verfassungsschutz betrifft, damals anderer Meinung. Ich bin der Meinung: Wir müssen Scientology verbieten. Wir haben bei den Scientologen übrigens nicht das Problem, dass sie nachher in den Untergrund gehen könnten. Denn da Scientology ein Wirtschaftsunternehmen ist, können die Mitglieder nicht im Untergrund arbeiten. Das ist anders, als es bei der Christenverfolgung der Fall war. Das ist etwas ganz anderes. Weil Scientology keine Kirche und keine Religion im eigentlichen Sinne ist, bringt ihr der Untergrund nichts. Deshalb nützt es etwas, sie zu verbieten, und ich wäre Ihnen, Frau Bregenzer und meine Damen und Herren von der SPD und den Grü

nen, dankbar, wenn Sie die FDP/DVP-Landtagsfraktion in diesem Anliegen unterstützen würden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Carla Bregenzer SPD: Dann reden Sie mit dem Verfassungsschutz! – Abg. Wacker CDU: Sehr gute Rede!)

Das Wort erhält Frau Abg. Rastätter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt keinen Zweifel, dass es sich bei der Scientology-Organisation um eine Organisation handelt, die in vielfältiger Hinsicht im Widerspruch zu den demokratischen Grundwerten unseres Grundgesetzes steht.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

Das belegen vielfältige wissenschaftliche Untersuchungen; das hat auch der Verfassungsschutz in Baden-Württemberg festgestellt. Diese Beurteilung ist auch im sechsten Bericht der interministeriellen Arbeitsgruppe für Fragen so genannter Sekten und Psychogruppen, der vor einem Monat als Drucksache veröffentlicht wurde, enthalten.

Eines hat mich sehr entsetzt: Im Vorwort des sechsten Berichts der erwähnten interministeriellen Arbeitsgruppe ist zu Beginn die beispiellose Kampagne dokumentiert, mit der die Scientology-Organisation nach der Veröffentlichung des fünften Berichts gegen den Leiter der Arbeitsgruppe vorgegangen ist. Es ist erschreckend, mit welch diffamierenden Methoden unter Einsatz von Psychoterror Druck auf dieses Gremium der Landesregierung ausgeübt wurde, dessen Aufgabe es ist, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes Öffentlichkeitsarbeit, Informationsarbeit und Aufklärungsarbeit zu leisten. Da sage ich einfach: Eine Organisation, die schon allein auf Kritik auf eine solche Weise reagiert, hat schon dadurch gegen elementare Werte unserer Demokratie verstoßen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es! Richtig!)

Der Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg erkennt bei der Scientology-Organisation zu Recht verfassungsfeindliche Zielsetzungen. Er sagt, dass hier verfassungsfeindliche Bestrebungen für die Errichtung einer totalitären Staatsordnung enthalten sind

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

und dass es bei den scientologischen Konzepten zur Durchsetzung ihrer so genannten Justiz oder bei ihren Vorstellungen zur inneren Sicherheit um Willkürherrschaftskonzepte geht.